Information von Väter für Kinder e.V.:

 Gemeinsame Sorge trotz Widerstand eines Elternteils  (neues Kindschaftsrecht)

Entscheidungen: 

1. Beschluß des 14. ZS -5.FamS., OLG Oldenburg -14 UF 35/98  vom 10.7.98 (FamRZ 1998, S. 1464-1465)

2. AmtsG Groß-Gerau (FamRZ 1998, S. 1465)

Aus den Gründen:

3. OLG Hamm - BGB § 1671 II Nr.2  (FamRZ 1999, S. 38-39)
(2. FamS, Beschluß v. 25.8.1998 - 2 UF 73/98)
Zu den Anforderungen an die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein nach § 1671 II Nr.2 BGB.
Aus den Gründen:
Die Übertragung der elterl. Sorge auf einen Elternteil allein ist gesetzestechnisch als Ausnahme gegenüber dem Regelfall des Fortbestehens der gemeinsamen elterl. Sorge ausgestaltet. Dies ergibt sich daraus daß eine Abänderung nur auf Antrag hin erfolgt und diesem Antrag nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen stattzugeben ist. Können diese Voraussetzungen nicht festgestellt werden, bleibt es bei der gemeinsamen elterl. Sorge.

  Auf der Grundlage des von der AGg. vorgetragenen Sachverhaltes kann nicht festgestellt werden, daß eine Aufhebung der  elterl. Sorge dem Kindeswohl hier am besten entspricht. Zu dem Einwand der AGg., der ASt. werde sich in alle Angelegenheiten einmischen,  ist darauf hinzuweisen, daßnach § 1687 BGB die Befugnisse getrennt lebender Eltern bei Fortbestehen der gemeinsamen  elterl. Sorge in der Weise geregelt sind, daß in den alltäglichen Dingen der betreuende Elternteil allein entscheidungsbefugt ist, während ein einvernehmliches Handeln auf Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung beschränkt ist. Es gibt nach dem Vortrag der AGg. keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der ASt. nicht bereit ist, diese Aufgabenteilung zu akzeptieren. Vielmehr spricht sein Verhalten in der inzwischen etwa zweijährigen Trennungszeit gegen die von der AGg. befürchteten Auseinandersetzungen in Erziehungs- und Betreuungsfragen.
Im Ergebnis verbleibt es daher bei der nach § 1626 BGB bestehenden gemeinsamen elterl. Sorge der Parteien für die Kinder.

4. OLG Stuttgart -BGB §§ 1671, 1687 I S. 2, 1628, 1632 I, 1696 (FamRZ 1999, S. 39-40)
(17. ZS -FamS-,Beschluß v. 9. 9. 1998 -17UF 309/98)
 Zu den (hier: verneinten) Voraussetzungen, unter denen ab dem 1. 7. 1998 dem Antrag eines Elternteils im Scheidungsverbund entsprochen werden kann, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder zu überlassen.
 (Leitsatz der Redaktion)
Aus den Gründen:
Das FamG gelangte unter Anwendung der nach dem Kindschaftsrechtsreformgesetz ab 1.7. 1998 geltenden neuen Rechtslage zu dem Ergebnis es sei nicht zu erwarteten, daß die Übertragung des Autenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter dem Wohl der Kinder am bestem entspricht i.S. von §1671 II Nr. 2 BGB. 1. Dabei  geht das FamG unter Berufung auf die von Schwab (FamRZ 1998, 457, 462) vertretene Auffassung davon aus, daß nach der Neufassung von § 1671 BGB die gemeinsame Sorge der normative Regelfall ist und Ausnahmen von diesem einer besonderen Begründung bedürfen. Dem schließt sich der Senat an. ...
Die Eltern haben übereinstimmend in Ausübung ihres gemeinsamen Sorgerechts die Bestimmung getroffen, daß die Kinder ihren Lebensmittelpunkt bei der Mutter haben sollen. Der Vater hat dies bei seiner Anhörung vor dem FamG am 30. 7. 1998 und in seiner Stellungnahme gegenüber dem Senat nochmals ausdrücklich bekräftigt und damit seine Einwilligung zum gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder bei der Mutter i.S. des §1687 I S. 2 erteilt. Zu einer einseitigen Änderung des Aufenthaltes der Kinder wäre der Vater aus Rechtsgründen nicht in der Lage, weil eine Ortsveränderung der Zustimmung der Mutter bedürfe. Würde er insoweit eigenmächtig handeln, so würde dies einen Rückführungsanspruch der Mutter nach § 1632 1 BGB auslösen. Um Änderungen beim Lebensmittelpunkt der Kinder herbeizuführen, müßte der Vater zunächst vom FamG gemäß § 1671 BGB die alleinige elterl. Sorge oder das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht, zumindest jedoch gemäß § 1628 BGB das alleinige Entscheidungsrecht über den Aufenthaltsort der Kinder übertragen bekommen

