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FAMILIE - MENSCHENRECHTE INFORMATION Väter
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Verhandeln in
höchststrittigen Sorge- und
Umgangsrechtsangelegenheiten
Teil
2
Getting past No: William
L. Ury
Schwierige
Verhandlungen
Campus Verlag
Die
ungenügende normative Ausgestalltung des deutschen Familienrechtes wird auch
nach seiner anstehenden Reform dazu führen, daß weiterhin in vielen Fällen der
Kontakt zwischen Kindern und Vätern nach elterlicher Trennung gegen deren
Willen durch eine unqualifizierte
Verweigerungshaltung der Mutter, der sich in Folge dann auch die offiziellen
Scheidungsbegleiter anschließen, eingeschränkt oder gänzlich unterbunden wird.
Unsere
Beobachtungen zeigen aber auch, daß häufig die eigentliche Verfahrensgestaltung
(siehe VfK-Info 10/95, Schweigen) zu einem emotionalen väterlichen Verhalten
vor Gericht führt, daß - aus einigem Abstand betrachtet - letztendlich erst die
eigentliche Begründung für eine gerichtliche Umgangseinschränkung liefert!
Ury
zeigt hier in fünf Schritten auf, wie in Situationen unqualifizierter
Verweigerungshaltung die größten Fehler auf Seiten des Schwächeren vermieden werden und ein günstigeres Verhalten zu
besseren Ergebnissen führt.
In
einem ersten Schritt gilt es, die eigenen Emotionen unter Kontrolle zu
bekommen. Ury rät, hierzu „innerlich auf den Balkon“ zu treten und die
Situation somit aus einer höheren Warte zu betrachten. Somit wird einer der
größten Fehler vermieden, nämlich unmittelbar unangemessen zu reagieren, denn
der Autor geht davon aus, daß in diesen Situationen von der Gegenseite unfaire
Taktiken angewandt werden, die eben genau die Provokation einer unangemessen
Reaktion zum Ziel haben.
Als
ein Beispiel sei der in höchststrittigen Verfahren schon übliche Mißbrauch mit
dem sexuellen Kindes-Mißbrauch angeführt, der von der vorzeitigen Übertragung
des Sorgerechtes auf die Mutter dadurch ablenkt, daß der beschuldigte Vater
fortan vordringlich mit seinem Unschuldsbeweis beschäftigt und anschließend
froh ist, wenn er sein Kind irgendwann einmal überhaupt wiedersehen darf!
Strengt er gar ein gerichtliches Verfahren gegen die Mutter wegen dieser Verleumdung
an, so darf man sicher sein, daß anschließend der Kontakt zwischen Vater und
Kind aufgrund der Spannungen zwischen den Eltern gerichtlicherseits
eingeschränkt wird.
Ist
es gelungen, der Provokation mit einem angemessenen und für den Gegner
überraschenden Verhalten zu begegnen, so besteht der nächste Schritt darin, an
die Seite des verweigernden Verhandlungspartners zu treten. Ein weiterer großer
Fehler besteht darin, den stärkeren Verhandlungspartner überzeugen zu wollen.
Dieser Versuch ist zum Scheitern verurteilt, da dieser Argumenten gegenüber
nicht nur nicht aufgeschlossen, sondern in der Regel subjektiv von der
Richtigkeit seines Handels überzeugt ist!
Hier
ist nun ein Anerkennen der Gefühle, der Autorität und der Kompetenz des Gegners
günstig, wobei aus einer Position der persönlichen Stärke heraus ohne
Provokation auf das gegnerische Verhalten und mögliche Folgen aufmerksam zu
machen ist.
In
der nun folgenden Phase besteht die große Gefahr, daß beide Kontrahenten in
alte Gewohnheiten verfallen. Dem Schwächeren erscheinen die Forderung des
Kontrahenten nach wie vor unfair und er neigt dazu, diese einfach abzulehnen.
Der Kontrahent bezieht die alte Gegenposition und ist in dieser Situation
selbst für vernünftige Kompromißvorschläge nicht zugänglich. Das alte Spiel mit
starren Standpunkten und unfairen Taktiken könnte leich von vorne beginnen.
