KIND - FAMILIE - MENSCHENRECHTE
INFORMATION
Väter für
Kinder e.V.
Postfach 380 268, 80615 München
Nummer 1/99
verantwortlich i. S. d. P.: Dr. A. Schneider / Vorsitzender
Jugendhilfe und Trennungsberatung
Unter diesem Titel erschien ein Aufsatz von Prof. Dr. Uwe Jopt im Zentralblatt
für Jugendrecht 85 (7/8), S. 286-297, auf den wir bereits mit Erscheinen
des Heftes hinwiesen. Das Manuskript basiert auf einem Vortrag, gehalten
am 12.11.1997 auf einer Fortbildungsveranstaltung des Landesjugendamtes
Rheinland-Pfalz. Der Aufsatz richtet sich daher primär an Mitarbeiter/innen
der Jugendämter, ebenso wie die neue Arbeit, The Parental Alienation
Syndrome (PAS) und die Interessenvertretung des Kindes - ein kooperatives
Interventionsmodell für Jugendhilfe und Gericht von Wera Fischer,
Trennungsberaterin und Mediatorin. (vgl. VfK Info
2/99. Dieser Aufsatz ist bereits aus dem Internet abrufbar,
einschließlich weiterer Arbeiten
der Autorin.) Beide Arbeiten enthalten aber vieles, was auch für die
Klienten der Jugendhilfe direkt von Interesse ist, abgesehen davon, daß
diese natürlich an Verbesserungen der Hilfeleistung interessiert sind.
Es lohnt sich auch die Sichtweisen eines Psychologen und Sachverständigen
bei Sorgerechtsfragen (Jopt) und der einer früheren Mitarbeiterin
(Fischer) eines Jugendamtes (7 Jahre als Sozialarbeiterin) zu vergleichen.
Vgl. dazu auch Christine Knappert (JA Bad Salzuflen), Wenn ein Elternteil
nicht will, kann man nichts machen!? (KindPrax
2/98, VfK Info 3/99).
Es freut uns zu hören, daß das Thema PAS bei der öffentlichen
Jugendhilfe bereits auf beachtliches Interesse stieß, und wir erwarten,
daß die beiden neuen Arbeiten weiter wesentlich dazu beitragen. Wir
haben schon auf einen Aufsatz (Bakalar, ZfJ
6/98) hingewiesen, wonach in der Tschechischen Republik die Initiative
zur Befassung mit PAS dazu sogar schon vor Jahren von den öffentlichen
Stellen ausging, d.h. im Rahmen von Fortbildungmaßnahmen mit denen
bei uns z.B. die Landesjugendämter, lt. Kinder- und Jugendhilfegesetz
(KJHG), explizit beauftragt sind.
Zu dem oft sehr kritisch diskutierten Thema Jugendamt (vgl. auch Vorwüfe
und Anfragen im
Bundestag) möchten wir das Studium der Beiträge zu einer Tagung
der Ev. Akademie Bad Boll, ,,Kindeswohl",
Dilemma und Praxis der Jugendämter (1996) empfehlen (Ev. Pressedienst,
Dokumentation Nr. 6, 1997), bei denen auch die Sichtweisen von Richtern
und des "Vaters" des KJHG, Min. Rat. Dr. R.
(von ihm erschien auch wieder ein Beitrag in ZfJ 7/8 98, S. 269-285, Die
Reform des Kindschaftsrechts -Auswirkungen für die Praxis der Kinder-
und Jugendhilfe), zur Geltung kommen.
Der neue Aufsatz von Jopt (vgl. auch "Zur Diskrepanz zwischen staatlichem
Kinderschutz und behördlichen Kinderschützern", Bad Boll,
1996) ist, entsprechend seinem Titel, einem breiteren Themenkreis als PAS
gewidmet. Wir wollen ihn an Hand einer kommentierten Gliederung, mit Zitaten,
darstellen, müssen aber im übrigen auf ZfJ verweisen (vgl. die
Hinweise vom 14.7.98 unter Neues).
I. Vom Er-mittler zum Ver-mittler
Die traditionelle "Ruhigstellung", durch Zuteilung des Sorgerechtes
an einen Elternteil und eines Umgangsrechtes an den anderen, ist nicht
im Sinne des Kindeswohls. Die effektivste Hilfe für die Kinder besteht
in der Sicherung ihrer Beziehungen zu beiden Eltern. Diesen Erkenntnissen
trägt das KHJG (1991), das den Übergang vom alten Jugendamt als
quasipolizeilicher Ordnungs- und Dienstleistungsbehörde zu einem Dienstleistungsunternehmen
in Sachen "Elternhilfe" einleiten sollte, Rechnung. Mit dem neuen KindRG
wurde diese Entwicklung ein eindrucksvolles Stück weitergetrieben.
