Väter für Kinder e. V. Buchrezension:  Wolfgang Mayer König, Das zerissene Kind.
Edition Log International, Wien; ebaol verlag für printmedien, Hamburg. 1. Auflage: Jänner 2009. ISBN 3-900647-30-5. 63 Seiten. Preis: 6 Euro. Herausgegeben mit finanzieller Unterstützung des österreichischen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur.

Widmung: Dieses Buch widme ich den von einem skandalösen Familienrecht gepeinigten Kindern.

Inhaltverzeichnis:
Vaterentbehrung – Schutzloses Kind ...............................................7
Der unerwartete Brief ......................................................................29
Das Lächeln.............................................................................. .......33
Wechselbad der Gefühle.......................................................... ......35
Der Koffer der Adele Kurzweil ................................................. .....41
Die drei Delphine ....................................................................... ....55


   Dieses uns zur Rezension übersandte Buch ist zunächst schon einmal darin ungewöhnlich, als dass der Autor nicht hauptberuflich Psychologe oder Jurist ist, sondern ein mit zahlreichen Literaturpreisen und anderen Ehrungen ausgezeichneter österreichischer Autor von Gedichtbänden und Prosa, Gründer und Herausgeber der Literaturzeitschrift LOG etc., vgl. z. B. Wikipedia zu Wolfgang Mayer König.  In der literarischen Qualität liegt auch die besondere Stärke dieses Buches. Es ist  kein Sachbuch im engeren Sinne, sondern in erster Linie gute Prosa, obwohl das erste Kapitel eine ausführliche, interessante und sehr kritische Darstellung der Entwicklung des deutschen (und des in vielen Grundzügen ähnlichen österreichischen) Familienrechts liefert, vom Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794, über den  Nationalsozialismus, bis heute.  

Ganz besonders beindruckend und berührend sind aber Kapitel 2-4, weil sie ein uns zwar aus Gerichtsakten, Zuschriften und Fachliteratur bekanntes Phänomen beschreiben, aber aus dieser Schilderung die menschliche Tragödie für jemanden, wie den Rezensenten, erstmals ermessen lassen, der das nicht selbst so erlebt hat, sondern eine ganz andere, einmalige und besonders glückliche Erfahrung hatte. Es handelt sich um die Lebensphase in der aus Paaren Eltern werden: Schwangerschaft, Geburt, die ersten Lebensmonate mit fast täglich neuen Entwicklungschritten des Kindes, dem ersten Lächeln, wirklichem Lachen, Ausbau der Triade Kind-Mutter-Vater, dann die ersten Gehversuche und die faszinierende Sprachentwicklung, kurz ein privates, wahres Weltwunder für überglückliche Eltern, das man auch in zahllosen Fotos oder Videos lange festhalten möchte. Ganz anders, von diesem immensen Glück ausgeschlossen, wie in diesen 3 Episoden beschrieben, das Erleben vieler Väter, und das besonders häüfig von nichtehelichen Vätern, wenn gerade in dieser Lebensphase ihre Paarbeziehung in die Brüche geht. Das erfahren wir sehr oft aus Zuschriften an uns, von Vätern die verzweifelt nach Möglichkeiten suchen, doch noch Kontakt zu ihrem Kind zu erhalten. Häüfig waren diese Beziehungen schon während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt des Kindes zerbrochen. Die deutsche Rechtspraxis und wohl auch noch die österreichische, macht es dann ein Leichtes, inbesondere nichteheliche Väter komplett vom Leben des Kindes auszuschließen  Wenn es nichtehelichen Vätern nämlich nicht gelingt während der noch guten Zeiten in der Beziehung die Zustimmung der Mutter zu einer in Deutschland seit 1998 möglichen gemeinsamen Sorgeerklärung zu erlangen, oder sie das aus Unwissenheit unterlassen haben, dann sind sie praktisch rechtlos, weil ihnen nicht nur ein Mitsorgerecht definitiv verwehrt bleibt, sondern auch ihr Umgangsrecht willkürlich und ohne ernsthafte Konsequenzen befürchten zu müssen von der "Kindesmutter" boykottiert werden kann, ebenso das Auskunftsrecht bei Ärzten, Kindergärten, Schulen etc., das sie in Deutschland ja dann nicht direkt ausüben können, sondern nur über die allein sorgeberechtigte "Kindesmutter", mit entsprechendem, allerdings oft leicht vorhersehbarem "Erfolg".

Wissenschaftlich untersucht wurde das Phänomen der Belastung von Paarbeziehungen durch den Übergang zur Elternschaft von Prof. Wassilios E. Fthenakis im Rahmen der sogennanten LBS-Familien-Studie, deren Ergebnisse in einem Buch ,,Paare werden Eltern" (2002) veröffentlicht wurden. Untersucht wurde die Entwicklung von 175 Familien von der Schwangerschaft bis drei Jahre nach der Geburt des Kindes. ,,In dieser Phase liegt oft der Sprengstoff für eine Beziehung", sagte Fthenakis damals in einem in der Süddeutschen Zeitung am 30.6.2000 erschienenem Interview, ,,Glückliche Eltern - unglückliche Paare" von Sybille Steinkohl. Auch in der T.A.Z. ist  2002 ein  Bericht zu dieser Studie erschienen, der sogar heute noch aus dem Internet abrufbar ist: Das Kreuz mit den lieben Kleinen. Während der Schwangerschaft werden Probleme oft vertagt. Nach der Geburt wird's für Paare dann umso schwerer - besagt eine neue Studie", von Barbara Dribbusch.
Aus der Psychiatrie ist übrigens die sog. PostPartum Depression bekannt, die dabei ebenfalls eine Rolle spielen könnte. Eine leichte Form, Baby-Blues, soll relativ häufig sein, ist aber vorübergehend. Sie kann angeblich sogar Väter erfassen. Eine schwerwiegende Form kann aber auch die stationäre Behandlung der Mutter in einer spezialisierten Klinik erfordern.       

Die letzten zwei Kapitel des Buches von Wolfgang Mayer König beschäftigen sich nicht mit den Folgen von Trennung / Scheidung, haben aber mit besonderen Formen kindlichen Erlebens zu tun. ,,Der Koffer der Adele Kurzweil" ist die tragische Geschichte eines 1925 geborenen Kindes das nach dem "Anschluß" Österreichs zwar noch mit ihren jüdischen Eltern über die Schweiz nach Frankreich fliehen konnte, aber deren Vater gleich nach Kriegsbeginn trotz seiner aktiven politischen Nazi-Gegnerschaft als "feindlicher Ausländer" verhaftet wurde. Über die nächsten Monate und Jahre folgten verschiedene Aufenthalte, bei denen das Mädchen auch teilweise von den Eltern getrennt wurde. Im "freien Teil" Frankreichs, unter der Regierung von Marschall Petain, wurde die Familie 1942, gerade als sie auf die Ausreise in die USA wartete, von französischen Gendarmen verhaftet und dann wenig später  in Auschwitz ermordet. ,,Ich heiße Adele, 17 bin ich, 17 Jahre für immer, 17 Jahre für die Ewigkeit" konnte Adele einer Notiz noch anvertrauen, die 1991 in ihrem Koffer gefunden wurde.

Der philosophischen Ausklang des Büchleins beginnt mit einer Geschichte über eine Begegnung mit Delphinen und wie einem spastisch gelähmten Kind dabei geholfen wurde.    

Mit freundlicher Genehmigung des Autors ist das Buch hier auch zum Download als pdf Datei verfügbar (116 kB).