Bei
der Lösung dieses Problems spricht Ury von der "Kunst des Umfunktionierens". Hierbei werden die Inhalte
der Worte beibehalten, aber deren Kontext von einem Feilschen um Positionen zu
einem problemlösenden Verhalten uminterpretiert“. Ury spricht auch von einem "Rahmenwechsel". Indem man so
tue, als ob der Kontrahent an einer sachgerechten Problemlösung interessiert
sei, erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit, daß er tatsächlich dieser positiven
Vorgabe folge.
Folgt
er dieser jedoch nicht und kommt es immer noch nicht zu einer Einigung, so sind
nach Ansicht des Buchautors für diese Situation häufig drei Gründe
verantwortlich:
·
Der Gegner glaubt nicht, daß der
Vorschlag allen seinen grundlegenden Interessen gerecht wird.
·
Er kann sich nicht mit dem Vorschlag
identifizieren.
·
Er befürchtet, sein Ansehen zu
verlieren.
Der
letzte Grund bedarf einer kurzen Erläuterung, da er so für den Schwächeren der
beiden Kontrahenten nicht unmittelbar einsichtig ist. Man muß sich vor Augen
führen, daß auch der übermächtige Verhandlungsgegner in ein Umfeld eingebunden
ist, in dem er einen oder mehrere Berater
um sich hat.
Bei
familiärer Trennung sind dies auf Seiten der Kindesmutter in der Regel der neue
Lebenspartner oder ihre Eltern, und hier besonders die Mutter der Kindesmutter.
Bei allen Vorschlägen, die unterbreitet werden, muß unbedingt berücksichtigt
werden, daß die Kindesmutter diesen annehmen können muß, ohne gegenüber ihrem
Berater das Gesicht zu verlieren! Denn seine
Engstirnigkeit kann durchaus weniger durch seine persönlichen Gefühle in bezug
auf den Vorschlag bedingt sein als durch die Zwänge, die ihm von seinen
Bezugsgruppen auferlegt werden (S. 144).
In
einer solchen Situation gilt es nun, dem immer noch verweigernden
Verhandlungsgegner eine "Goldene
Brücke“ zu bauen. Gerade in Situationen von Umgangsverweigerung stellt
dieser Schritt dem sich in seinen vermeintlich durch Grundgesetz und
internationalen Menschenrechtskonventionen zugesicherten Grundrechten tief
verletzt fühlenden Vater eine fast nicht zu lösende Aufgabe, nämlich zu einem Partner des Kontrahenten zu werden, der
ihm hilft, eine für ihn und seine Bezugsperson akzeptable Erklärung für eine
Änderung des ursprünglichen Standpunktes zu finden.
Das
Bauen einer Goldenen Brücke ist ein
sehr schwieriger und iterativer Prozeß, dessen erfolgreiche Bewältigung
bedingt, daß der Verhandlungsgegner an der Lösungsfindung beteiligt wird, die
eigentliche Lösung seine Idee ist und
ihm somit auch der Verdienst an der Einigung zu überlassen werden sollte!
Die
Gestaltung der fünften Phase hängt davon ab, ob er Kontrahent sich zum Betreten
der Goldenen Brücke entschlossen hat oder eben nicht. Weigert sich der Gegner
trotz aller Bemühungen immer noch, so wird es notwendig, die eigene Macht ins
Spiel zu bringen. Diesbezüglich legt Ury sein Augenmerk wiederum auf die
Vermeidung der häufigsten Fehler, die der schwächere Verhandlungspartner
diesbezüglich zu machen verleitet wird.
Nach
wie vor sollte auf jeden Fall vermieden werden, den Krieg eskalieren zu lassen, denn dies macht in Situationen, in
denen der andere einen erheblichen Machtvorsprung besitzt, immer noch wenig
Sinn. Die eigene Macht würde destruktive
Wirkung haben, sie sollte jedoch konstruktiv
eingesetzt werden, denn Ziel des Machteinsatzes ist es, den Gegner nun endlich
zum Betreten der Goldenen Brücke zu bewegen!
