Information von Väter für Kinder e.V.:

"PAS Urteil":  Sorgerechtsübertragung wegen mangelnder Bindungstoleranz, verbunden mit Uneinsichtigkeit.

OLG Dresden 10. ZS - FamS -Beschluss v. 29.8.2002 -10 UF 229/02

Aus FamRZ 2003, Heft 6, S. 397, Nr. 264 OLG Dresden -BGB §§ 1671 1 Nr. 2, 1666; KostO §131 III (hier auszugsweise und kommentiert durch VfK e. V.)

Leitsätze:

1.- Dem Fortbestand der Geschwisterbindung kommt besonders dann große Bedeutung zu, wenn die Elternbeziehung zerrüttet ist.

2. Mangelnde Bindungstoleranz rechtfertigt notfalls den Entzug der elterlichen Sorge in einem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren.

3. Keine Gebührenbefreiung bei Beschwerde aus Uneinsichtigkeit.


Aus den
Gründen:
1. Das AmtsG -FamG -V. hat dem Vater gemäß §1666 BGB das Sorgerecht über die Kinder übertragen. Auch nach Auffassung des Senats erlaubt das Kindeswohl keine andere Entscheidung. Ziel ...

 Der Sachverständige [SV] hat festgestellt, dass aus Gründen des Kindeswohls das Interesse der Mutter an einer Übertragung des Sorgerechts auf sie zurückzustehen hat. In der Verhandlung vor dem AmtsG hat er daher empfohlen, dem Vater das Sorgerecht zu übertragen. Der SV stützt seine Empfehlung im Wesentlichen auf die mangelnde Bindungstoleranz der Mutter sowie das bei ihr stark ausgeprägte Parental Alienation Syndrome (,,PAS"), welches bei der  Mutter dazu führe, aufgrund der durch die Trennung ausgelösten Schmerzen in dem Bedürfnis, selbst Verständnis und Unterstützung zu erfahren, den Kindern ihren Schmerz unverhüllt zu zeigen und damit die Kinder negativ gegen den Vater zu beinflussen. Der Senat teilt aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse diese Auffassung. Auch der Senat sieht in der mangelnden Bindungstoleranz der Mutter ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Übertragung der elterl. Sorge auf den Vater. In der Erkenntnis, dass es dem Wohl der Kinder nach Trennung der Eltern dient, dass der unmittelbare Kontakt zum anderen Elternteil - wenn auch möglicherweise zeitlich reduziert -erhalten bleibt, wird in der Regel dem Umstand besondere Bedeutung beigemessen, ob der potentiell sorgeberechtigte Elternteil vorbehaltlos bereit ist, den persönlichen Umgang der Kinder mit dem anderen Elternteil zuzulassen und das Kind -wenn nötig -hierzu zu motivieren oder nicht (OLG Celle, FamRZ 1994, 924; OLG München, FamRZ 1991, 1343; OLG Bamberg, FamRZ 1990, 1135; OLG Hamburg, FamRZ 1985, 1284;OLG Koblenz, FamRZ 1978, 201; OLG Frankfurt, FamRZ 1997,573; Beschuss des Senats v. 9.8.2001 -10 UF 131/01 -, Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl., §1671 BGB Rz. 61). 

Der Senat sieht in Übereinstimmung mit dem SV die Bindungstoleranz der Mutter als erheblich eingeschränkt an. Die Mutter hat seit der Trennung massiv versucht, die Kinder vom Vater fernzuhalten und von ihrem sozialen Umfeld zu entfremden, indem sie die gerichtlichen Beschlüsse teilweise nicht akzeptierte. Die Mutter hat zur Durchsetzung ihrer Interessen den Vater gegenüber den Kindern zum Feindbild stigmatisiert, indem sie diesen immer wieder negativ darstellte. Sie hat sogar nicht davor zurückgeschreckt, den Vater wegen Kindesmisshandlung anzuzeigen und die Kinder zu dem Tatvorwurf polizeilich vernehmen zu lassen. Sie hat dadurch erhebliche Beeinträchtigungen hervorgerufen und damit ihre Erziehungsfähigkeit in einem für die Kinder wichtigen Bereich in Frage gestellt. Die Gründe, die die Mutter für eine Übertragung des Sorgerechts auf sich vorbringt, nämlich den Wunsch der Kinder sowie Verdachtsmomente gegen den Vater, haben sich als nicht stichhaltig herausgestellt. Dass der Vater die Kinder misshandelt hat, hat sich nicht bestätigt. Das diesbezügliche Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 170 II StPO eingestellt. Weitere Verdachtsmomente, insbesondere auch der sexuellen Misshandlung, haben sich ebenfalls als unbegründet erwiesen.