5. OLG Zweibrücken -BGB  § 1671 I , 1671 II Nr. 2 (FamRZ 1999, S. 40-41; KindPrax 6/98, S.189-190)
(5. ZS - FamS - Beschluß v. 1. 10. 1998 - 5 UF 24/98)

1. Elternschaft und Partnerschaft sind im Blick auf die elterliche Sorge für ein gemeinsames (minderjähriges) Kind auseinanderzuhalten.
2. Getrenntlebende Eltern sind verpflichtet, im Rahmen der elterlichen Sorge Konsens zu suchen und zu finden.
3. Aus dieser Pflicht können Eltern nicht entlassen werden, solange ihnen ein gemeinsames Erziehungshandeln zum Wohle des Kindes zumutbar und die darauf gerichtete Erwartung nicht unbegründet erscheint.
Aus den Gründen:
 a) Der Senat ist bei der Anhörung der Beteiligten, insbesondere der Kinder, zur Überzeugung gelangt, daß es dem Wohl der Kinder dient, wenn sich ihr Verhältnis zum Vater nicht darauf beschränkt, daß die Beziehung im Rahmen eines beiderseitigen Umgangsrechts gemäß § 1684 BGB aufrechterhalten wird. Die Kinder haben in einer ihrem Entwicklungsstand entsprechenden, dennoch aber eindringlichen Weise zu erkennen gegeben, daß sie bei der Mutter leben, den Vater, zu dem sie, wie der Senat gesehen hat, eine unbefangene und kindgerechte Beziehung haben,. aber auch nach der Scheidung und räumlichen Trennung ,,behalten" wollen. Den Kindern ist ersichtlich daran gelegen, daß sich auch dieser um sie kümmert und sorgt.
b) ASt. und AGg. sind in der Lage, die elterl. Sorge weiterhin gemeinsam auszuüben.
Die ASt., die sich gegen ein gemeinsames Sorgerecht wehrt, hat dem Senat Gegebenheiten berichtet, die die fehlende Konsensfähigkeit der Eltern untereinander dokumentieren sollten. Bei diesen geschilderten Kontroversen handelte es sich aber ausschließlich um aus der zerbrochenen Partnerschaft herrührende Konflikte. Auch aus solchen Umständen kann sich zwar die Unfähigkeit zu gemeinsamen Handeln dokumentieren. Bei den hier zu beurteilenden Verhältnissen scheint dies dem Senat aber nicht der Fall zu sein. Die ASt. ist ersichtlich bestrebt, die partnerschaftliche Trennung zum AGg. vollständig zu vollziehen, während sich dieser damit offensichtlich noch nicht abzufinden vermag. Sie weiß aber, daß diese erstrebte Loslösunig vom AGg. nur die Partnerebene betrifft, die gemeinsame Elternschaft aber fortbesteht und sie in diesem Bereich auch künftig mit dem Vater der Kinder verbunden bleiben wird.....
Derzeitige oder künftige Schwierigkeiten in der Elternbeziehung, sei es wegen fehlender Kommunikationsfähigkeit, sei es wegen sachlicher Differenzen, haben deshalb bei der Prüfung, ob die Ausübung der elterl. Sorge allein durch einen Elternteil dem Kindeswohl am besten entspricht, außer Betracht zu bleiben, solange kindliche Belange davon nicht berührt werden. Dies kann selbst dann gelten, wenn das Wohl der Kinder nur unberührt bleibt, weil von dritter Seite Ausgleich geschaffen wird. Deshalb ist es hier auch unerheblich, daß erst der Rückgriff  auf den AGg. nach dem UVG diesen bewogen hat, seine Unterhaltspflicht zu erfüllen.
Das gesamte (anonymisierte) Urteil ist jezt aus den Webseiten des Väteraufbruchs abrufbar:  http://www.vafk.de/Urteile/698olg_zb.html
sowie bei der Väterhilfe e.V. zur Ansicht (html Format) oder download (zipped)
6. AmtsG Chemnitz - BGB §1671 II Nr.2 (FamG, rkr. Urteil v. 3.9.1998 - 4 F 681/97)
FamRZ 1999(5), S.321-324
1. Nach der durch das KindRG neu gefaßten Vorschrift des § 1671 II Nr.2 BGB stellt eine Alleinübertragung des Sorgerechts auf den betreuenden Elternteil und damit korrespondierend die Entziehung des Sorgerechts des nicht betreuenden Elternteils eine Ausnahme von der Regel des trotz Trennung und Scheidung fortbestehenden gemeinsamen Sorgerechts dar.

