Information von Väter für Kinder e.V.:

Ein wegweisender, leider aber zu wenig beachteter OLG Beschluß zum Umgangsrecht aus dem Jahre 1980

Es geht um das Umgangsrecht mit einem Kleinkind (das erst nach der Trennung geboren wurde) und das die Mutter als störend bei der Eingliederung des Kindes in ihre neue Familie empfindet.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 24.10.1980 - 15 UF 16/80. 

NJW 1981, 404-405.
Leitsätze:
BGB §§ 1634, 1666 (Unzulässige Blockierung des Besuchsrechts durch einen Elternteil)
1. Das Umgangsrecht besteht uneingeschränkt auch im Verhältnis zu einem Kleinkind.
2. Der Gesetzgeber hat bei einer Kollision des Umgangsrechts mit der Absicht des die Sorge ausübenden Elternteiles, das beteiligte Kind störungsfrei in eine neue Familie einzugliedern, der Ausübung des Umgangsrechts Vorrang eingeräumt. Der Gesetzgeber hat darüber hinaus jede unbegründete Einflußnahme des Sorgeberichtigten mit dem Ziel der Blockierung des Besuchsrechts ausschließen wollen. Eine solche Blockierung bedeutet Mißbrauch des elterlichen Sorgerechts (§ 1666 BGB).
3. Der Ausschluß des Umgangsrechts kann nur bei einer konkret in der Gegenwart bestehenden Gefährdung des Kindeswohls angeordnet werden

Zum Sachverhalt: Die Eltern schlossen die Ehe im Nov. 1977, trennten sich aber bereits im Januar 1978. Der Sohn T wurde im Juni 1978 geboren. Es wurde ein Besuchsrecht des Vaters für jeden zweiten Samstag im Monat von 10.00 bis 18.00h zwischen den Eltern vereinbart, das der Vater dann in der Wohnung der väterlichen Großeltern ausübte. Die Mutter heiratete im April 1979 ein drittes Mal und auch die Kinder aus der ersten Ehe lebten dann bei ihr. Nach mindestens 10 Kontakten stieß die weitere Ausübung des Besuchsrechts schließlich auf Schwierigkeiten und Ablehnung durch die Mutter. Anlaß war u.a., .daß der Vater T zweimal über Nacht bei sich behalten hat, was aber mit den schlechten winterlichen Witterungsverhältnissen erklärt wurde. Außerdem war er einmal zunächst nicht bereit, das Kind einer anderen Person als der Mutter zu übergeben. Er erklärte dies damit, daß er die Mutter sprechen wollte, um bei dieser Gelegenheit Auskunft über das Ergehen von T zu erlangen.

Der Vater beantragte ein erweitertes Besuchsrecht und im Verlaufe des Verfahren auch ihm die elterliche Sorge über T zu übertragen. Das AG hat diese Anträge als unbegründet zurückgewiesen sowie das Verkehrsrecht des Ast. für die Dauer eines Jahres ausgeschlossen. Die Beschwerde hatte bezüglich der Einschränkung des Besuchsrechts Erfolg.

Aus den Gründen (auszugsweise):

Es steht fest, daß der Ast. (Vater) das Besuchsrecht, trotz Vollzug der Trennung vor Geburt von T, in einer Weise ausgeübt hat die zum Aufbau einer tragfähigen Beziehung zwischen Vater und Sohn geführt hat. Fest steht auch, daß die Ausübung des Besuchsrechts bei T zu keinerlei Störungen oder Belastungen geführt hat. Diese Entwicklung spricht grundsätzlich nur für die Fortsetzung des Umgangs zwischen Vater und Sohn. Gerade die gelungene Eingliederung von T in die Familie M macht es erforderlich, über die Ausübung des Umgangsrechts dem T auch eine kindliche Vorstellung über seinen Vater zu verschaffen und diese Vorstellung wachzuhalten  Auch der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang festgestellt, daß der Ast. in ,,echt emotionaler Weise" an T hängt.