2. Soweit die Mutter anführt, die Kinder wollen bei ihr leben, und die Kinder diesen Wunsch in der Anhörung vor dem Senat wiederholt haben, ist dies nicht der eigene, sondern ein von der Mutter beeinflusster Wunsch der Kinder. Nach den Feststellungen des SV sind die Angaben [des jüngeren Kindes] nicht eindeutig, sondern entsprechen dem Willen der älteren Schwester. Auch bei ihr beruhe der geäußerte Wunsch nicht auf ihrem eigenen autonomen Willen, sondern sei aus Schuldgefühlen gegenüber der Mutter entstanden. Nach den Feststellungen des SV entspricht dies dem Motiv, der Mutter Beistand zu sein. Der Wille sei aus einem Schuldgefühl der Mutter gegenüber entstanden, sie wende sich ihr zu, um die Traurigkeit der Mutter zu verhindern. Gleichzeitig verarbeite das Kind damit seine eigenen Schuldgefühle, die es im Zusammenhang mit der Trennung auf sich bezogen hat.

Dieser Entscheidung schließt sich der Senat aufgrund des Eindrucks der Anhörungen und des Berichts der Verfahrenspflegerin an, daher kann auch der Wille des Kindes nicht Maßstab der Entscheidung sein, auch wenn der Wille immer wieder klar und eindeutig geäußert wird (KG, FamRZ 2001, 368;1985, 639,640; BVerfG, FamRZ 2001, 1057; Beschluss des Senats v. 25.4. 2002, 10 UF 260/01 -FamRZ 2002, 1588[LSc]).

Dies entspricht auch kinderpsychologischen Erkenntnissen .....

Soweit [die ältere Schwester] in der Anhörung vor dem Senat ausdrücklich erklärte, zur Mutter zu wollen, da ,,ihr Herz mehr für die Mutter schlage", vermag der Senat dem aus oben genannten Gründen nicht zu folgen, zumal auch dem geäußerten Kindeswillen in Analogie zu §§ 1671 II S. 2 BGB, 50b II S. 1 FGG erst dann ein ausschlaggebendes Gewicht zukommt, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat (Palandt/Diedrichsen, BGB, 61. Aufl., RZ 24; OLG Zweibrücken, FamRZ 2001, 186).

Auch wenn [die ältere Schwester] in der Anhörung vor dem Senat erklärte, notfalls allein zur Mutter zu wollen, kommt für den Senat eine Trennung der Geschwister nicht in Betracht, da diese aufgrund ihrer starken inneren Verbindung nicht auseinander gerissen werden sollen (so auch Beschluss des Senats v. 21. 7. 2000 -10 UF 160/00; Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671 BGB Rz 73.)

Die starke Orientierung an der großen Schwester und die intensive gefühlsmäßige Bindung zwischen den Geschwistern waren deutlich sichtbar und spürbar. Eine Trennung der Geschwister würde für diese zu einer erheblichen emotionalen Belastung führen. Es ist allgemein anerkannt, dass der Kontinuität der Geschwisterbeziehung dann besonders große Bedeutung zukommt, wenn die Elternbeziehung zerrüttet ist und sich das gemeinsame Zusammenleben mit diesen trennungsbedingt aufgelöst hat. Die für die Entwicklung eines stabilen Selbstwertgefühls und einer gesunden Beziehungsfähigkeit notwendige Sicherheit  und Zuverlässigkeit des innerfamiliären Beziehungsgefüges wird durch die Trennung der Eltern erheblich beeinträchtigt. In dieser krisenhaften Situation gewinnt die fortbestehende Geschwisterbeziehung als Stärke und Halt herausragendes Gewicht. Eine dauerhafte Trennung würde daher zu einem seelischen Schaden der Kinder führen, was sich bereits in der Vergangenheit durch die Verhaltensauffälligkeiten während der einvernehmlichen Regelung hinsichtlich der Geschwistertrennung gezeigt hat. Darüber hinaus hat auch die Mutter damals gezeigt, dass sie selbst die einvernehmliche Trennung der Geschwister nicht zu akzeptieren vermochte.

