Information von Väter für Kinder e.V.:
Obwohl auch die deutsche Gesetzgebung, selbst schon im Rahmen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, §33 FGG, eine ganze Reihe von Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung von Gerichtsbeschlüssen vorsieht, kann man sich, gerade was das Umgangsrecht eines Elternteils mit seinem Kind betrifft, an Hand vieler Fallbeispiele oft jahrelanger Umgangsvereitelung des Eindruckes nicht erwähren, dass hier entsprechende Gerichtsbeschlüsse getrost, weil praktisch immer folgenlos, vom Wohnelternteil ignoriert werden können.
Wir haben schon öfter, an Hand von Beispielen, darauf hingewiesen, dass man im benachbarten Ausland die Durchsetzung von Gerichtsbeschlüssen zum Kindschaftsrecht weit ernster nimmt als bei uns. Selbstverständlich ist man sich auch dort der Gefahr bewusst, dass man mit Zwangsmassnahmen gegen einen Elternteil auch das schwächste Glied in der Kette, das Kind, um dessen Wohl es ja primär gehen sollte, potentiell beinträchtigen kann. Der Aufsatz eines französischen Familienrichters, Olivier de Blay, in Kind-Prax 4/2003, S.131-133, mit obigen Titel, liefert wichtige Hinweise wie mit diesem Dilemma praktisch umgegangen werden kann. Es ist sehr zu hoffen, dass er in der deutschen Familienrechtspraxis und Gesetzgebung Beachtung findet.
Der Autor weist zunächst ebenfalls auf die Problematik möglicher Folgen für das Kind hin, dessen Recht auf beide Eltern man mit strafrechtlichen Maßnahmen durchsetzen will. An der Strafverfolgung wegen Verletzung des Kindschaftsrechts wurde nach einer Diskussion aus Anlass der Reform von 2002 jedoch festgehalten, weil es sonst zu einer Abwertung des Prinzips der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge und des Fortbestands der elterlichen Pflichten kommen kann. Zum Schutz eines Kindes, das nach Trennung seiner Eltern einem Elternteil vorenthalten oder entzogen wird, sieht die französische Gesetzgebung abgestufte Maßnahmen vor, um den schuldigen Elternteil dazu zu bringen, sich der schwerwiegenden Bedeutung seines Verhaltens bewusst zu werden.
Das beginnt schon bei der Staatsanwaltschaft, die eine Reihe von Maßnahmen ergreifen kann, nicht nur die der Einstellung des Verfahrens, mit oder ohne Auflagen, wie einem Bußgeld, wie auch bei uns, bevor, nur im Falle eines Scheiterns dieser Maßnahmen, die Verfolgung vor dem Strafgericht eingeleitet wird. Am häufigsten wird Mediation angewendet, die allerdings das Einverständnis von Täter und Opfer voraussetzt. Dabei versucht, auf Initiative der Staatsanwaltschaft (!) ein Berufsschlichter zwischen den Parteien zu vermitteln. Er kann die Stichhaltigkeit der Befürchtungen eines Elternteils überprüfen, oder vorschlagen das Familiengericht anzurufen eine möglicherweise nicht mehr zeitgemäße Regelung zu überprüfen, oder die Strafanzeige zurückzuziehen etc. Im Jahr 2000 fanden 1559 Mediationen wegen der Vorenthaltung von Kindern statt, von denen zwei Drittel erfolgreich waren.
Auch das Strafgericht kann abgestufte Maßnahmen ergreifen. Ein Straferlass wird häufig gewährt, wenn der Schuldige wiedereingegliedert und der Schaden gutgemacht ist. Das Gericht kann auch jemand für schuldig erklären, aber die Strafverkündung aufschieben, wenn erkennbar ist, dass der Schuldige eine Verhaltensänderung anstrebt. Im Jahr 2000 gab es 1115 Verurteilungen wegen Vorenthaltung von Kindern (5579 wegen Vernachlässigung der Familienpflichten). Ähnlich 1997, 1173 Verurteilungen wegen Vorenthaltung, davon 104 mit Gefängnisstrafen ohne Bewährung.
Es gibt zwar im deutschen Strafrecht auch den Tatbestand der Kindesentziehung, §235 StGB [Entziehung Minderjähriger]. Die Strafverfolgung ist aber derart eingeschränkt, dass die Autoren Gutdeutsch (OLG Richter) und Rieck (Anwalt) sich veranlasst sahen ihren Ausatz in FamRZ 1998 (23), 1488-1491, mit Kindesentführung: ins Ausland verboten - im Inland erlaubt? zu überschreiben. Strafverfolgung erfolgt, von besonders gravierenden Ausnahmefällen abgesehen, nur auf Antrag und setzt zumindest bei Kindesentzug im Inland außerdem List oder Gewalt voraus.
In Frankreich dagegen ist auch der bei uns so häufig praktizierte faktische Kindesentzug durch Umgangsvereitelung, entsprechend den Ausführungen im vorliegenden Aufsatz ausdrücklich strafbar, auch die Nichtbekanntgabe innerhalb eines Monats eines Wohnortwechsels mit dem Kind. Das Kind muss dem anderen Elternteil zu dem im Gerichtsbeschluss festgelegten Zeiten übergeben werden, ohne diesem Beschluss eigene Bedingungen hinzuzufügen, um vor möglichen Strafen geschützt zu sein. Die bei uns so häufig ins Feld geführte Ausrede ,,Kind will nicht" wird nicht anerkannt. Der übergebenden Elternteil muss seine Autorität und Überzeugungskraft einsetzen, damit das Kind dem Umgang nachkommt.
Für weitere Details, auch zum Strafmaß, müssen wir auf den Aufsatz selbst verweisen.
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