ZfJ 85 (Heft 7/8), S. 343-344:
Leitsatz:
Das Sorgerecht für ein gemeinsames Kind wurde für die Dauer
des Getrenntlebens dem Vater übertragen, für das andere gemeinsame
Kind der Mutter. (19.12.97). Dagegen legte der Vater Beschwerde ein, mit
dem Ziel ihm auch das Sorgerecht für das 2. Kind zu übertragen.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg, weil es zumindest die weniger schädliche
Alternative für das Wohl des 2. Kindes i.S. der §§
1672, 1671 BGB darstellt, wenn das Mädchen sorgerechtlich und damit
aufenthaltsrechtlich seiner Mutter anvertraut ist.
....
Entscheidend für den Senat, dem Vater nicht die Sorge anzuvertrauen,
ist auch die Tatsache, daß es ihm an Kooperationsbereitschaft fehlt,
d. h., überließe man ihm das Kind, würde die Mutter über
kurz oder lang noch nicht einmal einen komplikationslosen Umgang mit ihrer
Tochter und mit ihrem Sohn haben dürfen. Mag auch einiges gegen die
Mutter sprechen, noch mehr spricht gegen den Vater, daß er nicht
bereit oder fähig ist, die Bindungen der Kinder an die Mutter zu respektieren
und zu fördern. Zur Bindungstoleranz als eine wesentliche Voraussetzung
für die Übertragung des alleinigen Sorgerechts verweist der Senat
wegen weitere Einzelheiten auf den Aufsatz
von Kodjoe/Koeppel in DA Vorm. 1998, Sp. 9 ff. "Das Parental
Alienation Syndrome".
...
Hinweis auf einen Vorfall:
Selbst seine Verfahrensbevollmächtigte war an diesem fraglichen
Tage offensichtlich nicht in der Lage "mäßigend einwirken zu
können", obwohl sie doch sicherlich den Vater auf die große
Bedeutung hingewiesen hatte, die das Gesetz dem Kontakt zwischen Kind und
abwesenden Elternteil beimißt §§ 1626 III, 1684 BGB
n. F.). [Vgl. dazu die erweiterten Bestimmungen des neuen
Kindschaftsrechts.]. Wenn der Vater also nicht in der Lage oder willens
ist, ein etwa 6 1/2 jähriges Kind auf den Besuch seiner Mutter vorzubereiten,
bedarf es keiner weiterer Beweiserhebungen um ihm die erforderliche Erziehungsgeeigenetheit
insoweit absprechen zu können. [Eine ergänzende Stellungnahme
der bereits erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen wurde jedoch
vom Senat eingeholt.]