Information von Väter für Kinder e.V.:

Der Fall Joseph Cooke

Seit die amerikanische Außenministerin Madelaine Albright den deutschen Außenminister Joschka Fischer mit einem Bericht der Washington Post ( A Family Kept Apart, 7.5.2000) über das Schicksal der nach Deutschland verbrachten Kinder des New Yorker Lehrers Joseph Cooke konfrontierte, gibt es eine derartige Fülle von Presseberichten, dass wir es für nötig halten, eine Zusammenfassung der für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Fakten zu versuchen (selbstverständlich sorgsam, aber ohne jede Gewähr), nicht zuletzt, weil es andere Fälle mit ähnlicher Vorgangsweise gibt..

  1. Der Vater, Joseph Cooke war von 1985 - 1989 in Deutschland bei der U. S. Army stationiert. Er und seine deutsche Frau heirateten in 1989 in New York.
  2. Im Juli 1992 reisten die Mutter und die beiden Kinder (damals 2 und 1 Jahr alt) nach Deutschland, mit Einverständnis des Vaters, weil es sich um einen auf drei Wochen beschränkten Urlaub beim mütterlichen Großvater der Kinder handeln sollte. Der Vater meinte, es würde seiner Frau helfen, Depressionen zu überwinden und Eheprobleme lösen..
  3. Frau Cooke begab sich wegen ihrer psychischen Erkrankung in eine Klinik, nachdem sie sich wegen ihrer Kinder an das Jugendamt um Hilfe gewandt hatte. Die Mutter sagt jetzt, sie war zu diesen Schritten wegen ihrer Erkrankung genötigt und meinte damals damit das Richtige getan zu haben. Nach ihrer Entlassung (1/93) übersiedelte sie, ohne die Kinder, nach Kalifornien, wo sie heute noch lebt. Die Scheidung wurde im Jan. 1994 in New York vollzogen.
  4. Das Jugendamt übergab die beiden Kinder ( beide US Bürger) am 22.10.1992 an Pflegeeltern, bei denen sie heute noch wohnen. Der Vater wurde nicht verständigt, geschweige denn angehört. Er hatte nur einige sehr unklare Andeutungen über den Verbleib der Kinder von seiner Frau erhalten. Der Schwiegervater verweigerte jede Auskunft.
  5. Erst am 14.9.1993, also nach fast einem Jahr nach der Übergabe der Kinder durch das Jugendamt an Pflegeeltern, teilte ihm seine Frau, nicht das Jugendamt, mit, dass die Kinder bei einer Familie seien. Sie gab ihm auch die Telefonnummer. Es wurde aber von dem Mann der antwortete behauptet, es gäbe bei ihnen keine Kinder.
  6. Tatsächlich hatte diese Familie aber neben ihren eigenen fünf Kindern noch fünf Pflegekinder aufgenommen, einschließlich der Kinder von Joseph Cooke [Das ist nicht so ungewöhnlich, wie das zunächst erscheinen mag, und es wird in diesem Zusammenhang nicht selten auch vom "wirtschaftlichen Faktor" Pflegegeld gesprochen.]
  7. Die Pflegeeltern wandten sich am nächsten Tag an das Gericht und erhielten innerhalb von zwei (2!!) Tagen eine Anordnung, die dem Vater untersagten, die Kinder zu sich zu nehmen. In den Gerichtsakten heißt es dazu (lt. Washington Post) ,,Der Vater wurde von der Entscheidung nicht benachrichtigt".
  8. Dem Vater wurde vom amerikanischen Gericht das Sorgerecht zugesprochen, für das er zu diesem Zeitpunkt auch eine Zustimmung seiner Frau hatte (Scheidung 1/94).
  9. Am 23. März bestätigte ihm die Pflegefamilie, dass die Kinder bei ihr wären, drohte aber mit der Einschaltung der Polizei, wenn er sie abholen wollte. Im April 1994 hat das New Yorker Höchstgericht (Supreme Court) die sofortige Rückführung der Kinder, entsprechend dem Haager Übereinkommen über Internationale Kindesentführung, angeordnet. Entsprechend Art. 3 dieses Übereinkommen, ist es auch auf widerrechtliches Zurückhalten von Kindern anwendbar. Strittig scheint hier allerdings zu sein, ob auch die Jahresfrist für den Rückführungsantrag eingehalten wurde.
  10. Der Vater fuhr mit seinem Anwalt nach Deutschland um die Kinder abzuholen. Es vergingen aber drei Wochen, bevor ihm erlaubt wurde, die Kinder in Begleitung des deutschen psychologischen Sachverständigen für nur eine Stunde zu sehen (vgl. Schilderung der Begegnung in der Washington Post). Es wurden weitere kurze Besuche am 6.5.94 und dann erst wieder am 24.5.94 gestattet. Seither hat er die Kinder nicht mehr gesehen. Lediglich seiner Mutter werden jetzt, unter Aufsicht, kurze Kontakte mit den Kindern in Deutschland gestattet.
  11. Das Amtsgericht Singen (23.3.95) und das OLG Konstanz (13.6.95) beriefen sich jedoch auf die Ausnahmebestimmung Art.13b des Übereinkommens. Entsprechend auch dem psychologischen Sachverständigengutachten würden die Kinder,,schwere psychologische Schäden" davontragen, wenn sie von ihren Pflegeeltern getrennt würden und in die USA zurückkehren müßten. Das AmtsG erklärte dem Vater auch er müsse erst wieder mit seinen Kindern bekannt werden. Der Vater blieb dazu in Deutschland, aber die Pflegeeltern verhinderten alle Kontakte. Der Vater hatte sogar einen Deutsch sprechenden Sprachtherapeuten und einen Familientherapeuten engangiert, um den Kindern den Übergang zu erleichtern. Vergebens! Das OLG Konstanz befand sogar, dass ,,der Sprachenschock" dem Kindeswohl ganz erheblich widersprechen würde, und selbst ein Besuch in den USA beim Vater nicht möglich sei. Außerdem hätten sich ja die damals 3 und 5 jährigen (!!) Kinder gegen eine Rückkehr ausgesprochen.
  12. Als letzte Instanz verblieb das Bundesverfassungsgericht, das im Oktober 1995 eine Rückführung ebenfalls ablehnte, weil die Pflegeltern gleiche Rechte wie der leiblicheVater hätten und außerdem die Kinder bei einer Rückführung schweren psychologischen Schaden erleiden würden, besonders weil sie schon 2 1/2 Jahre bei ihren Pflegeeltern lebten. [Das berühmt- berüchtigte Kontinuitätsprinzip, erzwungen durch lange Verfahrensdauer].
  13. Dem Vater werden zwar keine Kontakte zu seinen Kindern erlaubt, er erhielt aber vom Jugendamt eine Aufforderung zur Unterhaltszahlung. Er muß jetzt mit seiner Verhaftung rechnen, sollte er nach Deutschland einreisen..
  14. Die deutschen Behörden versichern zu diesem Fall stets nur, dass das "Kindeswohl" immer oberste Priorität habe. Das war u.a. auch die einzige Aussage des Sprechers des AmtsG, im SPIEGEL TV Bericht vom 21.5.2000. Nach einem Bericht der Stuttgarter Nachrichten vom 19.5.2000 hat aber inzwischen die Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin in Singen die Gerichtsentscheide angefordert. Dass der Fall erneut vor Gericht verhandelt wird, sei nicht ausgeschlossen.

