KIND -
FAMILIE - MENSCHENRECHTE INFORMATION Väter
für Kinder e.V. Postfach
380 268, 80615 München Nummer 4/98 verantwortlich i.S.d.P.: Dr. A. Schneider / Vorsitzender |
Verhandeln in
höchststrittigen Sorge- und
Umgangsrechtsangelegenheiten
Teil
1
In
diesem und dem folgenden VfK-Info treten zwei Bücher in den Mittelpunkt der
Betrachtung, die für jeden Vater in höchststrittigen Sorge- und
Umgangsrechtsangelegenheiten von unschätzbarem Wert sein können, ohne daß sich
deren Inhalte mit Fragen der Familienrechtssprechung beschäftigen.
Die
sogenannte "Rechtspraxis"
also die Art und Weise, wie in unserem Staat Recht in Sorge- und Umgangsrechtsangelegenheiten gesprochen wird,
folgt einer Logik, die von väterlichen
Vätern in der Trennungssituation weder erwartet noch bei Erleben nachvollzogen
werden kann.
Als
Folge dieser Fehleinschätzung ist bei
diesen Vätern im offiziellen Verfahren häufig ein Verhalten zu beobachten,
welches sich an einer falschen Logik
- nämlich derjenigen gleichberechtigter Elternteile - orientiert und daher
letztendlich negative Auswirkungen nachsichziehen wird!
Dennoch
ist das im offiziellen Verfahren wirkende Prinzip recht simpel!
Auf
der einen Seite vermeintliche Grundrechte sowie menschlich-väterliche Wünsche
und Bedürfnisse des Vaters, auf der anderen der sogenannte "Mutterprimat".
Der
Mutterprimat geht von einer symbiotischen Gemeinschaft zwischen Mutter und Kind
aus, wobei sich idealisierende Vorstellungen mit realen Bedürfnissen - denen zu
entsprechen ist - unheilvoll vermengen. Damit steht aber im Falle elterlicher
Trennung die schützenswerte (Rest-)Familie von vorneherein fest.
Verweigert
nun in einer solchen Situation die Mutter (wobei vorausgesetzt sei, daß sie im Besitz der Kinder ist) das gemeinsame
Sorgerecht oder gar einen ausreichenden Umgang, entwickelt sich das förmliche
Verfahren höchst kraftvoll und einseitig gegen den fordernden Vater.
Über
entsprechende Studien neutraler Fachleute, die sich mit den Ritualen der Umgangsvereitelung und den
Folgen der Rechtspraxis für die betroffenen Väter beschäftigen, berichteten wir
bereits in unseren VfK-Infos 7/96 und 3/96.
Erfolg
in solch höchststrittigen Verfahren, die ca. 15% aller Scheidungsverfahren -
also 15% von ca. 150.000 jährlich - ausmachen, ist auf väterlicher Seite nur
einer Strategie vorbehalten, die eine höchstqualifizierte juristische
Argumentationslinie durch begleitende psychologische Maßnahmen stützt.
Die
hier rezensierten Bücher sind im Bereich der unterstützenden Maßnahmen von
grundsätzlicher Bedeutung und können selbst vielen in unserer Streitkultur geübten Juristen wertvolle
Dienste leisten. Die finanzielle und zeitliche Investition in beide Bücher
steht in keinem Verhältnis zu dem Nutzen, den der engagierte Vater hieraus bei
der herrschenden und voraussichtlich fortdauernden Rechtspraxis ziehen kann.
Verstehen,
Annehmen und Anwenden der beschriebenen Zusammenhänge sind keine Garanten für
eine grundsätzliche Umkehr einer konkret vorgegebenen Situation. Sie
ermöglichen jedoch in allen Fällen, in denen der Kontakt zwischen Kind und
Vater noch nicht dauerhaft abgebrochen ist, etwas
mehr Erfolg! Die vage relative Quantifizierung "etwas mehr“ kann hierbei durchaus den Rang einer eigenen
Qualität annehmen, z.B. gerichtlich unterbundener oder gestatteter Umgang,
Kontakt mit oder ohne Begleitung, vierwöchentlich 4 Stunden oder
zweiwöchentlich 8 Stunden, mit oder ohne Übernachtung, mit oder ohne Feiertags-
und Urlaubsregelung!
