Zitat aus: Gerhardt/v.Heintschel-Heinegg/Klein,
Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, Luchterhand Verlag 1997,
Seite 234:
Es ist für die Entwicklung eines
Kindes von entscheidender Bedeutung, daß es nach der Trennung
seiner Eltern einen möglichst spannungsfreien Kontakt auch zu
demjenigen Elternteil behält, der nicht
personensorgeberechtigt ist. Das Verhalten des
sorgeberechtigten Elternteils anläßlich des Umgangs des Kindes
mit dem anderen Elternteil - sog. Bindungstoleranz
- ist ebenfalls Kriterium für die Gesamtbeurteilung. Ein
sorgeberechtigter Elternteil muß vorbehaltslos bereit sein,
nicht nur den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen
Elternteil angst- und spannungsfrei für das Kind zuzulassen,
sondern dieses Kind hierzu - wenn nötig - auch in einer
pädagogisch geeigneten Form zu motivieren. Wer den anderen
Elternteil durch gezielte Bemerkungen abwertet, dessen Post an
das Kind zensiert, läßt in hohem Maß die erforderliche
Bindungstoleranz vermissen; bei haßerfüllter Einstellung eines
Elternteils gegen den anderen, die sich massiv auf das
Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil auszuwirken
droht, kann sogar die Erziehungseignung in Frage gestellt
sein. In derartigen Fällen kann das Sorgerecht einem
Elternteil übertragen werden, der ansonsten ungünstigere
Rahmenbedingungen aufzuweisen hat, wenn dadurch gewährleistet
erscheint, daß das Kind die Bindungen zum anderen Elternteil
bewahren und fortentwickeln kann, während andererseits auch
einem Elternteil das Sorgerecht entzogen werden kann, wenn
ungeachtet sonst günstiger Umstände das Kindeswohl dadurch
Schaden nimmt, daß er die natürlichen Bindungen des Kindes zum
anderen Elternteil behindert oder sogar zu zerstören droht.
Diese Grundsätze gelten auch bei Verletzung der
Bindungstoleranz durch die Eltern eines Elternteils.
Kodjoe&Koeppel, The Parental
Alienation Syndrome (PAS), DAVorm 1998 (1). S.9ff:
Anstelle des Kontinuitätsprinzips
sollte die Bindungstoleranz, d.h. die Fähigkeit, die Bindung
des Kindes an den anderen Elternteil zu respektieren, zum
wichtigsten Kriterium immer dann werden, wenn die gemeinsame
Sorge aufgrund eines Alleinsorgeantrages nicht automatisch
weiter gelten soll.
Bindungstoleranz kann als der
- wahrscheinlich entscheidende - Teil des Förderprinzips
gesehen werden. Denn mit Bindungstoleranz fördert ein
Elternteil die psychische (seelische) Gesundheit seines
Kindes, weil er dessen Beziehung zum anderen (abwesenden)
Elternteil respektiert. Der Kontakt zu beiden Elternteilen
nach Trennung/Scheidung und die Förderung durch beide
Elternteile sind für das Wohl des Kindes nach heute
wissenschaftlich nicht mehr bestreitbarer Ansicht nicht nur
kurzfristig, sondern vielmehr langfristig bzw. lebenslang
bedeutend. Deshalb müssen wir auch Kritik anmelden am heutigen
Verständnis des Kindeswohlbegriffs, solange dieser als
Ergebnis einer Analyse von Vergangenheit und Gegenwart von
Kind-Eltern-Beziehungen oder -bindungen verstanden wird.
Nach unserer Auffassung ist unter Kindeswohl nicht nur das
kurz-, sondern vor allem das mittel- und langfristige
Interesse des Kindes an einer gesunden Entwicklung und an
seiner späteren Beziehungsfähigkeit zu verstehen.
*****
Eine ertrotzte Kontinuität, wenn also der eine Elternteil über längere Zeit jeglichen Kontakt zum anderen Elternteil verhindert hat, verdient ohnehin besonders geringen Schutz. Das Kontinuitätsprinzip darf nicht dazu führen, daß eine zwar gleichmäßige, aber schädliche Entwicklung unter Vernachlässigung anderer, insbesondere zukunftsgerichteter Aspekte des Kindeswohls fortgesetzt wird (Palandt-Diederichsen; Bamberg, FamRZ 1987, 185; München FamRZ 1991, 1343).