Die Mutter ist auch im Übrigen aufgrund des bei ihr festgestellten Parental Alienation Syndrome nicht uneingeschränkt erziehungsfähig. Sie hat wiederholt gezeigt, dass sie die Kinder nicht loslassen kann, sie hat durch das Nichtakzeptieren der gerichtlichen Entscheidungen verbunden mit dem ständigen hin und her für die Kinder Konfliktsituationen geschaffen, mit deren Bewältigung die Kinder sind. Auch in der Verhandlung vor dem Senat hat die Mutter erneut gezeigt, dass sie trotz der differenzierten sachverständigen Erklärungen für die Motive der Äußerungen der Kinder im Geschwistergefüge  nicht im Interesse der Kinder zurückstehen kann.

3. Der Senat ist nach wie vor der Auffassung, dass der Vater erziehungsgeeignet ist, ..........

Der Senat hält die Betreuungssituation für die Kinder beim Vater in Übereinstimmung mit den Ausführungen des SV nach wie vor für günstig ...[wird ausgeführt]....

Auch der Senat hat bei der Anhörung der Kinder den Eindruck gewonnen, dass es ihnen beim Vater gut geht. Die Kinder machen einen fröhlichen, aufgeweckten Eindruck. Nachdem der Druck der Frage, bei welchem Elternteil sie leben  wollen, genommen war, erzählten sie frei und ungezwungen. Der Senat teilt daher die Auffassung des SV und der Verfahrenspflegerin, dass die verbalen Äußerungen der Kinder nicht ihren tatsächlichen Verhalten entsprechen...[wird ausgeführt]....

Daher sieht der Senat letztendlich ................

4.. ....

5. Da für die Kinder ........

III .. (betr. Umgangsregelung)

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf ....

 Der Senat sieht keinen Anlass, von der Möglichkeit der Gebührenbefreiung gemäß § 131 III KostO Gebrauch zu machen. Die Mutter hat nämlich die Beschwerde nicht im wohlverstandenen Interesse der Kinder, sondern ausschließlich im eigenen Interesse der Kinder und aus Uneinsichtigkeit eingelegt (vgl. OLG Thüringen, FuR 2000, 121; BGH, Beschluss v. 21. 12. 1988 -IVb Zß  54/88).

(Mitgeteilt vom Vors. Richter am OLG D. Maunz, Dresden)

Anm. der Red.: Zu dem angesprochenen ,,PAS" siehe zuletzt (kritisch): Bruch, FamRZ 2002, 1304; Dettenborn(Rezension), FamRZ 2002, 1320, ferner: FamRZ 2002, 1317 (Bericht des AK 9 des 14. DJGT).

Kommentar: Dieses Urteil ist vor allem darin bemerkenswert, dass es typische Verhaltenmuster, die bei hoch Konflikt behafteter Trennung/Scheidung immer wieder auftreten und auf die Ausgrenzung eines Elternteiles und seine Entfremdung von den Kindern zielen, besonders deutlich hervorhebt, sie klar als Gefährdung des Kindeswohls, § 1666 BGB, einstuft, und dem auch entsprechend begegnet.