2. Eine solche Entscheidung kommt - ausnahmsweise - nur bei schwerwiegenden Mängeln des nicht betreuenden Elternteils in seiner Erziehungseignung, nicht jedoch allein schon dann in Betracht, wenn der betreuende Elternteil die Kooperation in Fragen der Kindesbetrcuung und elterlichen Sorge mit dem anderen Elternteil verweigert. In diesen Fällen ist die Alleinübertragung der elterlichen Sorge regelmäßig weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen geboten und dient jedenfalls dem Kindeswohl nicht am besten i. S. von § 1671 II Nr.2 BGB.
 Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Sorgerechtsantrag der Mutter konnte nicht entsprochen werden. Zunächst ist festzustellen, daß eine Zustimmung des Vaters i. S. von § 1671 II Nr.1 BGB nicht vorliegt, so daß dem Sorgerechtsantrag nur unter der  Voraussetzung von § 1671 II Nr.2 BGB, also nur dann, wenn die Aufhebung der gemeinsamen elterl. Sorge dem Kindeswohl am besten entsprechen würde, stattgegeben hätte werden können. Dies hat das Gericht nicht festzustellen vermocht:
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Auch aus Rechtsgründen gebietet das Kindeswohl vorliegend keinesfalls die Übertragung des Alleinsorgerechts auf die Mutter. Das Gericht verkennt hierbei keineswegs, daß es der bisher - soweit ersichtlich - einhelligen Auffassung in der Rspr. entsprach, die Belassung gemeinsamen Sorgerechts - mindestens davon abhängig zu machen, daß beiden Eltern ein Mindestmaß an Übereinstimmung in erzieherischen Fragen und Kooperationsbereitschaft hierzu vorlag
(OLG Schleswig, OLGR 1997, 244; OLG Hamm, FamRZ 1997, 48; FamRZ 1996, 890; FamRZ 1988, 753; MDR 1995, 102; OLG Bamberg, FamRZ 1995, 1509; OLG Thüringen, Beschluß v. 7. 12. 1994 - 7 UF 44/94; OLG Frankfurt, FamRZ 1993,1352; BGH, FamRZ 1993, 126; OLG Karlsruhe, FamRZ 1987, 89, und BVerfG, FamRZ 1982, 1179 = NJW 1983, 101).
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    Doch selbst wenn die erforderliche Kooperationsbereitschaft der ASt. fehlcn würde, bestünde nach der seit 1. 7. 1998 geltenden Rechtslage kein Anlaß, an dem bisher - erfolgreich - bestehenden gemeinsamen Sorgerecht der Eltern eine Änderung herbeizuführen.
    Zwar würde es in diesen Fall naheliegen, im Umkehrschluß aus der bisher herrschenden Rspr. zu folgern, daß eine Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts nach der Neufassung von § 1671 II Nr. BGB in einem solchen Fall dem Kindeswohl am besten dienen würde. Diese Folgerung vermag das Gericht jedoch sowohl aus reehtssystematischen als auch tatsächlichen Gründen nicht zu ziehen
    Zum einen begründet das Gesetz durch die Festlegung, daß über das Sorgerecht überhaupt nur noch entschieden werden muß, wenn ein Elternteil dies beantragt, im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage bis zum 30. 6. 1998 zwischen gemeinsamer und alleiniger elterl. Sorge ein rechtliches Regel-/Ausnahmeverhältnis, wonach die gemeinsame elterl. Sorge die Regel, die Alleinsorge die Ausnahme sein soll.
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  Vor diesem Hintergrund müssen die Voraussetzungen, unter denen - ausnahmsweise - bei Nichtzustimmung des anderen Elternteils das Sorgerecht diesem entzogen werden kann, höher angesetzt werden als bisher. Gedacht werden könnte hier an Fälle, in denen der nichtbetreuende Elternteil zwar einerseits überhaupt kein eigenes Interesse an dem oder den Kindern zeigt. andererseits aber die Zustimmung - etwa aus Schikanegründen verweigert oder eine Eignung des nichtbetreuenden Elternteiles (vielfach z. B. bei Alkoholabusus) zum verantwortungsbewußten Umgang mit dem Kind und seinem (Mit-)Sorgerecht nicht besteht. Allein die Tatsache jedoch, daß der betreuende Elternteil den Wunsch hegt, nach der Scheidung ein alleiniges Sorgerecht auszuüben - und zwar, wie vorliegend, ohne daß hierzu nachvollziehbare, das Kind betreffende Gründe in der Person des anderen Elternteiles ersichtlich sind -, kann nicht alleinige Begründung für eine solche Ausnahmeentscheidung sein.
