KIND  -  FAMILIE - MENSCHENRECHTE

 

 

INFORMATION

 

Väter für Kinder e.V.

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Nummer    4/98

verantwortlich i.S.d.P.:  Dr. A. Schneider  / Vorsitzender

                                                                                                                                                                                                                            

 

 

 

Verhandeln in

 höchststrittigen Sorge- und Umgangsrechtsangelegenheiten

 

Teil 1

 

In diesem und dem folgenden VfK-Info treten zwei Bücher in den Mittelpunkt der Betrachtung, die für jeden Vater in höchststrittigen Sorge- und Umgangsrechtsangelegenheiten von unschätzbarem Wert sein können, ohne daß sich deren Inhalte mit Fragen der Familienrechtssprechung beschäftigen.

Die sogenannte "Rechtspraxis" also die Art und Weise, wie in unserem Staat Recht in Sorge- und Umgangsrechtsangelegenheiten gesprochen wird, folgt einer Logik, die von väterlichen Vätern in der Trennungssituation weder erwartet noch bei Erleben nachvollzogen werden kann.

Als Folge dieser Fehleinschätzung ist bei diesen Vätern im offiziellen Verfahren häufig ein Verhalten zu beobachten, welches sich an einer falschen Logik - nämlich derjenigen gleichberechtigter Elternteile - orientiert und daher letztendlich negative Auswirkungen nachsichziehen wird!

Dennoch ist das im offiziellen Verfahren wirkende Prinzip recht simpel!

Auf der einen Seite vermeintliche Grundrechte sowie menschlich-väterliche Wünsche und Bedürfnisse des Vaters, auf der anderen der sogenannte "Mutterprimat".

Der Mutterprimat geht von einer symbiotischen Gemeinschaft zwischen Mutter und Kind aus, wobei sich idealisierende Vorstellungen mit realen Bedürfnissen - denen zu entsprechen ist - unheilvoll vermengen. Damit steht aber im Falle elterlicher Trennung die schützenswerte (Rest-)Familie von vorneherein fest.

Verweigert nun in einer solchen Situation die Mutter (wobei vorausgesetzt sei, daß sie im Besitz der Kinder ist) das gemeinsame Sorgerecht oder gar einen ausreichenden Umgang, entwickelt sich das förmliche Verfahren höchst kraftvoll und einseitig gegen den fordernden Vater.

Über entsprechende Studien neutraler Fachleute, die sich mit den  Ritualen der Umgangsvereitelung und den Folgen der Rechtspraxis für die betroffenen Väter beschäftigen, berichteten wir bereits in unseren VfK-Infos 7/96 und 3/96.

Erfolg in solch höchststrittigen Verfahren, die ca. 15% aller Scheidungsverfahren - also 15% von ca. 150.000 jährlich - ausmachen, ist auf väterlicher Seite nur einer Strategie vorbehalten, die eine höchstqualifizierte juristische Argumentationslinie durch begleitende psychologische Maßnahmen stützt.

Die hier rezensierten Bücher sind im Bereich der unterstützenden Maßnahmen von grundsätzlicher Bedeutung und können selbst vielen in unserer Streitkultur geübten Juristen wertvolle Dienste leisten. Die finanzielle und zeitliche Investition in beide Bücher steht in keinem Verhältnis zu dem Nutzen, den der engagierte Vater hieraus bei der herrschenden und voraussichtlich fortdauernden Rechtspraxis ziehen kann.

Verstehen, Annehmen und Anwenden der beschriebenen Zusammenhänge sind keine Garanten für eine grundsätzliche Umkehr einer konkret vorgegebenen Situation. Sie ermöglichen jedoch in allen Fällen, in denen der Kontakt zwischen Kind und Vater noch nicht dauerhaft abgebrochen ist, etwas mehr Erfolg! Die vage relative Quantifizierung "etwas mehr“ kann hierbei durchaus den Rang einer eigenen Qualität annehmen, z.B. gerichtlich unterbundener oder gestatteter Umgang, Kontakt mit oder ohne Begleitung, vierwöchentlich 4 Stunden oder zweiwöchentlich 8 Stunden, mit oder ohne Übernachtung, mit oder ohne Feiertags- und Urlaubsregelung!

