Der Vortrag hat, da auf eine Stunde beschränkt, vielleicht sogar noch eindringlicher als das Buch auf die Folgen der Vaterentbehrung hingewiesen. Allerdings konnte aus Zeitmangel auf viele der im Buch diskutierten Probleme bestenfalls nur hingewiesen werden. Der sehr gute Einblick in die psychoanalytische Arbeit, den das Buch an Hand von Fallgeschichten gewährt, fehlte deshalb auch. Dafür kam aber die wichtige Rolle die der Vater in den verschiedenen Lebensphasen eines Kindes spielt recht gut zur Geltung. Psychoanalytiker unterscheiden 3 Phasen:
Prof. Petri wies dann sehr eindringlich auf die Folgen hin, die eine Störung dieser normalen Entwicklung durch Vaterentbehrung hat. Sie seien bei einem Kleinkind (in der Triangulierungsphase) weitaus am gravierendsten und führten in der ersten ödipalen Phase oft zu einer Stagnation in der Entwicklung. In der Pubertätsphase seien die Folgen der Vaterentbehrung vergleichsweise am geringsten, aber durchaus ernst zu nehmen. An diesem Punkt setzte auch eine Diskussion an, weil die Idee, "Kleinkind gehört zur Mutter" immer noch in den Köpfen der Rechtsanwender (Richter, Anwälte) fest verankert sei. Im übrigen vermied es aber der Vortragende weitgehend auf den (richtigen) Umgang mit aktuellen Trennungs/Scheidungssituationen einzugehen. Er wandte sich aber sehr vehement gegen eine ideologisch motivierte Glorifizierung des Alleinerziehens. Alleinerziehen als Befreiung und gesellschaftliche Chance darzustellen, sei ein katastrophales Mißverständnis. Er beschrieb die psychischen (und oft auch wirtschaftlichen) Nöte alleinerziehender Mütter und die Auswirkung auf die Kinder, wenn es nicht gelingt eine gute, konfliktfreie Beziehung zum Vater aufrechtzuerhalten. Er übte aber auch Kritik an Vätern, die aus der Frauenbewegung stammende Entwicklungen weitgehend ignorierten. Er plädierte wieder, wie im Buch, für einen neuen Geschlechtervertrag, ohne dass es allerdings klarer wurde, was und wie etwas konkret umgesetzt werden soll. Die Kindschaftsrechtsreform, mit dem nun explizit aufgeführten Recht des Kindes auf Umgang und der gemeinsamen elterliche Sorge sah er als großen, wichtigen Schritt an, obwohl er einräumen mußte, dass die Umsetzung zumindest noch mehr Zeit braucht.
Innerhalb der Veranstaltung kam es jedoch zu einer Art Geschlechtervertrag. Es waren vermutlich sogar mehr Frauen als Männer bei diesem als Männerthema deklarierten Vortrag anwesend, darunter Kriegswaisen und eine Reihe alleinerziehender Mütter. Bis auf ganz wenige, etwas einseitige Stellungnahmen (auf beiden Seiten) wurde dadurch die Diskussion ganz wesentlich bereichert. Sie dauerte weit länger als die dafür vorgesehene eine Stunde und wurde dann sogar noch von einer kleineren, gemischten Gruppe bis Mitternacht in einem Biergarten fortgesetzt.