KIND - FAMILIE - MENSCHENRECHTE

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                                 Väter für Kinder e.V.
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Nummer 1/97
verantwortlich i. S. d. P.: Dr. A. Schneider / Vorsitzender


Gemeinsames Sorgerecht in strittigen Fällen - weil Kinder beide Eltern brauchen

Die Auswertung dieser BJM - Sondererhebung, einer eindrucksvollen Jahres-Bilanz, macht deutlich, daß es seit 1982 (BVerfG-Urteil) eine nicht zu übersehende positive Entwicklung in der Rechtsprechung gab. In erstinstanzlichen Verfahren haben Richter trotz oftmals aufgeheizter Elternemotionen und massiver streitentzündender und - schürender Einflüsse von außen, das Prinzip Kindeswohl beherzigt und in 15.154 Fällen für ca. 23.000 betroffene Kinder eine sorgerechtliche Elternspaltung durch Belassungsbeschlüsse des gemeinsamen Sorgerechts vermieden.

Außerdem weist die Sondererhebung auf ein überraschendes Schlichtungsergebnis in strittigen isolierten Verfahren hin. Die Bemühungen von Richtern und Prozeßbegleitern aus 16 Bundesländern (24 Obergerichten) dokumentierten in Belassungsbeschlüssen den Weg vom ,,Nein zum Ja" mit den Eltern in unterschiedlicher Weise, sowie den fürsorge-funktionalen Abbau von Konflikten und die Orientierung am Wohl der betroffenen Kinder. Die menschenfreundliche Gesetzesanwendung konnte in 1.327 Abänderungen und 124 Bestätigungen für mindestens 2.200 Kinder sorgerechtlich gleichwertige Eltern erhalten, sodaß die trianguläre Familienbeziehung, soweit menschenmöglich, garantiert ist.

Diese Beschlüsse enthalten den unüberhörbaren Appell an alle Bürger, die Eltern - Kind - Beziehungen bei Trennung und Scheidung nach besten Kräften in befriedender Weise zu stützen.
 
 

Sondererhebung zur elterlichen Sorge bei Ehescheidungen
Im Berichtszeitraum (01.07.94- 30.06.95) erteilten Gerichte das Sorgerecht wie folgt:
Gemeinsame 
Sorge der 
Eltern 
Anzahl   %
Alleinsorge 
Mutter 
Anzahl  %
Alleinsorge 
Vater 
Anzahl  %
Scheidungen 
Anzahl 
insgesamt
Isolierte 
Verfahren 
Anzahl insgesamt.
Isolierte 
Verfahren 
Anteil an Erstentsch.  %
Baden-Würtenberg  2.177    23,0   6.577   69,6    698     7,4   9.452  1.040 11,0
Bayern *  2.175    18,6   8.625   73,9    875     7,5 11.675  1.332 11,4
Berlin     692   12,9   4.226   78,6    461     8,6   5.379  2.601 48,4
Brandenburg     326   11,2   2.338   80,6    237     8,2   2.901     253  8,7
Bremen      166  16,8      752   76,0      72     7,3      990     120 12,1
Hamburg      389   22,1   1.239   70,3    135     7,7   1.763     332 18,8
Hessen *   1.234   20,4   4.304   71,3    497     8,2   6.035     766 12,7
Mecklenburg-Vorp.     272      5,8   4.042   86,5    358     7,7   4.672     140  3,0
Niedersachsen   1.165   15,3   5.707   75,1    724     9,5   7.596  1.127  14,8
Nordrhein-Westf.   3.605   19,2 13.643   72,5 1.576     8,4 18.824  3.772 20,0
Rheinland-Pfalz     813    18,2   3.193   71,4    463   10,4  4.469      871 19,5
Saarland     358    24,0   1.031   69,1    103     6,9  1.492      204 13,7
Sachsen *     451      9,3   3.982   82,5    391     8,1  4.824      264  5,5
Sachsen-Anhalt     315    11,1   2.299   80,7    234    8,2  2.848      142  5,0
Schleswig-Holstein     738    21,3   2.450   70,6    282     8,1  3.470      542 15,6
Thüringen     278      7,0   3.299   83,6    371     9,4  3.948      122  3,1
Deutschland 15.154  16,8 67.707   74,9 7.477     8,3 90.338 13.628 15,1

 
 
