Information von Väter für Kinder e.V.:

 Gemeinsame Sorge trotz Widerstand eines Elternteils  (altes Kindschaftsrecht)

Übersichtsartikel :

P. Koeppel, Die gemeinsame elterliche Sorge bei Scheidung im Lichte der EMRK und des UN- Zivilpaktes, DAVorm 1993, 601ff.
EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) und Zivilpakt oder IPBPR (Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966) sind dem nationalen Recht nicht übergeordnet, sie sind jedoch vorrangig anzuwenden. Sie verpflichten den Richter, in geeigneten Fällen gemeinsames Sorgerecht auch ohne Einwilligung beider Eltern anzuordnen.

H. Oelkers, Die Rechtssprechung zur elterlichen Sorge - eine Übersicht über die letzten fünf Jahre, FamRz 1995 (18), S. 1097-1111

C. Rummel, Die Rechtssprechung zum Sorgerecht aus den Jahren 1993/1994, FuR 2/1995, S.130 -138

Gemeinsames Sorgerecht in strittigen Fällen - weil Kinder beide Eltern brauchen, VfK Info 1/97.

Entscheidungen:
1. Amtsgericht Potsdam, Beschluß vom 29.10.1997 - Aktenzeichen 44 F 497/95 - 50, rechtskräftig, Beschwerde zurückgewiesen  durch das Oberlandesgericht Brandenburg vom 2.3.1998, Aktenzeichen 10 UF 159/97.

2. AmtsG Groß Gerau - BGB §1671, rechtskräftiges Urteil v. 22.10.1997 - 71F 39/97,  FamRZ 1998, 500 Leitsatz: Bei der Vergabe der gemeinsamen elterlichen Sorge ist der Gesichtspunkt des Kindeswohl dem des Elternwillens übergeordnet.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Eltern sind sich einig, daß die 7 jährige Tochter weiter bei der Mutter leben soll. Diese will jedoch die Alleinsorge. Ihre Furcht, auf Grund ihrer weniger attraktiven Alltagsrolle das Kind an den Vater zu verlieren, ist verständlich, folgerichtig auch die Furcht des Vaters, die Mutter könne ihm das Kind entziehen, wenn sie allein sorgeberechtigt sei, um sich gegen den Verlust zu schützen. Damit entsteht eine Atmosphäre von Ängsten und Gegenängsten mit der Gefahr der Einflußnahme auf das Kind und der Überbewertung des Kindeswillens. Die Aufrechterhaltung der gemeinsamen Elternsorge steuert diesen Ängsten am ehesten entgegen. Sie entlastet zugleich das Kind von der Mitverantwortung  und erspart ihm einen Loyalitätskonflikt.

Die vielfach vertretene Auffassung, gemeinsame elterliche Sorge käme nur bei übereinstimmendem elterlichen Vorschlag in Betracht, ist rechtsirrig. Da oberstes Kriterium bei der Sorgevergabe das Kindeswohl ist, ist auch die Frage, welche Bedeutung das Fehlen eines gemeinsamen Elternvorschlags hat, unter Kindeswohlgesichtspunkten zu prüfen. Gemeinsame Elternverantwortung ist für die Identifikation von Kindern ein besseres Lebensmodell als die Vorherrschaft eines Elternteiles unter weitgehendem Ausschluß des anderen.
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3. AmtsG Groß Gerau - BGB §1672, rechtskräftiger Beschluß v. 26.8.93 - 71F 379/93, FamRZ 1994, 922-923
Leitsatz FamRZ: Der nicht nachvollziehbare Vorwurf, ein sachliches Gespräch über Angelegenheiten des Kindes lasse sich mit dem anderen Elternteil nicht führen, rechtfertigt es nicht, ihn von der elterlichen Sorge auszuschließen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Mutter hatte nach der Trennung die 8 jährige Tochter von der Schule abgeholt und nahm sie mit in ein Frauenhaus an einem anderem Ort. Dort meldete sie auch die Tochter in der Schule an, alles ohne das Einverständnis von Tochter oder Vater einzuholen. Aus der Sicht der Ehefrau mag es keine andere Wahl als die Flucht ins Frauenhaus gegeben haben. Aus der Sicht einer Mutter war das Verhalten unverantwortlich. Zu vermeiden, daß ein Elternteil bei der Wahrung elementarer eigener Interessen ebenso elementare Interessen seines Kindes verletzt, gehört zum Sinn elterlicher Sorge.

