Die Europäische Konvention
für Menschenrechte
KONVENTION ZUM
SCHUTZE DER MENSCHENRECHTE UND GRUNDFREIHEITEN IN DER FASSUNG DES
PROTOKOLLS Nr. 11 Protokolle Nr. 1, 4, 6 und 7 (EMRK)
Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. (EGMR)
VfK REZENSION: Sehr aktuell und
empfehlenswert: Cornelia Kopper-Reifenberg, Kindschaftsrechtsreform und Schutz des Familienlebens nach
Art. 8 EMRK. Zur Vereinbarkeit der
deutschen Reform des Kindschaftsrechts mit der Europäischen
Menschenrechtskonvention - eine kritische Analyse. Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1.
Auflage 2001, ISBN 3-7890-7657-0, 651 Seiten, 99 Euro.
Zugl.: Saarbrücken, Univ. Diss., 2001.
noch vor der Reform:
Irene Fahrenhorst, Familienrecht und Europäische
Menschenrechtskonvention. Das Ehe-und
Familienrecht der Bundesrepublik Deutschland und seine Vereinbarkeit
mit der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten. 524 Seiten. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn
1994.
Einen sehr guten Einblick in die
Verfahrensweise des EGMR vermittelt der Aufsatz: Christoph
Brückner, Die Überprüfung von Sorgerechtsentziehungen durch den
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das Verfahren bei
Einlegung einer Individualbeschwerde und der Fall
Kutzner- FuR 9/2002, Seiten 385-392.
Daraus nur ein Zitat:
Des weiteren bekräftigt der EGMR einen von ihm
bereits in einer früheren Entscheidung aufgestellten Grundsatz von
zentraler Bedeutung: Allein die Tatsache, daß ein Kind in einem für
seine Erziehung günstigeren Umfeld untergebracht werden könne,
rechtfertige noch nicht, daß es der Betreuung seiner biologischen
Eltern gewaltsam entzogen werde." Es gelten insofern besonders
strenge Anforderungen an die Angemessenheit der gewählten Mittel. Zu
beachten sei, daß jede staatliche Maßnahme primär zum Ziel haben
müsse, Eltern und Kinder zu vereinen bzw. bestehende Bindungen zu
fördern und zu festigen. Nur in Extremfällen sei diese positive
staatliche Verpflichtung durch das Kindeswohl begrenzt.
Es gibt in
Deutschland unbestreitbar Tendenzen sich von der europäischen
Entwicklung im Kindschaftsrecht abzukoppeln (nach Einschätzung vieler
Experten sogar als Träger der roten Laterne). Unter der vorigen
Bundesjustizministerin wurde wegen Entscheidungen die deutsche
Menschenrechtsverletzungen feststellten zum Einspruch sogar der schon
lange emeritierte Verfassungsgerichtspräsident, Prof. Benda, bemüht,
wonach dem unserer Meinung nach erlesenen Richterkollegium des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im "fernen" Strassburg die
Kompetenz in Kindschaftssachen abzusprechen sei etc. etc. (
,,Kindeswohl als örtliche Angelegenheit", wie die TAZ
titelte.): Prof. Benda, ,,Verkehrtes
zum Verkehrsrecht. Anmerkungen zu den EGMR-Urteilen Sommerfeld,
Elsholz und Sahin gegen Bundesrepublik Deutschland." Vgl.
dazu unseren Bericht über die ,,Die
Einsprüche der Bundesregierung gegen Entscheidungen des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR)."
Bezeichnend,
statt ein bloßes Kuriosum, mag auch sein wie Kopper-Reifenberg
in ihrem Monograph feststellt (S. 29), dass die Unterlagen
(Bundesdrucksachen) zur Kindschaftsrechtreform die Europäische
Menschenrechtskonvention (EMRK) an keiner Stelle erwähnen.
Das Vereinigte Königreich dagegen, dem man ja oft ein eher gespaltenes
Verhältnis zum "Kontinent" nachsagt, erklärt schon in der Präambel von
Gesetzesentwürfen, wie dem zur jüngsten Reform des Kindschaftsrechts (Adoption
and Children Act 2002), dass die Vereinbarkeit mit
der EMRK sorgfältig geprüft wurde. Angesichts der zunehmenden
europäischen Integration wird an einer Anpassung des deutschen
Kindschaftsrechts und der Rechtspraxis an europäische Standards auf
Dauer aber kein Weg vorbeiführen.
Das "Caroline
Urteil" des EGMR zum Presserecht (
CASE OF VON HANNOVER v. GERMANY) vom
24.6. 2004 und die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts im Fall Görgülü
vom 14.10.2004 haben eine sehr umfangreiche Debatte zum Status
der EMRK und der Entscheidungen des EGMR in Deutschland ausgelöst.
Zum "Caroline Urteil" waren dies insbesondere Aüßerungen von
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, ,,dass das
Urteil keine bindende Wirkung für deutsche Gerichte habe, da
sie in der Normenhierarchie
unter der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stünde, das in
der betreffenden Sache anders entschieden habe. Die deutschen Gerichte
müssten die Entscheidung zwar beachten, müssten ihr aber nicht folgen.
Aus diesem Grund habe die Bundesregierung entschieden, von der
Einlegung von Rechtsmitteln abzusehen, da es auch einem anderen Urteil
ebenso an bindender Wirkung fehlen würde. " (Spiegel,
1.9.2004:Bundesregierung
will nicht gegen "Caroline-Urteil" vorgehen
). Das Bundesverfassungsgericht war vor der
Entscheidung gegen das "Caroline" Urteil des EGMR keine
Beschwerde einzulegen, angerufen worden. Laut Pressemitteilung
Nr. 84/2004 vom 01. September 2004 des BVerfG sei eine solche
Beschwerde nachvollziehbar,
aber ebenso sei es vertretbar zunächst die Auswirkungen des EGMR
Urteils abzuwarten. Vgl. dazu eine neue Entscheidung des
BGH (Aktenzeichen: VI ZR 13/06, 14/06, 50/06,
51/06, 52/06, 53/06)
in dem seine frühere Entscheidung zum Fall "Caroline" entsprechend der
EGMR Entscheidung dahingehend "relativiert" wurde, dass
Paparazzi-Fotos gedruckt werden dürfen, wenn sie inhaltlich von
allgemeinem Interesse sind - aber bloße Befriedigung von Neugier reiche
nicht. (SPIEGEL,
6.3.2007). Ein weiterers "Caroline" BGH Urteil (Az: VI ZR
67/08 u. 243/06 vom 1.
Juli 2008). erging am 1.7.2008, mit ähnlichem Ausgang, nachdem seine
frühere Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26.
Februar 2008 – 1 BvR 1602/07; 1 BvR 1606/07; 1 BvR 1626/07 – Pressemitteilung
Nr. 35/2008 vom 18. März 2008) aufgehoben worden war. (vgl.
auch z. B. Financial Times Deutschland, vom 1.7.2008). Das
"Caroline" Urteil des EGMR hat sich also schließlich doch weitgehend
durchgesetzt (Journalistik
Journal, 28.9.2007).
16.11.2004:
SPIEGEL ONLINE (14. November 2004):
EU-GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE
Kritik für Deutschland, Lob für die Türkei
Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte, Luzius Wildhaber, hat die Bundesregierung und das
Bundesverfassungsgericht kritisiert. Die Tatsache, dass Entscheidungen
des europäischen Gerichtshofes häufig als nicht bindend für deutsche
Gerichte betrachtet würden, zeuge von mangelndem europäischen
Verantwortungsbewusstsein.......
Vielleicht sollte jetzt einmal
die Türkei Menschenrechte in Deutschland einfordern, z. B. im Fall des
türkisch stämmigen Vaters Görgülü, und nicht
umgekehrt.
6.1.2006: Gerichtshof für
Menschenrechte droht unter Klageflut zu ersticken
- Neuer Anlauf zur
Entlastung der weltweit einmaligen Instanz
Er ist die letzte Hoffnung für
gefolterte Kurden, tschetschenische Mütter auf der Suche nach ihren
verschollenen Söhnen, ums Sorgerecht kämpfende Väter und zahllose
andere Opfer von Grundrechtsverletzungen - doch nun droht der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg in der ständig
wachsenden Flut von Klagen zu ersticken. Mehr als 44.100 Beschwerden
wurden allein im Jahr 2005 registriert, der Berg der anhängigen Fälle
ist damit auf über 82.100 angewachsen. Und bei dem derzeitigen Tempo
könnte er sich innerhalb der kommenden fünf Jahre verdreifachen,
warnen Experten des Europarats in einem dieser Tage veröffentlichten
Bericht.........
Diese Meldung ist auch für Deutschland
sehr besorgniserregend, wo man meinte, sich sogar von den Entscheidungen
dieses erlesenen europäischen Gerichtshofes weitgehend abkoppeln zu können
(Vgl. Fall Görgülü und das so genannte Caroline Urteil, aber auch schon
nach den Fällen Sahin,
Sommerfeld und Elsholz gegen Deutschland, laut Prof. Benda wenigstens, dem
ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, EuGRZ
29 Jg. Heft 1-4, 2002, Seite 1-3.). Es ist leider auch schon
derzeit vielfach so, dass man bei Sorge/Umgangsrecht Problemen, wo Zeit
gerade nicht alle Wunden heilt, sondern sie nicht selten bis zum "point of
no return" vertieft, den Betroffenen die die Energie und auch
finanziellen Mittel aufbringen den langen Weg durch alle nationalen
Instanzen und danach bis nach Straßburg zu gehen in erster Linie dafür
dankbar sein muss, dass sie für andere vielleicht eine Verbesserung der
Rechtspraxis erreichen, obwohl für sie selbst die Entscheidung viel zu
spät kommt.
URTEILE
Aus den Webseiten des EGMR können
Pressemitteilungen über aktuelle Entscheidungen sowie, aus einer
umfangreichen Datenbank, die Entscheidungen selbst abgerufen werden. (In
den Sprachen Englisch und Französisch). Dabei können eine Reihe
verschiedener Suchkriterien angegeben werden:
a.) Zu einem bestimmten Fall am einfachsten die Nummer der Beschwerde
(Application Nr.)
b) Alle relevanten Fälle können aber auch sehr rasch durch Angabe
des Artikel der EMRK (bei Kindschaftssachen am wichtigsten: 8, Recht auf
Achtung des Privat- und Familienlebens, 6, Recht auf ein faires Verfahren)
und des Staates gegen den sich die Beschwerde richtet (respondent)
gefunden werden. Auch die Eingabe von Stichwörtern ist möglich.
c) Dadurch, dass fast immer auf frühere Entscheidungen Bezug genommen
wird, kann man auf Grund einer Entscheidung meist weitere wichtige
Entscheidungen des EGMR finden.