Entscheidungen im isolierten Verfahren
(01.07.94-30.06.95)
Abänderung 
gemeinsame Sorge      %
Abänderung 
Sorge 
Mutter     %
Abänderung 
Sorge 
Vater      %
Bestätigung 
gemeins. 
Sorge     %
Bestätigung 
Sorge 
Mutter  %
Bestätigung 
Sorge 
Vater  %
isolierte Verfahren 
Abänderung
isolierte Verfahren 
Bestätigung
isolierte Verfahren 
insgesamt
BW    141     16     508      56    255      28  14         18  90         66  22          16     904     126   1.030
BY *    153      13    664      58    331      29  35         19 112        61  37          20  1.148    184    1.332
BER    121        5 2.126      82    335      13  19 **  2.582      19   2.601
BRB      11        6    107      57      70      37    8         12  39          60  18          28     188      65      253
HB        3        3      92      84      15      13  10 **     110      10      120
HH      33      10    222      67      77      23     322         0      322
HES*      74      11    444      64    170      25  11         14  58          74    9          12     688      78      766
MVO        6        4      62      44      72      52       140        0      140
NIE    256      27    524      54    182      19  30         18 108        66  27          16     963    165   1.127
NRW    320        9 2.349      68    805      23 298 **  3.474    298   3.772
RPF      63        8    469      51    242      31    6           6  64         66  27          28      774      97      871
SLD      23      21       56     50      32      29  15         16  70         75    8            9      111      93       204
SAC*      38      17     109     49      77      34    2           5  23         58  15          37      224      40      264
S-A      11       9       52     45      53      46    3         11  15         58    8          31      116      26      142
SLH      71      14     306     59    138      27  27 **      515      27      542
THÜ        3        3       82     67      37      30      122        0      122
BRD 1.327      11 8.172      66 2.891      23 124 579 171 12.390 1.228 13.618

Berichtszeitraum *) 1.8.94-31.1.95 u. 1.2.95-30.6.95  **) ungegliederte Bestätigung.
Quelle: BJM Stand: 1.11.96 (Prozentsätze wurden teilweise hinzugefügt)
 

Zitate zum gemeinsamen Sorgerecht aus wegbahnender Literatur

..,,Rein vom Gesetz her ist der Richter an sich nicht gehindert, auch ohne einen solchen Vorschlag das gemeinsame Sorgerecht zuzuteilen, wenn er die Überzeugung gewinnt, daß dies dem Kindeswohl am besten entspricht (§1671 Abs. 2 BGB)."
*) OLG Hamburg, FamRZ 1985, 1284; OLG Karlsruhe, FamRZ 1987, 89.
Horst Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung /1987

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,,Auch wir selbst haben hier einen Lernprozeß absolviert. Nachdem wir zunächst ein Potential für das Modell der gemeinsamen elterlichen Sorge bei denjenigen Eltern vermutet hatten, die dem Familiengericht einen einvernehmlichen Vorschlag bezüglich der Gestaltung des Sorgerechts unterbreiten, haben wir eine weitere, zahlenmäßig nicht unbeachtliche Gruppe bei den miteinander im Streit liegenden Eltern gefunden, für die ebenfalls ein geeignetes Sorgerechtsmodell die gemeinsame elterliche Sorge ist, nämlich solche Eltern, die beide ein hohes Motiv zur Erziehung ihrer Kinder besitzen und deshalb in besonderem Maße unter der bisherigen, hinsichtlich der gemeinsamen elterlichen Sorge restriktiven, Entscheidungspraxis zu leiden haben. Diese sogenannten strittigen Fälle scheiden also ganz im Gegensatz zur ursprünglichen Erwartung nicht von vornherein aus, vorausgesetzt, den betreffenden Eltern wird geeignete Hilfe zuteil."
Prof. Fthenakis, Symposium in München 3.1 1.87
   ,.5 Jahre gemeinsame elterliche Sorge nach der Scheidung" / 1989
(Diese Hilfe wird seit 1991 bzw. 1994 durch Jugendämter und freie Träger gesetzlich garantiert.)