Beide Bücher sind aus dem Harvard Negotiation Project an der amerikanischen Harvard University hervorgegangen, in dessen Rahmen Verbesserungen der Verhandlungstheorie und ihrer Umsetzung weltweit  erforscht werden. Dieses Projekt basiert auf einem Kurs zur Bewältigung internationaler Konflikte, der sich ausschließlich mit zwischenstaatlichen Streitigkeiten sowie Terrorakten und anderen nichtstaatlichen Zusammenstößen von internationalem Interesse befaßt hat.

Die grundlegenden Forschungsergebnisse sind in diesen Büchern in leicht verständlicher Form für ihre Anwendung in Verhandlungssituationen des täglichen Lebens zusammengefaßt. Die Titel der amerikanischen Originalausgaben weisen darauf hin, daß sich beide Bücher ergänzen.

Getting to Yes beschreibt, wie über sachgerechtes Verhandeln unterschiedliche Positionen der Verhandlungspartner gemeinsam überwunden werden können. Der Inhalt dieses Buches läßt sich grob in Verhandeln mit und ohne Gesprächsbereitschaft unterteilen.

Getting past No geht von Situationen aus, in denen die Gesprächsbereitschaft eines Verhandlungspartners eben nicht gegeben ist. Es kann als konzentrierte Fortführung des zweiten Teils von Getting to Yes verstanden werden, weshalb dieses Buch eine besondere Bedeutung für alle Väter gewinnt, die im Umfeld des förmlichen Verfahrens oder im Verfahren selbst unqualifizierten Verweigerungshaltungen ausgesetzt sind.

 

 

Getting to Yes:             Fisher, Ury, Patton

                                   Das Harvard-Konzept

                                   Sachgerecht verhandeln - erfolgreich verhandlen

                                   Campus-Verlag
                                  

Gemäß den Autoren sollte man Verhandlungsweisen aufgrund dreier Kriterien bewerten:

·         Sie sollten eine vernünftige Übereinkunft zustande bringen,

·         sie sollten effizient sein,

·         sie sollten das Verhältnis zwischen den Parteien verbessern oder zumindest nicht verschlechtern oder gar zerstören.

Auf der ganzen Welt werden überwiegend zwei Verhandlungsarten angewandt, nämlich die harte und die weiche.  Der hart Verhandelnde ist davon überzeugt, daß derjenige gewinnt, der die extremere Position länger durchhält. Derjenige, der weich verhandelt, will persönliche Konflikte vermeiden und macht eher Zugeständnisse. Andere Strategien bewegen sich zwischen hart und weich und zielen auf das Erreichen von Kompromissen ab.

Charakteristisches Merkmal dieser Verhandlungsformen ist eine gewisse Abfolge von Positionen, die von den Verhandelnden eingenommen und wieder aufgegeben werden. Positionen dienen als Fixpunkte und zeigen dem jeweils anderen an, was erreicht bzw. nicht erreicht werden soll. Die Autoren bezeichnen dies als Feilschen um Positionen.

Das Feilschen um Positionen birgt die Gefahr, sich in seiner eigenen Position zu fangen. Je deutlicher eine Position dargestellt wird, wie es beispielsweise der Fall ist, wenn sie gegen Angriffe verteidigt werden muß, um so stärker ist man anschließend hieran gebunden. Die eigentlichen Interessen aber, die sich hinter der Position verbergen, treten mehr und mehr in den Hintergrund.

Fisher, Ury und Patton zeigen hier eine Alternative auf, die sie als sachgerechtes Verhandeln bezeichnen (principled negotiation), wobei sich das Ziel auf das Erreichen eines optimalen Verhandlungsresultates und die Pflege der Beziehung bezieht.