Das Urteil und weitere Dokumente stehen dann zumindest in einer der beiden
Sprachen zur Verfügung, als Webseite oder zum Abruf als Word Dokument.
Neuere Urteile werden zusätzlich aufgelistet (recent
decisions). Ein Teil der Dokumente, Pressemitteilungen und
Urteile des EGMR sind auch in deutscher Übersetzung vorhanden. Darunter ist auch ein
Fundstellenverzeichnis
der Urteile und Entscheidungen des EGMR in deutscher Sprache, mit
Angaben zu Veröffentlichungen in Rechtszeitschriften etc.
Das Österreichische
Institut für Menschenrechte (gegr. 1987) in Salzburg ist
Nationaler Korrespondent des Europarats für Österreich. Es unterhält ein
sehr umfangreiches Dokumentationsangebot. Der Newsletter
Menschenrechte erscheint alle 2 Monate und enthält u.a. regelmäßig
Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in deutscher
Übersetzung, die aus dem Archiv (ab 1995) per Schnellsuche abgerufen werden
können.
Auch das deutsche Bundesministerium der Justiz hat Webseiten zu Menschenrechten und insbesondere dem EGMR eingerichtet. Darunter sind Kurzkommentare
zu einigen weiteren, ausgewählten Urteilen, Deutschland
betreffend, allerdings bisher, außer dem Urteil im Fall Sürmeli vom 8.6.2006
und dem bekannten "Caroline Urteil" vom 24.6.2004, nur zu solchen, bei denen
die Beschwerde vom EGMR zurückgewiesen wurde, vgl. aber auch die
Zusammenfassungen in den Rechtsprechungsberichten 2004, 2005
(pdf Dateien).
21.04.2011: CASE OF KUPPINGER v. GERMANY
(Application no. 41599/09). Urteil vom 21.04.2011.
Kurz nach der Geburt seines nichtehelichen Sohnes (Dez. 2003)
verweigerte die Mutter jeden Kontakt zu ihm. Ab Mai 2005 lief dann ein
Verfahren zum Umgang, mit wiederholter Anordung eines begleiteten
Umgangs der nur teilweise zustande kam, Anordnung von Gutachten, nach
Auffassung des Gerichthof jedoch zu späten Einsetzung eines
Verfahrenspflegers, Ablehnungen und Terminverschiebungen (auch durch
den Beschwerdeführer), so dass im Oktober 2010 das Verfahren noch immer
nicht abgeschlossen war. Der Gerichtshof erkannte auf Verletzung des
Art. 6 wegen überlanger Verfahrensdauer und des Art. 13 weil es dagegen
keinen Behelf gab. Er sprach ein Schmerzensgeld von 5,200 € und
3,745.73 € für Prozesskosten aus.
10.02.2011: AFFAIRE TSIKAKIS c.
ALLEMAGNE (Requête no 1521/06). Urteil
vom 10.02.2011.
Der Beschwerdeführer nahm 1993 die Beziehung zu einer Frau auf, die
zwar von ihrem Ehemann schon 3 Monate getrennt lebte aber auch bei der
Geburt des gemeinsames Kindes in 1995 noch nicht geschieden war. Das
nützte die Mutter dann aus um zu behaupten, ihr Ehemann sei der Vater
(was rein rechtlich gesehen ja auch zutreffen könnte) und damit nicht
nur einen Umgang sondern auch einen Vaterschaftstest ablehnte. Dennoch
konnte die Vaterschaft mit lt. Experten 99.99 %er Wahrscheinlickheit
festgegstellt festgestellt werden, woraus jedenfalls eine Forderung auf
Kindesunterhalt ab Juli 1999 folgte. Ein Umggangsrecht wurde bis zur
Einschulung des Kindes vom Gericht abgeleht. Erst dann sollte das Kind
erfahren, dass der neue Ehemann der Mutter nicht sein leiblicher Vater
ist. Im Beschwerdeverfahren empfahlen sowohl die psychologische
Sachverständige einen unmittelbaren begleiteten Umgang. Die Mutter
jedoch verzögerte und blockierte diesen Umgang, zeigte eine feindselige
Haltung gegen den Vater und beeinflusste das Kind gegen ihn, mit dem
"Erfolg", dass dann der inzwischen 8 jährige Sohn erklärte, seinen
Vater nicht sehen zu wollen. Ein neuer Sachverständiger erklärte dann,
dass der Vater (den auch das Gericht früher als sehr fürsorglich und
besonnen beschrieb) zwar keinerlei Gefahr für das Kind darstelle, aber
dennoch empfahl den Umgang auf 2-4 Lahre auszusetzen, bis auf eine
postalischen Kontakt. Außerdem empfahl er ein Zwangsgeld gegen die
Mutter, Ein im Gegensatz dazu wirksames Ordnungsgeld gibt es ja erst
seit der Reform im FamFG, ab 1.9.2009, der Vorschlag wurde
dementsprechen vom Gericht abgelehnt, auch der Antrag der Mutter auf
Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit. Beschlossen (Nov.
2003) wurde dagegen eine Aussetzung des Umgang bis einschließlich Juli
2005. Das Berufungsgericht befasste sich ausführlich mit der
schwierigen psychologischen Situation des Kindes durch das
Fehlverhalten der Mutter, das möglicherweise, aber jetzt noch nicht,
den Entzug des Aufenthaltbestimmungsrechts oder Geldstrafen
rechtfertigen könne (Nov. 2003). Das Bundesverfassungsgericht äußerte
sich zwar zu der Beschwerde, hat ihr aber nicht abgeholfen, Beschluss 1
BvR 180/04 vom 28.7.2005. Der Gerichtshof befand, dass die
überlange Verfahrensdauer, vor allem beim OLG den Art. 6 der EMRK
verletzt. Er befand auch, dass das Gericht trotz klarer Erkenntnis der
Obstruktion durch die Mutter und ihrer negativen Beieinflussung des
Kindes dagegen nicht ausreichend etwas unternommen hat und damit auch
Artikel 8 der EMRK verletzt wurde. Schmerzensgeld 7000€, Sachkosten
3100€.
vgl. dazu auch: Jahrelanger
Streit um Besuchsrecht. Vater erhält Schmerzensgeld.
20.01.2011 CASES OF KUHLEN-RAFSANDJANI v.
GERMANY (Applications nos. 21980/06, 26944/07 and 36948/08) Urteil vom
20.01.2011.
Wieder die übliche Geschichte: Behinderung des Umgangs,
Verzögerungstaktik und schleppende Verfahren (ab Aug. 1998), damit
genügend Zeit für die Mutter und nach Angabe des Vaters auch die
mütterlichen Großeltern die beiden Kinder (geb. 1992, 1996) massiv
gegen ihn zu beeinflussen, bis sie selbst etwa ab 2003 den Umgang
ablehnten und statt gemeinsamer Sorge der Mutter wegen des Konfliktes
zwischen den Eltern und nach dem "Kontinuitätsprinzip" schon vorher die
gewünschte Alleinsorge übertragen worden war, mit dem Jugendamt als
Aufenthaltsbestimmungspfleger entsprechend seiner eigenen Empfehlung.
Auch die Einsetzung eines Verfahrenspflegers und Anordnung von
Gutachten brachte nichts. Der Gerichtshof erkannte auf eine Verletzung
des Art. 6 wegen überlanger Verfahrensdauer und des Art. 13 weil es
dagegen keinen Behelf gab und sprach ein Schmerzensgeld von 10.000 €
aus.
21.12.2010: CASE
OF ANAYO v. GERMANY (Application no. 20578/07).
Pressemitteilung (Englisch, pdf Datei).
,,In denying
biological father access rights, German courts failed to consider
children’s best interest"(Durch Versagen eines Umgangsrechtes für
einen biologischen Vater haben es deutsche Gerichte verabsäumt das
Kindeswohl zu berücksichtigen). Verletzung des Artikels 8 (Recht auf
Respektierung des Privat- und Familienlebens).
Die Kinder (Zwillinge, geb. Dez, 2005) entstammen einer außerehelichen
Beziehung mit dem Kläger, einem nigerianischen Staatsbürger, der bis jetzt
keinen Kontakt mit ihnen hatte, weil dies die Mutter und der (wegen der
Geburt innerhalb einer bestehenden Ehe) rechtliche Vater ablehnen.
Die Entscheidung bedeutet eine Stärkung des Umgangsrechtes biologischer
Väter und dem Recht eines Kindes seine Abstammung zu kennen. Sie ist von
besonderer Bedeutung auch deshalb, weil eine Trennung der Eltern häufig
kurz vor oder nach der Geburt eines Kindes erfolgt, so dass keine soziale
Bindung zwischen Vater und Kind entstehen konnte.
vgl. dazu auch: Gericht
stärkt Rechte von Vätern.
07.12.2010: Reinhard SUDE against
Germany (Application no. 38102/04)
Entscheidung vom 07.12.2010. Der nichteheliche Vater, der das
behinderte Kind überwiegend betreut hatte, bis die Mutter wegzog und
das Kind bei ihren Eltern unterbrachte begehrte 2003 das Sorgerecht auf
ihn zu übertragen, damit das Kind wieder in seine fühere Normalschule
integriert werden könnte, statt iner Schule für Behinderte. Diese
Begehren wurde jedoch unter Hinweis auf die bestehende Gesetzeslage,
nach der ohne Zustimmung der Mutter ihr die Alleinsorge zukommt,
abgelehnt. Der Vertreter Deutschlands
schlug eine einseitige Erklärung Deutschlands mit Bezug auf den Fall
Zaunegger gegen Deutschland (2009) und eine Schmerzensgeldzahlung von
8,000€ gegen Streichung von der Liste des EGMR vor, was der
Beschwerdeführer jedoch ablehnte. Der Gerichtshof strich den Fall
dennoch dann von seiner Liste.
08.07.2010: AFFAIRE DÖRING c.
ALLEMAGNE (Requête no 40014/05) Urteil vom 8.7.2010 wegen
Verletzung des Artikels 6 §1 (bzgl. Verfahrensdauer zu Umgang seit 2002,
Kind geb. 1995, nichtehelich, Missbrauchsvorwurf)
24.06.2010: CASE OF
AFFLERBACH v. GERMANY (Application
no. 39444/08) Urteil vom
24.06.2010.
