German version
Übersetzung
KONVENTION ZUM SCHUTZE DER MENSCHENRECHTE UND
GRUNDFREIHEITEN IN DER FASSUNG DES PROTOKOLLS Nr.
11
Protokolle Nr. 1, 4, 6 und 7
Auswahl von Vorbehalten
und Erklärungen
Der Text der Konvention wurde geändert entsprechend den
Bestimmungen von Protokoll Nr. 3 (SEV Nr. 45), in
Kraft getreten am 21. September 1970, von Protokoll Nr. 5 (SEV
Nr. 55), in Kraft getreten am 20. Dezember 1971,
und von Protokoll Nr. 8 (SEV Nr. 118), in Kraft getreten am 1.
Januar 1990. Er umfasste weiterhin den Text von
Protokoll Nr. 2 (SEV Nr. 44), das, gemäss Artikel 5 Abs.
3, seit seinem Inkrafttreten am 21. September 1970
Bestandteil der Konvention war. Sämtliche Bestimmungen,
die durch diese Protokolle geändert oder
hinzugefügt
wurden, sind ab dem Inkrafttreten von Protokoll Nr. 11(SEV Nr.
155) am
1. November 1998 durch letzteres ersetzt. Ab diesem Zeitpunkt
ist das am
1. Oktober 1994 in Kraft getretene Protokoll Nr. 9 (SEV Nr.
140), aufgehoben.
Kanzlei des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte
November 1998
2
In Erwägung der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte, die von der Generalversammlung der
Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 verkündet
wurde;
in der Erwägung, dass diese Erklärung bezweckt, die
allgemeine und wirksame Anerkennung und
Einhaltung der darin erklärten Rechte zu
gewährleisten;
in der Erwägung, dass das Ziel des Europarates die
Herbeiführung einer grösseren Einigkeit unter
seinen
Mitgliedern ist und da eines der Mittel zur Erreichung dieses
Zieles in der Wahrung und in der Entwicklung
der Menschenrechte und Grundfreiheiten besteht;
unter erneuter Bekräftigung ihres tiefen Glaubens an
diese Grundfreiheiten, welche die Grundlage der
Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bilden, und deren
Aufrechterhaltung wesentlich auf einem
wahrhaft demokratischen politischen Regime einerseits und auf
einer gemeinsamen Auffassung und
Achtung der Menschenrechte andererseits beruht, von denen sie
sich herleiten;
entschlossen, als Regierungen europäischer Staaten, die
vom gleichen Geiste beseelt sind und ein
gemeinsames Erbe an geistigen Gütern, politischen
Überlieferungen, Achtung der Freiheit und
Vorherrschaft des Gesetzes besitzen, die ersten Schritte auf
dem Wege zu einer kollektiven Garantie
gewisser in der Allgemeinen Erklärung verkündeter
Rechte zu unternehmen;
vereinbaren die unterzeichneten Regierungen, die Mitglieder
des Europarates sind, folgendes:
Artikel 1 - Verpflichtung zur Achtung der
Menschenrechte
Die Hohen Vertragschliessenden Teile sichern allen ihrer
Jurisdiktion unterstehenden Personen die in
Abschnitt I dieser Konvention niedergelegten Rechte und
Freiheiten zu.
Abschnitt I - Rechte und Freiheiten
Artikel 2 - Recht auf Leben
1
Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich
geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung
eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch
Gesetz mit der Todestrafe bedrohten
Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche
Tötung nicht vorgenommen werden.
2
Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels
betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingten
erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a
um die Verteidigung eines Menschen gegenüber
rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b
um eine ordungsgemässe Festnahme durchzuführen oder
das Entkommen einer ordnungsgemäss
festgehaltenen Person zu verhindern;
c
um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu
unterdrücken.
Artikel 3 - Verbot der Folter
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder
erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen
werden.
Artikel 4 - Verbot der Sklaverei und der
Zwangsarbeit
1
Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten
werden.
2
Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu
verrichten.
3
Als "Zwangs- oder Pflichtarbeit" im Sinne dieses Artikels gilt
nicht:
a
jede Arbeit, die normalerweise von einer Person verlangt wird,
die unter den von Artikel 5 der
vorliegenden Konvention vorgesehenen Bedingungen in Haft
gehalten oder bedingt freigelassen
worden ist;
3
b
jede Dienstleistung militärischen Charakters, oder im
Falle der Verweigerung aus Gewissensgründen in
Ländern, wo diese als berechtigt anerkannt ist, eine
sonstige an Stelle der militärischen Dienstpflicht
tretende Dienstleistung;
c
jede Dienstleistung im Falle von Notständen und
Katastrophen, die das Leben oder das Wohl der
Gemeinschaft bedrohen;
d
jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den normalen
Bürgerpflichten gehört.
Artikel 5 - Recht auf Freiheit und Sicherheit
1
Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die
Freiheit darf einem Menschen nur in den
folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich
vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a
wenn er rechtmässig nach Verurteilung durch ein
zuständiges Gericht in Haft gehalten wird;
b
wenn er rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft
gehalten wird wegen Nichtbefolgung eines
rechtmässigen Gerichtsbeschlusses oder zur Erzwingung der
Erfüllung einer durch das Gesetz
vorgeschriebenen Verpflichtung;
c
wenn er rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft
gehalten wird zum Zwecke seiner
Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde,
sofern hinreichender Verdacht dafür besteht, dass der
Betreffende eine strafbare Handlung begangen hat, oder
begründeter Anlass zu der Annahme besteht,
dass es notwendig ist, den Betreffenden an der Begehung einer
strafbaren Handlung oder an der
Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d
wenn es sich um die rechtmässige Haft eines
Minderjährigen handelt, die zum Zwecke
überwachter
Erziehung angeordnet ist, oder um die rechtmässige Haft
eines solchen, die zum Zwecke seiner
Vorführung vor die zuständige Behörde
verhängt ist;
e
wenn er sich in rechtmässiger Haft befindet, weil er eine
Gefahrenquelle für die Ausbreitung
ansteckender Krankheiten bildet, oder weil er geisteskrank,
Alkoholiker, rauschgiftsüchtig oder
Landstreicher ist;
f
wenn er rechtmässig festgenommen worden ist oder in Haft
gehalten wird, um ihn daran zu hindern,
unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von
einem gegen ihn schwebenden
Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.
2
Jeder Festgenommene muss in möglichst kurzer Frist und in
einer ihm verständlichen Sprache über die
Gründe seiner Festnahme und über die gegen ihn
erhobenen Beschuldigungen unterrichtet werden.
3
Jede nach der Vorschrift des Absatzes 1 (c) dieses Artikels
festgenommene oder in Haft gehaltene Person
muss unverzüglich einem Richter oder einem anderen,
gesetzlich zur Ausübung richterlicher Funktionen
ermächtigten Beamten vorgeführt werden. Er hat
Anspruch auf Aburteilung innerhalb einer angemessenen
Frist oder auf Haftentlassung während des Verfahrens. Die
Freilassung kann von der Leistung einer
Sicherheit für das Erscheinen vor Gericht abhängig
gemacht werden.
4
Jedermann, dem seine Freiheit durch Festnahme oder Haft
entzogen wird, hat das Recht, ein Verfahren zu
beantragen, in dem von einem Gericht ehetunlich über die
Rechtmässigkeit der Haft entschieden wird und
im Falle der Widerrechtlichkeit seine Entlassung angeordnet
wird.
5
Jeder, der entgegen den Bestimmungen dieses Artikels von
Festnahme oder Haft betroffen worden ist, hat
Anspruch auf Schadenersatz.