Die Ag. [Mutter]  hat keine sachlichen Gründe dafür, das Besuchsrecht des Ast. etwa aus Gründen des Wohls von T unmöglich zu machen.....
Die Ag. hat nicht etwa Angst, weil sie für T eine Beeinträchtigung des Wohles diese Kindes befürchtet. derartige Ängste wären auch deshalb unbegründet, weil die Ag. selbst keine entsprechenden Folgen bei T beobachtet hat. Die Ag. will mit der Ablehnung aller Besuchskontakte zwischen Vater und Sohn vielmehr erreichen, daß T ihren dritten Ehemann als seine Vater erlebt und das Familienleben der Familie M ungestört von etwaigen Folgen der Kontakte des Ast. mit T verläuft.
.....
Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit einer solchen Einstellung eines geschiedenen Elternteiles mit samt Folgen im Verhältnis zu dem beteiligten Kind gesehen und bei der Neufassung des § 1634 BGB wie folgt bewertet (BT-Dr 8/2788, S. 53):
,,....Vorschlägen, die Ausschluß des Umgangsrechts bereits für den Fall fordern, daß dies dem Wohle des Kindes dient, folgt der Entwurf nicht. Sie führen zu nicht sachgerechten Ergebnissen dann, wenn ein geschiedener Elternteil, dem die elterliche Sorge übertragen ist, erneut eine Ehe eingeht und die störungsfreie Eingliederung des Kindes schlechthin höher als das Umgangsrecht des anderen Elternteils gestellt wird. Ein Ausschluß der Befugnis zum Umgang in diesen Fällen wäre eine nicht zu billigende Härte gegenüber dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und würde, zumal dieser unter Umständen wieder Inhaber des Sorgerechts werden kann, im Ergebnis auch nicht den Interessen des Kindes gerecht. Der Entwurf enthält aus diesem Grunde auch keine Regelung, die es jeweils von den Umständen und dem Wohl des Kindes abhängig macht, ob ein Umgangsrecht besteht. Eine solche Regelung trüge dem Elternrecht, aus dem das Umgangsrecht abzuleiten ist, nicht genügend Rechnung."

Der Gesetzgeber hat auch im Zusammenhang mit der Berücksichtigung des Willen des Kindes erreichen wollen, einen etwa massiven Einfluß des Sorgeberechtigten mit dem Ziel der Ausschaltung des Umgangsrechts unmöglich zu machen (vgl. dazu BT-Dr 8/2788, S. 7, 41). Damit steht fest, daß der im Wortlaut des § 1634 BGB objektivierte Wille des Gesetzgebers dahin geht, jede unbegründete Einflußnahme des Sorgeberechtigten auf die Ausübung des Umgangsrechts auszuschließen und den Ausschluß des Umgangsrechts strikt von einer konkreten Gefährdung des Kindeswohls abhängig zu machen (ebenso Steffen, ZBlJR 19979, 138, 1470. Deshalb bedeutet die Blockierung des Besuchsrechts des Ast. durch die Ag. im Ergebnis einen Mißbrauch der elterlichen Sorge bezüglich T (§ 1666 BGB).

Wohl führt der Sachverständige aus, daß bei Fortbestehen der Angst der Mutter vor einem Kontakt zwischen dem Ast. und T und Ablehnung dieser Kontakte durch die Mutter mit zunehmenden Alter von T bei diesem Kind Störungen zu erwarten sind.. Damit wird aber lediglich auf die bloße Möglichkeit des Eintrittes von psychischen Störungen bei T in der Zukunft hingewiesen. Für die Gegenwart schlägt auch der Sachverständige die Wiederaufnahme der Besuche vor .. Die Inanspruchnahme einer weiteren, solche Besuche zunächst vermittelnden dritten Person wird nur deshalb für notwendig angesehen, weil das Verhalten der Ag. durch Zeitablauf dazu geführt hat, daß der Ast. für T ein ,,Fremder" geworden ist. Schließlich hebt der Sachverständige auch auf die Möglichkeit ab, daß die Ag. ihre Ängste mit der Zeit doch wird überwinden können. Diese Möglichkeit ist bereits erkennbar. Die Ag. hat im Termin vom 26.9.1980 erklärt, daß sie den Umgang zulassen will, sobald T 3 Jahre alt geworden ist. Damit würde sich auch die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von T erledigen. Es steht daher fest, daß dem Ast. grundsätzlich ein Besuchsrecht zusteht.

[Unter Bezug auf das Kontinuitätsprinzip und die erfolgreiche Eingliederung von T in die neue Familie sowie im Vertrauen auf die Einsichtsfähigkeit der Mutter in die Notwendigkeit auch des Fortbestandes von Besuchsregelungen zwischen T und dem Vater kam zumindest derzeit für den Senat eine Änderung des Sorgerechts nicht in Betracht].

[Hervorhebungen eingefügt].

Die FamRZ 1998, Heft 24, enthält unter der Rubrik "neueste Informationen" Leitsätze zu  einem Beschluß des OLG Karlsruhe vom 23.9.1998 -18 UF 192/98 der im wesentlichen dem Beschluß aus 1980 entspricht, nun aber, entsprechend dem KindRG, auch das Umgangsrecht des Vaters eines nichtehelichen Kindes bestätigt.
 

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