Sechsjährige sind zu klein
Anlaß zu dem Urteil war allerdings ein Fall, in dem der Mutter eines knapp sechsjährigen Kindes die Anhörung des Kindes verweigert wurde. In diesem Alter kann sich ein Kind laut Bundesgericht noch keine eigene Meinung bilden. November 1996 hatte die zuständige Vormundschaftsbehörde dem Vater nach langem Hin und Her endlich die Möglichkeit eingeräumt, sein inzwischen fünfjähriges Kind zu sehen.
Das Besuchsrecht bestimmte, daß der Mann seine Tochter jeweils am zweiten Sonntag jeden Monats zwischen 11 Uhr und 17 Uhr sehen konnte. Dagegen erhob die Mutter des Kindes jedoch Beschwerde an den zuständigen Bezirksrat und an das Zürcher Obergericht, blitzte dort aber ab.
Vor Bundesgericht schließlich führte sie an, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben, weil das Kind nicht zur Frage des Besuchsrechts angehört worden sei. Dies verstoße gegen die Kinderkonvention der Vereinten Nationen (UN). Das Bundesgericht hat - jetzt die Beschwerde der Mutter abgewiesen. Zwar gingen die Lausanner Richter mit der Mutter insofern einig als die UN- Kinderkonvention direkt anwendbares Recht darstellt und Behörden und Richter zwingt, nach diesen Bestimmungen zu handeln.
Nein Im konkreten Fall
Allerdings beschränkt sich das in Artikel 12 der betreffenden UN- Konvention staturierte Anhörungsrecht auf Fälle, in denen das Kind fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden. Diese Voraussetzung war nach Auffassung des Bundesgerichts im konkreten Fall nicht erfüllt. Ein knapp sechsjähriges Kind, dem bislang jeglicher Kontakt zum leiblichen Vater vorenthalten worden sei, könne sich keine eigene Meinung darüber bilden, ob die Kontaktaufnahme mit dem Vater im Rahmen eines eng begrenzten Besuchsrechts in seinem Interesse liege. Damit durfte das Zürcher Obergericht ohne Verstoß gegen die Kinderkonvention der UN auf die Anhörung des Kindes verzichten.
vgl. dazu auch einen Bericht aus der Zeitschrift für Sozialhilfe 4/98 (VeV Schweiz)