    Systematisch für das festgestellte Regel-/Ausnahmeverhältmis spricht weiter, daß der Gesetzgeber durch die Regelung in § 1687 I BGB nunmehr dem betreuenden Elternteil weitgehende Alleinentscheidungsbefugnisse ini Fragen des alltäglichen Zusammenlebens mit dem Kind übertragen hat. Nur noch bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung muß der nicht- betreuende weitere Elternteil beteiligt werden. Damit ist die Entziehung der elterl. Sorge bei fehlender oder nur begrenzt
bestehender Kooperationshereitschaft rechtlich nicht nicht zwingend, da bei den - regelmäßig nur wenigen Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung entweder im Einzelfall eine Einigung gesucht und gefunden werden muß oder das Gericht hierzu eine Entscheidung zu treffen hat. Damit gibt es für den betreuenden Elternteil regelmäßig nur wenige Berührungspunkte mit dem Nichtbetreuenden, so daß seine fehlende Kooperationsbereitschaft nur in vergleichsweise wenigen Fällen auch tatsächlich zu Konflikten führen dürfte. In diesen Fällen jedoch, hiervon muß nach der gesetzgeberischen Konzeption ausgegangen werden, ist der Konflikt zwar nicht gewollt, aber hinzunehmen.
     Des weiteren muß berücksichtigt werden, daß der Gesetzgeber bei der Neufassung gerade der Regelungen zum Sorgerecht darauf verzichtet hat, eine - wie auch immer geartete - Kooperationsbereitschaft der Eltern als tatbestandliche Voraussetzung für ein gemeinsames Sorgerecht festzuschreiben. Vor dem Hintergrund der bisher nahezu einhelligen Rspr. zum gemeinsamen Sorgerecht kann wohl ausgeschlossen werden, daß es sich hierbei um ein unbeabsichtigtes Unterlassen gehandelt hat. Wenn jedoch - bei fehlendem Antrag zum Sorgerecht - das gemeinsame Sorgerecht voraussetzungslos fortbesteht, ist kein Grund ersichtlich, bei gestellten Sorgerechtsanträgen an das - ungeschriebene - Tatbestandsmerkmal der Kooperationsfähigkeit übertriebene Anforderungen zu stellen. Es kann schlechterdings nicht erwartet werden, daß EItern, die keinen Sorgerechtsantrag stellen, besser, diejenigen, die streitige Sorgerechtsanträge stellen, schlechter kooperieren. Dafür sind die möglichen Gründe, die im Einzelfall der Stellung eines Sorgerechtsantrages aus Sicht der Eltern entgegenstehen, zu vielschichtig.
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   Auch aus tatsächlichen Gründen gebietet das Kindeswohll vorliegend keine Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die ASt. Die Auffassung, alleiniges Sorgerecht sei geboten, um die Kinder nicht dem Trennungskonflikt auszusetzen und ihnen ein ,,gesichertes" soziales Umfeld zu erhalten, kann unter fachpsychologischer Sicht - soweit feststellbar - wohl als überholt gelten
(vgl. Jopt, Im Namen des Kindes 1992 ,26ff; ders., FamRZ 1987, 875, 877; Gründel, Gemeinsames Sorgerecht, 1995, S. 22/23; Fthenakis, FamRZ 1988, 578, 580; w. N. bei Balloff/Walter FamkZ 1990, 445, auch wenn diese die Ausgangsthese im Ergebnis nicht unterstützen; zu einem -jedenfalls teilweise - den Ergebnissen von BaIoff/Walter entgegenstehenden Ergebnis kommt Gründel, a.a.O., 5. 113); denn nach allem, was gerichtlicherseits feststellbar ist, können Kinder mit dem Trennungskonflikt und auch dem weiteren Konflikt der Eltern bei Fragen der Erziehung durchaus umgehen (vgl. etwa Gründel, a.a.O., 5. 