Das Begehren der Mutter, ihr die alleinige elterliche Sorge zu übertragen. stellt sich aus der Sicht des Vaters als ein Entzug der Mitsorge, ein Eingriff also in seine grundgesetzlich geschützte Elternposition dar. Der Eingriff bedarf der Rechtfertigung aus dem Gesichtspunkt des Kindeswohls. Hinreichende Gründe dafür sind nicht ersichtlich. So problematisch der Umgang der Eltern miteinander und so schwierig und belastend es sein mag, Detailfragen auszudiskutieren, das Kindeswohl wird dadurch allenfalls mittelbar, jedenfalls weniger betroffen als durch das Alleinbestimmungsrecht eines Elternteils. Es ist Sache der Eltern, zwischen Paarproblemen und Elternverantwortung zu trennen oder diese Trennung notfalls mit fachlicher Hilfe zu lernen. Darauf hat das Kind ein Recht (§§ 1671,1672 BGB).

4. AmtsG Groß-Gerau -  BGB §1672, 25.11.1992  - 71 F 267/97, FamRZ 1993, 462=DAVorm 1993, 200.
Die Entscheidung  verweist u.a. auf Art.6 Abs.2  Satz 1 des Grundgesetzes der beide Eltern verpflichte und schütze. ,,Erst wenn die ,zuvörderst' Verpflichteten ihre Aufgaben nicht erfüllen, darf die wachende staatliche Gemeinschaft Schutz bieten, etwa bei Nachteilen für das Kindeswohl eine von der gemeinsamen Sorge abweichende Regelung zu treffen". Daraus folge, daß die Zuweisung der elterlichen Sorge an einen Elternteil allein nach §1671 Abs. 2 BGB einen Eingriff in das Elternrecht darstelle, der nur zu rechtfertigen sei, wenn es das Kindeswohl gebiete. Die herrschende Praxis die im gemneinsamen Sorgerecht die Ausnahme sehe, stelle zu Unrecht auf ein denübereinstimmenden Elternwillen als Tatbestandsmerkmal für die gemeinsame Sorge ab. Anderfals überließe es der Gesetzgeber der Willkür des Elternteils bei dem das Kind lebe, ob und ggfs. in welchem Ausmaßs der andere, ebenfalls zur Sorge bereite Elternteil betteiligt werde. Die herschende Praxi führe dazu, daß das Kind nach der Scheidung einen Elternteil  habe, der sich als Verlier oder gar Entmündigter fühle und als solcher das Kind präge.

Die gegen den Beschluß des OLG Frankfurt (FamRZ 1993, 1352), mit dem diese Entscheidung aufgehoben wurde (weil der gemeinsame Wille der Eltern erforderlich sei), eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1309/93 zur Entscheidung angenommen. [Eine Verfassungsbschwerde, Az. 1BvR 2438/95, liegt auch gegen eine ähnlichen Beschluß des OLG HAMM vom 10.10.1995 ,1 UF 177/95 vor, nachdem unverzichtbare Voraussetzung für ein gemeinsames nacheheliches Sorgerecht ein übereinstimmender Wille der Eltern ist, es sei denn, der ablehnende Elternteil verweigert seine Zustimmung rechtsmißbräuchlich, DAVorm 1996, Sp.204]

Koeppel (s.o): Nach meinem Verständnis wurde kürzlich das Amtsgericht Groß-Gerau in beispielhafter Weise den völkervertraglichen Normen zum Schutze der Familie und des Rechts der Kinder auf beide Eltern gerecht. Das Gericht befand nämlich, daß die Verweigerung der gemeinsamen Sorge durch einen Elternteil (hier die Mutter) ohne Angabe zwingender Gründe den Richter in Ausübung seines Wächteramtes nicht an der Belassung gemeinsamer Sorge hindern kann. Dabei bezieht sich das Gericht auf Art. 6 Abs. I S. 2 GG und erwähnt Art. 8 der UN-Kinderrechtekonvention. Ohne ausdrückliche Erwähnung von Art. 8 EMRK oder Art. 23 Abs. IV IPBPR kommt das Gericht m. E. zu der gleichen Auslegung des Verfassungsartikels, zu der es in konsequenter Beachtung des Rechtsanwendungsbefehls sowie der Maßgabe von BVerfG 74, 358 (370) hätte kommen können bzw. müssen.