Artikel 6 - Recht
auf ein faires Verfahren
1
Jedermann hat Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger
Weise öffentlich und innerhalb einer
angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem
unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz
beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche
Ansprüche und Verpflichtungen oder über die
Stichhaltigkeit
der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu
entscheiden hat. Das Urteil muss öffentlich
verkündet
werden, jedoch kann die Presse und die Öffentlichkeit
während der gesamten Verhandlung oder eines
Teiles derselben im Interesse der Sittlichkeit, der
öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in
einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden, oder wenn
die Interessen von Jugendlichen oder der
Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen,
oder, und zwar unter besonderen Umständen,
4
wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der
Rechtspflege beeinträchtigen würde, in diesem
Fall
jedoch nur in dem nach Auffassung des Gerichts erforderlichen
Umfang.
2
Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet,
dass der wegen einer strafbaren Handlung
Angeklagte unschuldig ist.
3
Jeder Angeklagte hat mindestens (englischer Text) insbesondere
(französischer Text) die folgenden
Rechte:
a
in möglichst kurzer Frist in einer für ihn
verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über die
Art und
den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis
gesetzt zu werden;
b
über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung
seiner Verteidigung zu verfügen;
c
sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines
Verteidigers seiner Wahl zu erhalten und, falls er
nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers
verfügt, unentgeltlich den Beistand eines
Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der
Rechtspflege erforderlich ist;
d
Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu
lassen und die Ladung und Vernehmung
der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der
Belastungszeugen zu erwirken;
e
die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen,
wenn der Angeklagte die
Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder sich
nicht darin ausdrücken kann.
Artikel 7 - Keine Strafe ohne Gesetz
1
Niemand kann wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt
werden, die zur Zeit ihrer Begehung
nach inländischem oder internationalem Recht nicht
strafbar war. Ebenso darf keine höhere Strafe als die
im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohte
Strafe verhängt werden.
2
Durch diesen Artikel darf die Verurteilung oder Bestrafung
einer Person nicht ausgeschlossen werden, die
sich einer Handlung oder Unterlassung schuldig gemacht hat,
welche im Zeitpunkt ihrer Begehung nach
den von den zivilisierten Völkern allgemein anerkannten
Rechtsgrundsätzen strafbar war.
Artikel 8 - Recht
auf Achtung des Privat- und Familienlebens
1
Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und
Familienlebens, seiner Wohnung und seines
Briefverkehrs.
2
Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die
Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit
dieser
Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme
darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft
für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe
und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die
Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren
Handlungen, zum Schutz der Gesundheit
und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten
anderer notwendig ist.
Artikel 9 - Gedanken-, Gewissens- und
Religionsfreiheit
1
Jedermann hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und
Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die
Freiheit des einzelnen zum Wechsel der Religion oder der
Weltanschauung sowie die Freiheit, seine
Religion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit
anderen öffentlich oder privat, durch
Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung
religiöser Gebräuche auszuüben.
2
Die Religions- und Bekenntnisfreiheit darf nicht Gegenstand
anderer als vom Gesetz vorgesehener
Beschränkungen sein, die in einer demokratischen
Gesellschaft notwendige Massnahmen im Interesse der
öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung,
Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte
und Freiheiten anderer sind.
Artikel 10 - Freiheit der Meinungsäusserung
1
Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäusserung.
Dieses Recht schliesst die Freiheit der Meinung
und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von
Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher
Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein.
Dieser Artikel schliesst nicht aus, dass die Staaten
Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem
Genehmigungsverfahren unterwerfen.
5
2
Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und
Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom
Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen,
Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen
werden, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer
demokratischen Gesellschaft im Interesse der
nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder
der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung
der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes
der Gesundheit und der Moral, des Schutzes
des guten Rufes oder der Rechte anderer, um die Verbreitung
von vertraulichen Nachrichten zu verhindern
oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung
zu gewährleisten, unentbehrlich sind.
Artikel 11 - Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
1
Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln
und sich frei mit anderen
zusammenzuschliessen, einschliesslich des Rechts, zum Schutze
ihrer Interessen Gewerkschaften zu
bilden und diesen beizutreten.
2
Die Ausübung dieser Rechte darf keinen anderen
Einschränkungen unterworfen werden als den vom
Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft
im Interesse der nationalen und
öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der
Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes
der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und
Freiheiten anderer notwendig sind.
Dieser Artikel verbietet nicht, dass die Ausübung dieser
Rechte durch Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei
oder der Staatsverwaltung gesetzlichen Einschränkungen
unterworfen wird.
Artikel 12 - Recht auf Eheschliessung
Mit Erreichung des heireitsfähigen Alters haben
Männer und Frauen gemäss den einschlägigen
nationalen
Gesetzen das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu
gründen.
Artikel 13 - Recht
auf wirksame Beschwerde
Sind die in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte
und Freiheiten verletzt worden, so hat der
Verletzte das Recht, eine wirksame Beschwerde bei einer
nationalen Instanz einzulegen, selbst wenn die
Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher
Eigenschaft gehandelt haben.
Artikel 14 - Verbot der Benachteiligung
Der Genuss der in der vorliegenden Konvention festgelegten
Rechte und Freiheiten ist ohne
Benachteiligung zu gewährleisten, die insbesondere im
Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache,
Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in
nationaler oder sozialer Herkunft, in der
Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im
Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status
begründet ist.
Artikel 15 - Ausserkraftsetzen im Notstandsfall
1
Im Falle eines Krieges oder eines anderen öffentlichen
Notstandes, der das Leben der Nation bedroht, kann
jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile Massnahmen
ergreifen, welche die in dieser Konvention
vorgesehenen Verpflichtungen in dem Umfang, den die Lage
unbedingt erfordert, und unter der Bedingung
ausser Kraft setzen, dass diese Massnahmen nicht in
Widerspruch zu den sonstigen völkerrechtlichen
Verpflichtungen stehen.
2
Die vorstehende Bestimmung gestattet kein Ausserkraftsetzen
des Artikels 2 ausser bei Todesfällen, die auf
rechtmässige Kriegshandlungen zurückzuführen
sind, oder der Artikel 3, 4 Absatz 1 und 7.
3
Jeder Hohe Vertragschliessende Teil, der dieses Recht der
Ausserkraftsetzung ausübt, hat den
Generalsekretär des Europarates eingehend über die
getroffenen Massnahmen und deren Gründe zu
unterrichten. Er muss den Generalsekretär des Europarates
auch über den Zeitpunkt in Kenntnis setzen, in
dem diese Massnahmen ausser Kraft getreten sind und die
Vorschriften der Konvention wieder volle
Anwendung finden.
Artikel 16 - Beschränkungen der politischen
Tätigkeit von Ausländern
Keine der Bestimmungen der Artikel 10, 11 und 14 darf so
ausgelegt werden, dass sie den Hohen
Vertragschliessenden Parteien verbietet, die politische
Tätigkeit von Ausländern Beschränkungen zu
unterwerfen.
6
Artikel 17 - Verbot des Missbrauchs der Rechte
Keine Bestimmung dieser Konvention darf dahin ausgelegt
werden, dass sie für einen Staat, eine Gruppe
oder eine Person das Recht begründet, eine Tätigkeit
auszuüben oder eine Handlung zu begehen, die auf
die Abschaffung der in der vorliegenden Konvention
festgelegten Rechte und Freiheiten oder auf
weitergehende Beschränkungen dieser Rechte und
Freiheiten, als in der Konvention vorgesehen, hinzielt.
Artikel 18 - Begrenzung der
Rechtseinschränkungen
Die nach der vorliegenden Konvention gestatteten
Einschränkungen dieser Rechte und Freiheiten
dürfen
nicht für andere Zwecke als die vorgesehenen angewendet
werden.
