Information von Väter für Kinder e.V.:

Auszüge aus

Furcht vor dem Leben

Wenn Jugendliche den Tod als einzigen Ausweg sehen

von Karin Jäckel
Bastei-Lübbe-Taschenbuch Band 60 452, 1998

Das Buch beschreibt in einer Reihe von Fallgeschichten die Einsamkeit und psychischen Nöte von Kindern, die sie sogar zu Suizidversuchen führen können. 

Große Einsamkeit und enorme psychische Belastungen treten auch bei Trennung/Scheidung auf, besonders dann wenn der Kontakt zu einem Elternteil weitgehend unterbunden wird. Die Fallgeschichte ,,Heiko" beschreibt diese Situation. Sie zeigt auch, wie oft im Zusammenhang mit Eltern-Kind-Entfremdung (PAS) gesagt wird, daß sich Kinder meist später vom entfremdenden Elternteil abwenden und auf den anderen zugehen. Freilich ist dies immer ein schwacher Trost für den Zielelternteil, der wie das Kind, der Zeit der Jugend, des Aufwachsens beraubt ist.

Einen sehr eindringlichen Appell an Eltern, derartiges den Kindern nicht anzutun, richtete auch eine als Kind durch Ausgrenzung und Verteufelung des Vaters schwer betroffene junge Frau. Sie schrieb in einem Leserbrief zum SPIEGEL Titel "Die Vaterlose Gesellschaft" (47/1997) u.a. ,,Obwohl er [ihr Vater] inzwischen mein bester Freund geworden ist, kann uns niemand die versäumten Jahre und Chancen wiederbringen."

vgl. auch VfK Info 11/98: Erstmals PAS (Parental Alienation Syndrome) im Hörfunk.
 

S.138:

Heiko

Heiko ist 17 Jahre alt. Er ist das einzige gemeinsame Kind seiner Eltern. Sie ließen sich scheiden als er acht Jahre alt war.

S. 146:

Ich fühle mich ihnen [der Stieffamilie] so total ausgeliefert, absolut ohne Chance

,,Meine Mutter sagte immer, ihre Ehe sei ungefähr so aufregend wie eine Schlaftablette gewesen. Meinn Vater war in ihren Augen ein egoistisches Ekel, außerdem borniert bis geistesschwach, ungepflegt, herrschsüchtig. Wenn Ihnen noch etwas Schlechtes einfallen sollte -das war er auch. Daß die Ehe kaputtging, war selbstverständlich nur seine Schuld. Daß meine Mutter fremdgegangen war und deshalb die Scheidung kam, war natürlich auch die Schuld meines Vaters. Bei einem so widerlichen Mann konnte meine Mutter ja nicht anders....."

[Der Vater hatte den neuen Liebhaber im Schafzimmer erwischt, zog aus, wollte sich dann aber versöhnen.] ,,Meine Mutter wollte ihn nicht mehr sehen", weiß Heiko. ,,Sie verbot ihm, bei uns anzurufen. Und als er ihr mal Blumen schickte, warf sie die einfach aus dem Fenster. Mein Vater kam dann auch nicht mehr. Damals begriff ich nicht, was los war. Aber inzwischen weiß ich, daß meine Mutter ihn erpreßt hat. Sie hatte gesagt, daß sie dafür sorgt, daß er mich verliert, wenn er weiterhin käme. Mein Vater glaubte damals, daß so eine Aussage vor Gericht genügen würde, um meiner Mutter das Sorgerecht zu entziehen. Na ja, Irrtum."

[Die Mutter bekam das alleinige Sorgerecht, zog in eine mehrere hundert Kilometer entfernte Großstadt, boykottierte das Besuchsrecht, warf die Post des Vaters an den Sohn einfach weg, und sagte dem Sohn, daß der Vater nichts mehr von ihm wissen wollte. Der Sohn wandte sich schließlich an einen Radiosender, der ihm half seinen Vater zu finden.]
S. 150:
,,Mein Vater hat sich gleich gemeldet, und dann war's so weit. Seitdem sehen wir uns ziemlich oft. Meine Mutter kann da nichts mehr machen."

,,Trägst Du deiner Mutter noch nach, daß sie dir deinen Vater quasi weggenommen hat?" fragte ich.

,,Ja, genau!"  Heiko wurde sehr ernst. ,,Ich lebe zwar ich bei ihr, aber nicht mehr lange. Ich will weg, sobald ich eine Lehrstelle bei meinem Vater in der Nähe gefunden habe. So was spricht man zwar nicht aus, aber ich kann ihr diese ganze Lügerei und alles, ich kann ihr das nicht verzeihen. Ich will nichts mehr von ihr wissen. Ich verabscheue sie richtiggehend für das alles. Sie hat mir meine Kindheit dadurch total versaut und mich unheimlich unglücklich gemacht.

Ich hab' mich als Kind so total ausgeliefert gefühlt, absolut ohne Chance. Ich hatte deswegen echt keine Lust mehr zu leben. Das war damals überhaupt nicht bloß so dahergeredet. Ich hatte solche Sehnsucht nach meinem Vater. Und ich begriff einfach nicht, wieso er mich nicht mehr liebte. Ich hatte ihm doch nichts getan. Ich hätte mich fast umgebracht deswegen. Und alles wegen nichts, bloß damit sie ihren Willen hat. Das ist doch keine Mutter; die so was macht."

Auf die Frage nach seinen Plänen für die Zukunft meinte Heiko: ,,Sobald mein Vater eine größere Wohnung für uns gefunden hat, ziehe ich zu ihm. Oder vielleicht nehme ich auch gleich was Eigenes. Ich weiß noch nicht. Mein Vater würde mir bei einer eigenen Wohnung erst mal helfen. Als Lehrling verdient man ja nicht viel. Mal sehen. Aber bei meiner Mutter, nee, da halte ich es nicht mehr aus. Der kann ich nicht mehr vertrauen, das ist es. Die hat mich doch voll belogen und betrogen. Ich weiß nicht, was ich für die Frau war. Und dabei dachte ich mal, daß sie alles ist, was ich noch hab, und den ich sie deshalb besonders liebhaben müßte. Ah, fuck!"

,,Glaubst du, daß du ihr irgendwann verzeihen kannst?" fragte ich.

Heiko zuckte mit den Schultern. ,,Ich weiß ja nicht. Aber im Moment bin ich einfach bloß verletzt. Wenn die eigene Mutter so was mit einem macht, das ist viel schlimmer, als wenn sonst wer das macht. Jedenfalls empfinde ich das so. Ich weiß ja nicht. Vielleicht komm ich ja mal darüber weg. Kann ja schon sein. Ich liebe sie ja auch. Aller gerade deshalb tut es ja so verdammt weh. Und solange das so weh tut, nee, das kann sie vergessen, das kann ich einfach nicht so wegstecken, als wenn nichts wäre."

Ehe, ex und hopp, aber - Kinder lieben Mutter und Vater

S. 171:
Und wenn die Mutter den Vater nicht mehr liebt und braucht, so liebt und braucht das Kind ihn doch. Der Vater ist ein Teil des Kindes, so wie das Kind ein Teil des Vaters ist. Keine Scheidung und keine Umgangsverweigerung werden diese natürliche Ur-Bindung jemals auflösen. Wer sie dennoch kappt, macht sich nicht nur schuldig an Kind und Vater, sondern als Sorgeberechtigter für das Wohl des Kindes auch vollkommen unglaubwürdig.

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