Beide
Bücher sind aus dem Harvard Negotiation
Project an der amerikanischen Harvard University hervorgegangen, in dessen
Rahmen Verbesserungen der Verhandlungstheorie und ihrer Umsetzung weltweit erforscht werden. Dieses Projekt basiert auf
einem Kurs zur Bewältigung internationaler Konflikte, der sich ausschließlich
mit zwischenstaatlichen Streitigkeiten sowie Terrorakten und anderen
nichtstaatlichen Zusammenstößen von internationalem Interesse befaßt hat.
Die
grundlegenden Forschungsergebnisse sind in diesen Büchern in leicht
verständlicher Form für ihre Anwendung in Verhandlungssituationen des täglichen
Lebens zusammengefaßt. Die Titel der amerikanischen Originalausgaben weisen
darauf hin, daß sich beide Bücher ergänzen.
Getting to Yes
beschreibt, wie über sachgerechtes Verhandeln unterschiedliche Positionen der
Verhandlungspartner gemeinsam
überwunden werden können. Der Inhalt dieses Buches läßt sich grob in Verhandeln mit und ohne
Gesprächsbereitschaft unterteilen.
Getting past No
geht von Situationen aus, in denen die Gesprächsbereitschaft eines Verhandlungspartners eben nicht gegeben ist. Es kann
als konzentrierte Fortführung des zweiten Teils von Getting to Yes verstanden werden, weshalb dieses Buch eine
besondere Bedeutung für alle Väter gewinnt, die im Umfeld des förmlichen
Verfahrens oder im Verfahren selbst unqualifizierten Verweigerungshaltungen
ausgesetzt sind.
Getting to Yes: Fisher, Ury, Patton
Das
Harvard-Konzept
Sachgerecht
verhandeln - erfolgreich verhandlen
Campus-Verlag
Gemäß
den Autoren sollte man Verhandlungsweisen aufgrund dreier Kriterien bewerten:
·
Sie sollten eine vernünftige
Übereinkunft zustande bringen,
·
sie sollten effizient sein,
·
sie sollten das Verhältnis zwischen den
Parteien verbessern oder zumindest nicht verschlechtern oder gar zerstören.
Auf
der ganzen Welt werden überwiegend zwei Verhandlungsarten angewandt, nämlich
die harte und die weiche.
Der hart Verhandelnde ist davon überzeugt, daß derjenige gewinnt, der
die extremere Position länger durchhält. Derjenige, der weich verhandelt, will
persönliche Konflikte vermeiden und macht eher Zugeständnisse. Andere
Strategien bewegen sich zwischen hart und weich und zielen auf das Erreichen
von Kompromissen ab.
Charakteristisches
Merkmal dieser Verhandlungsformen ist eine gewisse Abfolge von Positionen, die
von den Verhandelnden eingenommen und wieder aufgegeben werden. Positionen
dienen als Fixpunkte und zeigen dem jeweils anderen an, was erreicht bzw. nicht
erreicht werden soll. Die Autoren bezeichnen dies als Feilschen um Positionen.
Das
Feilschen um Positionen birgt die Gefahr, sich in seiner eigenen Position zu
fangen. Je deutlicher eine Position dargestellt wird, wie es beispielsweise der
Fall ist, wenn sie gegen Angriffe verteidigt werden muß, um so stärker ist man
anschließend hieran gebunden. Die eigentlichen Interessen aber, die sich hinter
der Position verbergen, treten mehr und mehr in den Hintergrund.
Fisher,
Ury und Patton zeigen hier eine Alternative auf, die sie als sachgerechtes Verhandeln bezeichnen (principled negotiation), wobei sich das
Ziel auf das Erreichen eines optimalen Verhandlungsresultates und
die Pflege der Beziehung bezieht.