Abschnitt II - Europäischer Gerichtshof für
Menschenrechte
Artikel 19 - Errichtung des Gerichtshofs
Um die Einhaltung der Verpflichtungen sicherzustellen, welche
die Hohen Vertragschliessenden Teile in
dieser Konvention und den Protokollen dazu übernommen
haben, wird ein Europäischer Gerichtshof für
Menschenrechte, im folgenden als "Gerichtshof" bezeichnet,
errichtet. Er nimmt seine Aufgaben als
ständiger Gerichtshof wahr.
Artikel 20 - Zahl der Richter
Die Zahl der Richter des Gerichtshofs entspricht derjenigen
der Hohen Vertragschliessenden Teile.
Artikel 21 - Voraussetzungen für das Amt
1
Die Richter müssen hohes sittliches Ansehen geniessen und
entweder die für die Ausübung hoher
richterlicher Ämter erforderlichen Voraussetzungen
erfüllen oder Rechtsgelehrte von anerkanntem Ruf sein.
2
Die Richter gehören dem Gerichtshof in ihrer
persönlichen Eigenschaft an.
3
Während ihrer Amtszeit dürfen die Richter keine
Tätigkeit ausüben, die mit ihrer Unabhängigkeit,
ihrer
Unparteilichkeit oder mit den Erfordernissen der
Vollzeitbeschäftigung in diesem Amt unvereinbar ist;
alle
Fragen, die sich aus der Anwendung dieses Absatzes ergeben,
werden vom Gerichtshof entschieden.
Artikel 22 - Wahl der Richter
1
Die Richter werden von der Parlamentarischen Versammlung
für jeden Hohen Vertragschliessenden Teil
mit Stimmenmehrheit aus einer Liste von drei Kandidaten
gewählt, die von dem Hohen
Vertragschliessenden Teil vorgeschlagen werden.
2
Dasselbe Verfahren wird angewendet, um den Gerichtshof im Fall
des Beitritts neuer Hoher
Vertragschliessender Teile zu ergänzen und um
freigewordene Sitze zu besetzen.
Artikel 23 - Amtszeit
1
Die Richter werden für sechs Jahre gewählt. Ihre
Wiederwahl ist zulässig. Jedoch endet die Amtszeit der
Hälfte der bei der ersten Wahl gewählten Richter
nach drei Jahren.
2
Die Richter, deren Amtszeit nach drei Jahren endet, werden
unmittelbar nach ihrer Wahl vom
Generalsekretär des Europarats durch das Los
bestimmt.
3
Um soweit wie möglich sicherzustellen, dass die
Hälfte der Richter alle drei Jahre neu gewählt wird,
kann
die Parlamentarische Versammlung vor jeder späteren Wahl
beschliessen, dass die Amtszeit eines oder
mehrerer der zu wählenden Richter nicht sechs Jahre
betragen soll, wobei diese Amtszeit weder länger als
neun noch kürzer als drei Jahre sein darf.
4
Sind mehrere Ämter zu besetzen und wendet die
Parlamentarische Versammlung Absatz 3 an, so wird die
Zuteilung der Amtszeiten vom Generalsekretär des
Europarats unmittelbar nach der Wahl durch das Los
bestimmt.
5
Ein Richter, der anstelle eines Richters gewählt wird,
dessen Amtszeit noch nicht abgelaufen ist, übt sein
Amt für die restliche Amtszeit seines Vorgängers
aus.
7
6
Die Amtszeit der Richter endet mit Vollendung des 70.
Lebensjahrs.
7
Die Richter bleiben bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger im
Amt. Sie bleiben jedoch in den Rechtssachen
tätig, mit denen sie bereits befasst sind.
Artikel 24 - Entlassung
Ein Richter kann nur entlassen werden, wenn die anderen
Richter mit Zweidrittelmehrheit entscheiden, dass
er die erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr
erfüllt.
Artikel 25 - Kanzlei und wissenchaftliche
Mitarbeiter
Der Gerichtshof hat eine Kanzlei, deren Aufgaben und
Organisation in der Verfahrensordnung des
Gerichtshofs festgelegt werden. Der Gerichtshof wird durch
wissenschaftliche Mitarbeiter unterstützt.
Artikel 26 - Plenum des Gerichtshofs
Das Plenum des Gerichtshofs
a
wählt seinen Präsidenten und einen oder zwei
Vizepräsidenten für drei Jahre; ihre Wiederwahl
ist
zulässig;
b
bildet Kammern für einen bestimmten Zeitraum;
c
wählt die Präsidenten der Kammern des Gerichtshofs;
ihre Wiederwahl ist zulässig;
d
beschliesst die Verfahrensordnung des Gerichtshof; und
e
wählt den Kanzler und einen oder mehrere stellvertretende
Kanzler.
Artikel 27 - Ausschüsse, Kammern und Grosse
Kammer
1
Zur Prüfung der Rechtssachen, die bei ihm anhängig
gemacht werden, tagt der Gerichtshof in Ausschüssen
mit drei Richtern, in Kammern mit sieben Richtern und in einer
Grossen Kammer mit siebzehn Richtern. Die
Kammern des Gerichtshofs bilden die Ausschüsse für
einen bestimmten Zeitraum.
2
Der Kammer und der Grossen Kammer gehört von Amts wegen
der für den als Partei beteiligten Staat
gewählte Richter oder, wenn ein solcher nicht vorhanden
ist oder er an den Sitzungen nicht teilnehmen
kann, eine von diesem Staat benannte Person an, die in der
Eigenschaft eines Richters an den Sitzungen
teilnimmt.
3
Der Grossen Kammer gehören ferner der Präsident des
Gerichtshofs, die Vizepräsidenten, die
Präsidenten
der Kammern und andere nach der Verfahrensordnung des
Gerichtshofs ausgewählte Richter an. Wird eine
Rechtssache nach Artikel 43 an die Grosse Kammer verwiesen, so
dürfen Richter der Kammer, die das
Urteil gefällt hat, der Grossen Kammer nicht
angehören; das gilt nicht für den Präsidenten
der Kammer und
den Richtern, welche in der Kammer für den als Partei
beteiligten Staat mitgewirkt haben.
Artikel 28 - Unzulässigkeitserklärungen der
Ausschüsse
Ein Ausschuss kann durch einstimmigen Beschluss eine nach
Artikel 34 erhobene Individualbeschwerde für
unzulässig erklären oder im Register streichen, wenn
eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung
getroffen werden kann. Die Entscheidung ist
endgültig.
Artikel 29 - Entscheidungen der Kammern über die
Zulässigkeit und Begründetheit
1
Ergeht keine Entscheidung nach Artikel 28, so entscheidet eine
Kammer über die Zulässigkeit und
Begründetheit der nach Artikel 34 erhobenen
Individualbeschwerden.
2
Eine Kammer entscheidet über die Zulässigkeit und
Begründetheit der nach Artikel 33 erhobenen
Staatenbeschwerden.
3
Die Entscheidung über die Zulässigkeit ergeht
gesondert, sofern nicht der Gerichtshof in
Ausnahmefällen
anders entscheidet.
8
Artikel 30 - Abgabe der Rechtssache an die Grosse
Kammer
Wirft eine bei einer Kammer anhängige Rechtssache eine
schwerwiegende Frage der Auslegung dieser
Konvention oder der Protokolle dazu auf oder kann die
Entscheidung einer ihr vorliegenden Frage zu einer
Abweichung von einem früheren Urteil des Gerichtshofs
führen, so kann die Kammer diese Sache jederzeit,
bevor sie ihr Urteil gefällt hat, an die Grosse Kammer
abgeben, sofern nicht eine Partei widerspricht.
Artikel 31 - Befugnisse der Grossen Kammer
Die Grosse Kammer
a
entscheidet über nach Artikel 33 oder Artikel 34 erhobene
Beschwerden, wenn eine Kammer die
Rechtssache nach Artikel 30 an sie abgegeben hat oder wenn die
Sache nach Artikel 43 an sie
verwiesen worden ist; und
b
behandelt Anträge nach Artikel 47 auf Erstattung von
Gutachten.
