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Kurzbericht zum Vortrag

,,Aufwachsen ohne Vater. Das persönliche und gesellschaftliche Drama der Vaterentbehrung"

von Prof. Dr.med Horst Petri, Autor des Buches ,,Das Drama der Vaterentbehrung. Chaos der Gefühle - Kräfte der Heilung", in der Evangelischen Stadtakademie München (16.5.2000).

Der Vortrag hat, da auf eine Stunde beschränkt, vielleicht sogar noch eindringlicher als das Buch auf die Folgen der Vaterentbehrung hingewiesen. Allerdings konnte aus Zeitmangel auf viele der im Buch diskutierten Probleme bestenfalls nur hingewiesen werden. Der sehr gute Einblick in die psychoanalytische Arbeit, den das Buch an Hand von Fallgeschichten gewährt, fehlte deshalb auch. Dafür kam aber die wichtige Rolle die der Vater in den verschiedenen Lebensphasen eines Kindes spielt recht gut zur Geltung. Psychoanalytiker unterscheiden 3 Phasen:

  1. Die Triangulierungsphase während des ersten bis dritten Lebensjahres. In dieser Phase erfolgt die Ablösung aus der biologisch bedingten Bindung an die Mutter und es bildet sich (etwa im 9-14ten Lebensmonat) die für die weitere Entwickung des Kindes so wichtige Dreiecksbeziehung Kind-Mutter-Vater aus. Voraussetzung dafür ist nicht nur die Anwesenheit und Bereitschaft des Vaters zu einem intensiven Kontakt mit dem Kind, sondern auch ein entsprechend gutes Verhältnis zwischen den Eltern, das diese Entwicklung zuläßt.
  2. Die erste ödipale Phase, etwa vom vierten bis sechsten Lebensjahr. In dieser Phase findet normalerweise eine Rollenteilung statt. Die Mutter ist wichtig für die emotionale und sprachliche Entwicklung. Der Vater wird eine moralische Instanz (Über-Ich) die dem Kind bei der Konfrontation mit der Außenwelt hilft.
  3. Die zweite ödipale Phase oder Pubertätsphase, etwa vom 12-16ten Lebensjahr. In dieser Phase wird aus dem Kind ein Erwachsener, wobei es möglicherweise mehr oder wenige ausgeprägte Identitätskrisen durchläuft. Diese Phase hat u. a. wesentlichen Einfluß auf die Beziehungen die das Kind dann selbst als Erwachsener aufbaut.

Prof. Petri wies dann sehr eindringlich auf die Folgen hin, die eine Störung dieser normalen Entwicklung durch Vaterentbehrung hat. Sie seien bei einem Kleinkind (in der Triangulierungsphase) weitaus am gravierendsten und führten in der ersten ödipalen Phase oft zu einer Stagnation in der Entwicklung. In der Pubertätsphase seien die Folgen der Vaterentbehrung vergleichsweise am geringsten, aber durchaus ernst zu nehmen. An diesem Punkt setzte auch eine Diskussion an, weil die Idee, "Kleinkind gehört zur Mutter" immer noch in den Köpfen der Rechtsanwender (Richter, Anwälte) fest verankert sei. Im übrigen vermied es aber der Vortragende weitgehend auf den (richtigen) Umgang mit aktuellen Trennungs/Scheidungssituationen einzugehen. Er wandte sich aber sehr vehement gegen eine ideologisch motivierte Glorifizierung des Alleinerziehens. Alleinerziehen als Befreiung und gesellschaftliche Chance darzustellen, sei ein katastrophales Mißverständnis. Er beschrieb die psychischen (und oft auch wirtschaftlichen) Nöte alleinerziehender Mütter und die Auswirkung auf die Kinder, wenn es nicht gelingt eine gute, konfliktfreie Beziehung zum Vater aufrechtzuerhalten. Er übte aber auch Kritik an Vätern, die aus der Frauenbewegung stammende Entwicklungen weitgehend ignorierten. Er plädierte wieder, wie im Buch, für einen neuen Geschlechtervertrag, ohne dass es allerdings klarer wurde, was und wie etwas konkret umgesetzt werden soll. Die Kindschaftsrechtsreform, mit dem nun explizit aufgeführten Recht des Kindes auf Umgang und der gemeinsamen elterliche Sorge sah er als großen, wichtigen Schritt an, obwohl er einräumen mußte, dass die Umsetzung zumindest noch mehr Zeit braucht.

Innerhalb der Veranstaltung kam es jedoch zu einer Art Geschlechtervertrag. Es waren vermutlich sogar mehr Frauen als Männer bei diesem als Männerthema deklarierten Vortrag anwesend, darunter Kriegswaisen und eine Reihe alleinerziehender Mütter. Bis auf ganz wenige, etwas einseitige Stellungnahmen (auf beiden Seiten) wurde dadurch die Diskussion ganz wesentlich bereichert. Sie dauerte weit länger als die dafür vorgesehene eine Stunde und wurde dann sogar noch von einer kleineren, gemischten Gruppe bis Mitternacht in einem Biergarten fortgesetzt.

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