In amerikanischen Staaten ist das Prinzip der Bindungstoleranz oft explizit in den Gesetzestexten enthalten, da die Vergabe des Sorgerechts z.B. in Kalifornien (California Family Code Section 3040) und Utah (Utah Code30-3-10) in folgender Reihenfolge erfolgt:1) Gemeinsame Sorge (2) Elternteil, der am ehesten den konfliktfreien und häufigen Umgang garantiert. Nebenbei bemerkt, es hat sich weitgehend eingebürgert von (gemeinsamer) Elternverantwortung (parental responsibility) statt Sorgerecht (custody) und von Elternzeit (parenting time) statt Umgang- oder Besuchsrecht (visiting) zu sprechen.
Das neue deutsche
Kindschaftsrecht (seit 1.7.1998) stellt nun immerhin
in §1684 BGB das Recht des Kindes auf Umgang fest:
(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem
Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind
verpflichtet und berechtigt.
Eine konkrete Festsetzung eines Minimalumgangs und von Maßnahmen
bei Nichteinhalten der Regelung, wie in amerikanischen Statuten,
ist aber nicht erfolgt. Es heißt lediglich:
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis
des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder
die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind
in der Obhut einer anderen Person befindet.
(3) Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts
entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher
regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung
der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten.
Einer der Hauptfaktoren beim Parental
Alienation Syndrome, neben der Reaktion des Kindes, ist die
bewußte oder teils unbewußte Programmierung des Kindes durch einen
Elternteil, mit dem Ziel die Bindung zum anderen Elternteil zu
zerstören. Diesem entfremdenden Elternteil fehlt es also an
Bindungstoleranz und möglicherweise sogar an der
Erziehungsfähigkeit. Am deutlichsten tritt das Verhalten dieses
Elternteils in Fällen beharrlicher Umgangsvereitelung (vgl.
Klenner, FamRZ 1995, 1529) zu Tage. Gerichtliche Entscheidungen
die die Konsequenzen derartigen Verhaltens für das Kindeswohl klar
umreißen, ohne schon explizit PAS zu erwähnen, bezeichnen
Kodjoe&Koeppel als vereinzelte "Leuchttürme" in der
deutschen Sorge- und Umgangsrechtsprechung. Sie erwähnten aus
Platzmangel nur die ersten drei der folgenden Entscheidungen:
Aus der Entscheidung
des Amtsgerichts:
Der Antragsgegner ist uneingeschränkt
erziehungsfähig, insbesondere steht zur vollen Überzeugung des
Gerichts fest, daß ein sexueller Mißbrauch des Kindes durch
den Antragsgegner nicht stattfand. Die Bindung zwischen ihm
und K ist von hoher Qualität. Der Antragsgegner ist besser
geeignet, die Entwicklung Ks zu einer gesunden,
eigenständigen und selbstbewußten Persönlichkeit zu fördern
und ist auch bereit und in der Lage, Eltern- und Kindebene zu
trennen und die Bindungen Ks an ihre Mutter zu akzeptieren.
Demgegenüber ist die Erziehungsfähigkeit der Antragstellerin
teilweise eingeschränkt, da sie entweder nicht willens oder
nicht in der Lage ist, die gute Bindung des Kindes zu ihrem
Vater zu akzeptieren und den Kontakt mit ihm zu fördern.
Stattdessen hält sie hartnäckig an ihrer Überzeugung fest, daß
ein sexueller Mißbrauch Ks durch den Antragsgegner sehr
wahrscheinlich ist und verschließt die Augen vor objektiven,
den Antragsgegner entlastenden Gutachten und Angaben neutraler
Zeugen. Ferner überidentifiziert sich die Antragstellerin mit
dem Kind. Daher besteht die begründete Gefahr, daß bei K
schwere Entwicklungsstörungen auftreten,
falls der Antragstellerin die elterliche Sorge übertragen
würde. Die vorgenannten Defizite der Erziehungseignung
und -fähigkeit der Antragstellerin wiegen so schwer, daß
diese weder durch ihre möglicherweise etwas stärkere Bindung
zu K noch durch den Gesichtspunkt der Kontinuität aufgewogen
werden können, zumal der Antragsgegner ebenfalls eine sehr
gute Bindung zu K hat und diese mehr als ihr erstes Lebensjahr
im Anwesen desAntragsgegners verbracht hat, wohin sie nunmehr
zurückkehren kann.