5. OLG BAMBERG - BGB §1671, Beschluß vom 30.4.96 - 7UF 214/95, FamRZ 1997, 48-49
Das Belassen des gemeinsamen Sorgerechts nach der Scheidung muß nicht in jedem Fall außer Betracht bleiben, wenn ein Elternteil erklärt, das Sorgerecht allein zu wollen. Vielmehr sind dann die Auswirkungen der in Frage kommenden Sorgerechtsalternativen auf das Kindeswohl miteinander zu vergleichen. Hierbei  hat es bei der Gemeinsamkeit zu bleiben, wenn das gemeinsame Sorgerecht keine Nachteile gegenüber der Übertragung auf einen Elternteil verspricht (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1987, 89).

... ,,Eine Auswirkung der von der Antragsgegnerin aufgezeigten Konflikte, die im wesentlichen vom Antragsteller nicht bestritten werden, auf das Wohl des Kindes
ist nicht zu befürchten. Sämtliche Streitpunkte standen offensichtlich im engen Zusammenhang mit der Trennung der Parteien, wobei in keinem Falle ein Bezug zu
Fragen der Betreuung und Erziehung des Kindes gegeben war. Schließlich steht der Belassung der gemeinsamen elterlichen Sorge auch nicht die Erklärung der
Antragsgegnerin entgegen, das Sorgerecht allein zu wollen. Der Antragsgegnerin ist zwar darin zuzustimmen, daß für ein gemeinsames Sorgerecht grundsätzlich das
Einverständnis beider Eltern mit einer solchen Entscheidung erforderlich ist. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die gemeinsame elterliche Sorge in jedem Falle außer
Betracht bleiben muß, wenn ein Elternteil erklärt, das Sorgerecht allein zu wollen. Vielmehr sind in einem solchen Falle die Auswirkungen der in Frage kommenden
Sorgerechtsentscheidungen auf das Kindeswohl miteinander zu vergleichen. Hierbei hat es bei der Gemeinsamkeit zu verbleiben, wenn das gemeinsame
Sorgerecht keine Nachteile gegenüber der Übertragung auf einen Elternteil verspricht (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1987, 89). Solche Nachteile sind hier
weder aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin noch sonst erkennbar. Die Antragsgegnerin hat vielmehr bei ihrer Anhörung eingeräumt, daß auf Seiten des
Antragstellers ein hohes Maß an Bereitwilligkeit bei allen wesentlichen Fragen der Kindeserziehung vorhanden ist. Die Anhörung des Antragstellers hat darüber
hinaus die Überzeugung des Senats begründet, daß weder der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes bei der Antragsgegnerin noch sein Umgang mit dem anderen
durch die Entscheidung beeinflußt würden.

6. AmtsG Mannheim BGB §§1671 I, 1671 II, 16.9.93 - 1F 211/92, FamRZ 1994, 923-924
1. Der Widerspruch eines Elternteiles gegen die grundsätzlich anzustrebende und vom anderen Elternteil befürwortete Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge für das gemeinsame Kind auch für die Zeit nach der Scheidung muß sich am Kindeswohl i. S. von §1671 II BGB messen lassen.
2. Die danach für die Entscheidung nach §1671 I, II BGB vorzunehmende Abwägung kann im konkreten Einzelfall zumindest dann zur Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge auch gegen den erklärten Widerspruch eines Elternteils führen, wenn vom widersprechenden Elternteil eine nachvollziehbare, stichhaltige Begründung gegen die Beibehaltung einer in der Trennungszeit bewährten gemeinsamen elterlichen Sorge nicht gegeben wird.

