Aus FamRZ 1999, Heft 3, Seiten 184-186:
1. OLG Karlsruhe Beschluß v. 23.9.1998- 18UF 192/98
Leitsätze:
1. Aufgrund des nunmehr grundsätzlich gegebenen Umgangsrechts auch des nichtehelichen Vaters kann ein solches nur ausgeschlossen werden, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Solche Gründe sind grundsätzlich nicht das geringe Alter des Kindes noch ein sich anbahnendes Vater-Kind-Verhältnis zum neuen Lebensgefährten der Mutter.
2. Belastungen des Kindes, namentlich nach längerer Unterbrechung der Kontakte, kann durch deren Ausgestaltung begegnet werden.
Mit dem 1995 geborenem Kind bestand nach der Trennung in 1997 noch etwa ein halbes Jahr Umgang, bis die Mutter eine neue Beziehung einging. Das VormG hat dem Antragsteller mit Beschluß vom 31.7.1998 nach eingehender Anhörung der Eltern, der Einholung einer Stellungnahme des Jugendamtes und nach Erstattung eines psychologischen Sachverständigengutachtens ein Umgangsrecht in der Weise eingeräumt, dass er berechtigt ist, alle 14 Tage mit M. für 1 1/2 Stunden in den Räumen des Vereins für Familienhilfe in K. zusammenzusein.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der AGg., mit der sie die Zurückweisung des Gesuchs des Ast. auf Regelung des Umgangsrechts erstrebt. ..
Im übrigen sei eine jetzige Ausübung des Umgangs für M. schädlich. Zwischen ihm und ihrem jetzigen Lebensgefährten baue sich kontinuierlich ein Vater-Sohn-Verhältnis auf. M. sei noch zu klein , um erkennen zu können, dass der neue Lebensgefährte nicht sein leiblicher Vater sei. Bei Gewährung eines Umgangsrechts und das dadurch bedingte Auftreten eines weiteren Vaters werde M. verwirrt und verunsichert, was zu einer Gefährdung des Kindeswohls führe.
Der Senat führt dann aus, dass es grundsätzlich auch dem Wohl eines nichtehelichen Kindes entspricht, persönlichen Umgang mit seinem Vater zu haben. Für die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes sei es bedeutsam, seinen leiblichen Vater so früh wie möglich zu kennen und die Beziehung zu ihm durch Pflege von Umgangskontakten aufrechtzuerhalten und zu entwickeln, zumal auf (lange) Dauer keineswegs abzusehen ist, ob und wie sich das Verhältnis zum neuen Partner der Mutter darstellen und erhalten wird.
Ein Auschluß des Umgangsrecht kommt nur in Betracht, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist (§1684 IV S.1 BGB) oder, im Falle eines Auschlusses für längere Zeit oder auf Dauer, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre (§1684 IV S.2 BGB). Für einen Ausschluß des Umgangs auf kürzere Zeit nach §1684 IV S.1 BGB genügt es zwar bereits, wenn triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorliegen, die besorgen lassen, daß ohne einen Ausschluß des Umgangsrechts eine ungünstige Entwicklung des Kindes eintritt (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl. §1684 BGB Rz. 34). Der Senat vermag solche Umstände, die einen Auschluß des Umgangsrechts schon nach §1684 IV S.1 BGB rechtfertigen könnten, jedoch nicht festzustellen.
Allein das geringe Alter von M. steht einer Umgangsbefugnis ebensowenig entgegen (vgl. OLG Stuttgart, NJW 1981, 404, OLG Celle, FamRZ 1990, 1026,1027, Staudinger/Peschel-Gutzeit, BGB 12. Auflage 1997, § 1634 Rz. 318) wie die seit Mitte 1997 bestehende Unterbrechung des Kontaktes zwischen Vater und Sohn (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1994, 1277, 1278).
Die Ausübung des Umgangsrechts durch den leiblichen Vater hat Vorrang vor einer von der Mutter beabsichtigten ,,störungsfreien" Eingliederung des Kindes in eine neue Familiengemeinschaft (OLG Stuttgart, a.a.O. S, 405, Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., Rz. 29).
2. OLG Braunschweig, Beschluß v. 14.10.1998- 1UF 164/98
Zur behutsamem Wiederbelebung von Umgangskontakten zwischen Kind und nicht mit der Mutter verheiratem Vater nach längerer Unterbrechung bei gleichzeitig ablehnender Haltung der Mutter.
Das ist ein sehr lesenswertes Urteil, in mehrfacher Hinsicht.
1. Das OLG bestätigt, dass das AmtsG zu Recht den Parteien zur Förderung des Umgangs des Kindes mit seinem [nichtehelichen] Vater im Wege der Anordnung gemäß § 1684 III S. 2 BGB aufgegeben hat, Kontakt zu einer Beratungsstelle zur Anbahnung des Umgangsrechts aufzunehmen, und zugleich den Beginn eines vorsichtigen Umgangkontaktes gemäß § 1684 III S. 1 BGB angeordnet hat.
2. Die Begründung ist sehr ausführlich. Es wird ausgeführt wie und warum der Umgang mit dem Nichtwohnelternteil notwendig und förderlich für das Kindeswohl ist. Dann wird im einzelnen zu den von der Mutter ausgeübten Ritualen der Umgangsvereitelung Stellung genommen (unter Bezug auf Klenner, FamRZ 1995, 1530ff). Die Mutter hatte den Kontakt des Kindes zum Vater seit 1994 vereitelt, als sich dieser einer neuen Partnerin zuwandte. Hieraus werde deutlich, dass im Vordergrund der Kontaktversagung eine mangelnde emotinale Verarbeitung des Partnerkonfliktes stehe. Die Mutter dagegen trägt die sattsam bekannten Argumente vor, das Kind wolle ,,zur Ruhe kommen" und ,,lehne von sich aus den Kontakt" zu seinem Vater ab. Dies sei auf der Grundlage mütterlicher Beeinflussung lediglich als Resignation zu werten, denn die Mutter hat, wie sich aus ihrem Gesamtverhalten ergibt, dem Kind Solidarität im Beziehungskonflikt durch ihr Kontakt ablehnendes Verhalten abgefordert und es so in einen Loyalitätskonflikt gestürzt.
Es wird als Beispiel auch angeführt, dass das Kind in seiner Anhörung unreflektiert auch den Vorwurf übermäßigen Alkoholkonsums seitens der Mutter wiedergibt, obwohl es sich nach eigenen Angaben ,,nicht mehr so recht an alles erinnern kann" und es beim letzten Kontakt mit dem Vater als achtjähriger Junge auch gar nicht in der Lage gewesen ist, hier ein zutreffendes Urteil zu finden.
Dann wird ausgeführt, dass von einer erziehungsgeigneten Mutter verlangt werden muß, dem Kind die Wichtigkeit seines Kontaktes zu seinem Vater für eine spätere Entwicklung zu vermitteln. Die Wohlverhaltensklausel aus § 1684 II BGB, wonach der Personensorgeberechtigte alles zu unterlassen hat, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt, verlangt nämlich über seinen Wortlaut hinausgehend auch eine aktive Förderung des Umgangkontaktes dergestalt, daß der Personensorgeberechtigte im Rahmen der Erfüllung seiner Erziehungsaufgabe auf das Kind mit dem Ziel einwirkt, psychische Widerstände gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil abzubauen und eine positive Einstellung zu gewinnen (vgl. Johannsen/Henrich Eherecht 3. Aufl.§ 1684 BGB Rz. 14).
Die Mutter müsse ihrem Sohn erklären, dass sie ihre Meinung nunmehr geändert habe und Umgangskontakte selbst wünscht.