vgl. Berliner Zeitung, 27.5.2000, Seite 3:

Der fremde Vater. Seit Jahren kämpft Joseph Cooke um seine Kinder - sie leben im Schwarzwald, er lebt in New York. Eine Geschichte, die nicht nur Gerichte beschäftigt. Regine Sylvester

Wir versuchen, diesem Vorgang auch die relevanten Bestimmungen aus dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) gegenüberzustellen, entsprechend dem u.a. die Möglichkeit einer Rückführung von Pflegekindern zu den leiblichen Eltern regelmäßig zu überprüfen ist. Eine Gegenüberstellung der Handhabung zu den Bestimmungen (und dem Geiste) des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung haben wir schon anhand anderer Fälle versucht, darunter aus neuerer Zeit auch sehr positive deutsche Entscheidungen.

vgl auch unseren Kommentar zur aktuellen Berichterstattung über Kindesentführung nach Deutschland.

 23.6.2000: Jugendamt reagiert prompt im Fall Cooke:. Drei Wochen nach dem Clinton Besuch reduziert es das Besuchsrecht der Großmutter auf einen verkürzten, begleiteten Umgang im Büro eines Psychologen (der alles beobachten werde), weil sie und der Vater ihre Meinungen und Wertungen sehr emphatisch an die Öffentlichkeit gebracht hätten. Der "Medien-Tumult" hätte die Kinder (8 und 10) verwirrt und aus dem Gleichgewicht gebracht.- Ein Bericht der Washington Post vom 22.6.2000, Seite A22:

U.S. Family Is Dealt a Blow.
Three weeks after German Chancellor Gerhard Schroeder promised to help arrange visitation for American families embroiled in custody disputes, local German authorities have curtailed the visiting rights of the family in a celebrated case, apparently in retaliation for speaking to the press. ...

Auf welcher gesetzlichen Basisdieser "Vergeltungsschlag" (retaliation) beruht, ist nicht erkennbar. Von einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung wird jedenfalls nicht berichtet.

24.6.2000: Zwei deutsche Pressemeldungen zur Reaktion des Jugendamtes im Fall Cooke:

Frankfurter Neue Presse, 24.6.2000: Scharfe Töne aus USA im Streit um Sorgerecht.
Laut Südkurier (Lokalteil Konstanz) vom 23.6.2000 weist das Jugendamt alle Vorwürfe zurück. Ein Psychologe und eine Dolmetscherin seien eingeschaltet worden. "Wir haben diese Begleitung eingebaut, weil sich die Kinder gar nicht mit der Oma treffen wollten." .."Wenn sich die Frau ein bisschen zurücknehmen würde, könnte vieles einfacher laufen."

U.S. Reaktionen zu den neuen Maßnahmen des Jugendamtes Konstanz im Fall Cooke: Senator Mike DeWine: INTERNATIONAL PARENTAL KIDNAPPING AND GERMANY (Senate - June 23, 2000)

 

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