157), nicht jedoch mit einem Kontaktabbruch zu dem nichtbetreuenden Elternteil (vgl. etwa O.-Kodjoe/Koeppel, DAVorm 1998, 10ff; Gründel, a.a.O, S. 24, m. Hinweis auf die Untersuchung von Wallerstein/Blakeslee, 1989), denn dieser kommt im psychischen Erleben des Kindes von seiner Belastungswertigkeit dem Tod dieses Elterntteiles gleich (Jopt, a.a.O., S. 26). Dabei muß berücksichtigt werden, daß ein Heraushalten des Kindes aus dem Trennungskoiiflikt, um den befürchteten ,,Schaden in der Persönlichkeitsentwicklung" zu vermeiden (vgl. für diese Argumentation etwa OLG Bamberg, FamRZ 1995, 1509 ff.) fast gezwungenermaßen dazu führt, daß der nichtbetreuende und nichtsorgeberechtigte Elternteil irgendwann auch keinen Umgang mehr mit dein Kind haben kann, denn nur so können die Konflikte gänzlich vermieden werden. Solange jedoch der nichtsorgeberechtigte Elternteil von seinem (und dem Recht des Kindes, §1684 1 BGB) auch tatsächlich Gebrauch macht (oder Gebrauch zu machen versucht), sind die Konflikte, denen das Kind ausgesetzt ist, keinesfalls geringer als bei einem gemeinsamen Sorgerecht (vgl. nur die Beispiele bei Jopt, a.a.O., S.157 ff.).
     Damit wird, wenn dem betreuenden Elternteil allein wegen dessen etwa fehlender Kooperationsbereitschaft das alleinige Sorgerecht zugesprochen wird, diesem (unverdientermaßen) eine exklusive Rechtsposition zugewiesen, die er - jedenfalls in dem Fall einer von ihm so empfundenen Bedrohung (vgl. Jopt, 5. 97-106) - auch zum Nachteil des nichtsorgeberechtigten Elternteiles und des Kindes ausnützen wird, ohne zureichende rechtliche und tatsächliche Gründe in die verfassunsrechtlich geschützte Rechtspositionn. (Art. 6 II 5. 1 GG) des nichtbetreuenden Elternteils eingegriffen und schließlich, wenn es, wie in der überwiegenden Anzahl der Fälle, dann tatsächlich zu einem Kontaktabbruch des Kindes zu dem nichtsorgeberechtigten Elternteil kommt, dem Kind für seine weitere sozialpsychologische Entwicklung ein unwiederbringlicher Schaden zugefügt. Diesem Kontaktabbruch schließlich kann der nichtsorgeberechtigte Elternteil - rechtlich - nicht wirksam entgegenwirken, denn das Umgangsrecht nach § 1684 I BGB kann gegen den Widerstand des sorgeberechtigten Elternteiles, wenn überhaupt, dann nur unter großen Schwierigkeiten (denen der Gesetzgeber in § 52a FGG n. F. versucht hat, entgegenzuwirken) durchgesetzt werden. Dazu kommt, daß auch dann, wenn - wie inzwischen als psychologisch gesichert angenommen werden kann - die sog. Bindungstoleranz des betreuenden Elternteiles ein wesentlicher Faktor für die Frage seiner Erziehungseignung ist (vgl. O.-Kodjoe/Koeppe1, a.a.O., S. 27), auch ihr vollständiges Fehlen wohl allenfalls in Ausnahmefällen eine Sorgerechtsentziehung rechtfertigen könnte.
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 Liegt diese Kooperationsbereitschaft jedoch nicht (nicht mehr oder noch nicht wieder) vor, kann dem Kindeswohl nur geschadet werden, wenn das Gericht durch Entziehung des Sorgerechts des nichtbetreuenden Elternteiles dem Kontaktabbruch zu diesem Vorschub leistet.
   Damit dient in Fällen wie dem vorliegenden die Entziehung des Sorgerechts des nichtbetreuenden Elternteiles nicht nur nicht am besten dem Wohl des Kindes, sondern das Kindeswohl steht einer solchen Entscheidung gerade entgegen, denn nur über das fortbestehende Sorgerecht hat der Vater (und hat auch das Kind) weiterhin jedenfalls die Chance, als der wechselseitigen Entwicklung teilzuhaben und eine stabile und harmonische Beziehung zum anderen Teil aufzubauen bzw. zu erhalten.
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(Mitgeteilt von Richter am AmtsG und Lehrbeauftragter
L. Bode, Chemnitz)