Warum ist nun diese Verhandlungsart gerade für Väter in Trennungssituationen von entscheidender Bedeutung?

Spätestens das in unserem Lande übliche Procedere im förmlichen Scheidungsverfahren und hier ganz besonders im Sorgerechtsverfahren bestärkt in aller Regel die verweigernde Mutter, in ihrer Position unqualifiziert zu verharren.

Nur ein Beispiel sind die leider immer noch üblichen psychologischen Gutachten, die gemäß richterlichem Auftrag die Frage zu klären haben, bei welchem Elternteil die alleinige elterliche Sorge verbleiben soll, natürlich zum Wohle des Kindes. Als Folge dieses klassischen Gutachtentyps kann eine weitere Verschlechterung des Verhältnisses zwischen den Elternteilen und eine Manifestierung der mütterlichen Verweigerungshaltung für die Zeit nach dem Verfahren festgestellt werden. Die übliche Vorgehensweise hat sich somit für den Vater und seinem/n Kind/ern als völlig ineffizient herausgestellt, von einer Verbesserung der Beziehung zwischen den Elternteilen oder gar einer vernünftigen Lösung ganz zu schweigen.

Sachgerechtes Verhandeln als Alternative zum üblichen Feilschen um Positionen beruht im wesentlichen auf vier Grundaspekten:

1.   Menschen:               Menschen und Probleme getrennt behandeln!

2.   Interessen:               Nicht Positionen, sondern Interessen in den Mittelpunkt stellen!

3.   Möglichkeiten:         Optionen erweitern!

4.   Kriterien:                  Ergebnis auf objektive Entscheidungsprinzipien aufbauen (, womit hier                                            zugleich unterstellt wird, das klassische Gutachten bei derart vorgegebener                                     Aufgabenstellung nicht objektiv sind!)

In familienrechtlichen Streitereien beginnt häufig erst mit dem Auftritt der Rechtsbeistände auf der Trennungsszene die eigentliche Eskalation des elterlichen Streits. Ein Grund für die trotz allem unerwartete Eskalation - den nach Trennung scheint das Schlimmste bereits irgendwie Vergangenheit - ist die ausschweifende Anwendung gegenseitiger persönlicher Beschimpfungen in guter alter juristischer Tradition mit der Absicht und im festen Glauben, hierdurch in den eigentlichen Sachfragen ein besseres Ergebnis erzielen zu können.

Auf väterlicher Seite wird z.B. häufig die Erziehungsunfähigkeit der Mutter bemüht und an entsprechenden Situationen, persönlichen Eigenarten oder dem familiären Umfeld festgemacht. Je heftiger die Verletzungen bei oder nach der Trennung, desto übler die gegenseitigen Verunglimpfungen, die sich im Laufe des Verfahrens gegenseitig hochschauckeln.

Für viele Väter hat sich jedoch dieser Glaube als verhängnisvoller Irrglaube herausgestellt, denn letztendlich endet der Versuch, die Mutter vor Gericht als nicht erziehungsfähig darzustellen, mit einer Umgangseinschränkung oder gar dem Aussetzen des Umganges zwischen Vater und Kind.

Zwar hatten die Autoren des Buches nicht diese Situation vor Augen, gleichwohl liefern sie die Lösung: Trennen Sie die persönliche Beziehungen von der Sachfrage! Seien Sie hart gegenüber dem (Sach-) Problem, aber weich zum Menschen (, auch oder gerade weil Sie der Meinung sind, daß der Mensch das Problem ist)! Kümmern Sie sich (also deshalb) unmittelbar um das Problem Mensch.

Unzweideutig raten die Autoren dazu, psychologische Techniken zu benutzen, wenn es um psychologische Probleme geht (siehe auch VfK-Info 3/97). Sind die Vorstellungen nicht präzise, so sollte man nach einer Präzisierung streben. Gehen die Emotionen hoch, so hat man einen Weg zum Abbau der Erregungen für alle zu suchen!