Die nicht verheirateten Eltern trennten sich im Juni 1998. Im August
1999 kam es zu einer Umgangsregelung vor dem Familiengericht mit
wöchentlichen Umgang zu der im Juli 1997geborene Tochter. Jedoch
bereits im November 1999 verzog die Mutter mit dem Kind von Bad
Berleburg nach Stralsund (647 km !), ohne den Vater zu verständigen
(das ist ja anders als etwa in Frankreich,
wo das unter Strafe steht, in Deutschland ohne weiteres möglich, sogar
mit "Heimvorteil" bei der Gerichtszuständigkeit, und oft effektiver
Umgangsverhinderung, weil der Umgangberechtigte auch in diesem Fall
sämtliche Kosten zu übernehmen hat). Seither hat die Mutter jeden
Kontakt abgelehnt. Es folgten u.a. Vorwürfe eines sexuellen
Kindesmissbrauchs, die sich von den psychologischen Sachverständigen
nicht bestätigen ließen. Im Februar 2001 wurde vom Familiengericht ein
monatlicher begleiteter Umgang angeordnet. Es folgte die Beschwerde der
Mutter, die dann auch eine erneute Begutachtung und einen Kontakt mit
dem Verfahrenspfleger ablehnte. Schießlich wurde Ende Januar 2004 die
"Zauberformel" der Aussetzung des Umgangs auf 3
Jahre angewandt. Das
Bundesverfassungsgericht hob diese Entscheidung auf, weil das OLG
Rostok das Kindeswohl und die elterlichen Rechte des Vaters nicht
hinreichend berücksichtigt hat (9.6.2004). Es folgte eine zweite
"Runde" mit der gleichen Verweigerung jeder Kooperation, Ablehnung von
Sachverständigen und weiteren Umzügen seitens der Mutter. Ende Nov.
2009 schließlich das Endurteil, das dem Vater lediglich das Recht
einräumte einmal monatlich einen Brief oder Fotos an die Tochter durch
einen vom Verfahrenspfleger bestimmten Vermittler überbringen zu lassen.
Der Gerichtshof wies wie so oft schon wieder darauf hin, dass
eine zu lange Verfahrendauer in solchen Fällen zu einer immer weiteren
Entfremdung und so faktisch den Ausgang des Verfahrens bestimme. Der
Gerichtshof befand daher dass Art. 6 wegen zu langer Verfahrensdauer (über
10 Jahre!)
und auch Art. 13 wegen des Fehlen einer effektiven Abhilfe dagegen
durch die Bundesrepublik verletzt worden waren. Es wurden 2.933,83 €
für Prozesskosten und 7000 € Schmerzensgeld zugesprochen.
Die 2 obigen Fälle zeigen wieder einmal wie einfach es hier ist das
Umgangsrecht beliebig lange zu sabotieren und das ohne ernsthafte
Konsequenzen befürchten zu müssen. Im Gegenteil, die Eskalation und
Verfahrensdauer arbeiten für den sabotierenden Elternteil, weil es
dadurch, wie auch der Gerichtshof immer wieder betont, zu einer
fortschreitenden, oft nicht wieder gut zu machenden Entfremdung des Kindes
vom ausgegrenztenElternteil kommt. Deutsche Gerichte helfen dabei leider
immer noch häufig mit, nicht nur durch überlange Verfahrensdauer, sondern
auch indem sie den Umgang aussetzen ("Kind muss zur Ruhe kommen"), obwohl
erwiesen ist, dass dadurch die Entfremdung nur zementiert wird (vgl. Umgangsausschluß
im Sinne des Kindeswohls?; Karle & Klosinski, ZfJ 9/2000: Ausschluss
des
Umgangs — und was dann?). Besonders wirksam und faktisch risikolos
erweist sich immer noch der Vorwurf
eines sexuellen Kindesmissbrauchs, besonders dann, wenn dazu noch
die Teilnahme an der meist dann angeordneten psychologischen Begutachtung
verweigert wird (und auch der dann meist angeordnete begleitete Umgang
ebenfalls boykottiert wird). Das funktioniert sogar, wie Fall Döring
zeigt, in den seltenen Fällen wo es zu staatsanwaltlichen Ermittlungen
kommt (obwohl man eigentlich das beim Vorwurf eines von Staats wegen auch
ohne Antrag zu verfolgenden Offizialdelikts immer erwarten möchte) und
diese, wie meist, relativ rasch eingestellt werden. Mit dem Vorwurf (und
dem immer noch fehlenden Gutachten) begründete das Gericht dessen
ungeachtet weiterhin, dass keine endgültige Entscheidung zum Umgang
erfolgte. Und wenn der Beschwerdeführer dann, wie in diesem Falle auch,
die Untätigkeit des Gerichts anmahnt, wird das Verfahren erst recht weiter
verzögert. Von den Möglichkeiten eine Befolgung von Gerichtsbeschlüssen zu
erzwingen wird hier, im Vergleich zu den USA etwa (Verfahren wegen
"contempt of court"=Missachtung des Gerichts) kaum Gebrauch gemacht. Im
Fall Döring versuchte das Familiengericht aber immerhin die Mitwirkung an
der Begutachtung durch Androhung einer Geldstrafe von 2000 € zu "fördern",
was aber vom Beschwerdegericht sofort aufgehoben wurde. Im Fall Afflerbach
wurde sogar notfalls der Einsatz von Gerichtsvollziehern bewilligt, um den
Kontakt zwischen Ergänzungspfleger und Kind herzustellen und die
Begutachtung zu ermöglichen, ebenfalls erfolgslos.
3.12.2009: Kammerurteil des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte in Strasbourg:
Kammerurteil
Zaunegger
gegen
Deutschland (Beschwerde-Nr. 22028/04)
AUSSCHLUSS EINER GERICHTLICHEN EINZELFALLPRÜFUNG DER SORGERECHTS-REGELUNG
DISKRIMINIERT VATER EINES UNEHELICHEN KINDES
Verletzung von Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit
Artikel 8 (Recht auf Achtung des Familienlebens) der Europäischen
Menschenrechtskonvention
Das Urteil ist mit einer einsamen Gegenstimme ergangen - der des deutschen
(ad hoc) Richters Bertram Schmitt - und widerspricht auch ganz klar
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 29. Januar 2003, das § 1626 a BGB im Wesentlichen für verfassungsgemäß
erklärt hatte. Der Gerichtshof weist in einem Vergleich
europäischer Rechtssysteme darauf hin, dass die Mehrheit der Staaten die
Beteiligung nichtehelicher Väter an der elterlichen Sorge vorsieht, entweder
unabhängig vom Willen der Mutter oder wenigstens auf Grund einer
gerichtlichen Entscheidung nach Prüfung des Kindeswohls, wogegen nach noch
geltendem deutschen Recht nichteheliche Mütter ein absolutes Vetorecht
besitzen, d. h. für eine Ablehnung auch keinerlei Gründe angeben müssen. Wir
hatten in unserer schriftlichen und mündlichen Stellungnahme
vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes schon damals auf die
nach sorgfältigen und sehr ausführlich dokumentierten Erwägungen erfolgten
Reformen in Frankreich und Großbritannien hingewiesen, wobei in
Großbritannien ausschlaggebend war, dass sich auch eine Regelung, die über
die deutschen Gesetzeslage hinaus auch die Möglichkeit einer gerichtlichen
Ersetzung der mütterlichen Zustimmung vorsah, sich nicht bewährt hatte. Eine
eigene "Erforschung" der Situation, die erst vor kurzem gemäß dem damaligen
Auftrag des Bundesverfassungsgerichts endlich in Gang gekommen ist, hätte
sich also wenigstens unser Meinung nach schon damals erübrigt. Seither sind
noch eine Reihe von Staaten dazugekommen, die gemeinsame Sorge auch bei
nichtehelichen Eltern als Regelfall vorsehen (wobei ein Ausschluss wegen
Kindeswohlgefährung selbstverständlich jederzeit möglich ist), was uns
wenigstens hoffen läßt, dass sich ihnen Deutschland bald anschließt.
Wie schnell das geht wird allerdings vermutlich weiter vom
öffentlichen Druck, auch durch die Medien, und davon, dass möglichst viele
betroffene Väter unter Berufung auf dieses Urteil jetzt ebenfalls ihr
Menschenrecht einklagen, abhängen. Zu beachten ist auch, dass gemäß Artikel
43 der Konvention jede Partei (also hier wohl ev. die Bundesregierung)
innerhalb von drei Monaten nach dem Datum eines Urteils der Kammer in
Ausnahmefällen die Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer mit
siebzehn Richtern beantragen kann. In diesem Fall berät ein Ausschuss von
fünf Richtern, ob die Rechtssache eine schwerwiegende Frage der Auslegung
oder Anwendung der Konvention oder ihrer Zusatzprotokolle, oder eine
schwerwiegende Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft; in diesem Fall
entscheidet die Große Kammer durch endgültiges Urteil. Wenn keine solche
Frage aufgeworfen wird, lehnt der Ausschuss den Antrag ab, womit das Urteil
rechtskräftig wird. Anderenfalls werden Kammerurteile entweder nach Ablauf
der Drei-Monats-Frist rechtskräftig oder früher, sobald die Parteien
erklären, dass sie die Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer nicht
beantragen werden.
Aus der Presserklärung:
Der
Gerichtshof
stellte
fest, dass der Beschwerdeführer mit der Ablehnung des Antrags auf
gerichtliche Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts ohne weitere
Prüfung, ob dadurch die Interessen des Kindes gefährdet würden, anders
behandelt worden war als die Mutter und als verheiratete Väter. Um zu
prüfen, ob es sich dabei um eine Diskriminierung im Sinne von Artikel14
handelte, erwog der Gerichtshof zunächst, dass § 1626 a BGB, auf dessen
Grundlage die deutschen Gerichte entschieden hatten, auf den Schutz des
Kindeswohls abzielt. Die Regelung soll gewährleisten, dass das Kind ab
seiner Geburt eine Person hat, die klar als gesetzlicher Vertreter
handeln kann, und Konflikte zwischen den Eltern über Sorgerechtsfragen
zum Nachteil des Kindes vermeiden. Die Gerichtsentscheidungen hatten
demnach einen legitimen Zweck verfolgt.
Weiterhin
nahm
der
Gerichtshof zur Kenntnis, dass es stichhaltige Gründe geben kann,dem
Vater eines unehelichen Kindes die Teilhabe an der elterlichen Sorge
abzusprechen, etwa wenn ein Mangel an Kommunikation zwischen den Eltern
droht, dem Kindeswohl zu schaden. Diese Erwägungen ließen sich auf den
vorliegenden Fall aber nicht anwenden, da der Beschwerdeführer sich
weiterhin regelmäßig um sein Kind kümmert.