Hierzu
gehört es, den Kontrahenten nicht zu bekämpfen, sondern ihn aufzuklären. Ebenso sollten offene
Drohungen vermieden werden, da hierdurch sein Ego und seine eigene
Selbstachtung in Gefahr geraten und er sich mit dem Rücken zur Wand gedrängt
fühlt. Warnungen, die im höflichen Ton und in einem Geist der Achtung geäußert
werden, erzielen eine wesentlich günstigere Wirkung. Nach Ury gilt, daß je
unheilvoller die Warnung ausfällt, desto mehr Respekt der Person des Gegners
entgegenzubringen ist.
Ury
beschreibt weitere Verhaltensweisen, die selbst zu studieren dem Leser hier
nicht abgenommen werden kann. In Bezug auf unsere Grundproblematik scheint der
faire und respektvolle Umgang mit dem Kontrahenten auch von entscheidender
Bedeutung für den Erfolg vor dem Familiengericht zu sein! Denn hier ist nicht
das Verhalten der Mutter gegenüber dem Vater wesentlich, sondern das väterliche
Verhalten. Als Vater muß man sich vor Augen halten, daß die vorgegebene Symbiose Mutter/Kind als schützenswert
empfunden und somit unfaires oder gar illegitimes väterliches Verhalten
letztendlich durch gerichtliche Umgangseinschränkung (in guter Absicht) bestraft wird!
Hat
der Gegner nun endlich die Goldene Brücke betreten, so ist damit das von Ury
beschriebene Verfahren jedoch noch nicht abgeschlossen. Aus unterschiedlichen
Gründen kann es zu einer Übereinkunft kommen, die sich aber in der Folge nicht
als eine solche erweist. Bei der erzielten Übereinkunft ist also im besonderen
Maße auf Stabilität und Dauerhaftigkeit zu achten. Ein wesentlichter Faktor für
eine auch tatsächlich dauerhaft praktizierte Übereinkunft ist eine Festigung
der Beziehung der ehemaligen Kontrahenten durch den Aufbau einer guten
Arbeitsbeziehung.
Persönliche Abschlußbemerkung:
Die
Motivation des Autors, dieses VfK-Info zu schreiben, kann nach den bisherigen
Ausführungen leicht mißverstanden werden.
Weder
das Herumtricksen noch das Hereinlegen der Gegenseite unter
Zuhilfenahme psychologischer Tricks ist das Anliegen dieses Infos, und
ebensowenig das Paktieren mit oder
die Kapitulation vor dem
Mutterprimat.
Wird
in einer Trenungssituation der Umgang zwischen einem väterlichen Vater und
seinen Kindern unterbunden, so bedeutet dieser Umstand eine der extremsten
Lebenssituationen, der ein Mensch ausgesetzt sein kann. Für diese Väter
bedeuten ihre Kinder einen ihrer zentralen Lebensinhalte und -aufgaben, auch
wenn sich dies nicht immer während der Zeit der gemeinsam gelebten Familie
objektivieren läßt!
Und
es haben - wie könnte es auch anders
sein - die Kinder für die entsprechenden Mütter eine vergleichbare Bedeutung. Erst über ihre Kinder
finden genau diese Mütter ihre Selbstbestätigung und ihren Selbstwert. Die
Erlangung massiver materieller Vorteile soll hier an dieser Stelle zwar erwähnt
werden, für die abschließenden Betrachtungen jedoch ganz in den Hintergrund
treten.
Familie
und Kinder sind nicht nur für die Einzelpersonen von besonderer Wichtigkeit,
sondern für uns alle. Die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft und
unsere Kinder sind unsere Zukunft. Sie sind die Saat, die wir säen.
Vor
allem aber haben unsere Kinder ein Recht auf alle Entwicklungschancen, auf
Geborgenheit, auf Liebe von und zu beiden Elternteilen. Für die Kinder
verschmelzen väterliche und mütterliche Familie zu einer einzigen großen,
nämlich ihrer Familie.
Die
Trennungssituation bedeutet einen katastrophalen Einbruch in ihr unschuldiges
Leben mit lebenslangen Folgen! Manche Experten gehen davon aus, daß mit dem
Kontaktabbruch zu einem geliebten Elternteil der "Verlust des kindlichen Urvertrauens" einhergeht.
