Information von Väter für Kinder e.V.:

Buchrezension  (Wir danken der Verfasserin und dem Verlag für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe)

Süddeutsche Zeitung  Nr. 111, Seite 13

Montag, 17. Mai 1999

Wo Familie zerbricht, gibt es nur Verlierer


MATTHIAS MATUSSEK (Herausgeber): Die vaterlose Gesellschaft. Briefe, Berichte, Essays, Rowohlt Verlag, Reinbek 1999. 345 Seiten, 16,90 Mark.

Seit ein paar Jahren setzt sich - aus Amerika kommend - die Einsicht durch, daß Väter vielleicht doch nicht entbehrliche Gegenstände sind, die man besser aus dem Kinderzimmer entfernt, und daß Scheidung schlimmere Spuren hinterläßt als ein Schnupfen, und daß es eben doch etwas ausmacht, nur ein Elternteil zu haben. Matthias Matussek hat über die vaterlose Gesellschaft ein Buch geschrieben. Die Feministen haben es gehaßt, die ausgegrenzten Väter geliebt: Endlich hatte jemand
ihren Kummer zum Thema gemacht. In dem Folgeband kommen die Väter zu Wort. Auch Kinder, die ihr Scheidungselend beschreiben, und Frauen, die ihrem Ärger über die Bevormundung durch die lautstarken Feministen Luft machen.

Die Rede ist von Anwälten, die sich eher als Brandstifter denn Feuerlöscher betätigen, von Jugendämtern, die sich überbieten in Zeitschinderei, im Nicht-Erkennen der Probleme und in psychologischer Naivität. Gezeigt wird, wie sich alle auf die Seite der meist siegreichen Mütter schlagen. "Das Kind gehört zur Mutter" und "Wenn die Mutter nicht will, kann man nichts machen", das sind stets wiederkehrende Standardformeln vieler deutscher Familienrichter. Die Rede ist auch von einer Rechtslage, die Frauen belohnt, die den Umgang der Kinder mit dem Vater boykottieren, die Mißbrauch mit dem Mißbrauch betreiben und die Mütter (seltener Väter) belohnt, die ihre Kinder dem abwesenden Elternteil entfremden. Letzteres ist unter dem Begriff PAS
(Parental Alienation Syndrome) bekannt geworden.

Matussek tritt auf als Kreuzritter für die Rechte der Väter und das Recht des Kindes auf die Liebe von zwei Eltern.
Selbstverständlichkeiten, möchte man meinen. Wer indes dieses Buch mit seinen unterschiedlichen Stimmen liest, wird traurigerweise eines anderen belehrt. Da zeigt sich deutlich, daß das Kindschaftsrecht auch nach der Reform Lücken hat. Schmerzlich vermissen die trauernden Väter das Recht auf Erzwingung von Umgang und auf Erzwingung von Therapie
oder professionelle Vermittlung (Mediation). Richter hierzulande können das nur vorschlagen, englische, amerikanische oder französische Gerichte können das im Interesse des Kindes erzwingen.

Matussek hat den ausgegrenzten Vätern und ihren Kindern einen Gefallen getan. Ein Serviceteil mit Anlauf-Adressen ist eine nützliche Ergänzung. Es bleibt noch viel zu tun, bis Männer und Frauen begreifen, daß sie als Väter und Mütter einen neuen Vertrag unterschrieben haben. Daß es mit der Ankunft eines Kindes nicht mehr nur um sie geht, sondern um den Schutz und das Wohlergehen des gemeinsamen Kindes.

CHRISTINE BRINCK
Die Rezensentin ist Journalistin in München.
Inhalt des Buches


Weitere Aufsätze von Frau Dr. Brinck zu PAS und Kindesentführung in der SZ (und ZfJ) und Die Zeit.
 

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