Warum
ist nun diese Verhandlungsart gerade für Väter in Trennungssituationen von
entscheidender Bedeutung?
Spätestens
das in unserem Lande übliche Procedere im förmlichen Scheidungsverfahren und
hier ganz besonders im Sorgerechtsverfahren bestärkt in aller Regel die
verweigernde Mutter, in ihrer Position unqualifiziert zu verharren.
Nur
ein Beispiel sind die leider immer noch üblichen psychologischen Gutachten, die
gemäß richterlichem Auftrag die Frage zu klären haben, bei welchem Elternteil
die alleinige elterliche Sorge verbleiben soll, natürlich zum Wohle des Kindes.
Als Folge dieses klassischen Gutachtentyps kann eine weitere Verschlechterung
des Verhältnisses zwischen den Elternteilen und eine Manifestierung der
mütterlichen Verweigerungshaltung für die Zeit nach dem Verfahren festgestellt
werden. Die übliche Vorgehensweise hat sich somit für den Vater und seinem/n
Kind/ern als völlig ineffizient herausgestellt, von einer Verbesserung der
Beziehung zwischen den Elternteilen oder gar einer vernünftigen Lösung ganz zu
schweigen.
Sachgerechtes
Verhandeln als Alternative zum üblichen Feilschen um Positionen beruht im
wesentlichen auf vier Grundaspekten:
1. Menschen: Menschen und Probleme getrennt
behandeln!
2. Interessen: Nicht Positionen, sondern
Interessen in den Mittelpunkt stellen!
3. Möglichkeiten: Optionen erweitern!
4. Kriterien: Ergebnis auf objektive
Entscheidungsprinzipien aufbauen (, womit hier zugleich unterstellt wird,
das klassische Gutachten bei derart vorgegebener Aufgabenstellung
nicht objektiv sind!)
In
familienrechtlichen Streitereien beginnt häufig erst mit dem Auftritt der
Rechtsbeistände auf der Trennungsszene die eigentliche Eskalation des elterlichen
Streits. Ein Grund für die trotz allem unerwartete Eskalation - den nach
Trennung scheint das Schlimmste bereits irgendwie
Vergangenheit - ist die ausschweifende Anwendung gegenseitiger persönlicher
Beschimpfungen in guter alter
juristischer Tradition mit der Absicht und im festen Glauben, hierdurch in
den eigentlichen Sachfragen ein besseres Ergebnis erzielen zu können.
Auf
väterlicher Seite wird z.B. häufig die Erziehungsunfähigkeit der Mutter bemüht
und an entsprechenden Situationen, persönlichen Eigenarten oder dem familiären
Umfeld festgemacht. Je heftiger die Verletzungen bei oder nach der Trennung,
desto übler die gegenseitigen Verunglimpfungen, die sich im Laufe des
Verfahrens gegenseitig hochschauckeln.
Für
viele Väter hat sich jedoch dieser Glaube als verhängnisvoller Irrglaube
herausgestellt, denn letztendlich endet der Versuch, die Mutter vor Gericht als
nicht erziehungsfähig darzustellen, mit einer Umgangseinschränkung oder gar dem
Aussetzen des Umganges zwischen Vater und Kind.
Zwar
hatten die Autoren des Buches nicht diese Situation vor Augen, gleichwohl
liefern sie die Lösung: Trennen Sie die persönliche Beziehungen von der
Sachfrage! Seien Sie hart gegenüber dem (Sach-)
Problem, aber weich zum Menschen (, auch oder gerade weil Sie der Meinung sind,
daß der Mensch das Problem ist)! Kümmern Sie sich (also deshalb) unmittelbar um
das Problem Mensch.
Unzweideutig
raten die Autoren dazu, psychologische Techniken zu benutzen, wenn es um
psychologische Probleme geht (siehe auch VfK-Info 3/97). Sind die Vorstellungen
nicht präzise, so sollte man nach einer Präzisierung streben. Gehen die
Emotionen hoch, so hat man einen Weg zum Abbau der Erregungen für alle zu
suchen!