Artikel 32 - Zuständigkeit des Gerichtshofs
1
Die Zuständigkeit des Gerichtshofs umfasst alle die
Auslegung und Anwendung dieser Konvention und der
Protokolle dazu betreffenden Angelegenheiten, mit denen er
nach den Artikeln 33, 34 und 47 befasst wird.
2
Besteht Streit über die Zuständigkeit des
Gerichtshofs, so entscheidet der Gerichtshof.
Artikel 33 - Staatenbeschwerden
Jeder Hohe Vertragschliessende Teil kann den Gerichtshof wegen
jeder behaupteten Verletzung dieser
Konvention und der Protokolle dazu durch einen anderen Hohen
Vertragschliessenden Teil anrufen.
Artikel 34 -
Individualbeschwerden
Der Gerichtshof kann von jeder natürlichen Person,
nichtstaatlichen Organisation oder Personengruppe, die
behauptet, durch einen der Hohen Vertragschliessenden Teile in
einem der in dieser Konvention oder den
Protokollen dazu anerkannten Rechte verletzt zu sein, mit
einer Beschwerde befasst werden. Die Hohen
Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, die wirksame
Ausübung dieses Rechts nicht zu behindern.
Artikel 35 -
Zulässigkeitsvoraussetzungen
1
Der Gerichtshof kann sich mit einer Angelegenheit erst nach
Erschöpfung aller innerstaatlichen
Rechtsbehelfe in Übereinstimmung mit den allgemein
anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts und nur
innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der
endgültigen innerstaatlichen Entscheidung befassen.
2
Der Gerichtshof befasst sich nicht mit einer nach Artikel 34
erhobenen Individualbeschwerde, die
a
anonym ist; oder
b
im wesentlichen mit einer schon vorher vom Gerichtshof
geprüften Beschwerde übereinstimmt oder
schon einer anderen internationalen Untersuchungs- oder
Vergleichsinstanz unterbreitet worden ist und
keine neuen Tatsachen enthält.
3
Der Gerichtshof erklärt eine nach Artikel 34 erhobene
Individualbeschwerde für unzulässig, wenn er sie
für
unvereinbar mit dieser Konvention oder den Protokollen dazu,
für offensichtlich unbegründet oder für
einen
Missbrauch des Beschwerderechts hält.
4
Der Gerichtshof weist eine Beschwerde zurück, die er nach
diesem Artikel für unzulässig hält. Er kann
dies
in jedem Stadium des Verfahrens tun.
Artikel 36 - Beteiligung Dritter
1
In allen bei einer Kammer oder der Grossen Kammer
anhängigen Rechtssachen ist der Hohe
Vertragschliessende Teil, dessen Staatsangehörigkeit der
Beschwerdeführer besitzt, berechtigt, schriftliche
Stellungnahmen abzugeben und an den mündlichen
Verhandlungen teilzunehmen.
9
2
Im Interesse der Rechtspflege kann der Präsident des
Gerichtshofs jedem Hohen Vertragschliessenden
Teil, der in dem Verfahren nicht Partei ist, oder jeder
betroffenen Person, die nicht Beschwerdeführer ist,
Gelegenheit geben, schriftlich Stellung zu nehmen oder an den
mündlichen Verhandlungen teilzunehmen.
Artikel 37 - Streichung von Beschwerden
1
Der Gerichtshof kann jederzeit während des Verfahrens
entscheiden, eine Beschwerde in seinem Register
zu streichen, wenn die Umstände Grund zur Annahme geben,
dass
a
der Beschwerdeführer seine Beschwerde nicht
weiterzuverfolgen beabsichtigt;
b
die Streitigkeit einer Lösung zugeführt worden ist;
oder
c
eine weitere Prüfung der Beschwerde aus anderen vom
Gerichtshof festgestellten Gründen nicht
gerechtfertigt ist.
Der Gerichtshof setzt jedoch die Prüfung der Beschwerde
fort, wenn die Achtung der Menschenrechte, wie
sie in dieser Konvention und den Protokollen dazu anerkannt
sind, dies erfordert.
2
Der Gerichtshof kann die Wiedereintragung einer Beschwerde in
sein Register anordnen, wenn er dies den
Umständen nach für gerechtfertigt hält.
Artikel 38 - Prüfung der Rechtssache und gütliche
Einigung
1
Erklärt der Gerichtshof die Beschwerde für
zulässig, so
a
setzt er mit den Vertretern der Parteien die Prüfung der
Rechtssache fort und nimmt, falls erforderlich,
Ermittlungen vor; die betreffenden Staaten haben alle zur
wirksamen Durchführung der Ermittlungen
erforderlichen Erleichterungen zu gewähren;
b
hält er sich zur Verfügung der Parteien mit dem
Ziel, eine gütliche Einigung auf der Grundlage der
Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention und
den Protokollen dazu anerkannt sind,
zu erreichen.
2
Das Verfahren nach Absatz 1 (b) ist vertraulich.
Artikel 39 - Gütliche Einigung
Im Fall einer gütlichen Einigung streicht der Gerichtshof
durch eine Entscheidung, die sich auf eine kurze
Angabe des Sachverhalts und der erzielten Lösung
beschränkt, die Rechtssache in seinem Register.
Artikel 40 - Öffentliche Verhandlung und
Akteneinsicht
1
Die Verhandlung ist öffentlich, soweit nicht der
Gerichtshof auf Grund besonderer Umstände anders
entscheidet.
2
Die beim Kanzler verwahrten Schriftstücke sind der
Öffentlichkeit zugänglich, soweit nicht der
Präsident des
Gerichtshofs anders entscheidet.
Artikel 41 - Gerechte
Entschädigung
Stellt der Gerichtshof fest, dass diese Konvention oder die
Protokolle dazu verletzt worden sind, und
gestattet das innerstaatliche Recht des beteiligten Hohen
Vertragschliessenden Teiles nur eine
unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser
Verletzung, so spricht der Gerichtshof der
verletzten Partei eine gerechte Entschädigung zu, wenn
dies notwendig ist.
Artikel 42 - Urteile der Kammern
Urteile der Kammern werden nach Massgabe des Artikels 44
Absatz 2 endgültig.
10
Artikel 43 - Verweisung an die
Grosse Kammer
1
Innerhalb von drei Monaten nach dem Datum des Urteils der
Kammer kann jede Partei in Ausnahmefällen
die Verweisung der Rechtssache an die Grosse Kammer
beantragen.
2
Ein Ausschuss von fünf Richtern der Grossen Kammer nimmt
den Antrag an, wenn die Rechtssache eine
schwerwiegende Frage der Auslegung oder Anwendung dieser
Konvention oder der Protokolle dazu oder
eine schwerwiegende Frage von allgemeiner Bedeutung
aufwirft.
3
Nimmt der Ausschuss den Antrag an, so entscheidet die Grosse
Kammer die Sache durch Urteil.
Artikel 44 - Endgültige Urteile
1
Das Urteil der Grossen Kammer ist endgültig.
2
Das Urteil einer Kammer wird endgültig,
a
wenn die Parteien erklären, dass sie die Verweisung der
Rechtssache an die Grosse Kammer nicht
beantragen werden;
b
drei Monate nach dem Datum des Urteils, wenn nicht die
Verweisung der Rechtssache an die Grosse
Kammer beantragt worden ist; oder
c
wenn der Ausschuss der Grossen Kammer den Antrag auf
Verweisung nach Artikel 43 abgelehnt hat.
3
Das endgültige Urteil wird veröffentlicht.