Bezogen auf andere Verhandlungssituationen erläutern die Autoren einige diesbezügliche Verhaltensweisen. Der Vater, dem diese trotz aller Verletzungen, persönlicher Erniedrigungen und zum Teil gegen den Rat seines eigenen Rechtsbeistandes umzusetzen gelingt, wird im Verfahren und vor allem auch in der Zeit danach immer ein (etwas) günstigeres Ergebnis erzielen als derjenige, dem dies eben nicht gelingt!

Der dritte Aspekt weist auf ein Grundproblem aller Verhandlungen hin. Die gebräuchliche Verhandlungstaktik versucht sich an einer Einigung auf einer direkten Linie zwischen den Verhandelnden. Ausgehend von Position und Kontra-Position wird die Goldene Mitte angestrebt. Oft zeigt sich jedoch, daß es diese Goldene Mitte nicht gibt. Entweder scheitert die Verhandlung an dem Versuch, diese zu etablieren, oder aber es stellt sich im Nachhinein heraus, daß die Goldene Mitte weder gülden noch mittig war!

Bezogen auf die Umgansproblematik sei in zwei Sätzen angemerkt, daß sich mancher selbst vor einem Oberlandesgericht geschlossene Vergleich im Nachhinein als Fehlglaube herausgestellt hat. Dem interessierten Leser sei beispielhaft der Beschluß 13 UF 293/94 des OLG Hamm empfohlen, der auch in anderer Hinsicht wertvolle Einblicke in unsere Rechtspraxis liefern kann!

Wie gewohnt liefern die Autoren aber auch hier die Antwort: Den Kuchen vergrößern, ehe man ihn teilt. Die Quintessenz aus den Beobachtungen der Autoren ist, daß die eigentliche Lösung des Problems oftmals neben dem Weg zu finden ist.

Das Rezept für die Entwicklung kreativer Wahlmöglichkeiten umfaßt vier Punkte:

·         Differenzierung zwischen dem Finden einer Option und ihrer kritischen Beurteilung,

·         Abkehr von der einen Lösung und Vermehrung der Optionen,

·         Suchen nach Vorteilen für beide Seiten,

·         Entwickeln von entscheidungsunterstützenden Vorschlägen.

Wichtig hervorzuheben ist, daß es bei der Vermehrung von Optionen nicht darum geht, x-beliebige Vorschläge vorschnell der Gegenseite zu unterbreiten, sondern in einem kreativen Prozeß dienliche Vorschläge zu entwickeln. Grundprinzip hierbei ist die Trennung zwischen kreativem und kritischem Prozeß, wobei unterschiedliche Methoden aufgezeigt werden, diesem Grundprinzip zu folgen.

Die Wertung des dritten Aspektes - also der kreativen Entwicklung von sachdienlichen Wahlmöglichkeiten - muß in Bezug auf das hier interessierende Grundthema kritisch und vor allem offen ausfallen. Insbesondere gegen Ende des Buch-Kapitels erscheint eine Reihe von zentralen Hilfestellungen, jedoch wollen diese nicht so recht zum eigentlichen Grundaspekt passen. Dennoch sind sie ungemein wichtig und für uns nützlich, auch wenn unsere Erfahrung zeigt, daß sich kreative (im Sinne von sachdienlich aber von der Norm abweichende) Vorschläge im Rahmen des förmlichen Scheidungsverfahrens eher negativ für Vater und Kind auswirken.

Musterbeispiel dürfte hier wohl das Abweichen von regelmäßigen und starr vorgegebenen Umgangsterminen sein. Jeder Vater, der z.B. auf Umgangsregelungen aufmerksam macht, wie sie zum Teil in anderen Ländern anzuteffen sind und nach denen Vater und Kind eine gewisse Anzahl von Umgangskontakten pro Jahr zustehen, die dann zwischen den Eltern frei zu vereinbaren sind, wird dahingehend belehrt werden, daß wenigsten in unserem Staat Recht und Ordnung herrschen, völlig ungeachtet dessen, daß zwei Monate Umgang zwischen Vater und Kind am Jahresende zugleich auch automatisch das Ende jeder zukünftigen Umgangsobstruktion seitens der Mutter bedeuten würde!