Bezogen
auf andere Verhandlungssituationen erläutern die Autoren einige diesbezügliche
Verhaltensweisen. Der Vater, dem diese trotz aller Verletzungen, persönlicher
Erniedrigungen und zum Teil gegen den Rat seines eigenen Rechtsbeistandes
umzusetzen gelingt, wird im Verfahren und vor allem auch in der Zeit danach
immer ein (etwas) günstigeres Ergebnis erzielen als derjenige, dem dies eben
nicht gelingt!
Der
dritte Aspekt weist auf ein Grundproblem aller Verhandlungen hin. Die
gebräuchliche Verhandlungstaktik versucht sich an einer Einigung auf einer
direkten Linie zwischen den Verhandelnden. Ausgehend von Position und
Kontra-Position wird die Goldene Mitte
angestrebt. Oft zeigt sich jedoch, daß es diese Goldene Mitte nicht gibt.
Entweder scheitert die Verhandlung an dem Versuch, diese zu etablieren, oder
aber es stellt sich im Nachhinein heraus, daß die Goldene Mitte weder gülden
noch mittig war!
Bezogen
auf die Umgansproblematik sei in zwei Sätzen angemerkt, daß sich mancher selbst
vor einem Oberlandesgericht geschlossene Vergleich im Nachhinein als Fehlglaube
herausgestellt hat. Dem interessierten Leser sei beispielhaft der Beschluß 13
UF 293/94 des OLG Hamm empfohlen, der auch in anderer Hinsicht wertvolle
Einblicke in unsere Rechtspraxis liefern kann!
Wie
gewohnt liefern die Autoren aber auch hier die Antwort: Den Kuchen vergrößern, ehe man ihn teilt. Die Quintessenz aus den
Beobachtungen der Autoren ist, daß die eigentliche Lösung des Problems oftmals neben dem Weg zu finden ist.
Das
Rezept für die Entwicklung kreativer Wahlmöglichkeiten umfaßt vier Punkte:
·
Differenzierung zwischen dem Finden
einer Option und ihrer kritischen Beurteilung,
·
Abkehr von der einen Lösung und
Vermehrung der Optionen,
·
Suchen nach Vorteilen für beide Seiten,
·
Entwickeln von
entscheidungsunterstützenden Vorschlägen.
Wichtig
hervorzuheben ist, daß es bei der Vermehrung von Optionen nicht darum geht,
x-beliebige Vorschläge vorschnell der Gegenseite zu unterbreiten, sondern in
einem kreativen Prozeß dienliche
Vorschläge zu entwickeln.
Grundprinzip hierbei ist die Trennung zwischen kreativem und kritischem Prozeß,
wobei unterschiedliche Methoden aufgezeigt werden, diesem Grundprinzip zu
folgen.
Die
Wertung des dritten Aspektes - also der kreativen Entwicklung von
sachdienlichen Wahlmöglichkeiten - muß in Bezug auf das hier interessierende
Grundthema kritisch und vor allem offen ausfallen. Insbesondere gegen Ende des
Buch-Kapitels erscheint eine Reihe von zentralen Hilfestellungen, jedoch wollen
diese nicht so recht zum eigentlichen Grundaspekt passen. Dennoch sind sie
ungemein wichtig und für uns nützlich, auch wenn unsere Erfahrung zeigt, daß
sich kreative (im Sinne von sachdienlich aber
von der Norm abweichende) Vorschläge im Rahmen des förmlichen
Scheidungsverfahrens eher negativ für Vater und Kind auswirken.
Musterbeispiel
dürfte hier wohl das Abweichen von regelmäßigen und starr vorgegebenen
Umgangsterminen sein. Jeder Vater, der z.B. auf Umgangsregelungen aufmerksam
macht, wie sie zum Teil in anderen Ländern anzuteffen sind und nach denen Vater
und Kind eine gewisse Anzahl von Umgangskontakten pro Jahr zustehen, die dann
zwischen den Eltern frei zu vereinbaren sind, wird dahingehend belehrt werden,
daß wenigsten in unserem Staat Recht und Ordnung herrschen, völlig ungeachtet
dessen, daß zwei Monate Umgang zwischen Vater und Kind am Jahresende zugleich
auch automatisch das Ende jeder zukünftigen Umgangsobstruktion seitens der
Mutter bedeuten würde!