Der
Gerichtshof
teilte
die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts nicht, dass ein
gemeinsames Sorgerecht gegen den Willen der Mutter grundsätzlich dem
Kindeswohl zuwiderlaufe. Gerichtsverfahren zur Regelung der
elterlichenSorge könnten auf ein Kind zwar verstörend wirken, allerdings
sieht das deutsche Recht eine gerichtliche Überprüfung der
Sorgerechtsregelung inTrennungsfällen vor, in denen die Eltern
verheiratet sind, oder waren, oder eine gemeinsame Sorgeerklärung
abgegeben haben. Der Gerichtshof sah keine hinreichenden Gründe, warum
die Situation im vorliegenden Fall weniger gerichtliche
Prüfungsmöglichkeiten zulassen sollte.
Folglich
war
der
generelle Ausschluss einer gerichtlichen Prüfung des alleinigen
Sorgerechts der Mutter im Hinblick auf den verfolgten Zweck, nämlich den
Schutz der Interessen des unehelichen Kindes, nicht verhältnismäßig. Der
Gerichtshof kam daher mit sechs Stimmen zu einer Stimme zu dem Schluss,
dass eine Verletzung von Artikel 14 inVerbindung mit Artikel 8
vorlag.
Richter
Schmitt äußerte eine abweichende Meinung, die dem Urteil angefügt ist.
Der
Gerichtshof
vertrat
außerdem einstimmig, dass die Feststellung einer Verletzung der
Konvention eine ausreichende gerechte Entschädigung für den erlittenen
immateriellen Schaden darstellt.
***
Das
Urteil
liegt
nur auf Englisch vor. Diese Pressemitteilung ist von der Kanzle
ierstellt und für den Gerichtshof nicht bindend. Die Urteile des
Gerichtshofs stehen auf seiner Website zur Verfügung (http://www.echr.coe.int).
9.4.2009: CASE OF HUB v. GERMANY
(Application no. 1182/05) Urteil vom 9.April 2009.
Leider der übliche Fall. Der Wohnelternteil (hier Mutter)
be(ver)hindert den Umgang, auch einen begleiteten Umgang, alle
Vermittlungsversuche scheitern, ein Umgangspfleger bleibt völlig
inaktiv, ja kann später nicht einmal kontaktiert werden. Die
Verfahren ziehen sich über fast sechs Jahre hin. In deren Verlauf
erklärt der zu Beginn der Verfahren 8 jährige Sohn (geb.
1990) was eigentlich niemanden besonders überraschen sollte,
zunächst, dass er seinen Vater nur gelegentlich (und begleitet)
sehen wolle, und zwei Jahre später, dass sein Vater für ihn nicht
mehr existiere. Schließlich der Weisheit letzter Schluss durch den
Sachverständigen, dann durch Familengericht und OLG bestätigt: Umgangsauschluss
auf 2 Jahre. Das Bundesverfasungsgericht nimmt die Beschwerde nicht
zur Entscheidung an (Juli 2004).
Der Gerichtshof äußert sich leider nicht zum "Wundermittel"
Umgangsauschluss, betont aber wieder sehr deutlich, wie wichtig rasches
Handeln gerade in Umgangsverfahren ist, weil sonst die Aussichten auf
eine Wiederanäherung erheblich verringert und schließlich ganz zerstört
würden. Ein langes Verfahren nehme so praktisch die Entscheidung schon
voraus. Der Gerichtshof erkennt auf eine Verletzung des Artikel 6
§1 (überlange Verfahrensdauer), ohne dann auf die damit im Zusammenhang
stehende Beschwerde nach Artilel 8 einzugehen, und spricht eine
Entschädigung aus.
4.12.2008: CASE OF ADAM v. GERMANY
(Application no. 44036/02) Urteil vom 4.12.2008. Vater
und väterliche Großeltern, die das Kind in den ersten 3 Jahren
überwiegend betreut hatten, beantragten nach der Trennung der
Eltern jeweils Umgang. Das Verfahren des Vaters dauerte 4 Jahre 3
Monate, das der Großeltern 6 Jahre 9 Monate. Deshalb erfolgte eine
Verurteilung wegen überlanger Verfahrensdauer in beiden Verfahren, gem.
Art. 6 I EMRK.
Im recht komplizierten Fall GLESMANN v.
GERMANY (Application no. 25706/03)
zu Fremdunterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie wurde die
Beschwerde wegen überlanger Verfahrensdauer zwar zugelassen aber dann
mit 4:3 Mehrheit abgelehnt. Urteil vom 10.1.2008, rechtskräftig
7.7.2008. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor die Beschwerde nicht
zur Entscheidung angenommen, und das ohne Begründung, wie der EGMR
hervorhebt.
Auch im Verfahren AFFAIRE SKUGOR c.
ALLEMAGNE (Requête no 76680/01)
hatte der Gerichtshof in seinem Urteil 10.5.2007 (rechtkräftig
24.9.2007) die Wichtigkeit eines beschleunigten Verfahrens zum Umgang
betont und eine Verletzung des Art. 6 I festgestellt.
Die EGMR Entscheidung im Sürmeli gegen Deutschland (Application
no. 75529/01) vom 8.6.2006, wonach ein effektiver Rechtsbehelf gegen
eine überlange Verfahrensdauer zu schaffen ist, wurde von Deutschland
bisher allerdings noch nicht umgesetzt.
10.6.2008: Weitere Entscheidungen des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte betreffend Deutschland.
Wir haben schon bei unserer Aktualisierung vom 30.5.2008 auf einen Fall [AFFAIRE LÜCK
c. ALLEMAGNE (Requête no 58364/00) vom 15.5.2008.]
hingewiesen, bei dem nach Anerkennung einer Verletzung der
Menschenrechtskonvention und dem Angebot eines Schadenersatzes durch
die Bundesregierung das Verfahren aus der Liste der Verfahren vor dem
Gerichtshof gestrichen wurde. Dieses Muster hat jetzt offenbar System,
wobei anders als in diesem Falle einer einseitigen Erklärung und
Streichung nach Artikel 37 §1 der Menschenrechtskonvention,
selbstverständlich auch eine gütliche Einigung nach Artikel 39 die
Grundlage für diese Streichung bieten kann. Eine solche
Streichung reduziert die hohe Überlastung dieses Gerichtshofes etwas,
hat jedoch auch den unübersehbaren Effekt, dass die Klage dann im
Vergleich zu einer Verurteilung praktisch keinerlei Beachtung findet,
ja sogar um einiges schwerer selbst mit einer gezielten Suche
aufzufinden ist. Die Öffentlichkeit erfährt dann leider auch nicht,
worin und mit welcher Begründung das erlesene internationale
Richtergremium des EGMR eine Verletzung der Menschenrechte gesehen
hätte, oder auch nicht, was natürlich ganz besonders für zukünftige
Beschwerdeführer für Präzedenzfälle von größtem Interesse wäre. Rein
menschlich gesehen haben wir selbstverständlich uneingeschränktes
Verständnis für Kläger, die nicht selten nach einem sogar einen
Jahrzehnt langen, sehr ermüdenden und kostspieligen Kampf endlich ein
Ende sehen wollen, besonders dann, wenn davon der Umgang mit einem Kind
betroffen war, bei dem die verlorene gemeinsame Zeit ohnehin nie mehr
nachgeholt werden kann, und deshalb ein solches Angebot annehmen,
selbst dann, wenn es mit keinerlei Eingeständnis einer
Menschenrechtsverletzung verbunden ist.
Ein solcher besonders extremer und tragischer Fall (aber
keineswegs der einzige dieser Art, vgl. unsere Urteilssammlung) einer
beharrlichen Umgangsvereitelung über mehr als ein Jahrzehnt und dem
kompletten Versagen der deutschen Institutionen das Umgangsrecht des
stets ausdrücklich als uneingeschränkt erziehungsfähig erklärten
(amerikanischen)Vaters und der beiden Kinder (Zwillinge) durchzusetzen,
ist der Fall Glenn GEBHARD against Germany
(Application no. 13415/06 ),
den viele unserer Leser sicher bereits aus den zahlreichen
Entscheidungen deutscher Gerichte (1995-2007!!, größtenteils auch auf
unseren Webseiten, obwohl z. T. noch anonymisiert), die diese
Umgangsvereitelung zwar teilweise sogar in klassisch deutlicher Weise
beschreiben, aber leider nicht zu unterbinden vermögen, kennen, manche
sicher auch aus persönlichen Kontakten. Die Bundesregierung erklärte
sich am 1.4. 2008 ex gratia (freiwillig) zu einer steuerfreien Zahlung
von 25,000€ im Sinne einer gütlichen Einigung bereit, ohne jedes
explizites Eingeständnis einer Menschenrechtsverletzung. Dieses Angebot
wurde angenommen und damit der Fall aus der Liste des EGMR gestrichen.
Eine sehr kurze Darstellung des Sachverhaltes (ohne jede sonst übliche
Bewertung durch den EGMR) mit einer Liste der einzelnen nationalen
Verfahren findet sich in der Entscheidung vom 13.5.2008 zur Streichung
von der Liste.
Nicht mehr aufgeführt in dieser langen Liste ist die Entscheidung des
AG Frankfurt / Main (Abt. Höchst) vom 4. 4.2007- 402 F 22260/06 SO mit
der die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater durch das OLG
Frankfurt (Beschluss vom 11.5.2005) aufgehoben wird und die alleinige
elterliche Sorge für die nun fast 15 Jahre alten Zwillinge wieder der
Mutter übertragen wird, nicht etwa, weil sich an der Einschätzung
bzgl. Erziehungsfähigkeit etwas geändert hätte, sondern ,,damit
zunächst einmal Ruhe einkehrt, und der Ast. sich an seine Ankündigung
hält, seinen Kindern nur zu schreiben". Außerdem könne der Wille der
Jugendlichen nicht mehr länger unbeachtet bleiben, hieß es da, obwohl
ebenso unbestritten blieb, dass sie bereits über mehr als ein Jahrzehnt
von der Mutter massivst gegen den Vater beeinflusst worden waren. Die
sehr lange Urteilsbegründung des AG liest sich zumindest für uns eher
wie eine komplette Bankrotterklärung. Vgl. ,,Abänderungen gerichtlicher
Anordnungen (Fall ,,Gebhard"). §§ 1686, 1696 Abs.1 und 2 BGB."
Mit Anmerkungen ,,Zurück zum Anfang" von PD Dr. Jörg Reichert, Berlin
Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe, ZKJ 12, Seite
498, 2007.