Häufig allerdings ,,wird anwaltliches Verhalten immer noch durch schrankenlose
Parteinahme zugunsten des jeweiligen Mandanten bestimmt ist, ohne Rücksicht
auf die tatsächliche psychische Bedürftigkeit der Kinder, denen
mit jeder anwaltlichen Abwertung, gleich welchen Elternteils, regelmäßig
nur schwerer Schaden zugefügt wird.'' Aber auch Sozialarbeiter tun
sich vielfach noch sehr schwer den Wechsel von dem früheren "Trennungsauftrag"
zur Elternberatung §§ 17, 18 SGB VIII, zu einer einvernehmlichen
Sorge/Umgangsregelung zu vollziehen. Dabei bietet derzeit nur die staatliche
Jugendhilfe die rechtliche Grundlage für eine solche Beratung. Sie
scheitert aber sehr oft aus fachlichen, wie auch aus rein strukturellen
Gründen.
II. Elterntrennung und kindliches Leid
Beschreibt eindrucksvoll den emotionalen "Super-GAU" den Trennung der
Eltern für die Kinder bedeutet.
1. Beziehungstod
2.Psychische Schadensbegrenzung
III. Paarkonflikt
-
Interpunktion
Skizziert die psychologischen Prozesse der Paardynamik im Konflikt,
insbesondere die völlig getrennten "Realitätswelten" in der sich
beide Elternteile jeweils als "Opfer" sehen, sogar der Verlassende, weil
er ja zu diesem Schritt durch das Verhalten des Partners "gezwungen" wurde.
-
Warum Kinder so leicht in den Konflikt ihrer Eltern hineingeraten
Die mannigfachen Versuche der Eltern, die Kinder jeweils exklusiv an
sich zu binden sind aus der Kinderperspektive bedrohlich, und es ist sicher
nicht ganz übertrieben hier von psychischem Kindesmißbrauch
zu sprechen. Die Kinder sind entweder völlig paralysiert oder merken
die oft subtilen Suggestionen gar nicht. Parteiergreifen für einen
Elternteil zu Lasten des anderen [PAS] stellt den verzweifelten Versuch
dar, sich dem seelischen Konflikt zu entziehen.
IV. Zur Quadratur des Kreises
Die Trennung von Paar- und Elternebene läßt sich in der
Praxis nur schwer vollziehen.
V. Nachscheidungsfamilie
VI. Jugendamt und Kinderschutz
-
Das Jugendamt als gerichtlicher "Entscheidungs"-helfer
Nachdem eine rechtliche Entscheidungshilfe durch das Jugendamt heute
nicht mehr willkommen ist, obwohl manche Richter nicht gern auf die Bequemlichkeit
des alten Kooperationsmusters verzichten wollen, wird oft zumindest vordergründig
ein anderer Weg gegangen indem, verpackt als Empfehlung, daß ein
"Gutachter" mit der Sorgerechtsfrage befaßt werden soll. Daß
aber Psychologen eine "Trefferquote" über die automatischen 50% hinaus
erbringen, das ist eine bisher noch nie bewiesene Annahme.
-
Datenschutz vor Kinderschutz
Kinderschutz ,,wird erst recht dann zur Domäne
von Psychologischen Gutachtern werden wenn die überwiegende Mehrheit
der JA Mitarbeiter weiterhin an der irrigen Vorstellung festhält,
allein mit einem Angebot zur Elternberatung -völlig unabhängig
vom Ergebnis oder davon, ob es überhaupt angenommen wird oder nicht
-ihrem gesetzlichen Auftrag bereits hinreichend genügt zu haben. Dem
steht jedoch entgegen, daß es aus kinderpsychologischer Sicht gerade
alles andere als bedeutungslos ist, warum ein Elternteil die Kooperation
mit dem anderen ablehnt bzw. - durch ledigliche 'Pflichtteilnahme' -jede
ernsthafte Annäherung von vornherein sabotiert. .. Damit aber gibt
er zugleich unmißverständlich zu erkennen, daß er es seinem
Kind ganz bewußt zumutet, den Konflikt zum anderen Elternteil zukünftig
in einer Atmosphäre völliger Unversöhnlichkeit oder gar
mit permanenten Schuldgefühlen (wegen fehlender Loyalität) pflegen
zu müssen. Eine Haltung, die als Beleg für einen bedenklichen
Mangel an Elternverantwortung und Erziehungskompetenz kaum deutlicher ausfallen
kann. .. Deshalb kommt es einer Konterkarierung des gesetzlichen Schutzauftrages
gleich, wenn sich ausgerechnet der staatliche Kinderschützer Jugendamt
nach Scheitern seines Beratungsangebots auf eine lapidare Berichtsfunktion
zurückzieht..