7. OLG Bamberg, Beschluss vom 9.2.1999 -2UF 183/98,  §§ 1671, 1687 BGB
Gemeinsames Sorgerecht trotz Widerspruch der Mutter (KindPrax 4/99, 133-134)
Kommt es zwischen Eltern, die sich in Grundfragen der Erziehung einig sind, lediglich in Nebenfragen zu Streitigkeiten, die durch Einschaltung eines Vermittlers lösbar sind, besteht kein Anlaß, von der gemeinsamen elterlichen Sorge abzugehen.

Ausgangslage: Im Scheidungsurteil war die elterliche Sorge für die Kinder auf die Mutter übertragen worden. Dagegen wandte sich der Vater, der die Beibehaltung der gemeinsamen Sorge wollte. Die Mutter beantragte die Zurückweisung unter Hinweisung auf ihre Auseinandersetzungen mit dem Kindesvater.

Rechtslage: Es blieb bei der gemeinsamen Sorge, weil die Zustimmung des Vaters zur Übertragung auf die Mutter fehlte und dies auch nicht dem Wohl der Kinder am besten entspricht.
Die Regelung über die Befugnis der alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens in § 1687 Abs 1 BGB habe zur Folge, dass in diesen Fällen regelmäßig kaum erhebliche Konflikte zwischen den Eltern entstehen könnten, während andererseits auch im Falle der Alleinsorge eines Elternteiles Auseinandersetzungen mit dem geschiedenen Ehepartner nicht ausgeschlossen seinen, weil aufgrund des Umgangsrechtes weiterhin Kontakte notwendig sind und damit Reibungsflächen fortbestehen. Entscheidend sei deshalb, ob zwischen den Eltern zumindest in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für die Kinder (§ 1628 BGB) eine Art Grundkonsens besteht und beide über ein Mindestmaß an Kooperationsfähigkeit und Kooperationswilligkeit verfügen (ebenso OLG Oldenburg, FuR 1999, 20). Das wurde im vorliegenden Fall vom OLG bejaht, obwohl innerhalb von zwei Jahren etwa 12 mal ein Vermittler eingeschaltet worden war. Die von der Mutter ins Feld geführten Vorkommnisse stellten im wesentlichen nur Begleiterscheinungen im Rahmen der Umgangskontakte dar, Diese Meinungsverschiedenheiten würden auch im Falle der Alleinsorge durch die Mutter im wesentlichen fortbestehen.