..........
Die zum Teil massiven
Verhaltensauffälligkeiten von K lassen sich zwangslos und
naheliegend mit den erheblichen Konflikten in der Elternebene
und dem daraus resultierenden Loyalitätskonflikt Ks gegenüber
der sie betreuenden Mutter erklären.
..........
Aufgrund all dieser
Umstände besteht die begründete Gefahr, daß K bei einem
Verbleiben bei der Mutter in ihrer Entwicklung schwer
geschädigt würde. Zunächst wäre zu
befürchten, daß die Beziehung zum Vater, die bereits gelitten
hat, aber aufgrund ihrer hohen Qualität noch erhalten
ist, völlig unterbrochen und von der Antragstellerin
vernichtet würde. Dieses Aufwachsen ohne den biologischen
Vater einhergehend mit der mangelnden Fähigkeit der
Antragstellerin, ausreichend zwischen ihren eigenen
Bedürfnissen und denen des Kindes zu trennen, läßt befürchten,
daß K ein sozial auffälliger, von mangelndem Selbstbewußtsein
geprägter Mensch werden könnte. Insbesondere
aber besteht die begründete Gefahr, daß K in ihrem späteren
Erwachsenenleben nachhaltige Schwierigkeiten haben wird, eine
partnerschaftliche Beziehung einzugehen und glücklich zu
führen. Dies umso mehr, als daß zu befürchten ist, daß K von
ihrer Mutter weiterhin in der Annahme erzogen wird, daß ihr
Vater sie sexuell mißbraucht habe. Das Gericht hat bei seiner
Entscheidung nicht verkannt, daß die Antragstellerin
mittlerweile die bessere Bindung zu K. aufweist und
insbesondere der Grundsatz der Kontinuität für ein Verbleiben
bei der Mutter spricht. Dies ist in der Tat ein
ernstzunehmender und schwerwiegender Gesichtspunkt. Das
Gericht hält es auch für wahrscheinlich, daß es nach
Vollzug der Sorgerechtsentscheidung zunächst zu einer
Verunsicherung Ks kommen wird. Die Gefahr einer dauerhaften
und nachhaltigen Traumatisierung Ks durch die Wegnahme von der
Mutter mit der Folge von Entwicklungsstörungen schätzt das
Gericht jedoch wesentlich geringer ein als die oben
dargestellten Gefahren, denen K. bei einem Verbleiben bei der
Mutter ausgesetzt ist.
Das Wohl des Kindes ist nach Ansicht des Senats
durch das Verhalten des Vaters, der es seit der Trennung der
Eltern im November 1991 der Mutter systematisch vorenthält und
so massiv gegen diese beeinflußt, daß das Kind selbst
mittlerweile jedweden Kontakt zur Mutter ablehnt, in
erheblichen Maße gefährdet. Das Kind sei inzwischen derartig
einseitig auf den Vater fixiert, daß es zwangshaft und
offensichtlich ohne eigene Willensbildung jeden Kontakt zur
Mutter ablehnt, ohne hierfür irgendwelche nachvollziehbaren
Gründe anführen zu können, daß es auch Freunde nicht entbehrt,
sondern sich allein mit dem Vater begnügt. Die
Perpetuierung dieses Zustandes könne im Interesse des Kindes
nicht länger verantwortet werden.
Der Vater zeigte sich völlig uneinsichtig,
deshalb war ihm die elterliche Verantwortung jedenfalls
teilweise zu entziehen.