Gleichermaßen wurde im Falle Małgorzata
KWIATKOWSKA against Germany (Application no. 16937/05)
verfahren: Beschwerde wegen überlanger Verfahrendauer zu
Unterhaltszahlung, Angebot von 8000 € ex gratia angenommen (EGMR
Beschluss vom 13.5.2008).
Ebenso Werner POKORNY against Germany
(Application no. 74664/01) ex gratia 8,000 € in einer
Versicherungsangelegenheit, angenommen. Streichung von der Liste mit
Entscheidung vom 1.4.2008
Ebenso Gotthard KLOSE and others
against Germany (Applications nos. 12923/03, 19283/03, 24647/03,
29022/03, 29032/03, 39081/03, 24918/04, 26164/04, 7839/05, 19341/05,
33316/05 and 16219/06 ) Beschewerde wegen zu langer
Verfahrendauer in einer Rentensache. Angebot ex
gratia von 6,000€ angenommen. Streichung von der Liste des EGMR mit
Entscheidung vom 18.3.2008
Im Falle Peer GENTH against Germany
(Application no. 34909/04)
wurde eine überlange Dauer eines Verfahrens bzgl. Immobilien eingeräumt
und ein Schadensersatz von 3,100€ gegen Streichung von der Liste des
EGMR angeboten. Der Streichung wurde am 13.5. nach Artikel 37 §1
entsprochen, obwohl der Kläger einen ungleich höheren Schaden geltend
machte und daher das einseitige Angebot der Bundesregierung abgelehnt
hatte.
Gleichermaßen im Fall Uwe ORLOWSKI against
Germany ( Application no. 35000/05),
bei dem die überlange Dauer eines Verfahrens wegen Waisenrente
eingeräumt, das Angebot von 10,000€ aber nicht angenommen wurde.
Streichung von der Liste des EGMR am 1.4.2008.
30.5. 2008: Entscheidungen des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Bezug auf Deutschland.
In den letzten Monaten sind einige Entscheidungen zu Artikel 8
(Recht auf Achtung des Familienlebens), Artikel 6 §1 (angemessene
Verfahrensdauer), teilweise verbunden mit Artikel 14
(Diskriminierungsverbot) gefallen, auf die wir hier kurz aufmerksam
machen möchten:
1. Zaunegger against Germany
(Application no. 22028/04 )
zum Nichtehelichenrecht: Mit einstimmigen Beschluss vom 1. April 2008
wurde die Beschwerde nach Artikel 8 und Artikel 14 (Diskriminierung auf
Grund des Geschlechts) gegen die Sorgerechtsregelung §1626a Abs. 2, die
nichtehelichen Müttern ein absolutes Vetorecht gegen ein gemeinsames
Sorgerecht gewährt, zur Entscheidung angenommen. Die vom
Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung BVerfG, 1 BvL 20/99 vom
29.1.2003, Absatz-Nr. (1 - 96) zu §1626a eingeräumte
Übergangsbestimmung war in diesem Fall nicht anwendar, da die Trennung
etwa einen Monat nach Inkrafttreten der Reform von 1998 erfolgte, die
eine gemeinsame Sorgerklärung erstmals ermöglichte. Das 1995 geborene
Kind lebte bis 2001, also sogar auch nach der Trennung, mit dem Vater.
2. AFFAIRE LÜCK c. ALLEMAGNE
(Requête no 58364/00) vom
15.5.2008. Presseerklärung auch in Englisch. Der Beschwerdeführer
ist der leibliche Vater eines 1989 in eine bestehende Ehe
geborenen Kindes. Von 1993 an wurde ihm der Umgang von der Mutter
des Kindes sowie deren Ehemann und rechtlichen Vater des Kindes
untersagt. In seiner Entscheidung 1 BvR 1493/96 vom 9.4.2003,
Absatz-Nr. (1 - 126) erklärte das Bundesverfassungsgericht, dass
es gegen Art. 6 Abs. 1 GG vertoße den so mit seinem Kind durch eine
sozial-familiäre Beziehung verbundenen biologischen, aber nicht
rechtlichen Vater auch dann vom Umgang mit dem Kind auszuschließen,
wenn dieser dem Wohl des Kindes dient und hob frühere Entscheidungen
auf. Die geforderte Abänderung des §1685 BGB trat am 30.4.2004 in
Kraft. Das Kind war jedoch zu diesem Zeitpunkt über 14 und lehnte
einen Umgang ab, worauf der Vater auf die Fortsetzung des Verfahrens
verzichtete. Er hielt jedoch an seiner Beschwerde beim EGMR nach Art.
8, 6, 14 aus 2000 fest. Eine vorgeschlagene und von der
Bundesregierung akzeptierte gütliche Einigung lehnte er am 26.7.2007
ab. Am 7.11.2007 erklärte die Bundesregierung unilateral, dass Artikel
6 §1 durch zu lange Verfahrensdauer verletzt worden sei und verwies
bezüglich Art. 8 auf die Erklärungen des Bundesverfassungsgerichts. Sie
erklärte sich zu einer Schadenersatzzahlung von 10.800€ bereit, wenn im
Gegenzug das Verfahren beim EGMR eingestellt würde. Dem wurde vom EGMR
entsprochen, mit der Erklärung, dass durch das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts der Beschwerde abgeholfen wurde, bis auf eine
insgesamt zu lange Verfahrensdauer (die den Beschwerdeführer effektiv
an der Fortsetzung des Umgangsverfahrens hinderte). Insbesondere sei
die Verletzung des Artikels 8 zwar durch das BVerfG nicht explizit
festgestellt worden, gehe aber klar aus der Formulierung des Urteils
hervor. [ VfK Anmerkung: Die Europäische Menschenrechtskonvention ist
in Deutschland nur einfaches Bundesgesetz, im Gegensatz etwa zu
Österreich, wo sie unmittelbar Verfassungsrang besitzt.]
Entsprechend diesem Sachverhalt,
Streichung des Verfahrens beim EGMR nach einseitiger Erklärung der
Bundesregierung zur Schadensersatzleistung, sind Berichte in den Medien
und im Internet, die von einer Verurteilung Deutschlands durch den EGMR
zu Schadensersatzzahlung sprechen so nicht korrekt, obwohl man
natürlich darüber spekulieren könnte, wie wahrscheinlich eine
Verurteilung ohne das einseitige Angebot der Bundesregierung gewesen
wäre.
3. Es gab eine Reihe weiterer Beschwerden aus Deutschland,
die aber nicht zugelassen wurden, allerdings anders als meist bei
Beschwerden am Bundesverfassungsgericht, jeweils mit einer
ausführlichen Begründung. Darunter ist der Fall
Cornelia HAASE and Others against Germany, Application no. 34499/04
(12.2.2008), vgl dazu auch HAASE v. GERMANY, Application no. 11057/02,
Urteil vom 8.4.2004. Ferrner Friedrich
SCHUMACHER against Germany, Application no. 14029/05 wegen
fehlendem Umgang (einschließlich Aussetzung des Umgangs) seit 1994
(26.2.2008). Im Fall Ingo Hub
against Germany, Application no. 1182/05,
in dem es seit 1998 ebenfalls um die Durchsetzung eines Umgangsrechts
ging (das Kind wird im Juli 2008 volljährig) wurde die Entscheidung
über die Zulässigkeit der Beschwerde wegen zu langer Verfahrensdauer
vertagt, der Rest nicht zugelassen (22.4.2008). Auch im Fall
Wildgruber against Germany, Applications no. 42402/05 and no.
42423/05
wurde die Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde wegen zu
langer Verfahrensdauer vertagt, der Rest abgewiesen. (29.1.2008). Im
Fall GLESMANN v. GERMANY Application no.
25706/03,
bei dem es um Umgang, Rückführung eines Kindes aus einer Pflegefamilie
und zu lange Verfahrensdauer geht, soll ein Antrag auf
Entscheidung durch die Große Kammer gestellt werden.
4. Details dieser Fälle können der Datenbank des EGMR entnommen
werden.
10.01.2008 CASE OF
GLESMANN v. GERMANY (Application no. 25706/03) Urteil vom
10.01.2008.
Die Beschwerdeführerin wollte für sich ein Besuchrecht für das in
Pflege gegebene Kind ( ehelich geb. Sept. 1990) und auch das
alleinige Sorgerecht (Feb. 1997). Das OLG befand aber schließlich
(Jan.
2004), dass der Vater mit den Pflegeeltern und dem Jugendamt
kooperiere
und ihm das alleinige Sorgerecht zuzusprechen sei. Das Kind habe
sich
von der Mutter entfremdet und wollte in der Pflegefamilie verbeiben,
gleichwohl sollte die Mutter ein Besuchsrecht einmal im Monat
erhalten.
Der Gerichtshof erkannte auf keine Verletzung der Art. 6 (mit 3
Gegenstimmen) und keine von Art. 8 (einstimmig).
12.7.2007:
Neue Entscheidungen des
Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte betreffend Deutschland und Familienrecht (Artikel
6, 8):
a. Nanning
v. Germany (no. 39741/02), 12.7.2007: Verletzung der
Artikel 8 und 6 §1 (Verfahrensdauer)
Presseerklärung vom 12.7.2007, Urteil in
Englisch.
Die
Beschwerdeführerin schloss sich in 1987 mit ihrer damals 4
jährigen Tochter einem Ehepaar mit 4 eigenen Kindern an. Das
Kind verblieb dort als die Beziehung zwischen den Erwachsenen in
1991
zerbrach. In der Folge wurden Kontakte zwischen der leiblichen
Mutter
und dem Kind verhindert, das schließlich Kontakte mit ihr
vehement ablehnte. Anträge der leiblichen Mutter seit 1991 auf
Herausgabe des Kindes und dann auf Umgang wurden von den
Gerichten
abgelehnt. In 2002 erfolgte die Adoption durch die Pflegeeltern.
Der
Gerichtshof sah neben der Verletzung des Artikels 6 durch die
lange Verfahrensdauer, bis knapp vor der Volljährigkeit des Kindes,
eine
Verletzung des Art. 8, wegen der Verweigerung des Umgangsrechtes.