"... zwei Bezugspersonen wären besser , zwei Pole.
... Die Zuteilung des Sorgerechtes auf einen Elternteil und der Verlust der bisherigen rechtlichen Position für den anderen Elternteil schafft ein Ungleichgewicht in der elterlichen Verantwortung, wodurch die Chancen für ko-elterliche Interaktion noch weiter geschmälert werden.
... Eine Einschätzung des Bindungsverhaltens bei Kindernkann sich aber immer nur auf einen momentanen Zustand beziehen. Ein Kind entwickelt sich fortlaufend und braucht in seinen verschiedenen Entwicklungsphasen einmal stärker die Mutter, einmal stärker den Vater. Deshalb ist es für seine gesunde Entwicklung fast unverzichtbar, auch nach der Scheidung beide Eltern zu haben.

..,,Störungen in der Persönlichkeit, aber auch gekränkter Stolz und Haßgefühle können dazu führen, daß geschiedene Partner zu einer ko-elterlichen Interaktion nicht fähig sind. Wo sich aber Eltern für das gemeinsame Sorgerecht entscheiden, wird kein Elternteil mehr entmündigt, der Konflikt verliert an Schärfe, und das Kind ist nicht mehr Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Die Konflikte zwischen den geschiedenen Partnern sind damit zwar nicht behoben, aber es ist eine rechtliche Basis geschaffen, die sie zur ko-elterlichen Interaktion verpflichtet und ihnen damit hilft, ihre Konflikte im Interesse ihrer Kinder und für ihre Familie konstruktiv zu lösen. ,,....Ehe geschieden, Familie intakt" darf für alle, die an einer Scheidung beteiligt sind, keinen Widerspruch darstellen, sondern muß wichtiges Orientierungsprinzip sein.
A. Napp - Peters: Ein-Elternteil-Familie oder Zwei-Haushalte-Familie? 1988

,,Letzteres anzustreben gebietet nicht nur das Kindeswohl, sondern auch das Elternrecht - erspart das gemeinsame Sorgerecht doch auch die Entrechtung eines Elternteils und die damit verbundene Verbitterung. Im Lichte des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips fehlt die staatliche Eingriffslegitimation in das Elternrecht nicht nur bei aktueller kindeswohlgemäßer Einigkeit der Eltern zugunsten gemeinsamen Sorgerechts, sondern schon bei potentieller Kooperationsfähigkeit und -Willigkeit, solange nicht angemessene Hilfe und Unterstützung zur Aktualisierung dieses Einigungspotentials angeboten und gewährt worden ist. Konsequenterweise ist das Jugendamt verpflichtet im familiengerichtlichen Verfahren Rechenschaft über angebotene Hilfeleistungen abzulegen und auf weitere Einwirkungsmöglichkeiten hinzuweisen (§§50 Abs. KJHG; 49a FGG). In das Bemühen um Förderung elterlichen Konsenses und Kooperation sind überdies auch alle anderen professionellen Kräfte pflichtgemäß eingebunden - Richter ebenso wie Anwälte und Sachverständige. Die bisher beobachtete Praxis von Richtern und Rechtsanwälten kooperationswilligen Eltern ihren Plan auszureden ist also seit Inkrafttreten des KJHG rechtswidrig'').
17) Vgl.Staudinger/Coester; §1671 Rz. 168.

... Prägend für den staatlichen Interventionsansatz sollen nicht mehr Trümmermodell und Verteilungsregelungen sein, sondern möglichst weitgehende, fortgeführte Elterngemeinsamkeit im Verhältnis zum Kind.
... Im Einzelfall können aber auch Fälle nicht ausgeschlossene werden, in denen trotz Antrags auf Alleinsorge durch einen Elternteil die Kooperationsfähigkeit für den Fall der Anordnung des gemeinsamen Sorgerechts hinreichend sicher festgestellt werden kann. Bei einer Anordnung des gemeinsamen Sorgerechts in solchen Fällen wird es jedoch viel Fingerspitzengefühl seitens des Familienrichters bedürfen."
Dr. Coester, FuR 2/91

,,... Der staatliche Wächter muß bei Scheidung nicht die Lösung der Sorgerechtsfrage ,,entweder- oder", sondern des Zieles ,,sowohl als auch" finden."
Dr. Koeppel ,,Die gemeinsame elterliche Sorge bei Scheidung im Lichte der EMRK und des UN-Zivilpaktes" AV 7/93

,,Das gemeinsame Sorgerecht soll nicht allein deshalb ausgeschlossen sein, weil lediglich eine bloße Ablehnung eines Elternteils erklärt wird." Dr. Kloster - Harz / Haase - FamGerichtstag Brühl 95 Arbeitskreis 8
 

Zwei beispielhafte Beschlüsse zum gemeinsamen Sorgerecht in isolierten Verfahren

Wenn also innerhalb eines Jahres  ca. 1.699 ( 1327 + 3 x 124) Richter aus 16  Bundesländern in  1451 strittigen Fällen schlichtend und vertrauensbildend die gemeinsame Sorge belassen haben, zum Segen von ca. 2.200 Kindern, deren Bedürfnisse ernst genommen wurden, dann ist das sehr beachtlich.