Der Senat war allerdings auch der
Auffassung, daß ,,ein abrupt erzwungener Wechsel vom Vater zur
,,verfeindeten" Mutter dem Kind, das sich extrem davor
fürchtet, nicht zumutbar" ist. Vielmehr ist eine behutsame
Hinführung zur Mutter und Geschwister erforderlich. Der Senat
hofft, daß dies einem Dritten, dem Pfleger gelingt. ,,Sollte
der Vater versuchen, auch die für beide Eltern
verbindlichen Entscheidungen des Pflegers zu boykottieren,
käme letztlich auch die Unterbringung des Kindes an
dritter Stelle in Betracht."
Eine weitergehende Übertragung der Personensorge auf einen
Pfleger oder die Bestellung eines Vormundes schien zur Zeit
(noch) nicht veranlaßt..... Die einseitige Erziehungshaltung
des Vaters ist, kann sie nicht durch die angeordnete Maßnahme
unterbunden werden, allerdings bedenklich und kann bei
Fortführung weitere Einschränkungen seines Elternrechts
erforderlich machen.
Kommentar: Dieser Beschluß ist in mehrfacher Hinsicht
interessant. Offensichtlich handelt es sich um ein besonders
schweres Stadium von PAS. In dieser sehr raren ,,psychischen
Ausnahmesituation" (nach amerikanischen Schätzungen in nur
zwischen 1- 5% der PAS Fälle), mit
vollständiger Verstrickung des Kindes mit einem Elternteil,
bei massiver Ablehnung des anderen, ja sogar extremer Angst
vor diesem, bestehen über die geeignetste Maßnahme z. T. noch
unterschiedliche Auffassungen. Der Beschluß hat diese
Diskussion z.T. antizipiert, ja sogar den neueren Vorschlag R.
Gardners der vorübergehenden Unterbringung bei Dritten, statt
sofortiger Sorgerechtsumkehr auch in einem solchen Falle.
(vgl. Ward & Harvey,
Familienkriege - die Entfremdung von Kindern, ZfJ 1998
(6), 237- 245, insbes. auch die Anmerkungen
des Übersetzers zu Kapitel 6.5). Nebenbei bemerkt, zeigt
allein dieses Urteil schon, wie unangebracht Argumente sind,
PAS sei gegen Mütter gerichtet, oder wird überwiegend von
Müttern verursacht. Väter haben dazu allein schon auf grund
der Sorgerechtsverteilung meist viel weniger Möglichkeiten. Es
gibt aber auch Fälle wo beide Elternteile jeweils versuchen
eine einseitige Bindung der Kinder an sie zu bewirken.
Kommentar: Damit spricht der Senat ein Kernproblem bei
PAS an, das auch durch das neue KindRG nicht gelöst wird. Nur
auf Einsicht und Freiwilligkeit zu hoffen ist praktisch
aussichtslos. Es ist doch geradezu ein Charakteristikum von
PAS, daß Einsicht in den dem Kind zugefügten Schaden beim
programmierenden Elternteil nicht vorhanden ist. Eine
möglichst kindgerechte Lösung erfordert dann frühzeitige
Intervention durch Anordnung und unter Aufsicht des Gerichts,
vgl. Ward&Harvey, ZfJ 1998(6),
237-245. In den USA sind verpflichtende
Beratung, Mediation und sogar Therapie schon weitgehend
Standard, wenn minderjährige Kinder involviert sind.
Systemische Familientherapie (unter Einbeziehung möglichst
aller Familienmitglieder und sonstigen Bezugspersonen), auf
Anordnung des Gerichts, erfolgt z.B. am Wallerstein Center for
the Family in Transition, Kalifornien, und ist ausführlich in
dem unlängst erschienenen Buch von Janet R. Johnson &
Vievienne Roseby, "In
the Name of the Child. A Developmental Approach to
Understanding and Helping Children of Conflicted and
Violent Divorce", The Free
Press, New York (1997), beschrieben. (Kap. 8 geht speziell of
die Psychologie von PAS ein.).