Kommentar (VfK): Wir betrachten, neben der Entscheidung des AmtsG Chemnitz, auch diese Entscheidung als besonders wichtig und richtungsweisend, weil sie ebenfalls von den üblichen fast dogma-artigen, schematischen Entscheidungen abweicht, die als Voraussetzung für gemeinsame Sorge breite Kooperationswilligkeit und Konfliktfreiheit fordern. Hier wird endlich erkannt, dass ein Großteil der Konflikte aus dem Wunsch entsteht, eine exklusive Beziehung zu den Kindern aufzubauen und den früheren Partner weitgehendst auszuschließen, also im wesentlichen im Zusammenhang mit Umgang und alltäglichen Angelegenheiten. Durch Alleinsorge entsteht aber ein Machtgefälle, das diese Konflikte, auch die Loyalitätskonflikte der Kinder, eher wesentlich verschärft, statt zu sie zu lindern. Derselbe Elternteil wird meistens die Unterstützung durch den anderen Elternteil willkommen heißen, wenn es sich um besonders wichtige Angelegenheiten, etwa eine gravierende Erkrankung des Kindes, handelt. Andere wichtige Angelegenheiten, die allein Gegenstand der gemeinsamen Sorge nach dem KindRG sind ( §1687 BGB), könnten dann in Einzelfällen immer noch durch Mediation oder durch Anrufung des Gerichts nach § 1628BGB geregelt werden.

Wenn aber feststeht, dass eine Kooperationfähigkeit und Kooperationswilligkeit auch in ganz wesentlichen oder prinzipiellen Angelegenheiten nicht hergestellt werden kann, dann sollte auch der Versuch gemacht werden festzustellen, an welchem Elternteil sie scheitert. Das geschah im Fall
8. OLG Bamberg, Beschluss vom 10.3.1999- 2UF 297/98.  §§ 1671, 1696 BGB.
Alleinsorge des Vaters mangels Kooperationsfähigkeit der Mutter.
Die Mutter war nach einer Entziehungskur im Nervenkrankenhaus nicht in die elterliche Wohnung zurückgekehrt. Mit ihrer Zustimmung wurde die elterliche Sorge allein auf den Vater übertragen. Später wollte sie aber die gemeinsame Sorge.
Das Sorgerecht verblieb mangels Kooperationsfähigkeit der Mutter allein beim Vater. Die mangelnde Kooperationswilligkeit der Mutter kam auch darin zum Ausdruck, dass sie es ablehnte, vor dem Kreisjugendamt zu einem Gespräch mit dem Vater und dem Kind zu erscheinen. Bei dieser Sachlage bestehe die Gefahr, daß die Antragstellerin ein gemeinsames Sorgerecht dazu missbrauchen werde, die ungestörte Entwicklung des Kindes zu beinträchtigen, zumal sie meint, der Erziehung durch den Vater und die Großmutter väterlicherseits ,,gegensteuern" zu müssen.