Die wenigen Erfahrungen mit Ury in höchststrittigen Familienverfahren zeigen, daß mit diesem Grundaspekt sehr gute Resultate im Vorfeld des förmlichen Verfahrens erzielt werden können, jedoch mit Erscheinen des Jugendamtes oder spätestens des Richters viele gute Lösungen wieder zurechtgerückt werden! Sehr häufig versteht sich der Familienrichter als Notar, der lediglich einvernehmliche elterliche Lösungen beglaubigt. Es gibt jedoch auch andere Berufsauffassungen. Ob sich nun das Familengericht als Notar oder Wahrer von Recht und Ordnung oder als Anwalt des Kindes versteht, ist Einzelschicksal und leider nur in ganz wenigen Einzelfälllen abwendbar.

Der letzte Satz unterstellt, daß der gesetzlich ungenügend ausgestalte Begriff des Kindeswohls je nach persönlicher Auffassung des verantwortlichen Familienrichters für eine abstrakte Vorstellung von nachehelicher oder nichtehelicher Vaterschaft herhalten muß (Anmerkung: Abstrakt bedeutet hier, daß ein Controlling - also eine kritische Würdigung richterlicher Entscheidungen im Nachheinein - nicht stattfindet!)! Dieser Sachverhalt ist von höchst entscheidender Bedeutung für den vierten Grundaspekt des sachgerechten Verhandelns, nämlich dem Heranziehen oder Bestehen auf objektiven Entscheidungskriterien.

Das Bestehen auf objektiven Entscheidungskriterien ist - auch wenn diesem Aspekt absolut und verhältinismäßig nur wenige Buchseiten gewidmet werden - von zentraler Bedeutung für das sachgerechte Verhandeln. Genau dieser Umstand bedeutet, daß es zu vernünftigen, fairen und damit tragfähigen Lösungen kommt!

Das Bestehen auf einer fairen Verfahrensweise ist besonders wirkungsvoll, weil sich niemand nachsagen lassen möchte, unfair zu handeln!

Aufgrund der großen Wirkkraft dieses Aspektes ist jedoch unbedingt auf den richtigen Zeitpunkt und einer geeigneten Argumentation beim Vortrag zu achten, da sich sonst leicht die Wirkung gegen den sich beharrlich um Fairness bemühenden Vater richten kann!

Nur allzu leicht wird eine solche Forderung, im förmlichen Verfahren vorgetragen, von den beteiligten offiziellen Fachleuten als Affront und Infragestellung ihrer Kompetenz (und damit prinzipiell der praktizierten Vorgehensweise in allen ihren bisherigen Verfahren) empfunden(, so daß es fortan unterschwellig nicht mehr nur  darum geht, eine Entscheidung in diesem konkreten Verfahren herbeizuführen, sondern die Richtigkeit und Bewährheit der bisherigen Vorgehensweise insgesamt nachzuweisen).

Paradoxerweise kann sich somit ein noch einseitigeres Verfahren entwickeln, dessen Verlauf und Ausgang mütterlicherseits dann als objektiv und abschließend fair betrachtet wird, d.h. häufig als Rechtfertigung für eine dauerhafte Verweigerungshaltung benutzt wird.

Das größte Problem beim sachgerechten Verhandeln ist bei der Erläuterung der letzten zwei Grundaspekte deutlich geworden. Ja, aber! Was ist, wenn die andere Seite dennoch nicht will und dabei auch noch in der stärkeren Position ist?

Wie die Autoren feststellen, gibt es bei jeder Verhandlung Realitäten, die einfach nicht zu ändern sind, auch nicht durch sachgerechtes Verhandeln. Dennoch! Sachgerechtes Verhandeln kann

·         vor einer Übereinkunft schützen, die letztendlich sehr nachteilig ausgehen könnte,

·         das beste aus einer schlechten Ausgangsposition herauszuholen.