Artikel 45 - Begründung der
Urteile und Entscheidungen
1
Urteile sowie Entscheidungen, mit denen Beschwerden für
zulässig oder für unzulässig erklärt
werden,
werden begründet.
2
Bringt ein Urteil ganz oder teilweise nicht die
übereinstimmende Meinung der Richter zum Ausdruck, so
ist
jeder Richter berechtigt, seine abweichende Meinung
darzulegen.
Artikel 46 - Verbindlichkeit und
Vollzug der Urteile
1
Die Hohen Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, in
allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind,
das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen.
2
Das endgültige Urteil des Gerichtshofs ist dem
Ministerkomitee zuzuleiten; dieses überwacht seine
Durchführung.
Artikel 47 - Gutachten
1
Der Gerichtshof kann auf Antrag des Ministerkomitees Gutachten
über Rechtsfragen erstatten, welche die
Auslegung dieser Konvention und der Protokolle dazu
betreffen.
2
Diese Gutachten dürfen keine Fragen zum Gegenstand haben,
die sich auf den Inhalt oder das Ausmass
der in Abschnitt I dieser Konvention und in den Protokollen
dazu anerkannten Rechte und Freiheiten
beziehen, noch andere Fragen, über die der Gerichtshof
oder das Ministerkomitee auf Grund eines nach
dieser Konvention eingeleiteten Verfahrens zu entscheiden
haben könnte.
3
Der Beschluss des Ministerkomitees, ein Gutachten beim
Gerichtshof zu beantragen, bedarf der
Stimmenmehrheit der zur Teilnahme an den Sitzungen des
Komitees berechtigten Mitglieder.
Artikel 48 - Gutachterliche Zuständigkeit des
Gerichtshofs
Der Gerichtshof entscheidet, ob ein vom Ministerkomitee
gestellter Antrag auf Erstattung eines Gutachtens
in seine Zuständigkeit nach Artikel 47 fällt.
11
Artikel 49 - Begründung der Gutachten
1
Die Gutachten des Gerichtshofs werden begründet.
2
Bringt das Gutachten ganz oder teilweise nicht die
übereinstimmende Meinung der Richter zum Ausdruck,
so ist jeder Richter berechtigt, seine abweichende Meinung
darzulegen.
3
Die Gutachten des Gerichtshofs werden dem Ministerkomitee
übermittelt.
Artikel 50 - Kosten des Gerichtshofs
Die Kosten des Gerichtshofs werden vom Europarat getragen.
Artikel 51 - Privilegien und Immunitäten der
Richter
Die Richter geniessen bei der Ausübung ihres Amtes die
Vorrechte und Immunitäten, die in Artikel 40 der
Satzung des Europarats und den auf Grund jenes Artikels
geschlossenen Übereinkünften vorgesehen sind.
Abschnitt III - Verschiedene Bestimmungen
Artikel 52 - Anfragen des Generalsekretärs
Nach Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch den
Generalsekretär des Europarates hat jeder
Hohe Vertragschliessende Teil die erforderlichen
Erklärungen abzugeben, in welcher Weise sein internes
Recht die wirksame Anwendung aller Bestimmungen dieser
Konvention gewährleistet.
Artikel 53 - Wahrung anerkannter Menschenrechte
Keine Bestimmung dieser Konvention darf als Beschränkung
oder Minderung eines der Menschenrechte
und Grundfreiheiten ausgelegt werden, die in den Gesetzen
eines Hohen Vertragschliessenden Teils oder
einer anderen Vereinbarung, an der er beteiligt ist,
festgelegt sind.
Artikel 54 - Befugnisse des Ministerkomitees
Keine Bestimmung dieser Konvention beschränkt die durch
die Satzung des Europarates dem
Ministerkomitee übertragenen Vollmachten.
Artikel 55 - Ausschluss anderer Verfahren zur
Streitbeilegung
Die Hohen Vertragschliessenden Teile kommen überein, dass
sie, es sei denn auf Grund besonderer
Vereinbarungen, keinen Gebrauch von zwischen ihnen geltenden
Verträgen, Übereinkommen oder
Erklärungen machen werden, um von sich aus einen Streit
um die Auslegung oder Anwendung dieser
Konvention einem anderen Verfahren zu unterwerfen als in der
Konvention vorgesehen ist.
Artikel 56 - Räumlicher Geltungsbereich
1
Jeder Staat kann im Zeitpunkt der Ratifizierung oder in der
Folge zu jedem anderen Zeitpunkt durch eine an
den Generalsekretär des Europarates gerichtete Mitteilung
erklären, dass diese Konvention vorbehaltlich
des Absatzes 4 auf alle oder einzelne Gebiete Anwendung
findet, für deren internationale Beziehungen er
verantwortlich ist.
2
Die Konvention findet auf das oder die in der Erklärung
bezeichnenden Gebiete vom dreissigsten Tage an
Anwendung, gerechnet vom Eingang der Erklärung beim
Generalsekretär des Europarates.
3
In den genannten Gebieten werden die Bestimmungen dieser
Konvention unter Berücksichtigung der
örtlichen Notwendigkeiten angewendet.
4
Jeder Staat, der eine Erklärung gemäss Absatz 1
dieses Artikels abgegeben hat, kann zu jedem späteren
Zeitpunkt für ein oder mehrere der in einer solchen
Erklärung bezeichneten Gebiete erklären, dass er
die
Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Entgegennahme
von Beschwerden von natürlichen Personen,
nichtstaatlichen Organisationen oder Personengruppen
gemäss Artikel 34 annimmt.
12
Artikel 57 - Vorbehalte
1
Jeder Staat kann bei Unterzeichnung dieser Konvention oder bei
Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde
bezüglich bestimmter Vorschriften der Konvention einen
Vorbehalt machen, soweit ein zu dieser Zeit in
seinem Gebiet geltendes Gesetz nicht mit der betreffenden
Vorschrift übereinstimmt. Vorbehalte
allgemeiner Art sind nach diesem Artikel nicht
zulässig.
2
Jeder nach diesem Artikel gemachte Vorbehalt muss mit einer
kurzen Inhaltsangabe des betreffenden
Gesetzes verbunden sein.
Artikel 58 - Kündigung
1
Ein Hoher Vertragschliessender Teil kann diese Konvention
nicht vor Ablauf von fünf Jahren nach dem
Tage, an dem die Konvention für ihn wirksam wird, und nur
nach einer sechs Monate vorher an den
Generalsekretär des Europarates gerichteten Mitteilung
kündigen; der Generalsekretär hat den anderen
Hohen Vertragschliessenden Teilen von der Kündigung
Kenntnis zu geben.
2
Eine derartige Kündigung bewirkt nicht, dass der
betreffende Hohe Vertragschliessende Teil in bezug auf
irgendeine Handlung, welche eine Verletzung dieser
Verpflichtungen darstellen könnte, und von dem Hohen
Vertragschliessenden Teil vor dem Datum seines rechtswirksamen
Ausscheidens vorgenommen wurde, vor
seinen Verpflichtungen nach dieser Konvention befreit
wird.
3
Unter dem gleichen Vorbehalt scheidet ein Vertragschliessender
Teil aus dieser Konvention aus, der aus
dem Europarat ausscheidet.
4
Entsprechend den Bestimmungen der vorstehenden Absätze
kann die Konvention auch für ein Gebiet
gekündigt werden, auf das sie nach Artikel 56 ausgedehnt
worden ist.
Artikel 59 - Unterzeichnung und Ratifikation
1
Diese Konvention steht den Mitgliedern des Europarates zur
Unterzeichnung offen; sie bedarf der
Ratifikation. Die Ratifikations- urkunden sind beim
Generalsekretär des Europarates zu hinterlegen.