 Es ist für die Entwicklung eines Kindes von entscheidender Bedeutung, dass es auch nach einer Trennung oder Scheidung einen möglichst spannungsfreien Kontakt auch zum Nichtwohnelternteil aufrecht erhalten kann. Daher muss vom einem erziehungsfähigen Wohnelternteil Bindungstoleranz erwartet werden, derart dass solche Kontakte nicht nur vorbehaltlos zugelassen werden, sondern, wenn nötig, das Kind auch dazu motiviert wird. Wem es aber nicht nur an Bindungstoleranz mangelt, sondern wer darüber hinaus, wie im vorliegenden Falle, den abwesenden Elternteil vor den Kindern massiv abwertet und Kontakte zu diesem sowie seinem gesamten bisherigen sozialen Umfeld verhindert, der gefährdet das Kindeswohl in erheblichem Maße. Durch diese Abwertung des anderen Elternteils, oder gar seiner Stilisierung zum Feindbild, wird das Kind in schwere Loyalitätskonflikte gestürzt, besonders dann, wenn der dafür verantwortliche Elternteil darüber hinaus, wie ebenfalls im vorliegenden Fall, unverhüllt sein Leiden darstellt, das durch Kontakte des Kindes zum anderen Elternteil oft noch verstärkt erscheint. Kinder reagieren dann oft so, dass sie sich diesem vermeintlich besonders hilfsbedürftigen Elternteil ganz zuwenden und entsprechend dessen "Vorbild" den anderen Elternteil ablehnen und sogar ebenfalls abwerten. Nur wenn das Kind durch die Einwirkung eines entfremdenden Elternteils auf diese Weise selbst aktiv geworden ist, spricht man nach R. Gardner vom Parental Alienation Syndrome (PAS) - beim Kind. Um diesen Entfremdungsprozess voranzutreiben und den anderen Elternteil vom Sorgerecht und vom Umgang mit dem Kind nach Möglichkeit ganz auszuschließen, kommen nicht selten, als "ultimative Waffen", Vorwürfe von Gewalt und sexuellem Kindesmissbrauch zum Einsatz, wie ebenfalls im vorliegenden Fall. Selbstverständlich müssen zum Schutze des Kindes solche Vorwürfe sorgfältig und raschestens geprüft werden. Wenn sie zutreffen, kann selbstverständlich nicht von PAS gesprochen werden, wie auch R. Gardner immer wieder betonte. Besonders auffällig bei PAS Fällen ist aber immer wieder die Uneinsichtigkeit des entfremdenden Elternteils, derart, dass z. B. selbst an Gewalt- und Missbrauchsvorwürfen immer noch festgehalten wird, nachdem sie längst durch Sachverständige, Gericht, oder Staatsanwaltschaft ausgeräumt sind. Bloße richterliche Appelle an die Einsicht, wie sie manchmal selbst in Extremfällen noch erfolgen, bewirken hier gar nichts. Auch ein Einlenken vor Gericht derart, dem Umgang zukünftig nichts mehr in den Weg zu legen, nachdem dies nicht selten jahrelang der Fall war, sollte mit besonderer Vorsicht aufgenommen werden, weil es aus rein taktischen Gründen erfolgt sein kann, oder dieser Elternteil, bedingt durch die Persönlichkeitsstruktur, gar nicht in der Lage ist, eine solche Zusicherung auf Dauer einzuhalten.

Mit der Persönlichkeitsstruktur des entfremdenden Elternteils in PAS Fällen hat sich kürzlich Walter Andritzky sehr ausführlich auseinander gesetzt: Behavioural Patterns and Personality Structure of Alienating Parents: Psychosocial Diagnostics and Criteria for Intervention, in The Parental Alienation Syndrome (PAS), W. von Boch et al (Herausgeber) VWB-Verlag für Bildung und Wissenschaft, 2003, S. 283-314. Überhaupt könnte dieser sehr aktuelle Konferenzband als Einführung in die gesamte juristische und psychologische / psychiatrische Thematik der Eltern-Kind-Entfremdung dienen. Selbst wenn sich die Redaktion statt dessen ausschließlich auf Veröffentlichungen in der eigenen Zeitschrift (FamRZ) beschränken will, muss dagegen die in der obigen Anmerkung getroffene Auswahl erstaunen. Es ist durchaus in Ordnung, dem PAS Konzept kritisch gegenüberzustehen  (auch derartiges ist im erwähnten Konferenzband enthalten, z. B. H. Figdor, Psychodynamik bei sogenannten ,,Entfremdungsprozessen" bei Kindern. Ein kritischer Beitrag zum PAS Konzept, a.a.O., S. 187-206), weil sachliche Kritik eine wesentliche Grundlage für wissenschaftlichen Fortschritt ist. Der von der Redaktion zitierte Artikel von Bruch dagegen vermengt sogar, wie es jedenfalls den Anschein hat, bewusst, statt der oben kurz skizzierten deutlichen Unterscheidung,  (Vorwürfe von) sexuellen Missbrauch und PAS,  um dies dann nicht nur als Kritik am PAS Konzept, sondern für persönliche Angriffe auf dessen Schöpfer, R. A. Gardner, zu benützen. Auch die Frage, welche Art von Professur R. A. Gardner in der Fakultät der sehr renommierten Columbia University inne hatte, scheint uns wenigstens für die Trennungs- / Scheidungskinder betreffende Thematik wirklich nicht relevant zu sein. Wenn die Redaktion derartiges dennoch würdig für eine Publikation in FamRZ befand, dann hätten wir wenigstens erwartet, dass jetzt auch die knappe Gegendarstellung von R. A. Gardner auf diese Angriffe zitiert wird, die schließlich doch noch den Weg in FamRZ (2002, S. 1689, vgl. auch http://www.rgardner.com/refs/famrz_de.html) fand, neben weit ausführlicheren, kritischen Stellungnahmen von höchst qualifizierten Fachleuten zum Aufsatz von Carol  Bruch anderswo, die aber unseres Wissens nach FamRZ ebenfalls zugeleitet worden waren und auch im Internet verfügbar sind (vgl. z. B. http://www.rgardner.com/refs/lor-de.pdf, und vom Gardner selbst http://www.rgardner.com/refs/ar20.html .)