Und
selbst in den Fällen, in denen Kinder ihren leiblichen Väter nie erlebt haben,
gehen sie irgendwann einmal für den Rest ihres Lebens auf die Suche nach diesem
Teil ihrer Identität.
In
einer solch extremen Situation hat der staatliche Wächter eine Abwägung von
Grundrechten der Eltern gegenüber dem Kindeswohl, dem Kindeswohl gegenüber
ihrer Bedeutung für unsere Gemeinschaft und auch gegenüber der Menschlichkeit durchzuführen.
Leider
zeigen unsere Beobachtungen, daß der staatliche Wächter in vielen dieser
höchststrittigen Fälle diese seine Aufgabe eben nicht erfüllt! Es mögen hierfür
unterschiedliche, nachvollziehbare Gründe verantwortlich sein - das eigene
Mutterbild oder Andenken, Zwänge des gesellschaftlichen Alltags,
Formalismen, Gewohnheit, eine aus dem
Blickwinkel der offiziellen Scheidungsbegleiter bewährte Verfahrensweise.
Gleichwohl, dieser Aufgabe wird quantitav und qualitativ leider allzuoft nicht entsprochen.
Viele
Väter tragen ihren Anteil dazu bei, daß dies so sein oder so geschehen kann. Da
sind zunächst einmal diejenigen, die keine väterlichen Gefühle zu entwickeln in
der Lage sind und sich durch Entzug ihrer Verantwortung entziehen. Hierzu
sollen auch die gezählt werden, die meinen, der väterlichen Verantwortung durch
großzügigen Unterhalt und ebenso großzügigen persönlichen Rückzug gerecht zu
werden.
Da
sind aber auch diejenigen Väter, die nach der Trennung Väter bleiben oder gar
ohne vorheriges gemeimsames Familienleben für das Kind Vater werden möchten.
Diese werden jedoch im förmlichen Verfahren von allen offiziellen
Scheidungsbegleitern an den zuvor genannten gemessen. Im förmlichen Verfahren
ist geradezu ein Prinzip erkennbar, daß sich bei Aufbegehren des Vaters gegen
den festen mütterlichen Willen daran versucht - und zwar äußerst erfolgreich -,
diesen ihre Schranken aufzuzeigen.
Sachgerechtes
Verhandeln nach Ury und Autorenkollegen ist eine Methode, mit diesem
Wirkprinzip umzugehen. Sachgerechtes Verhandeln bedeutet
·
Schutz.
Dieser
Schutz stellt sich jedoch keinesfalls automatisch durch Lesen dieser Bücher
ein, denn der Begriff des "Sachgerechten
Verhandelns“ stellt eine vereinfachte Verkürzung des amerikanischen
Originalbegriffes "principled
negotiation" dar. Eine zwar umständlichere, aber treffendere
Übersetzung würde zielgerichtet und
prozeßbewußt lauten, wobei sich das Ziel auf das Erreichen eines optimalen
Verhandlungsresultates und der Pflege der
zwischenmenschlichen Beziehung richtet.
Damit
werden
·
vor allem kindgerechte Lösungen
angestrebt, die diesem Attribut unter den jeweils gegebenen Umständen am
nächsten kommen.
Prozeßbewußt
aber meint das Beherrschen der Vorgehensweise. Dies impliziert eine
iterative Beschäftigung mit der Thematik
und eine Auseinandersetzung mit seiner eigenen Persönlichkeit. Es reicht nicht,
die richtigen Argumente zu nennen. Sie müssen glaubhaft und wirkungsvoll vermittelt werden.
Demgegenüber
steht das im förmlichen Verfahren erkannte Prinzip, das oft ein emotionales
väterliches Verhalten erzeugt, welches in Folge zu einer weiteren
gesellschaftlichen Degradierung von Vaterschaft und persönlicher Isolierung
führt.
Sachgerechtes
Verhandeln in diesem Sinne ist also auch
·
Engagement für Vaterschaft und
Väterlichkeit sowie
·
Werbung für deren Anerkennung und
Akzeptanz in allen gesellschaftlichen Kreisen.
Gustav
Fröhlich
o