2
Diese Konvention tritt nach der Hinterlegung von zehn
Ratifikationsurkunden in Kraft.
3
Für jeden Unterzeichnerstaat, dessen Ratifikation
später erfolgt, tritt die Konvention am Tage der
Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft.
4
Der Generalsekretär des Europarates hat allen Mitgliedern
des Europarates das Inkrafttreten der
Konvention, die Namen der Hohen Vertragschliessenden Teile,
die sie ratifiziert haben, sowie die
Hinterlegung jeder später eingehenden
Ratifikationsurkunde mitzuteilen.
Geschehen zu Rom, am 4. November 1950, in englischer und
französischer Sprache, wobei die beiden
Texte in gleicher Weise authentisch sind, in einer einzigen
Ausfertigung, die in den Archiven des
Europarates hinterlegt wird. Der Generalsekretär wird
allen Signatarstaaten beglaubigte Abschriften
übermitteln.
13
ZUSATZPROTOKOLL [Nr. 1]
ZUR KONVENTION ZUM SCHUTZE
DER MENSCHENRECHTE UND
GRUNDFREIHEITEN
Entschlossen, Massnahmen zur kollektiven Sicherung gewisser
Rechte und Freiheiten ausser denjenigen
zu treffen, die bereits im Abschnitt 1 der am 4. November 1950
in Rom unterzeichneten Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (nachstehend
als "Konvention" bezeichnet)
berücksichtigt sind,
vereinbaren die unterzeichneten Regierungen, die Mitglieder
des Europarates sind, folgendes:
Artikel 1 - Schutz des Eigentums
Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf
Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein
Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das
öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den
durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des
Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.
Die vorstehenden Bestimmungen beeinträchtigen jedoch in
keiner Weise das Recht des Staates, diejenigen
Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung
des Eigentums in Übereinstimmung mit dem
Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern,
sonstiger Abgaben oder von Geldstrafen
für erforderlich hält.
Artikel 2 - Recht auf Bildung
Das Recht auf Bildung darf niemandem verwehrt werden. Der
Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem
Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen
Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die
Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen
religiösen und weltanschaulichen
Überzeugungen sicherzustellen.
Artikel 3 - Recht auf freie Wahlen
Die Hohen Vertragschliessenden Teile verpflichten sich, in
angemessenen Zeitabständen freie und
geheime Wahlen unter Bedingungen abzuhalten, die die freie
Äusserung der Meinung des Volkes bei der
Wahl der gesetzgebenden Organe gewährleisten.
Artikel 4 - Räumlicher Geltungsbereich
Jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile kann im Zeitpunkt
der Unterzeichnung oder Ratifikation oder in
der Folge zu jedem anderen Zeitpunkt an den
Generalsekretär des Europarates eine Erklärung
darüber
richten, in welchem Umfang er sich zur Anwendung der
Bestimmungen dieses Protokolls auf die in dieser
Erklärung angegebenen Gebiete, für deren
internationale Beziehungen er verantwortlich ist,
verpflichtet.
Jeder der Hohen Vertragschliessenden Teile, der eine
Erklärung gemäss dem vorstehenden Absatz
abgegeben hat, kann von Zeit zu Zeit eine weitere
Erklärung abgeben, die den Inhalt einer früheren
Erklärung ändert oder die Anwendung der Bestimmungen
dieses Protokolls auf irgend einem Gebiet
beendet.
Eine im Einklang mit diesem Artikel abgegebene Erklärung
gilt als eine gemäss Artikel 56 Abs. 1 der
Konvention abgegebene Erklärung.
Artikel 5 - Verhältnis zur Konvention
Die Hohen Vertragschliessenden Teile betrachten die
Bestimmungen der Artikel 1, 2, 3 und 4 dieses
Protokolls als Zusatzartikel zur Konvention; alle Vorschriften
der Konvention sind dementsprechend
anzuwenden.
Artikel 6 - Unterzeichnung und Ratifikation
Dieses Protokoll steht den Mitgliedern des Europarates, die
die Konvention unterzeichnet haben, zur
Unterzeichnung offen; es wird gleichzeitig mit der Konvention
oder zu einem späteren Zeitpunkt ratifiziert.
Es tritt nach der Hinterlegung von zehn Ratifikations-
urkunden in Kraft. Für jeden Unterzeichnerstaat,
14
dessen Ratifikation später erfolgt, tritt das Protokoll
am Tage der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in
Kraft.
Die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretär des
Europarates hinterlegt, der allen Mitgliedern
die Namen der Staaten, die das Protokoll ratifiziert haben,
mitteilt.
Geschehen zu Paris am 20. März 1952 in englischer und
französischer Sprache, wobei die beiden Texte in
gleicher Weise authentisch sind, in einer einzigen
Ausfertigung, die in den Archiven des Europarates
hinterlegt wird. Der Generalsekretär wird allen
Signatarstaaten beglaubigte Abschriften übermitteln.
15
PROTOKOLL Nr. 4 zur Konvention
zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten, durch das gewisse
Rechte und Freiheiten gewährleistet werden, die nicht
bereits in der
Konvention oder im ersten Zusatzprotokoll enthalten
sind
Die Unterzeichnerregierungen, die Mitglieder des Europarates
sind,
entschlossen, Massnahmen zur kollektiven Gewährleistung
gewisser Rechte und Freiheiten zu treffen, die
in Abschnitt 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten
Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten (im folgenden als
"Konvention" bezeichnet) und in den Artikeln 1 bis 3
des am 20. März 1952 in Paris unterzeichneten ersten
Zusatzprotokolls zur Konvention noch nicht enthalten
sind,
haben folgendes vereinbart:
Artikel 1 - Verbot der Freiheitsentziehung wegen
Schulden
Niemandem darf die Freiheit allein deshalb entzogen werden,
weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche
Verpflichtung zu erfüllen.
Artikel 2 - Freizügigkeit
1
Jedermann, der sich rechtmässig im Hoheitsgebiet eines
Staates aufhält, hat das Recht, sich dort frei zu
bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen.
2
Jedermann steht es frei, jedes Land, einschliesslich seines
eigenen, zu verlassen.
3
Die Ausübung dieser Rechte darf keinen anderen
Einschränkungen unterworfen werden als denen, die
gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft
im Interesse der nationalen oder der
öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnung, der Verhütung von Straftaten,
des
Schutzes der Gesundheit oder der Moral oder des Schutzes der
Rechte und Freiheiten anderer notwendig
sind.
4
Die in Absatz 1 anerkannten Rechte können ferner für
bestimmte Gebiete Einschränkungen unterworfen
werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen
Gesellschaft durch das öffentliche
Interesse gerechtfertig sind.
Artikel 3 - Verbot der Ausweisung eigener
Staatsangehöriger
1
Niemand darf aus dem Hoheitsgebiet des Staates, dessen
Staatsangehöriger er ist, durch eine Einzel- oder
eine Kollektivmassnahme ausgewiesen werden.
2
Niemandem darf das Recht entzogen werden, in das Hoheitsgebiet
des Staates einzureisen, dessen
Staatsangehöriger er ist.
Artikel 4 - Verbot der Kollektivausweisung von
Ausländern
Kollektivausweisungen von Ausländern sind nicht
zulässig.
Artikel 5 - Räumlicher Geltungsbereich
1
Jede Hohe Vertragspartei kann im Zeitpunkt der Unterzeichnung
oder Ratifikation dieses Protokolls oder zu
jedem späteren Zeitpunkt an den Generalsekretär des
Europarates eine Erklärung darüber richten, in
welchem Umfang sie sich zur Anwendung der Bestimmungen dieses
Protokolls auf die in der Erklärung
angegebenen Hoheitsgebiete, für deren internationale
Beziehungen sie verantwortlich ist, verpflichtet.