Inwieweit die beiden anderen von der Redaktion selbst ebenfalls als kritisch bezeichneten  Arbeiten beim Leser zu einer Verdeutlichung des PAS Themas beitragen, mag hier dahingestellt bleiben. Voraussetzung wäre unserer Meinung nach, dass als Ausgangspunkt die vorherrschende Definition des PAS Konzepts möglichst präzise zugrunde gelegt wird. Gerade im vorliegenden Fall wäre dies für eine sachliche Information des Lesers von besonderer Wichtigkeit gewesen. Aus dem Urteil geht zwar deutlich hervor, dass ein Elternteil (hier die Mutter) die in PAS Fällen typischen Merkmale eines entfremdenden Elternteils aufweist (fehlende Bindungstoleranz, Abwertung des anderen Elternteils vor den Kindern, einschließlich Einsatz der "ultimativen Waffen", Appelle an das Mitgefühl der Kinder, und insbesondere Uneinsichtigkeit) jedoch ist aus dem in der FamRZ wiedergegebenen Urteilspassagen allein für den Leser nicht erkennbar, ob nach den üblichen Kriterien tatsächlich PAS vorliegt, d.h. die Kinder selbst (ausgelöst und begünstigt durch den entfremdenden Elternteil) bereits eine konsequent auf Abwertung und Ablehnung eines Elternteils gerichtete psychische Eigendynamik entwickelt haben, obwohl dies bei einer Fortdauer der im Urteil beschriebenen entfremdenden Einwirkung zweifellos immer wahrscheinlicher würde und daher Handeln erforderte. Der richtige Umgang mit dieser Situation ist ganz unabhängig davon, ob man den PAS Begriff als handliche Zusammenfassung des Sachverhalts benützt, oder diesen Begriff unter allen Umständen, aus welchen Gründen auch immer, vermeiden will.

Oft zeigt sich, dass eine in der Anhörung (entsprechend den Vorgaben des entfremdenden, programmierenden Elternteils) zum Ausdruck gebrachte Ablehnung eines Elternteils bei einem zwangslosen Kontakt des Kindes mit diesem sehr rasch (sogar innerhalb von Minuten) zusammenbricht, im vorliegenden Fall offenbar sogar schon nach einem Themenwechsel in der richterlichen Anhörung. Einer diesen Erfahrungen entsprechenden sorgfältigen Anhörung kommt daher besondere Bedeutung bei der Erkundung des tatsächlichen Kindeswillens bei, wie dieses Urteil ebenfalls erkennen lässt.

Sehr bemerkenswert an dem Urteil sind auch die klaren Worte zu Geschwistertrennung und der Bedeutung der Bindung zwischen Geschwistern, gerade bei einer Konfliktbeladenen Beziehung zwischen den Eltern. Einem über Jahre mit sämtlichen "Waffen" von der Mutter ausgegrenzten und vor den Kindern verteufelten Vater bestätigte dies kürzlich seine inzwischen volljährige Tochter (nach dem abrupten Auszug aus der mütterlichen Wohnung, im Konflikt) spontan und sehr eindrucksvoll mit der Bemerkung, sie und ihr (jüngerer) Bruder hätten sich immer gegenseitig bei der Bewältigung dieser schwierigen Situation unterstützt und so einander auch geholfen erwachsen zu werden. Die Geschwister haben eine geradezu rührende, enge Beziehung zueinander und treten füreinander beschützend ein. Der Vater hat auch bemerkt, dass sie sich über Gespräche mit jeweils einen von ihnen sofort austauschen.  

Ein weiteres, gegen Geschwistertrennung gerichtetes Urteil erging ebenfalls am OLG Dresden (Aktenzeichen 10 UF 433/02), wie das ZDF Magazin WISO berichtete (siehe auch http://www.afs-rechtsanwaelte.de/Pages/200306.htm#10) Die Mitnahme der achtjährigen Tochter bei einem Umzug, aufgrund einer neuen Partnerschaft, wurde untersagt. Statt dessen soll das Kind ebenfalls beim Vater, wie schon ihr älterer Bruder, wohnen.  Bei einer Anhörung hatten die Geschwister deutlich gemacht, dass sie einander sehr vermissten. Nach Ansicht der Richter kommt der Geschwisterbindung eine große Bedeutung zu, wenn das Verhältnis der Eltern zerrüttet ist.

 

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