Die folgenden Ausschnitte aus Urteilsbegründungen geben einen bezeichnenden Einblick in die Rechtsprechungsergebnisse von isolierten Verfahren:

A) Abänderung:

OLG Karlsruhe, Zivilsenat Freiburg 5 UF 195/92 16.12.92 - AV
... ,,Nicht erforderlich ist jedoch, daß dieser übereinstimmende Vorschlag schon längere Zeit Bestand haben und dem ureigenen Willen beider Eltern entsprechen müßte. Vielmehr ist es durchaus zulässig und entspricht der Fürsorgefunkttion des Familiengerichtes, wenn dieses - nach ausreichender Ermittlung des Sachverhaltes - beide Elternteile anregt, von der Möglichkeit der gemeinsamen Sorge Gebrauch zu machen.

... OLG Bamberg, FamRZ 1988, 752, wonach es dem Familiengericht in geeigneten Sorgerechtsverfahren sogar obliegt, den Abbau von Streitpotential zu versuchen und den Eltern den Gedanken an gemeinsame elterliche Sorge nahezulegen.

... Vermieden werden muß daher für die Zukunft auf alle Fälle, daß die Eltern sich dem Kind gegenüber gegenseitig ausspielen (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1987, 89) und ihre - noch erheblich vorhandenen persönlichen Spannungen auf dem Rücken von --- austragen. Unschädlich ist allerdings, daß beide Eltern offensichtlich unterschiedliche Erziehungsvorstellungen und -formen haben, soweit gewährleistet ist, daß sich diese unterschiedlichen Erziehungsstile nicht widersprechen, sondern sich sinnvoll ergänzen und damit die gedeihliche, von Vater und Mutter geprägte Entwicklung von ---- fördern.

Nach den Feststellungen des Senates entspricht es im übrigen demKindeswohl, beiden Eltern die gemeinsame elterliche Sorge zu belassen. Insbesondere hat der Senat keine Gründe feststellen können, die eine Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil angezeigt erscheinen lassen (dazu Palandt/Diederichsen, BGB, 52. A., §1671, Rn. 7). Gerade die unterschiedlichen Vorschläge beider Gutachter, die elterliche Sorge nach der Scheidung dem Vater bzw. der Mutter allein zu übertragen, sprechen dafür, daß es keinen absoluten Grund der Bevorzugung eines Elternteils gegenüber dem anderen hinsichtlich der künftigen Sorgerechtsregelung gibt. Vielmehr spiegelt sich in den unterschiedlichen Vorschlägen beider Gutachter vornehmlich ihre jeweils unterschiedliche Gewichtung einzelner Sorgerechtskriterien wieder, nicht aber die Überzeugung, daß nur der eine - und damit nicht der andere - Elternteil künftig aIs alleiniger Sorgerechtsinhaher überhaupt in Betracht kommt.

Insgesamt geht der Senat im vorliegenden Fall davon aus, daß die Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge sowohl aus rechtlichen,Eis auch psychischen Erwägungen dem Kindeswohl  am besten entspricht.

Für de psychischen Bereich folgt dies daraus, daß nunmehr für ...sein bisher gewohntes Beziehungsgeflecht zu beiden Eltern in einem Höchstmaß  erhalten bleibt und er damit das für eine gedeihliche Entwicklung unverzichtbare Erfahren von Mutter und Vater, wenn auch abgeschwächt weiterhin behält. Zugleich ist ... die drohende Gefahr abgenommen, sich für bzw. gegen einen Elternteil zu entscheiden. Im übrigen ist das gemeinsame Sorgen um das Wohl des Kindes dazu angetan, beide geschiedenen Eltern zu befrieden und ihnen ein erhebliches Maß an gemeinsamer elterlicher Verantwortung gegenüber ihrem Kind wieder zurückzubringen, ein Ergebnis, das sowohl ihrer eigenen seelischen Gesundung wie auch dem Wohl von ... dient.