Auch hier wollen wir an unserer Gewohnheit festhalten, allgemeine Aussagen der Autoren kurz auf konkrete Situation abzubilden.

Häufig kann man in strittigen Umgangsangelegenheiten erkennen, daß die gemeinsamen Kinder als Mittel zur Erzielung einer für die Mutter günstigen Folgeregelung benutzt werden: Alleiniges Sorgerecht bzw. großzügige finanzielle Absicherung der Mutter gegen ein großzügiges Umgangsrecht!

Ist jedoch das Sorgerecht verteilt und die abschließende Zahlung erfolgt, stellen sich plötzlich schwerwiegende Gründe ein, den Umgang einzuschränken oder gar einzustellen. Am Ende einer solchen Entwicklung teilt häufig der Familienrichter dem verdutzten Vater mit, keine Lust zu haben, Umgang gegen den Willen der Mutter anzuordnen, zumal sie ja nun das alleinige Sorgerecht innehätte.

Der Vater ist hier in vielfach schlechterer Position. Während die Mutter hemmungslos pekuniäre Ziele verfolgen darf, disqualifiziert die Auffassung, mit Geld Umgang erkaufen zu können, den Vater vor Gericht in jeder Hinsicht!

Dieses Beispiel zeigt deutlich den Schutzeffekt und damit die Nützlichkeit des sachgerechten Verhandelns, wobei das Zauberwort "Beste Alternative" heißt. Die Autoren machen in sehr einfachen und eindringlichen Worten klar, daß man jede Übereinkunft an seiner besten Alternative messen sollte, wobei die beste Alternative das Ergebnis beschreibt, was man ohne eine Einigung erreichen würde.

Die beste Alternative im Sinne von Ury ist jedoch keine starre Vorgabe, sondern am ehesten mit einem kreativen Entwicklungsprozeß zu vergleichen, in dem ein ständiger Abgleich zwischen der besten Alternative und einem realen Ergebnis jenseits dieser eine wichtige Rolle spielt.

Bezogen auf die angeführte finanzielle Folgeregelung könnte ein solcher Abgleich beispielsweise dazu führen, daß sich weitere freiwillige Leistungen des Vaters nicht in einer einmaligen Maßnahme niederschlagen, sondern über einen längeren Zeitraum verteilt werden.

Es folgen nicht gerade wenige Seiten, die ein Übermaß an wichtigen Regeln enthalten. Jeder, der diese in einer Situation zur Kenntnis nimmt, in der es um für ihn zukunftsbestimmende Verhandlungsergebnisse geht, mag sich - zu Recht - überfordert fühlen und die Orientierung verlieren. Genau hier schafft das nachfolgend rezensierte und angewandte Büchlein Schwierige Verhandlungen eine entscheidende Reduzierung auf das wesentliche. Folgende Bemerkungen sollen zu den dortigen Ausführungen überleiten.

Üblicherweise wird der Angriff der Gegenseite aus drei Manövern bestehen:

1.     Darstellung der eigenen Position mit aller Macht.

2.     Angriff der gegnerischen Vorstellungen mit aller Macht.

3.     Fortsetzung der Auseinandersetzung auf einer sehr persönlichen Ebene - also gegen Sie als Mensch gerichtet.

Die Antwort der Autoren lautet:

1.     Tun Sie so, als wäre jede Position, die die Gegenseite vertritt, ein aufrichtiger Versuch, die Grundbedürfnisse beider Seiten in Betracht zu ziehen.

2.     Verteidigen Sie nicht ihre Vorstellungen, sondern laden Sie die Gegenseite zu Kritik und Ratschlag ein.

3.     Gestalten Sie persönliche Angriffe in sachbezogene Auseinandersetzungen um.

 

 

Fortsetzung folgt !