Entscheidungsgründe (auszugsweise):
Im Interesse des Kindes ist die Beibehaltung möglichst gleichrangiger und damit gleichwertiger Beziehungen zu beiden Eltern auch nach der Scheidung anzustreben.  Dies ist nach heute schon geltenden Recht anerkannt. [Es folgen Hinweise auf die EMRK, Art. 8 und den UN-Zivilpakt, Art. 23 IV die zumindest verbindliche eine verbidliche Auslegungsrichtlinie für die Interpretations des Kindeswohls nach  1671 BGB seien, auch wenn dahingestellt sein kann, ob sie vorranging anzuwenden seien, s. Koeppel, DAVorm 1993, 601].
Schutz der Kinder bedeutet nach der autoritativen Interpretation durch den UN-Menschnerchtsausschuß, daß den Kindern soweit wie möglich ihre persönliche Beziehungen zu beiden Elternteilen erhalten sind (s. Koeppel, a.a.O., S. 604).
Notwendiger Schutz des Kindes ist Schutz des Kindes vor unnötigem Verlust eines Elternteils (OLG Bamberg, FamRZ 1998, 752). Den geforderten Beziehungserhalt zu beiden Elternteilen auch nach der Scheidung zu erreichen, bietet sich die gemeinsame elterliche Sorge als Idealform an (Koeppel, 1993; OLG Karlsruhe, DAVorm 1993, 950). Das Kind behält damit auch weiterhin das für eine gedeihliche Entwicklung unverzichtbare Erfahren von Mutter und Vater. Zugleich wird dem Kind der Druck genommen, sich für bzw. gegen einen Elternteil entscheiden zu müssen. Schließlich ist zu erwarten, daß die gemeinsame elterliche Sorge zu einer beiderseitigen Befriedung der Eltern führt, die mittelbar auch dem Kind zugutekommt. Die Gefahr, einen Elternteil zu haben, der sich als der schlechtere Elternteil, als der Verlierer oder gar der Entmündigte fühlt und als solcher die Kinder prägt, ist bei gemeinsamer elterlicher Sorge sicher geringer als bei Einzelsorge (AmtsG Groß-Gerau, FamRZ 1993, 463). Je nach Entwicklungsstadium der Kinder ist überdies ein -möglicherweise nur zeitweiser -Wechsel der Betreuungsperson in Betracht zu ziehen. Auch dafür bietet die gemeinsamer elterliche Sorge den besten äußeren Rahmen. Im rechtlichen Bereich hat die gemeinsame elterliche Sorge den Vorteil, daß das Kind zwei gleichwertige Ansprechpartner i. S. des§1626 II BGB hat.
Im Interesse des Kindes ist also grundsätzlich die gemeinsame elterl. Sorge anzustreben, wie in Artikel 18. der für Deutschland  am 5.4.1992 in  Kraft getretenn UN-Konvention über die Rechte des Kindes v. 20.11.1989 (BGBL 1992 II 122) gefordert und auch in§17 KJHG als Ziel der Elternberatung formuliert.

Zwar ist es in erster Linie das Kind, das durch die Verweigerung eines gemeinsamen Sorgerechts betroffen wird (BVerfG  61, 358, 381; FamRZ 1982, 1179 ff.). Der Entzug der Mitsorge greift aber zugleich auch in die grundsätzlich geschützte Elternposition des anderen Elternteils ein (AmtsG Groß-Gerau, DAVorm 1993, 952) So postuliert Art 23 IV des UN-Zivilpaktes neben dem Schutz der Kinder auch gleiche Rechte und Pflichten der Ehegatten bei Auflösung der Ehe (s. Koeppel a.a.O., S. 604). Auch unter diesem Gesichtspunkt läßt sich an dem  von der - noch  -h.M. aufgestellten Erfordernis des übereinstimmenden Elternvorschlag nicht festhalten. Denn praktisch würde dies bedeuten, daß derjenige  Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, grundsätzlich allein darüber entscheidet, ob und ggf. in welchem Umfang er den ebenfalls zur Sorge bereiten anderen Elternteil beteiligt (AmtsG Groß-Gerau, FamRZ 1993, 462.[ Die Entscheidung des AmtsG Groß-Gerau vom 25.11.1992 verweist auch auf Art. 6 Abs. 2  Satz 1 des Grundgesetzes der beide Eltern verpflichte und schütze.]  Eine - wie im vorliegenden Fall- ohne gewichtigen Grund erklärte Verweigerung der gemeinsamen elterlichen Sorge muß daher auch im Rechtsinteresse des anderen Elternteils unbeachtlich bleiben (Koeppel 1993, S. 607).

7. OLG Karlsruhe vom 16.12.1992 - 11 F 217/91
Koeppel (s.o) : Auch das OLG Karlsruhe beließ kürzlich beiden EIternteilen das Sorgerecht, obwohl zunächst beidseitig Alleinsorgerechtsantrag gestellt war. Es   entspreche der Fürsorgefunktion des Familiengerichtes, wenn dieses -nach ausreichender ErmittIung des Sachverhaltes- anregt, von der Möglichkeit der gemeinsamen Sorge Gebrauch zu machen ...