Der Senat spricht auch andere Aspekte von PAS an, den
ostensiblen "Kindeswillen" und die Langzeitfolgen der
Entfremdung: ,,Der geäußerte Wille des Kindes entspricht
nicht notwendigerweise seinen Bedürfnissen. Die Äußerungen
der Mutter signalisierem dem Kind, daß der
nichsorgeberechtigte Elternteil die Zuneigung des Kindes
nicht verdient. Aus der Sicht des Kindes ist insbesondere
nach dem Hinzutreten eines neuen Partners der Mutter
außerdem die Gefahr gegeben, ausgeschlossen zu werden,
wenn es sich nicht i. S. des sorgeberechtigten Elternteils
äußert bzw. sich nicht wohlverhält, wozu auch der enge
Anschluß an den neuen Partner gehört. Außerdem ist die
Solidarisierung des Kindes mit einem Elternteil nach einer
elterlichen Trennung Teil der Bewältigungsstrategien, die
Kinder einsetzen, um das Trennungsgeschehen zu
verarbeiten."
.....
Der Wille der jetzt siebenjährigen R....W. nicht sehen
zu wollen, kann für die Entscheidung des Senats
nicht ausschlaggebend sein. Der Wille des Kindes ist
von der Mutter beeinflußt worden. Kindern muß außerdem
eine Entscheidung zwischen den Elternteilen abgenommen
werden. .....
Diese und andere "Leuchtturm" Urteile haben einzelne Aspekte von
PAS, wie Umgangsvereitelung, ,,Kind muß zur Ruhe kommen", ,,Kind
will nicht" und als "letzte Waffe" sogar das Beharren auf einem
Mißbrauchsvorwurf, sowie die Folgen der Entfremdung richtig
eingeschätzt. Es gibt auch Entscheidungen die mit sehr guten
Argumenten zwar das Recht auf Umgang bejahten und den
Umgangsausschluß aufgehoben haben der auf der nicht überzeugend
begründeten Weigerung der Kinder (z.B. OLG Hamm v. 17.12.1992- 2
UF 271/92, FamRZ 1994, 57) oder auf der Verfeindung der Eltern
(OLG Hamm v. 25.5.1993 - 7 UF 89/93, FamRZ 1994, 58) beruhte, aber
vor der Androhung von Maßnahmen zur Durchsetzung des Umgangs
zurückschreckten, oder diesen nicht einmal konkret festlegten. In
einen sehr ähnlich gelagerten Fall (OLG Frankfurt/M. v, 16.2.1984
- 1 UF 315/83, FamRZ 1984, 614) wurden solche Maßnahmen (z.B.
Zwangsgeld) angedroht und in der Begründung auch betont, daß das
Kindeswohl nicht nur (als Momentaufnahme) aus der subjektiven
Sicht des Kindes, sondern auch objektiv-normativ
(Zukunftsperspektive) zu beurteilen ist. In Anschluß an dieses
Urteil ging OLG Frankfurt/M am. 29.1.1993- 6 UF 125/92, FamRZ
1993, 729, in einem weiteren Fall auch ausführlich auf den Einfluß
eines älteren "Sprecherkindes" und des sorgeberechtigten
Elternteil auf den (scheinbaren) "Kindeswillen" ein.
Das Urteil des OLG
Nürnberg v. 8.2.1994 - 11 UF 2641/93 mit dem die Herabsetzung des Ehegattenunterhalts wegen
hartnäckiger Umgangsvereitelung aufrechterhalten wurde, geht
auch sehr detailliert auf die psychologischen Aspekte ein. Auch in
diesem Fall war ein Ergänzungspfleger eingesetzt, der aber,
offensichtlich entnervt, aufgab, bei dem Versuch eine regelmäßige
Ausübung des Besuchsrechts zu ermöglichen.
Daneben gibt es leider auch nicht wenige
Urteile/Gutachten, die an den Problemen der (reaktiven)
Eltern-Kind-Entfremdung völlig vorbeigehen. Bleibt zu hoffen, daß
die systematische Zusammenfassung der Teilaspekte im Parental
Alienation Syndrome, einschließlich dem wissenschaftlichen Studium
der zugrundeliegenden Psychopathologie, hier zu einer
ausgewogeneren Beurteilung führt. Längerfristig hoffen wir, daß
das Spektrum von Maßnahmen um besonders kindeswohlorientierte,
prompte Intervention (z.B. Familientherapie) erweitert wird.
Zum Abschluß noch die derzeit schon veröffentlichten "PAS"
Urteile:
Zu weiteren Entscheidungen in Zusammenhang mit dem Parental Alienation Syndrome