Nach der neuen Fassung des § 1671 BGB ist auch eine Teilübertragung der elterlichen Sorge zulässig.
9. OLG Hamm -BGB § 1671 Beschl. v. 30.11.98 -2UF 86/98. (FamRz 1999, 394-395).
Ist ein Wohnungswechsel der alleinsorgeberechtigten Mutter eines Schulkindes ins Ausland nicht unwahrscheinlich (hier: Portugal), so ist es geboten, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich der elterlichen Sorge nicht zur alleinigen Ausübung, sondern gemeinsam mit dem Vater zu übertragen.

Der Vater hatte eine Abänderung der elterlichen Sorge in der Weise beantragt, dass sie ihm nunmehr allein oder gemeinsam mit der Mutter zustehe. Eine Einschränkung der Alleinsorge durch die Mutter hielt der Senat jedoch nur bzgl des Aufenthaltsbestimmungsrechts für geboten. Anders als bei der ursprünglichen Entscheidung nach §1671II BGB bei der zu entscheiden ist welche Sorgeregelung dem Kindeswohl am besten entspricht,erfordert eine Abänderung nach § 1696 BGB, dass dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Die Eintrittsschwelle ist dadurch also deutlich heraufgesetzt. Sie ist nicht allein dadurch gegeben, wenn jetzt festgestellt werden könnte, dass alleinige Sorge durch den Vater oder gemeinsame Sorge dem Kindeswohl am besten entsprechen würde. Das sah der Senat im übrigen auch nicht gegeben, da der Vater und seine Lebensgefährtin durch teils subtile, teils direkte suggestive Beeinflussung eine emotionelle Belastung des Kindes aufgebaut habe, die Züge einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung aufwiesen. Sie meinten angeblich auffälliges Sexualverhalten des Kindes zu finden. Verhaltensauffälligkeiten des Kindes, insbes. im sexuellen Bereich, konnten aber nicht bestätigt werden. Das Kind hat aber bei seiner Anhörung klar zu erkennen gegeben, dass es unter dem ständigen Ausfragen durch den Vater leidet. Der Beteuerung des Vaters, dass das Wohl des Kindes für ihn absoluten Vorrang habe, hielt der Senat entgegen, dass er nicht einmal den Mindestunterhalt zahle, und nicht über die erforderliche Bindungstoleranz verfüge.
Aufgrund seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Mutter sei zu erwarten, dass er bei Alleinsorge die Kontakte des Kindes zur Mutter nicht in gleicher Weise fördern würde, wie dies die Mutter bisher getan habe. Es gebe auch keine Hinweise, dass die Mutter wegen ihrer Zugehörigkeit zum ,,Zentrum für experimentelle Gesellschaftsgestaltung" (ZEGG) das Kind vernachlässigt habe. Da sie sich aber bisher schon monatelang in Einrichtungen und einer Wohngemeinschaft dieser Gruppe in Portugal aufgehalten habe, sei die Gefahr eines Umzugs, der die Lebenssituation des Kindes (nach der Einschulung) erheblich verändern und sein Wohl berühren würde, aber nicht auszuschließen.

Kommentar (VfK): Diese Entscheidung erscheint wichtig, da es in Deutschland (anders als etwa in den USA) genügend andere Entscheidungen gibt, in denen dem alleinsorgeberechtigten Elternteil ohne weiteres zugebilligt wird, auch in den entferntesten Winkel der Welt zu ziehen und damit effektiv jede Verbindung des Kindes zum anderen Elternteil zu "kappen". Vgl. auch Beschluss des OLG Stuttgart v.9.9.1998 (Nr. 4, oben). .

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