Vgl . dazu auch: ,,Menschenrechtsgericht verurteilt Deutschland in
Familienstreit. Mutter kämpfte vergeblich um Besuchsrecht bei
Tochter." (AFP, 12.7.2007)
Interessant auch:
b. CASE OF
BECKER v. GERMANY (Application no. 8722/02),
14.12.2006, betreffend Kindesunterhalt und Betreuungsunterhalt
angesichts eines Ehevertrages:
Auf
Vorschlag des Gerichtshofes gütliche Einigung und Einstellung des
Verfahrens in Straßburg, nachdem die Bundesregierung eine
Kompensationszahlung von 9500€ angeboten hatte.
c. CASE
OF SIEBERT v. GERMANY (Application no. 59008/00),
23.3.2006: Ablehnung der Anträge des nichtehelichen
Vaters auf Sorgerecht und dann Umgang mit seinem bei
Pflegeeltern untergebrachten, schwer behinderten Kind (Die
Mutter
verstarb nach der Geburt.):
Ebenfalls
gütliche Einigung und Einstellung des Verfahrens, nach einem
Zahlungsangebot von 9000€ durch die Bundesregierung.
23.6.2007: Der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat wieder Urteile wegen
Verletzung des Art. 8 der
Konvention erlassen, weil Umgangsregelungen nicht mit allen
gebotenen
Mitteln und der nötigen Dringlichkeit durchgesetzt wurden und
dadurch
irreparable Folgen für die Beziehung zwischen dem Kind und dem
Nichtwohnelternteil entstehen können. Der EGMR hat dazu eine sehr
klare
Haltung bezogen. Ob dabei die bekannten Verhaltenmuster in
psychologischen Gutachten und dann von den Gerichten mit dem Begriff
Parental Alienation Syndrome (syndrome d'aliénation parentale)
zusammengefasst werden oder nicht, spielt dabei letztlich wenig
Rolle,
wenn diese Verhaltensmuster, einschließlich der Langzeitfolgen
deutlich
genug dargestellt werden. Der Gerichtshof scheut sich aber nicht,
explizit auf das Parental Alienation Syndrome Bezug zu nehmen, trotz
der (oft sinnlosen) Kontroversen, die diesen Begriff noch immer
umgeben:
a. AFFAIRE ZAVŘEL c.
RÉPUBLIQUE TCHÈQUE (Requête no 14044/05)
Urteil (in Französisch) rechtskräftig 18.4.2007, Presseerklärung
19.1.2007 (auch in Englisch). Darin besonders interessant die
wiederholten, explizitenHinweise in den psychologischen Gutachten
und
nationalen Gerichtsbeschlüssen auf das "Parental Alienation Syndrome
(PAS)" (syndrome d'aliénation parentale), verursacht durch die
Mutter
und ihrem neuen Ehemann in dem bei der Trennung 6 jährigem Kind
(geb.1995), bei bestätigter bester Erziehungsfähigkeit des Vaters.
Darauf nimmt dann auch der Gerichtshof Bezug, ähnlich, wenn auch
nicht
ganz so ausführlich wie schon im Urteil Koudelka g. Tschechien vom
20.7.2006 (vgl. unsere damalige Teilübersetzung aus dem
Französischen
und die Gegenüberstellung von Urteil und psychologischen PAS
Kriterien.),weil auf frühere Entscheidungen, u.a. auch gegen
Tschechien, Bezug genommen wird. Der Gerichtshof stellt fest (Absatz
52) , dass es für das Kind nicht schwierig gewesen wäre, sich wieder
an
den Umgang mit seinem Vater zu gewöhnen, wenn zum Zeitpunkt, als
laut
psychologischen Gutachten die PAS Symptome noch nicht so ausgeprägt
waren, adequate Maßnahmen ergriffen worden wären. Die
Nichtausübbarkeit
des Besuchsrechts ist daher der de facto Toleranz des konstanten
Widerstands der Mutter durch die Gerichte und dem Fehlen adequater
Maßnahmen zur Wiederherstellung der Kontakte zuzuschreiben (Abs.
53).
b. CASE OF PAWLIK v. POLAND
(Application no. 11638/02) Urteil (in Englisch) und
Presseerklärunng vom 19.6.2007
c. In einem weiteren, ähnlichen Fall (die Verhaltensmuster bei
Umgangsvereitelung / Entfremdung sind ja fast immer mehr oder
weniger
die selben), Plasse-Bauer gegen Frankreich(no. 21324/02), über
den wir schon früher berichtet hatten, der Verurteilung
(28.2.2006, rechtskräftig 28/05/2006) durch den EGMR, Verletzung des
Art. 6 durch nicht ausreichendes Sorgetragen der Behörden /
Gerichte,
dass ein begleiteter Umgang auch tatsächlich stattfinden konnte,
erging
nach Berichten in verschiedenen französischen Zeitungen jetzt auch
ein
Strafurteil gegen den Vater des Kindes wegen Nichtbereithalten des
Kindes für den Umgang. Das ist in Frankreich, anders als "natürlich"
in
Deutschland (vgl. deutsche Entscheidungen zum Umgangsrecht), ein
Delikt
(délit de non représentation d'enfant), strafbar nach Artikel 227-5
des
neuen Strafgesetzbuchs (früher nach Art. 357 von 1901), mit
Gefängnis bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe bis 15000€. Im vorliegenden
Fall wurde der Vater zu einer vom Berufungsgericht erhöhten
Schadensersatzleistung an die umgangsberechtigte Mutter von 3000€ +
1500€ Prozesskosten verurteilt (zusätzlich zu der Zahlung von 3000€
+
4000€ Prozesskosten durch den französischen Staat, gemäß dem EGMR
Urteil). Auf Seiten der Mutter wurde und wird wesentlich mit PAS
argumentiert. Die 4 Kinder sind inzwischen volljährig.
Das französische Strafgesetzbuch (Code Pénal, auch in Englisch und
Spanisch) enthält übrigens einen ganzen Abschnitt, der
Beeinträchtigungen der Ausübung der elterlichen Sorge und des
Umgangs
unter Strafe stellt: Livre II, Chapitre VII, Section 3 Des atteintes
à
l'exercice de l'autorité parentale, Art. 227-5 - Art.
227-11. So wird z. B. nach Art. 227-6 der
Wohnelternteil mit 6 Mon. Gefängnis oder 7500 € bestraft, wenn ein
Umzug mit dem Kind dem Umgangsberechtigten nicht innerhalb eines
Monats
mitgeteilt wird. Wir werden über die Anwendung dieser Gesetze
in
Kürze mehr berichten. (Eine, allerdings nicht mehr ganz aktuelle
französisch-deutsche Fassung des Code Pénal findet sich hier.)VfK
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(ges. geschützt)
Zu weiteren Urteilen mit Bezug auf das
Parental Alienation Syndrome vgl. unsere Zusammenstellung.
22.9.2006: Urteil des EGMR zu einer Inobhutnahme durch das Jugendamt -in
Österreich: CASE OF MOSER v. AUSTRIA
(Application no. 12643/02) vom 21.9.2006: Verletzung
des Art. 8, weil nicht ausreichend nach einer Möglichkeit der gemeinsamen
Unterbringung von neugeborenem Kind und Mutter (aus Serbien, zum
Zeitpunkt ohne gültiges Aufenthaltsrecht) gesucht wurde. Verletzung des Artikels
14 [Verbot der Benachteiligung], weil der Mutter nicht ausreichend
Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu Berichten des Jugendamtes (Amt für Jugend und Familie) und
der Jugendgerichtshilfe gegeben
wurde. Interessant im Vergleich mit den 3 EGMR
Urteilen gegen Deutschland in Pflegefällen (Haase, Görgülü,
Kutzner).
23.7.2006: Der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat in den letzten Tagen
in mehreren Fällen zur Verletzung der Artikel 8 und 6 der
Konvention durch Nichtdurchsetzung eines
Umgangsrechtes entschieden. Obwohl sich die Urteile nicht gegen
Deutschland richten, sind sie von hohem prinzipiellen Interesse,
weil uns die Verhaltensweisen auch hier sattsam bekannt
sind, ja sogar oft weit geringere Anstrengungen unternommen werden,
Gerichtsentscheidungen auch zeitnah durchzusetzen. Es handelt sich
um die Fälle:
1.
Koudelka v. Czech Republic (no.
1633/05) Violation
of Article 8, Urteil vom 20.7.2006 (In
Französisch), Presseerklärung
auch in Englisch. Dieser Fall
einer hartnäckigen Umgangsvereitelung mag besonders interessant sein,
weil sich der Gerichtshof wohl zum ersten Mal explizit
auf eine psychologische Expertise stützt, wonach die
sorgeberechtigte Mutter im Kinde ein Parental Alienation Syndrome verursacht hat.
Der
Gerichthof selbst spricht in seiner Urteilsbegründung im
Zusammenhang mit der Verweigerungshaltung auch des Kindes dann noch von
einer Programmierung durch die Mutter. Das hätte prompte Therapie erfordert, statt durch
Zeitablauf und nicht ausreichende gerichtliche Maßnahmen (Anordnung
eines begleiteten Umgangs, Einsetzung eines Verfahrenspflegers für das
Kind, gerichtliche Verwarnung, 2 geringfügige Zwangsgelder, Verurteilung
auf Bewährung zu 3 Monaten Gefängnis wegen Missachtung eines
Gerichtsbeschlusses) einen ,,point of no return" zuzulassen. (Die
Tochter ist jetzt 16. Der Antrag auf eine Umgangsregelung war erstmals
1993 gestellt worden.)
Angesichts des wahrscheinlich erheblichen Interesses
besonders am "PAS-Urteil" des EGMR im Fall Koudelka g. Tschechien haben
wir uns bemüht raschestmöglich eine Teilübersetzung der wesentlichen Tatsachen und
Entscheidungsgründe zu erstellen und geben sie schon als vorläufige
Übersetzung frei, behalten uns aber noch Verfeinerungen und
Erweiterungen vor.
Wir haben noch einmal eine Zusammenstellung der wesentlichen Punkte
aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im
Falle Koudelka gegen Tschechien gemacht, die unserer Meinung nach eine
juristische Anerkennung des
PAS Phenomens durch dieses hohe, übernationale
Gericht bedeuten. Noch wesentlicher als die explizite Verwendung des PAS
Begriffes scheint uns dabei vor allem, dass die Kriterien, die
etwa in der Formulierung von Warshak (2005)
das PAS Phänomen ausmachen, tragend in die Urteilsbegründung
eingeflossen sind, einschließlich des Einflusses des einen
Elternteiles auf die Ablehnung des anderen Elternteils durch das Kind.