Die
wenigen Erfahrungen mit Ury in
höchststrittigen Familienverfahren zeigen, daß mit diesem Grundaspekt sehr gute
Resultate im Vorfeld des förmlichen Verfahrens erzielt werden können, jedoch
mit Erscheinen des Jugendamtes oder spätestens des Richters viele gute Lösungen
wieder zurechtgerückt werden! Sehr
häufig versteht sich der Familienrichter als Notar, der lediglich
einvernehmliche elterliche Lösungen beglaubigt.
Es gibt jedoch auch andere Berufsauffassungen. Ob sich nun das Familengericht
als Notar oder Wahrer von Recht und Ordnung oder als Anwalt des Kindes
versteht, ist Einzelschicksal und leider nur in ganz wenigen Einzelfälllen
abwendbar.
Der
letzte Satz unterstellt, daß der gesetzlich ungenügend ausgestalte Begriff des
Kindeswohls je nach persönlicher Auffassung des verantwortlichen
Familienrichters für eine abstrakte
Vorstellung von nachehelicher oder nichtehelicher Vaterschaft herhalten muß
(Anmerkung: Abstrakt bedeutet hier, daß ein Controlling - also eine kritische
Würdigung richterlicher Entscheidungen im Nachheinein - nicht stattfindet!)! Dieser Sachverhalt ist von höchst
entscheidender Bedeutung für den vierten Grundaspekt des sachgerechten
Verhandelns, nämlich dem Heranziehen oder Bestehen auf objektiven
Entscheidungskriterien.
Das
Bestehen auf objektiven Entscheidungskriterien ist - auch wenn diesem Aspekt
absolut und verhältinismäßig nur wenige Buchseiten gewidmet werden - von
zentraler Bedeutung für das sachgerechte Verhandeln. Genau dieser Umstand
bedeutet, daß es zu vernünftigen, fairen und damit tragfähigen Lösungen kommt!
Das
Bestehen auf einer fairen Verfahrensweise ist besonders wirkungsvoll, weil sich
niemand nachsagen lassen möchte, unfair
zu handeln!
Aufgrund
der großen Wirkkraft dieses Aspektes ist jedoch unbedingt auf den richtigen Zeitpunkt und einer geeigneten Argumentation beim Vortrag zu achten, da sich
sonst leicht die Wirkung gegen den sich beharrlich um Fairness bemühenden Vater
richten kann!
Nur
allzu leicht wird eine solche Forderung, im förmlichen Verfahren vorgetragen,
von den beteiligten offiziellen Fachleuten als Affront und Infragestellung
ihrer Kompetenz (und damit prinzipiell der praktizierten Vorgehensweise in
allen ihren bisherigen Verfahren) empfunden(, so daß es fortan unterschwellig
nicht mehr nur darum geht, eine
Entscheidung in diesem konkreten Verfahren herbeizuführen, sondern die
Richtigkeit und Bewährheit der bisherigen Vorgehensweise insgesamt
nachzuweisen).
Paradoxerweise
kann sich somit ein noch einseitigeres Verfahren entwickeln, dessen Verlauf und
Ausgang mütterlicherseits dann als objektiv und abschließend fair betrachtet wird, d.h. häufig als Rechtfertigung
für eine dauerhafte Verweigerungshaltung benutzt wird.
Das
größte Problem beim sachgerechten Verhandeln ist bei der Erläuterung der
letzten zwei Grundaspekte deutlich geworden. Ja, aber! Was ist, wenn die andere
Seite dennoch nicht will und dabei auch noch in der stärkeren Position ist?
Wie
die Autoren feststellen, gibt es bei jeder Verhandlung Realitäten, die einfach
nicht zu ändern sind, auch nicht durch sachgerechtes Verhandeln. Dennoch!