2
Jede Hohe Vertragspartei, die eine Erklärung gemäss
Absatz 1 abgegeben hat, kann jederzeit eine weitere
Erklärung abgeben, die den Inhalt einer früheren
Erklärung ändert oder die Anwendung der
Bestimmungen
dieses Protokolls auf irgendein Hoheitsgebiet beendet.
16
3
Eine gemäss diesem Artikel abgegebene Erklärung gilt
als eine Erklärung im Sinne des Artikels 56 Absatz 1
der Konvention.
4
Das Hoheitsgebiet eines Staates, auf das dieses Protokoll auf
Grund der Ratifizierung oder Annahme durch
diesen Staat Anwendung findet, und jedes Hoheitsgebiet, auf
das das Protokoll auf Grund einer von diesem
Staat nach diesem Artikel abgegebenen Erklärung Anwendung
findet, werden als getrennte Hoheitsgebiete
betrachtet, soweit die Artikel 2 und 3 auf das Hoheitsgebiet
eines Staates Bezug nehmen.
5
Jeder Staat, der eine Erklärung nach Absatz 1 oder 2
abgegeben hat, kann jederzeit danach für eines oder
mehrere der in der Erklärung bezeichneten Hoheitsgebiete
erklären, dass er die Zuständigkeit des
Gerichtshofs, Beschwerden von natürlichen Personen,
nichtstaatlichen Organisationen oder
Personengruppen nach Artikel 34 der Konvention
entgegenzunehmen, für die Artikel 1 bis 4 dieses
Protokolls insgesamt oder für einzelne dieser Artikel
annimmt.
Artikel 6 - Verhältnis zur Konvention
Die Hohen Vertragsparteien betrachten die Artikel 1 bis 5
dieses Protokolls als Zusatzartikel zur Konvention;
alle Bestimmungen der Konvention sind dementsprechend
anzuwenden.
Artikel 7 - Unterzeichnung und Ratifikation
1
Dieses Protokoll liegt für die Mitglieder des
Europarates, die Unterzeichnerstaaten der Konvention sind,
zur
Unterzeichnung auf; es wird gleichzeitig mit der Konvention
oder zu einem späteren Zeitpunkt ratifiziert. Es
tritt nach Hinterlegung von fünf Ratifikationsur- kunden
in Kraft. Für jeden Unterzeichner, der das Protokoll
später ratifiziert, tritt es mit der Hinterlegung der
Ratifikationsurkunde in Kraft.
2
Die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretär des
Europarates hinterlegt, der allen Mitgliedern
die Namen derjenigen Staaten, die das Protokoll ratifiziert
haben, notifiziert.
Zu Urkunde dessen haben die hierzu gehörig befugten
Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.
Geschehen zu Strassburg am 16. September 1963 in englischer
und französischer Sprache, wobei jeder
Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift,
die im Archiv des Europarates hinterlegt wird.
Der Generalsekretär übermittelt allen
Unterzeichnerstaaten beglaubigte Abschriften.
17
PROTOKOLL Nr. 6 zur Konvention
zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten über
die Abschaffung der Todesstrafe
Die Mitgliedstaaten des Europarates, die dieses Protokoll zu
der in Rom am 4. November 1950
unterzeichneten Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (im folgenden als
"Konvention" bezeichnet) unterzeichnen in der Erwägung,
dass die in verschiedenen Mitgliedstaaten des
Europarates eingetretene Entwicklung eine allgemeine Tendenz
zugunsten der Abschaffung der
Todesstrafe zum Ausdruck bringt, haben folgendes
vereinbart:
Artikel 1 - Abschaffung der Todesstrafe
Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe
verurteilt oder hingerichtet werden.
Artikel 2 - Todesstrafe in Kriegszeiten
Ein Staat kann durch Gesetz die Todesstrafe für Taten
vorsehen, welche in Kriegszeiten oder bei
unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf
nur in den Fällen, die im Gesetz
vorgesehen sind und in Übereinstimmung mit dessen
Bestimmungen angewendet werden. Der Staat
übermittelt dem Generalsekretär des Europarates die
einschlägigen Rechtsvorschriften.
Artikel 3 - Verbot des Ausserkraftsetzens
Die Bestimmungen dieses Protokolls dürfen nicht nach
Artikel 15 der Konvention ausser Kraft gesetzt
werden.
Artikel 4 - Verbot von Vorbehalten
Vorbehalte nach Artikel 57 der Konvention zu Bestimmungen
dieses Protokolls sind nicht zulässig.
Artikel 5 - Räumlicher Geltungsbereich
1
Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der
Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete
bezeichnen, auf die dieses Protokoll
Anwendung findet.
2
Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den
Generalsekretär des Europarates gerichtete
Erklärung
dieses Protokoll auf jedes weitere in der Erklärung
bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Protokoll tritt
für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in
Kraft, der dem Eingang der Erklärung durch den
Generalsekretär folgt.
3
Jede gemäss den zwei vorangegangenen Absätzen
abgegebene Erklärung kann durch eine Notifikation an
den Generalsekretär hinsichtlich jenes Hoheitsgebietes,
das in einer solchen Erklärung bezeichnet ist,
zurückgenommen werden. Die Zurücknahme wird mit dem
ersten Tag des dem Eingang einer solchen
Notifikation dem Generalsekretär folgenden Monates
wirksam.
Artikel 6 - Verhältnis zur Konvention
Die Vertragsstaaten betrachten die Artikel 1 bis 5 dieses
Protokolls als Zusatzartikel zur Konvention, alle
Bestimmungen der Konvention sind dementsprechend
anzuwenden.
Artikel 7 - Unterzeichnung und Ratifikation
Dieses Protokoll liegt für die Mitgliedstaaten des
Europarates, die die Konvention unterzeichnet haben, zur
Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder
Genehmigung. Ein Mitgliedstaat des
Europarates kann dieses Protokoll nur ratifizieren, annehmen
oder genehmigen, wenn gleichzeitig oder
früher die Konvention ratifiziert wurde. Die
Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden
beim Generalsekretär des Europarates hinterlegt.
18
Artikel 8 - Inkrafttreten
1
Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der
auf den Tag folgt, an dem fünf Mitgliedstaaten
des Europarates nach Artikel 7 ihre Zustimmung
ausgedrückt haben, durch das Protokoll gebunden zu
sein.
2
Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung
ausdrückt, durch das Protokoll gebunden zu sein, tritt
es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf die Hinterlegung
der Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde folgt.
Artikel 9 - Aufgaben des Verwahrers
Der Generalsekretär des Europarates notifiziert den
Mitgliedstaaten des Europarates
a
jede Unterzeichnung;
b
jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde;
c
jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach den
Artikeln 5 und 8;
d
jeden anderen Rechtsakt, jede Notifikation oder Mitteilung,
die sich auf dieses Protokoll bezieht.
Zu Urkunde dessen haben die hierzu gehörig befugten
Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.
Geschehen zu Strassburg am 28. April 1983 in englischer und
französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut
gleichermassen authentisch ist, in einer Urschrift, die in den
Archiven des Europarates hinterlegt wird. Der
Generalsekretär des Europarates übermittelt allen
Mitgliedstaaten des Europarates beglaubigte Abschriften.
19
PROTOKOLL Nr. 7 zur Konvention
zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten
Die Mitgliedstaaten der Europarates, die dieses Protokoll
unterzeichnen,
entschlossen, weitere Massnahmen zur kollektiven
Gewährleistung gewisser Rechte und Freiheiten durch
die am 4. November 1950 in Rom unterzeichnete Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (im folgenden als "Konvention" bezeichnet) zu
treffen,
haben folgendes vereinbart:
Artikel 1 - Verfahrensrechtliche Schutzvorschriften in
bezug auf die Ausweisung von Ausländern
1
Ein Ausländer, der seinen rechtmässigen Aufenthalt
im Hoheitsgebiet eines Staates hat, darf aus diesem
nur auf Grund einer rechtmässig ergangenen Entscheidung
ausgewiesen werden; ihm muss gestattet
werden,
a
Gründe vorzubringen, die gegen seine Ausweisung
sprechen;
b
seinen Fall prüfen zu lassen und
c
sich zu diesem Zweck vor der zuständigen Behörde
oder einer oder mehreren von dieser Behörde
bestimmten Personen vertreten zu lassen.