Fazit: Solange ein das Kind betreuender
Elternteil nicht befürchten muß, daß seine Einflußnahme
auf die Beziehung des Kindes zum anderen auch Konsequenzen nach sich ziehen
kann, werden wir immer vor Situationen kapitulieren, die zum Schlimmsten
gehören, was das Familienrecht kennt - Kinder, die eine Elternteil
verteufeln. Wo immer dies der Fall ist, ist das Kind in den Brunnen gefallen
und alle Versuche, diesen - nie vom Kind selbst zu verantwortenden - Wahn
wieder zu beseitigen, sind nur vom geringen Erfolg. Bis heute weiß
niemand, welcher Weg in solchen Fällen der richtige ist. Deshalb kommt
es entscheiden darauf an, frühzeitig (!) alles zu unternehmen, damit
es zum Super-GAU der Trennungsfolgen, zur Horrorvision eines PAS (O.-Kodjoe
& Koeppel, 1998), gar nicht erst kommt.
Die Teilnahme
am Beratungs- und Informationsangebot der Jugendhilfe ist zwar freiwillig,
und sie wird es -obwohl es gute Gründe gäbe, im Interesse der
Kinder eine gesetzliche Beratungspflicht zu etablieren -vermutlich auch
noch lange Zeit bleiben. Doch so lange eine Verweigerung lediglich zur
Kenntnis genommen wird, so lange aus einer nicht nachvollziehbaren (!)
Ablehnung der Zusammenarbeit im Interesse des und aus Liebe zum gemeinsamen
Kind keine Folgerungen gezogen und dem Gericht aufgezeigt werden, wird
sie letztlich immer ein 'zahnloser' Tiger bleiben." Es
wird dann gefolgert, daß ein derartiger staatlicher Beratungsdienst
rundum überflüssig sei, da freiwillige Beratung längst flächendeckend
von Freien Trägern angeboten wird. [Hier werden also Kernforderungen
nach Pflichtberatung und frühzeitiger Intervention formuliert, auf
die wir z.B. unter Bezug auf die amerikanische Situation, aber auch auf
einige deutsche "Leuchtturm"- Entscheidungen
wiederholt hingewiesen haben.]
-
Recht und Psychologie -Macht und Gefühl
-
Durch die Einschaltung des Gerichts kommt zu der psychologischen Ebene
eine juristische. Eine kindgerechte Lösung erfordert aber eine interdisziplinären
Zusammenarbeit von psychologischer Beratung, Anwälten, mit dem Gericht
als verantwortlichem "Regisseur" [wie bei PAS z.B. von Ward & Harvey,
Familienkriege -die Entfremdung von Kindern,
beschrieben].
-
Jugendhilfe und neues Kindschaftsrecht
-
Beratungsqualifikation
Das KindRG stellt sogar vermehrte Anforderungen an die Beratungsqualifikation,
jedoch macht das KHJG nur glauben, daß dieses Fachwissen bei sämtlichen
Jugendämtern des Landes abrufbar sei.
Obwohl vor dem schnellen Ruf nach dem "Gutachter" gewarnt wurde, so
habe der Psychologe doch einen strukturellen Vorteil gegenüber dem
Sozialarbeiter. ,,Denn wenn gegenüber der Jugendhilfe einfaches Kopfschütteln
eines Elternteils genügt, um die gesamte Mission für gescheitert
zu erklären, wissen die meisten Eltern schon sehr genau, daß
sie es sich kaum leisten können, den Vorschlag des Sachverständigen
zum gemeinsamen Gespräch grundlos abzulehnen". Es muß nämlich
damit gerechnet werden, daß der Sachverständige dies fachlich
begründet, als den fundamentalen Kindesinteressen zuwiderlaufend,
dem Gericht mitteilt. Allerdings setzten sich mediativ arbeitende Sachverständige
leicht der Gefahr eines Befangenheitsantrages des seiner Sache sicheren
Elternteils aus. [Wiederum unsere Forderung, wie vielfach in den USA: Mediation
sollte vorgeschrieben werden, falls kein übereinstimmender Elternvorschlag
vorliegt].
VII. Schluß
Ohne Abbau des Kompetenzdefizits sollte sich die Jugendhilfe über
fehlendes Vertrauen in weiten Kreisen der Bevölkerung nicht beklagen.
Literatur