"Unschädlich ist allerdings, daß beide Eltern offensichtlich unterschiedliche Erziehungsvorstellungen und - formen haben, soweit gewährleistet ist, daß sich diese unterschiedlichen Erziehungsstile nicht widersprechen, sondern sich sinnvoll ergänzen und damit die gedeihliche, von Vater und Mutter geprägte Entwicklung fördern ... Gerade die unterschiedlichen Vorschläge beider Gutachter, elterliche Sorge nach der Scheidung dem Vater bzw. der Mutter allein zu übertragen, sprechen dafür, daß es keinen absoluten Grund der Bevorzugung eines Elternteils gegenüber dem anderen hinsichtlich der künftigen Sorgerechtsregelung gibt ... Für den psychischen Bereich folgt dies daraus, daß nunmehr für (das Kind) sein bisher gewohntes Beziehungsgeflecht zu beiden Eltern in einem Höchstmaß erhalten bleibt und: er damit das für eine gedeihliche Entwicklung unverzichtbare Erfahren von Mutter und Vater, wenn auch abgeschwächt, weiterhin behält. Zugleich ist (dem Kind) die drohende Gefahr abgenommen, sich für bzw. Gegen einen Elternteil zu entscheiden. Im übrigen ist das gemeinsame Sorgen um das Wohl des Kindes dazu angetan, beide geschiedenen Eltern zu befrieden und ihnen ein erhebliches Maß an gemeinsamer elterlicher Verantwortung gegenüber ihrem Kind wieder zurückzubringen, ein Ergebnis, daß sowohl ihrer eigenen seelischen Gesundung wie auch dem Wohl (des Kindes) dient."

8. OLG Bamberg, FamRZ 1988, 752 = DAVorm 1988, 448
    Schutz der Kinder vor unnötigen Verlust eines Elternteils, wonach es dem Familiengericht in geeigneten Sorgerechtsverfahren sogar obliegt, den Abbau von Streitpotential zu versuchen und den Eltern den Gedanken an gemeinsame elterliche Sorge nahezulegen.

Koeppel (s.o): Das OLG Bamberg hat bereits 1988 aus dem Zivilpakt die Verpflichtung des Gerichtes abgeleitet, dem betroffenen Kind wo immer möglich bei Scheidung beide Elternteile zu erhalten. Es führte aus, daß unter notwendigem Schutz auch der Schutz des Kindes vor dem unnötigen Verlust eines Elternteiles gehöre. Diese Feststellung ist logischerweise dahingehend zu ergänzen, daß andererseits der Schutz des Kindes vor einem Elternteil dann notwendig wird, wenn, um in BGB-Terminologie zu sprechen, die Kriterien der §1666f. BGB vorliegen. Das Wort "notwendig" weist auf das auch im Völkerrecht ausgeprägte Verhaltnismäßigkeitsprinzip hin.

Mit seiner bahnbrechenden Entscheidung hat das OLG Bamberg 1988 nicht nur dem Rechtsanwendungsbefehl des Grundgesetzes (Art 59 Abs. II GG), sondern auch dem richterlichen Rechtsfortbildungsauftrag entsprochen. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich im Zusammenhang mit der Europäischen Sozialcharta (ESC), welche unbestritten Staatenverpflichtung darstellt, formuliert, "daß es dahinstehen konne, ob sie unmittelbar, geltendes Bundesrecht ist oder ob sie lediglich den Gesetzgeber und den rechtsfortbildenden Richter bindet oder wenigstens Auslegungsmittel für das nationale Recht ist".

9. OLG Karlsruhe, FamRZ 1987, 89.
gemeinsame Sorge bleibt, wenn keine Nachteile gegenüber Alleinsorge

10. OLG Hamburg, FamRZ 1985, 1284;
.,,Rein vom Gesetz her ist der Richter an sich nicht gehindert, auch ohne einen solchen Vorschlag das gemeinsame Sorgerecht zuzuteilen, wenn er die Überzeugung gewinnt, daß dies dem Kindeswohl am besten entspricht (§1671 Abs. 2 BGB)."
 

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