Information von Väter für Kinder e.V.:

Bereits im Januar 98 haben wir, bezugnehmend auf den Aufsatz ,,Wenn das Scheiden nicht weh tun soll" von Rolf Thym in der Süddeutschen Zeitung, über den Modellversuch im Regensburger Familiengericht zur psychologischen Beratung scheidungswilliger Eltern berichtet. Ein Bericht zu diesem Modellversuch findet sich nun in FamRZ 1998 (19), Seiten 1218-1221, der die sehr positiven Ergebnisse einer mehr als 2 jährigen wissenschaftlichen Begleitstudie zusammenfasst: 

Familienberatung bei Trennung und Scheidung am AmtsG

-Übergang des sechsjährigen Modellprojekts in die Regelförderung -zugleich Ausblick auf die Beratungserfordernisse nach dem Kindschaftsrechtsreformgesetz-

Von Familienrichterin HELGA  LOSSEN und Diplom Psychologe CLAUDIUS VERGHO, Regensburg

Bevor wir darauf eingehen, muß doch die Frage erlaubt sein, warum es hier sehr zögerlicher Modellversuche und langer Studien bedarf, um im wesentlichen herauszufinden was andernorts schon längst bekannt und erfolgreich erprobt ist? In einem ganz anderen Zusammenhang wurden in Deutschland Untersuchungen allen Ernstes als "Risikoforschung" bezeichnet, wenn sie nicht zuvor schon in den USA durchgeführt worden waren. Dort gibt es verpflichtende Beratung/Mediation, wenn auch nicht notwendigerweise direkt am Familiengericht, aber von diesem angeordnet und überwacht, schon längst in den meisten Staaten. Wir haben darüber auch schon wiederholt berichtet, zuletzt in unserer Zusammenfassung zum amerikanischen Kindschaftsrecht., und oft auf die dringende Notwendigkeit hingewiesen, das auch bei uns einzuführen. Das Ergebnis, daß 82 % der ehemaligen Klienten von FaTS [Familienberatung bei Trennung und Scheidung am Amtsgericht Regensburg] die Frage, ,,wenn sie Gesetzgeber wären, würden sie alle Eltern zur Scheidungsberatung verpflichten, die sich bei der Scheidung bezüglich des Kindes uneinig sind?" mit ,,ja" beantworteten, überrascht uns daher nicht im Geringsten. Wir hoffen nur, daß daraus endlich weitreichendere Konsequenzen gezogen werden.

Unerwähnt bleiben in diesem Aufsatz nicht nur die sehr umfangreichen amerikanischen Erfahrungen, sondern auch, daß es in Österreich, solche Beratungseinrichtungen an Familiengerichten gibt, und deren erhebliche Ausweitung, wegen des guten Erfolgs schon längst beschlossene Sache ist. [Wir berichteten auch darüber.] Anders als in Regensburg, wurde unseren Informationen nach, die Beratung dort von einem Psychologen/Juristen - Team durchgeführt, was uns erstrebenswert scheint, obwohl Eltern natürlich in der Lage sein sollten, rechtliche und materielle Probleme von der Eltern-Kind-Beziehung zu trennen, in Wirklichkeit aber oft sogar die Kinder als "Waffen" in der rechtlichen Auseinandersetzung benützen.

Die Frage, der im Aufsatz breiter Raum gegeben wird, ob die Beratung direkt am FamG stattfinden soll, erscheint uns relativ zweitrangig. Wichtig erscheint uns nur, daß sie bei uneinigen Eltern auf Veranlassung und mit Wissen des Gerichts erfolgt, einschließlich der Weigerung daran teilzunehmen. Selbst wenn das Gericht derzeit solche Beratungen noch nicht verpflichtend anordnen kann, besteht doch ein gewisser, unserer Meinung nach sehr nützlicher und oft geradezu notwendiger psychologischer Druck. Bezeichnenderweise äußerten gerade deshalb 80% der Jugendamtsmitarbeiter, 50% aus den Erziehungsberatungsstellen und 20% der Rechtsanwälte dazu zumindest Bedenken. Das Ergebnis bei den Teilnehmern ist aber, wie schon sehr überzeugend in den amerikanischen Studien zuvor, ein ganz anderes. Der Zufriedenheitsgrad (um die 80%) hing nicht davon ab, ob die Klienten auf Vermittlung des Gerichts gekommen waren, oder sich selbst meldeten. 45% kamen auf Vermittlung des Gerichts, 9% über die Vermittlung von Rechtsanwälten (in 1996 schon 17%). Die Vermittlung durch das Gericht erreicht nicht nur Schichten die sonst keine Beratung wahrnehmen würden, wie hervorgehoben wird, sondern beugt, unserer Meinung nach, auch umgekehrt einem "Beratungstourismus", z.B. zu parteilichen Beratungsstellen, vor.
Auch Eltern (12 %) die ,,unfreiwillig" gekommen waren, schätzten den Erfolg nicht geringer ein, als die anderen.

Die Schweigepflicht im üblichen Rahmen muß und kann natürlich auch dann gewahrt werden, wenn die Beratung direkt am Gericht stattfindet. Die Unterbringung am Gericht mag gewisse logistische Vorteile für die Klienten haben, ist aber in jedem Fall für den so wichtigen Erfahrungsaustauch zwischen Richtern und Beratern von erheblichem Vorteil.

Zusammenfassend, ein wichtiger und interessanter Aufsatz zu einem Modell, das möglichst rasch in sehr ausgeweitetem
Maßstab Schule machen sollte.

Wir bringen noch die Kapitelüberschriften und verweisen im übrigen aus Copyright- Gründen auf den Originalaufsatz, sowie auf frühere Aufsätze der Autoren.

Einleitung
I. Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitstudie
 1. Was sagen Experten aus anderen Institutionen über die direkte Anbindung der Beratungsstelle an das AmtsG?
 2. Bleibt der Grundsatz der Freiwilligkeit in der gerichtsnahen Beratung gewahrt?
 3. Wird bei der institutionalisierten Zusammenarbeit von FamG und Beratern die Schweigepflicht gewahrt?
 4. Wie wird die psychologische Beratung im Gericht sowohl dem Elternwohl als auch dem Kindeswohl gerecht?

II. Möglichkeiten und Grenzen des Zusammenwirken von Scheidungsberatung und Familienrechtsprechung
 1. Aufgaben und Angebote der FaTS
 2. Struktur und Organisation des Projekts
 3. Unterschiede in der beruflichen Praxis

III. Weitere Ergebnisse zu den Effekten der Beratung

IV. Nutzen und Kosten der FaTS für die öffentliche Hand

V. Trennungs- und Scheidungsberatung unter Berücksichtigung des Kindschaftsrechtsreformgesetzes.

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