In rechtlicher Hinsicht behält ----- nunmehr zwei vollberechtigte Eltern und damit zwei gleichwertige Ansprechpartner i. S. d. §1626 Abs. 2 BGB. Damit bleibt sein bisheriger Rechtsstatus erhalten und sinkt nicht auf die vergleichbare Position eines nichtehelichen Kindes ab, welches nur einen sorgeberechtigten Elternteil besitzt.

Gerade im Hinblick auf die vorerwähnten Vorteile der gemeinsamen elterlichen Sorge kann der Senat nur noch einmal dringlich beiden Eltern anraten, trotz aller Unterschiede in ihren Persönlichkeiten - die ja zur Scheidung ihrer Ehe geführt haben - im Interesse von ---- alle Widerstände zu überwinden und zu seinem Wohl als dessen Eltern zusammenzuarbeiten."

B) Bestätigung:

OLG Bamberg, Beschluß v. 30.4.1996 - 7 UF 214/95 FamRZ 1997, 48-49
,,Das Belassen des gemeinsamen Sorgerechts nach der Scheidung muß nicht in jedem Fall außer Betracht bleiben, wenn ein Elternteil erklärt, das Sorgerecht allein zu wollen. Vielmehr sind dann die Auswirkungen der in Frage kommenden Sorgerechtsalternativen auf das Kindeswohl miteinander zu vergleichen. Hierbei  hat es bei der Gemeinsamkeit zu bleiben, wenn das gemeinsame Sorgerecht keine Nachteile gegenüber der Übertragung auf einen Elternteil verspricht."

... ,,Eine Auswirkung der von der Antragsgegnerin aufgezeigten Konflikte, die im wesentlichen vom Antragsteller nicht bestritten werden, auf das Wohl des Kindes ist nicht zu befürchten. Sämtliche Streitpunkte standen offensichtlich im engen Zusammenhang mit der Trennung der Parteien, wobei in keinem Falle ein Bezug zu Fragen der Betreuung und Erziehung des Kindes gegeben war. Schließlich steht der Belassung der gemeinsamen elterlichen Sorge auch nicht die Erklärung der Antragsgegnerin entgegen, das Sorgerecht allein zu wollen. Der Antragsgegnerin ist zwar darin zuzustimmen, daß für ein gemeinsames Sorgerecht grundsätzlich das Einverständnis beider Eltern mit einer solchen Entscheidung erforderlich ist. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die gemeinsame elterliche Sorge in jedem Falle außer Betracht bleiben muß, wenn ein Elternteil erklärt, das Sorgerecht allein zu wollen. Vielmehr sind in einem solchen Falle die Auswirkungen der in Frage kommenden Sorgerechtsentscheidungen auf das Kindeswohl miteinander zu vergleichen. Hierbei hat es bei der Gemeinsamkeit zu verbleiben, wenn das gemeinsame Sorgerecht keine Nachteile gegenüber der Übertragung auf einen Elternteil verspricht (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1987, 89). Solche Nachteile sind hier weder aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin noch sonst erkennbar. Die Antragsgegnerin hat vielmehr bei ihrer Anhörung eingeräumt, daß auf Seiten des Antragstellers ein hohes Maß an Bereitwilligkeit bei allen wesentlichen Fragen der Kindeserziehung vorhanden ist. Die Anhörung des Antragstellers hat darüber hinaus die Überzeugung des Senats begründet, daß weder der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes bei der Antragsgegnerin noch sein Umgang mit dem anderen durch die Entscheidung beeinflußt würden.

... Da unter diesen Umständen das Kindeswohl durch die gemeinsame Sorge nicht beeinträchtigt sein kann, ist ein Eingriff des Staates in die gemeinsame Elternverantwortung nicht gerechtfertigt." (Kopieauszug)

Nur eine unmenschliche Rechtsordnung vermöchte die gedeihliche Entwicklung eines Kindes einem bloßen Ordnungsprinzip hintanstellen (aus einer Münchener Gerichtsensentscheidungng von 1969)

(Hervorhebungen wurden hinzugefügt).

*vgl. dazu auch M. Reeken, Der Paradigmenwechsel bei der elterlichen Sorge, Der Amtsvormund 8/96

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