2. Presseerklärung
vom 18.7.2006 zu Fiala
v.
the Czech Republic (application no. 26141/03), Pedovič v. the Czech
Republic (application no. 27145/03) and Reslová v. the Czech Republic
(application no. 7550/04), alle wegen Nichtdurchsetzung eines
Umgangsrechtes. In allen drei Fällen erkannte der Gerichtshof wegen
übermässiger Verfahrensdauer (5, 10, 3 Jahre) auf eine Verletzung des
Artikels 6 §1, in den Fällen Fiala und Reslova auch auf eine Verletzung des
Artikels 8 (Recht auf Respektierung des Familienlebens). Urteile nur in
Französisch.
3. Lafargue
v. Romania (application no. 37284/02). Presseerklärung und Urteil
vom 13.7. 2006. Verletzung des Artikels 8, weil die rumänischen Behörden
nicht genügend Anstrengungen unternommen haben das Umgangs- und
Beherbergungssrecht ( Dezember 1999) des französischen Vaters durchzusetzen,
auch nicht mit Hifle eines Gerichtsvollziehers und Verhängung einer
geringfügigen Verwaltungsstrafe. Auf Veranlassung der französichen
Zentrale Behörde wurde ein Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsabkommen (entsprechend wohl
Art. 21 HKÜ)
zum Umgang eingeleitet (2005). Aber erst seit die Anhängigkeit
des Verfahren in Straßburg den rumänischen Behörden 2005 mitgeteilt
wurde, kam es zu einigen Umgangskontakten unter Mithilfe eines Psychologen.
Urteil in Französisch.
Vgl. auch das Urteil im Fall Plasse-Bauer gegen
Frankreich (no.
21324/02) vom 28.2.2006 wegen
Verletzung des Art. 6 durch Nichtsorgetragen, dass ein begleiteter Umgang
auch stattfinden kann.
8.6.2006 Urteil der Großen
Kammer des Europäischen Gerichtshofes [EGMR] im Fall Sürmeli gegen Deutschland
(Application no. 75529/01) wegen Verletzung der Artikel 6 § 1 [Recht auf ein faires
Verfahren] und Artikel 13 [Recht auf wirksame Beschwerde] der
Konvention.
Deutsche Fassung im Newsletter Menschenrechte 2006/3 des
Österreichischen Instituts für Menschenrechte:
Sürmeli
gg. Deutschland: Rechtsbehelfe gegen überlange Verfahrensdauer
(aplication no. 75529/01). Urteil vom 8.6.2006.
Dieses Urteil der Großen Kammer betrifft
die Frage, ob im deutschen Recht ein wirksamer Rechtsbehelf gegen die
überlange Dauer eines Zivilverfahrens zur Verfügung steht. Der
Beschwerdeführer wandte sich an den EGMR, nachdem ein Schadenersatzprozess
nach einem Verkehrsunfall nach über 15 Jahren noch immer anhängig war.
Neben einer Verletzung seines Rechts auf angemessene Verfahrensdauer
machte er auch geltend, es sei ihm entgegen Art. 13 EMRK kein wirksamer
Rechtsbehelf zur Beschleunigung des Verfahrens zur Verfügung gestanden.
Der EGMR prüfte daher, ob Verfassungsbeschwerden,
Dienstaufsichtsbeschwerden, Untätigkeitsbeschwerden und
Schadenersatzklagen als wirksamer Rechtsbehelf im Sinne des Art. 13 EMRK
angesehen werden könnten. Da der EGMR dies verneinte, ist Deutschland
aufgerufen, einen neuen Rechtsbehelf gegen überlange Verfahrensdauer
einzuführen.
Kurzzusammenfassung des
deutschen Bundesministeriums der Justiz:
In
dem Individualbeschwerdeverfahren Sürmeli gegen Deutschland (Nr. 75529/01)
hat die Große Kammer des EGMR festgestellt, dass die gegenwärtig nach dem
deutschen Verfahrensrecht vorhandenen Möglichkeiten, eine überlange
Verfahrensdauer zu rügen, keinen hinreichenden Rechtsbehelf im Sinne der
EMRK darstellen. Zugleich hat er den Entwurf des Bundesministeriums der
Justiz zur Einführung einer Untätigkeitsbeschwerde ausdrücklich begrüßt
(
Urteil als pdf Datei, 44 Seiten, Englisch).
Vgl. dazu insbesondere die Abschnitte 136-139 zu Art. 46 [Verbindlichkeit und Durchführung der Urteile]
im Originaltext. Danach war der Gesetzesentwurf kurz vor den Wahlen im
September 2005 "auf Eis gelegt" worden.
Dem Fundstellenverzeichnis
der Urteile und Entscheidungen des EGMR in deutscher Sprache kann dazu
noch entnommen werden, dass eine Veröffentlichung zur EGMR Entscheidung im
Fall Sürmeli auch in NJW 2006, 2389 erschienen ist.
Außerdem erschien eine kurze Zusammenfassung, mit dem Hinweis auch in
kindschaftsrechtlichen Verfahren, in ZKJ
2006(9), S. 390.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Fall Sürmeli zwei Beschwerden
nicht zur Entscheidung angenommen. Entscheidungen des BVerfG zu
überlanger Verfahrensdauer ergingen aber im Urteil vom 20. 7. 2000 - 1 BvR 352/ 00 (betr.
Schadensersatz) und am 06.05.97 in 1 BvR 711/96, einem Fall in dem nach
7 (!!) Jahren noch keine Entscheidung über einen Umgangsantrag ergangen war,
vgl. dazu unsere damalige Berichterstattung. Das BVerfG stellte fest, dass
sich aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG unbestritten die
Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes für bürgerlich-rechtliche
Streitigkeiten ableiten läßt (dazu zähle auch das Umgangsrecht),
seine Maßnahme beschränkte sich aber in beiden Fällen auf:
Da eine
Entscheidung im Ausgangsverfahren noch nicht ergangen ist, muß sich das
Bundesverfassungsgericht auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit
gemäß § 95 Abs. 1 BVerfGG beschränken. Das Amtsgericht -
Vormundschaftsgericht - ist nunmehr gehalten, unverzüglich geeignete
Maßnahmen zu ergreifen, um dem Verfahren Fortgang zu geben und auf dessen
raschen Abschluß hinzuwirken (bzw. im ersten Fall an das OLG
gerichtet). Man kann nur hoffen, dass sich mit dem im FAmFG
vorgesehenen Beschleunigungsgebot [§ 165] und der Fristsetzung bei
Begutachtung [§ 171] einiges verbessert.
Der Fall Sürmeli ist allerdings nicht die erste Verurteilung
Deutschlands nach Artikel 6, wegen zu langer Verfahrensdauer. In den Fällen
KLEIN gegen DEUTSCHLAND (Individualbeschwerde Nr.
33379/96) am 27.7.2000, sowie am 1.7.1997 in Pammel
(48/1996/667/853) und in
Probstmeier (125/1996/744/943) sah der Gerichtshof ausgerechnet das
BVerfG als den Hauptverursacher der unzulässig langen
Verfahrensdauer. Ferner am 26.12.2002 in BECKER
c. ALLEMAGNE (Requête n° 45448/99), am 6.2.2003 in
Hesse-Anger c.
Allemagne (no 45835/99) und am 8.1.2004 in Voggenreiter
c. Allemagne (no 47169/99) mit einer
Verfahrensdauer von 7 Jahren vor dem BVerfG. Im Urteil vom 27.5. 2003,
NIEDERBÖSTER v.
GERMANY, no. 39547/98, bei dem es um das Umgangsrecht eines 1915
geborenen nichtehelichen Vaters ging, wurde zwar eingeräumt, dass die
Möglichkeiten des BVerfG wegen der damals gerade anstehenden
Kindschaftsrechtsreform (1.7.1998) etwas eingeschränkt waren, es hätte aber
vorläufige Anordnungen treffen können.
Eine sehr aktuelle und interessante Zusammenstellung einer
Reihe von Urteilen des EGMR zu Art. 6 (einschließlich Sürmeli g.
Deutschland) und einiger inner-italienischer Urteile findet sich in einen
Bericht (pdf Datei, 176 Seiten) über ein Seminar
"IL GIUSTO PROCESSO NELLA PROSPETTIVA DELLA CONVENZIONE EUROPEA DEI
DIRITTI DELL’UOMO", Crotone, 11-15 settembre 2006, (Urteile in
Originalsprache, Englisch, Französisch, bzw. Italienisch).
Auf Urteile des EGMR wegen zu langer Verfahrensdauer (Art. 6)
in Kindschaftssachen haben wir bereits mehrmals hingewiesen, z. B.
auf die 3 Urteile vom 18.7.2006 g. Tschechien.
Bei einer Reihe weiterer Verfahren mit Beschwerden über zu lange
Verfahrensdauer stellte der EGMR fest, dass es mit einer Verurteilung
nach Art.
8 [Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens] nicht noch der
Festellungen nach Art. 6 bedürfe.
09.05.2006: Urteil des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Falle
C. v. Finland
(application no 18249/02) Violation of Article
8 vom
9.5.2006
Presseerklärung,
Urteil in Englisch.
Die Kinder lebten nach der Trennung der Eltern mit der Mutter
und deren Lebenspartnerin in Finnland, der Vater in der Schweiz.
Nach dem Tod der Mutter begehrten sowohl der leibliche Vater als
auch die Lebenspartnerin das Sorgerecht und der Umgang kam zum
Erliegen. Die beiden Kinder sprachen sich für den Verbleib in
Finnland und schließlich auch gegen weitere Kontakte mit dem Vater
aus. Abgesehen vom Grade der möglichen Beeinflussung des
Kindeswillens durch die Mutter und dann durch die Lebenspartnerin
war also von den Gerichten der Kindeswille gegenüber den wahren
Interessen der Kinder (Kindeswohl) abzuwägen.
Der Europäische Gerichtshof fand Artikel 8 - Recht auf Achtung des Privat-
und Familienlebens - verletzt, weil das finnische oberste Gericht
1. in seiner Entscheidung die Urteile der untergeordneten Gerichte,
die dem in der Schweiz lebenden leiblichen Vater das Sorgerecht
zugesprochen hatten, aufzuheben und das Sorgerecht auf die
Lebenspartnerin zu übertragen exklusiv auf den ostensiblen Willen der
Kinder (damals 12 und 14) abhob, ohne andere Gesichtspunkte und die
Rechte des Vaters ausreichend zu berücksichtigen, den Kindern also
faktisch ein absolutes Vetorecht eingeräumte.
2. auf eine neuerliche Anhörung verzichtet hatte. Das sei ein
wesentlicher und integraler Bestandteil der Erkenntnis auf Verletzung
des Artikels 8, ohne aber neue Fragen unter Art. 6 §1 (Recht auf
ein faires Verfahren) aufzuwerfen.