Sachgerechtes Verhandeln kann
·
vor einer Übereinkunft schützen, die
letztendlich sehr nachteilig ausgehen könnte,
·
das beste aus einer schlechten
Ausgangsposition herauszuholen.
Auch
hier wollen wir an unserer Gewohnheit festhalten, allgemeine Aussagen der
Autoren kurz auf konkrete Situation abzubilden.
Häufig
kann man in strittigen Umgangsangelegenheiten erkennen, daß die gemeinsamen
Kinder als Mittel zur Erzielung einer für die Mutter günstigen Folgeregelung benutzt werden: Alleiniges Sorgerecht
bzw. großzügige finanzielle Absicherung der Mutter gegen ein großzügiges
Umgangsrecht!
Ist
jedoch das Sorgerecht verteilt und die abschließende Zahlung erfolgt, stellen
sich plötzlich schwerwiegende Gründe ein, den Umgang einzuschränken oder gar
einzustellen. Am Ende einer solchen Entwicklung teilt häufig der
Familienrichter dem verdutzten Vater mit, keine Lust zu haben, Umgang gegen den Willen der Mutter anzuordnen, zumal
sie ja nun das alleinige Sorgerecht innehätte.
Der
Vater ist hier in vielfach schlechterer Position. Während die Mutter
hemmungslos pekuniäre Ziele verfolgen darf, disqualifiziert die Auffassung, mit
Geld Umgang erkaufen zu können, den
Vater vor Gericht in jeder Hinsicht!
Dieses
Beispiel zeigt deutlich den Schutzeffekt und damit die Nützlichkeit des
sachgerechten Verhandelns, wobei das Zauberwort "Beste Alternative" heißt. Die Autoren machen in sehr einfachen
und eindringlichen Worten klar, daß man jede Übereinkunft an seiner besten
Alternative messen sollte, wobei die beste Alternative das Ergebnis beschreibt,
was man ohne eine Einigung erreichen würde.
Die
beste Alternative im Sinne von Ury ist jedoch keine starre Vorgabe, sondern am
ehesten mit einem kreativen Entwicklungsprozeß zu vergleichen, in dem ein
ständiger Abgleich zwischen der besten Alternative und einem realen Ergebnis jenseits dieser eine wichtige Rolle
spielt.
Bezogen
auf die angeführte finanzielle Folgeregelung könnte ein solcher Abgleich
beispielsweise dazu führen, daß sich weitere freiwillige Leistungen des Vaters nicht in einer einmaligen
Maßnahme niederschlagen, sondern über einen längeren Zeitraum verteilt werden.
Es
folgen nicht gerade wenige Seiten, die ein Übermaß an wichtigen Regeln
enthalten. Jeder, der diese in einer Situation zur Kenntnis nimmt, in der es um
für ihn zukunftsbestimmende Verhandlungsergebnisse geht, mag sich - zu Recht -
überfordert fühlen und die Orientierung verlieren. Genau hier schafft das
nachfolgend rezensierte und angewandte Büchlein Schwierige Verhandlungen eine entscheidende Reduzierung auf das
wesentliche. Folgende Bemerkungen sollen zu den dortigen Ausführungen
überleiten.
Üblicherweise
wird der Angriff der Gegenseite aus drei Manövern bestehen:
1. Darstellung
der eigenen Position mit aller Macht.
2. Angriff
der gegnerischen Vorstellungen mit aller Macht.
3. Fortsetzung
der Auseinandersetzung auf einer sehr persönlichen Ebene - also gegen Sie als
Mensch gerichtet.
Die
Antwort der Autoren lautet:
1. Tun
Sie so, als wäre jede Position, die die Gegenseite vertritt, ein aufrichtiger
Versuch, die Grundbedürfnisse beider Seiten in Betracht zu ziehen.
2. Verteidigen
Sie nicht ihre Vorstellungen, sondern laden Sie die Gegenseite zu Kritik und
Ratschlag ein.
3. Gestalten
Sie persönliche Angriffe in sachbezogene Auseinandersetzungen um.
Fortsetzung
folgt !