INFORMATION
Väter für Kinder e.V.
Postfach 380 268, 80615 München
Ist dieses Urteil ein Hoffnungsschimmer für jene Scharen getrennt oder geschieden lebender Eltern, die von den Familiengerichten aufgrund psychologischer Sachverständigengutachten ihrer Elternverantwortung beraubt werden und deren Umgangsrecht mit ihren Kindern auf ein Minimum herabgesetzt oder ganz ausgeschlossen wird? Leider nein. In dem berichteten Urteil ging es um die Haftung von Sachverständigen in einer Immobiliensache, und nur dafür setzt es einen Maßstab. Das Urteil bewegt sich in der Tradition des BGB von 1900, wonach Vermögensschäden perfekt geregelt werden. Bei psychologischen Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht geht es aber nicht um Vermögenswerte, sondern um Menschenrechte, um die gesunde Entwicklung von Kindern und um die Liebe zwischen Eltern und Kindern. Diese Dinge lassen sich nicht in Geld ausdrücken.
Die Verantwortung der psychologischen Sachverständigen ist nicht geringer als die der Immobiliensachverständigen. Fehlurteile können sich verhängnisvoll für Kinder und Eltern auswirken. Trotzdem gilt nach wie vor, was der Kinderpsychologe Uwe Jopt in seinem Buch "Im Namen des Kindes" geschrieben hat: Der Beruf des psychologischen Sachverständigen in Kindschaftssachen ist einer der bequemsten, die es in unserem Land gibt. Wer wüßte einen Beruf, der auch nur annähernd ein so sanftes Ruhekissen bietet wie dieser? Die Haftung für Schäden aufgrund eigener Fehlurteile ist gleich null. Weder mangelnde Sachkenntnis noch mangelnde Erfahrung noch mangelnde Sorgfalt können ihm etwas anhaben. Nichts von alledem ist ein Ablehnungsgrund. Unabhängig vom Sachgehalt ihrer Gutachten werden psychologische Sachverständige bezahlt, und zwar nach Seiten. Auch der gröbste Unsinn muß bezahlt werden. Je Seite können gut 100 DM veranschlagt werden. Das ist der Grund, weshalb viele psychologische Gutachten mit Belanglosigkeiten und umfangreichen Anleihen aus den Gerichtsakten zu langatmigen Ergüssen aufgeblasen werden.
In der Tat sind die gerichtsüblichen Anforderungen an kinderpsychologische Gutachten minimal. Welcher Familienrichter kennt schon die "Richtlinien für die Erstellung psychologischer Gutachten" des Berufsverbandes Deutscher Psychologen e.V., in denen einige grundlegende Anforderungen formuliert sind, oder die wesentlich genaueren Forderungen von Klenner, "Vertrauensgrenzen des psychologischen Gutachtens im Familienrechtsverfahren", in FamRZ 1989, S. 804?
Solange der Beruf des psychologischen Gutachters ein derart sanftes Ruhekissen ist, wird es bei der Feststellung eines angesehenen Familienrichters bleiben, der sagte, er wisse, welchen Gutachter er fragen müsse, um eine bestimmte Empfehlung zu erhalten. Mit anderen Worten: Es kommt in erster Linie auf den Gutachter an; der Sachverhalt ist zweitrangig.
Die Diskrepanz zur erweiterten Haftpflicht des Sachverständigen
in Bausachen könnte nicht auffälliger sein. In Geldsachen haftet
der Sachverständige streng, in Kindschaftssachen gar nicht.
Anmerkung (Webmaster): Zur Haftung gerichtlicher Sachverständiger erging bereits 1978 die sogenanteWeigand-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit der eine Entscheidung des BGH, der diese verneinte, aufgehoben wurde.
Das Studium des gesamten Urteils ist zu empfehlen, auch wegen der darin beschriebenen bizarren Vorgänge.