2
Ein Ausländer kann vor Ausübung der im Absatz 1 lit.
a, b und c genannten Rechte ausgewiesen werden,
wenn die Ausweisung im Interesse der öffentlichen Ordnung
erforderlich ist oder aus Gründen der
nationalen Sicherheit erfolgt.
Artikel 2 - Rechtsmittel in Strafsachen
1
Wer von einem Gericht wegen einer strafbaren Handlung
verurteilt worden ist, hat das Recht, das Urteil von
einem übergeord neten Gericht nachprüfen zu lassen.
Die Ausübung dieses Rechts, einschliesslich der
Gründe, aus denen es ausgeübt werden kann, richtet
sich nach dem Gesetz.
2
Ausnahmen von diesem Recht sind für strafbare Handlungen
geringfügiger Art, wie sie durch Gesetz näher
bestimmt sind, oder in Fällen möglich, in denen das
Verfahren gegen eine Person in erster Instanz vor dem
obersten Gericht stattgefunden hat oder in denen sie nach
einem gegen ihren Freispruch eingelegten
Rechtsmittel verurteilt worden ist.
Artikel 3 - Recht auf Entschädigung bei
Fehlurteilen
Ist jemand wegen einer strafbaren Handlung rechtskräftig
verurteilt und ist das Urteil später aufgehoben
oder der Verurteilte begnadigt worden, weil eine neue oder
eine neu bekannt gewordene Tatsache
schlüssig beweist, dass ein Fehlurteil vorlag, so ist
derjenige, der auf Grund eines solchen Urteils eine
Strafe verbüsst hat, entsprechend dem Gesetz oder der
Übung des betreffenden Staates zu entschädigen,
sofern nicht nachgewiesen wird, dass das nicht rechtzeitige
Bekanntwerden der betreffenden Tatsache
ganz oder teilweise ihm zuzuschreiben ist.
Artikel 4 - Recht, wegen derselben Strafsache nicht zweimal
vor Gericht gestellt oder bestraft zu
werden
1
Niemand darf wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er
bereits nach dem Gesetz oder dem
Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig
verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem
Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt
oder bestraft werden.
2
Absatz 1 schliesst die Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem
Gesetz und dem Strafverfahrensrecht
des betreffenden Staates nicht aus, falls neue oder neu
bekannt gewordene Tatsachen vorliegen oder das
vorausgegangene Verfahren schwere, den Ausgang des Verfahrens
berührende Mängel aufweist.
3
Dieser Artikel darf nicht nach Artikel 15 der Konvention
ausser Kraft gesetzt werden.
20
Artikel 5 - Gleichberechtigung der Ehegatten
Ehegatten haben untereinander und in ihren Beziehungen zu
ihren Kindern gleiche Rechte und Pflichten
privatrechtlicher Art hinsichtlich der Eheschliessung,
während der Ehe und bei Auflösung der Ehe. Dieser
Artikel verwehrt es den Staaten nicht, die im Interesse der
Kinder notwendigen Massnahmen zu treffen.
Artikel 6 - Räumlicher Geltungsbereich
1
Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der
Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete
bezeichnen, auf die dieses Protokoll
Anwendung findet, und erklären, in welchem Umfang er sich
zur Anwendung dieses Protokolls auf diese
Hoheitsgebiete verpflichtet.
2
Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den
Generalsekretär des Europarates gerichtete
Erklärung
die Anwendung dieses Protokolls auf jedes weitere in der
Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken.
Das Protokoll tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten
Tag des Monates in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt
von zwei Monaten nach Eingang der Erklärung beim
Generalsekretär folgt.
3
Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung
kann in bezug auf jedes darin bezeichnete
Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär
gerichtete Notifikation zurückgenommen oder
geändert
werden. Die Rücknahme oder Änderung wird am ersten
Tag des Monates wirksam, der auf einen
Zeitabschnitt von zwei Monaten nach Eingang der Notifikation
beim Generalsekretär folgt.
4
Eine nach diesem Artikel abgegebene Erklärung gilt als
eine Erklärung im Sinne des Artikels 56 Absatz 1
der Konvention.
5
Das Hoheitsgebiet eines Staates, auf das dieses Protokoll auf
Grund der Ratifikation, Annahme oder
Genehmigung durch diesen Staat Anwendung findet, und jedes
Hoheitsgebiet, auf welches das Protokoll
auf Grund einer von diesem Staat nach diesem Artikel
abgegebenen Erklärung Anwendung findet, können
als getrennte Hoheitsgebiete betrachtet werden, soweit Artikel
1 auf das Hoheitsgebiet eines Staates Bezug
nimmt.
6
Jeder Staat, der eine Erklärung nach Absatz 1 oder 2
abgegeben hat, kann jederzeit danach für eines oder
mehrere der in der Erklärung bezeichneten Hoheitsgebiete
erklären, dass er die Zuständigkeit des
Gerichtshofs, Beschwerden von natürlichen Personen,
nichtstaatlichen Organisationen oder
Personengruppen nach Artikel 34 der Konvention
entgegenzunehmen, für die Artikel 1 bis 5 dieses
Protokolls annimmt.
Artikel 7 - Verhältnis zur Konvention
Die Vertragsstaaten betrachten die Artikel 1 bis 6 dieses
Protokolls als Zusatzartikel zur Konvention; alle
Bestimmungen der Konvention sind dementsprechend
anzuwenden.
Artikel 8 - Unterzeichnung und Ratifikation
Dieses Protokoll liegt für die Mitgliedstaaten des
Europarates, welche die Konvention unterzeichnet haben,
zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation, Annahme
oder Genehmigung. Ein Mitgliedstaat des
Europarates kann dieses Protokoll nicht ratifizieren, annehmen
oder genehmigen, ohne die Konvention
früher ratifiziert zu haben oder sie gleichzeitig zu
ratifizieren. Die Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des
Europarates hinterlegt.
Artikel 9 - Inkrafttreten
1
Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der
auf einen Zeitabschnitt von zwei Monaten nach
dem Tag folgt, an dem sieben Mitgliedstaaten des Europarates
nach Artikel 8 ihre Zustimmung ausgedrückt
haben, durch das Protokoll gebunden zu sein.
2
Für jeden Mitgliedstaat, der später seine Zustimmung
ausdrückt, durch das Protokoll gebunden zu sein, tritt
es am ersten Tag des Monates in Kraft, der auf einen
Zeitabschnitt von zwei Monaten nach Hinterlegung
der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde
folgt.
Artikel 10 - Aufgaben des Verwahrers
Der Generalsekretär des Europarates notifiziert den
Mitgliedstaaten des Europarates
21
a
jede Unterzeichung;
b
jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder
Genehmigungsurkunde;
c
jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach den
Artikeln 6 und 9;
d
jede andere Handlung, Notifikation oder Erklärung in
Zusammenhang mit diesem Protokoll.
Zu Urkunde dessen haben die hierzu gehörig befugten
Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.
Geschehen zu Strassburg am 22. November 1984 in englischer und
französischer Sprache, wobei jeder
Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift,
die im Archiv des Europarates hinterlegt wird.
Der Generalsekretär des Europarates übermittelt
allen Mitgliedstaaten des Europarates beglaubigte
Abschriften.