Väter für Kinder
e.V.
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Bekanntlich ist der Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs in Mode gekommen. Auf dem 11. Deutschen Familiengerichtstag (27. bis 30.9.1995 wurden Flugblätter verteilt, denen zu entnehmen war, daß inzwischen in rund 40% aller streitigen Scheidungsverfahren mit Kindern der Verdacht sexuellen Mißbrauchs vorgebracht wird, um damit selbst das Umgangsrecht der Väter mit ihren Kindern auszuschließen.
Mit einem solchen Fall hatte sich im letzten Jahr das für seine kinderfreundlichen Beschlüsse bekannte OLG Bamberg zu befassen (NJW 1995, Heft 25, S. 1684- 1685). Die Parteien, Eltern zweier Töchter, lebten getrennt. Die Kinder lebten bei der Mutter. Dreieinhalb Jahre lang konnte der Vater sein Umgangsrecht ungestört wahrnehmen und pflegte gute Beziehungen zu den Kindern. Dann untersagte plötzlich die Mutter, der inzwischen im Scheidungsurteil die alleinige elterliche Sorge zugesprochen worden war, dem Vater jegliche weiteren Kontakte. Zur Begründung führte sie aus, der Vater habe sich sexuell an seinen Töchtern vergangen. Die Mutter unterzog die Kinder in der Folge regelmäßigen psychologischen Sitzungen, in denen sie zu immer derberen sexuellen Phantasien und Spielen mit Puppen angeleitet wurden, die originalgetreue Nachbildungen männlicher und weiblicher Geschlechtsorgane trugen. Die Betreuerin dieser makabren Sitzungen, eine Psychologin, sprach die Kinder während der "Spiele" immer wieder auf ihren Vater an, bis sich schließlich eine der Töchter in perversen und biologisch unmöglichen Phantasien über Geschehnisse erging, die die Puppe von ihrem Puppenvater zu erdulden hätte. Die Psychologin sah daraufhin den Beweis sexuellen Mißbrauchs beider Töchter durch den Vater als erbracht an. Als im Laufe des sich anschließenden Verfahrens die Kinder fast zehn Monate später vom Richter angehört wurden, erklärten sie, ihren Vater auf keinen Fall sehen zu wollen.
Aus der Entscheidung des OLG Bamberg in dieser Sache verdienen zwei Dinge, hervorgehoben zu werden:
1. Es widerspricht dem Wohl eines fünfjährigen Mädchens es aufgrund eines nur vagen Verdachts sexuellen Mißbrauchs über ein Jahr lang mit regelmäßigen Sitzungen zu immer derberen sexuellen Phantasien anzuleiten. Durch solche Sitzungen schließlich gewonnene Angaben des Kindes über vom Puppenvater an der Puppentochter begangene sexuelle Handlungen stellen kein Beweismittel für entsprechendes Verhalten des wirklichen Vaters dar.
2. Der einer Wiederanbahnung der Begegnungen mit dem Vater entgegenstehende Wille der Kinder ist unbeachtlich. Er ist Ausfluß der unter Beeinträchtigung des Kindeswohls eingetretenen Entfremdung gegenüber dem Vater und somit Symptom einer durch die lange Trennung eingetretenen Schädigung. Dem Willen der Kinder zu folgen würde bedeuten, sich an der weiteren Schädigung zu beteiligen. Ein solches Recht zur Selbstschädigung steht den Kindern aber nicht zu; auch ihnen hat ihr eigenes Wohl oberste Richtschnur zu sein.
Die Einschätzung des Gerichts im letzten Absatz ist auch deswegen von Bedeutung, weil Tendenzen sowohl im Völkerrecht als auch in der nationalen Debatte zur Reform des Kindschaftsrechts die Wende von Rechten der Eltern zu Rechten der Kinder vollziehen wollen. Diese Tendenzen sind nicht unproblematisch. Es ist für Sorgeberechtigte ein Leichtes, Kinder dazu zu bringen, den Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil abzulehnen. Es darf nicht soweit kommen, daß solche Ablehnung aus Kindermund, besonders dann, wenn das Kind sie nicht begründen kann, zum Ausschluß eines Elternteils führt.
Dr. A. Schneider