28.2.2006
Urteil des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte gegen Frankreich das Umgangsrecht betreffend:
Wenn einem Elternteil ein Recht auf
begleiteten Umgang eingeräumt wird und dafür vom Gericht die
ausführende Stelle und sonstigen Modalitäten festgelegt werden,
dann hat der Staat auch dafür zu sorgen, dass der Umgang in der
vorgesehenen Weise auch wahrgenommen werden kann. Sonst ist
Artikel 6 (Recht auf einen fairen Prozess) verletzt. So kann die Kernaussage des Gerichtshofes im Falle Plasse-Bauer v. France(no. 21324/02) zusammengefasst werden. Das vollständige Urteil liegt in
französischer Sprache vor, eine kurze Pressemitteilung auch in Englisch.
Ein begleiteter Umgang war
nie zustande gekommen, lediglich ein einziges Zusammentreffen in
dem die Tochter (damals 11 Jahre alt, heute fast 20) jedes Gespräch mit
der Mutter verweigerte. Zu den meisten weiteren Terminen (erster und
dritter Samstag im Monat, 14-17h) erschien zwar die Mutter, nicht aber
die Tochter. Die Mutter hatte deswegen zahlreiche Eingaben beim
Familiengericht gemacht und auch eine Strafanzeige gegen den Vater
gestellt. (In Frankreich kann das Nichteinhalten einer
Umgangsvereinbarung nach Article 227-5 des Strafgesetzbuches,
code pénal, verfolgt werden, mit bis zu 1 Jahr Gefängnis und 100 000
F Geldstrafe.) Weil die Kontaktstelle (point
rencontre) sich außerstande gesehen hatte den Umgang in der vorgesehenen
Weise zu begleiten, wurde nicht nur der Vater freigesprochen, sondern
deshalb, aber auch unter Hinweis auf die äußerst konfliktreiche Situation
mit der Tochter und ein psychiatrisches Gutachten, das der Mutter
erhebliche psychologische Probleme bescheinigte, schließlich der Umgang
vom Gericht ganz ausgesetzt, eine Methode das Problem zu "lösen", die uns
auch aus Deutschland leider sattsam bekannt ist (,,Kind muss zur
Ruhe kommen"). Nach Meinung des Straßburger Gerichtshofes ist
dadurch die Frage offen geblieben, ob es der Mutter nicht doch gelungen
wäre, ihre Beziehung zur Tochter wieder aufzubauen, wenn der begleitete
Umgang wie ursprünglich vorgesehen stattgefunden hätte. Angesichts des
damaligen Alters der Tochter und der schwierigen Familienverhältnisse sei
es auch möglich, dass die zeitlichen Verzögerungen die Chancen für einen
Wiederaufbau der Tochter-Mutter-Beziehung negativ beeinflussten. (Weitere
Details zum Fall im Urteil).
20.8.2005: Zum Thema
Umgang auch wieder ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte: AFFAIRE BOVE c. ITALIE, Requête no
30595/02 vom 30.6.2005 (Urteil nur in Französisch
verfügbar). Der Gerichtshof erkannte (mit einer abweichenden Stimme)
auf Verletzung des Art. 8 (Recht auf Respektierung des
Familienlebens) wegen, trotz des nationalen Ermessenspielraumes,
mangelnder Durchsetzung des Umgangsrechts:
51. Compte tenu des intérêts en jeu, ce qui
précède ne permet pas de dire que les autorités compétentes ont
consenti des efforts raisonnables pour faciliter le regroupement. Au
contraire, leur inaction a forcé le requérant à user sans relâche de
toute une série de recours longs et finalement inefficaces afin de
faire respecter ses droits.
52. La Cour conclut en conséquence que, nonobstant la marge
d'appréciation dont jouissaient les autorités compétentes,
l'inobservation du droit de visite du requérant depuis septembre 2002
s'analyse en une atteinte à son droit au respect de sa vie familiale
garanti par l'article 8 de la Convention.
53. Par conséquent, il y a eu violation de l'article 8 de
la Convention concernant cette partie du grief.
Der Fall selbst bietet gegenüber den uns auch aus
Deutschland leider wohlbekannten Verhaltensmustern wenig Überraschungen:
Nach häufiger Umgangsvereitelung eine allerdings vergleichsweise
großzügige Umgangregelung durch das Gericht: 2 Nachmittage pro Woche und
jeden 2 ten Sonntag mit dem nun 1 1/2 jährigen Kind (geb. Jan. 1995),
sowie Beauftragung eines Sozialdienstes zur Begleitung von Gesprächen
zwischen den Eltern zum Abbau der Konflikte. 1999 Ausdehnung des
Umgangsrechts auf Beherbergung jedes 2 te Wochenende und während der
Ferien, entsprechend den Empfehlungen eines Sachverständigen. Bald
danach Missbrauchvorwürfe, allerdings nicht gegen den Vater selbst,
sondern gegen 2 seiner Freunde und den Großvater (nicht bestätigt,
Strafverfahren eingestellt). Als Folge Einschränkung des Umgangs
auf 2 mal /Woche begleitet. Danach eine Reihe von Anträgen des
Vaters, die aber nicht zur Aufhebung dieser Massnahme führen, sondern
zunächst sogar zu einer weiteren Einschränkung auf 1 Umgang/Woche.
Schließlich das weitere uns so vertraute Verhaltenmuster: Betreuender
Elternteil (hier Mutter) bestätigt Ablehnung des Umgangs durch
das Kind, will diesen gegen des Willen des Kindes aber nicht
erzwingen. Obwohl das Gericht die Wichtigkeit der Präsenz des
Vaters für die Entwicklung des Kindes anerkennt und deshalb zur
Wiederanbahnung der Vater-Kind auch psychologische Unterstützung
anordnete, kam es seit September 2002 zu keinen weiteren Kontakten
zwischen Tochter und Vater.
Die italienische Regierung betonte in ihrer
Stellungnahme, dass der Umgang lediglich für 1 1/2 Jahre eingeschränkt
war, wegen der im Raume stehenden Missbrauchsvorwürfe, nie aber die
Rechte des Vaters (Beaufsichtigung und Kenntnis) bzgl. der
(schulischen) Erziehung und Lebensbedingungen des Kindes. In
Deutschland dagegen bedeutet Umgangsvereitelung durch einen allein
sorgeberechtigten Elternteil praktisch immer auch weitgehenden
Ausschluss von der Mitwirkung an der schulischen Erziehung des Kindes
und Auskünften über Gesundheit etc, weil das Auskunftsrecht ausgerechnet
nur über den allein sorgeberechtigten Elternteil ausgeübt werden kann.
Auch die Anträge des Vaters auf Übertragung des Sorgerechtes, die zwar
abgelehnt wurden, wären in Deutschland von vornherein aussichtslos
gewesen, weil hier, bei nicht verheiratet gewesenen Eltern, dies immer
noch nur über die praktisch unüberwindbare Hürde des $1666 BGB (akute
Gefährdung des Kindes) möglich wäre, auch nicht einmal ein gemeinsames
Sorgerecht ohne ausdrückliche Zustimmung (in einer gemeinsamen
Sorgerechtserklärung) der Mutter des Kindes.
Zu
den nachfolgenden Fällen Haase, Görgülü,
Kutzner vgl. auch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte und das Pflegekinderwesen in Deutschland.
Erneutes Urteil des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gegen Deutschland:
CASE OF HAASE v. GERMANY (Application
no. 11057/02) vom 8.4. 2004.
Die zusammenfassende
Pressemitteilung und das Urteil selbst sind für heute 14h30 als von den
Webseiten des Gerichtshofes, http://www.echr.coe.int,
abrufbar angekündigt. Hier vorab als Word
(doc ) file (191 kB) und einige Auszüge
daraus.
Über diesen Fall ist schon wiederholt in
Presse und Fernsehen berichtet worden, seit sich Familie Haase an das
Jugendamt um Hilfe wandte und ihr dann prompt alle 7 Kinder mit
unbekannten Aufenthalt weg genommen wurden, einschließlich des jüngsten
gerade 7 Tage alten Kindes im Wochenbett, oder wie es im Schreiben des
Oberbürgermeisters von Münster vom 19.12. 2001 hieß:.
Sehr geehrte Frau H.,
........für
Ihre Kinder gewähre ich seit dem 18.12.2001 die o.g. Jugendhilfe
durch Übernahme der Kosten in Höhe von monatlich jeweils 4000,00
Euro. Zu diesen Kosten haben Sie in zumutbaren Umfang beizutragen.
Ich muss nunmehr prüfen, ob Sie nach §§ 91 ff Achtes
Sozialgesetzbuch -Kinder-und Jugendhilfe zu den Kosten beitragen
können. ........ (Wir berichteten.)
Unsere Teilübersetzung
und neuere Medienberichte
27.02.2004: Wir haben eine deutsche Übersetzung
der §§ 44-51 (pdf Datei, 97kB) aus dem unten aufgeführten
Urteil des Europäischen Gerichtshofes angefertigt. Sie betreffen das
Sorge- und Umgangsrecht, insbesondere die Abwägung der Verpflichtung
zur Zusammenführung leiblicher Eltern mit dem Kind, trotz einer möglichen
kurzfristigen Stresssituation, gegenüber den langfristigen, oft
irreparablen Folgen einer langen Trennung. Wegen ihrer Klarheit, auch zu
der leider noch immer häufigen Aussetzung des Umgangs (,,Kind muss zur
Ruhe kommen") sind diese Aussagen auch weit über den konkreten Fall hinaus
von besonderer Bedeutung.
Nachtrag 2005:
Das Urteil vom 8.4.2004 ist auszugsweise in deutscher Sprache zu finden
in den Zeitschriften: EuGRZ 2004, 715; FamRZ 2005, 585-589; NJW 2004,
3401. Der Volltext (Nichtamtliche Übersetzung
aus dem Englischen. Quelle: Bundesministerium der Justiz,
Berlin) ist auf
den Webseiten des EGMR verfügbar,
außerdem eine Teilübersetzung/Kommentierung des Österreichischen
Instituts für Menschenrechte im Newsletter
NL 2004, S. 82 (NL 04/2/9).
Nachtrag
2008:
Eine weitere Beschwerde, Application no. 34499/04 by Cornelia HAASE and
Others against Germany, wurde mit Entscheidung vom 12.
Februar 2008 als nicht zulässig erklärt.
26.02.2004: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte:
Press release issued by the Registrar
CHAMBER JUDGMENT IN THE CASE OF GÖRGÜLÜ v. GERMANY
The
European Court of Human Rights has today notified in writing a
judgmentin the case of Görgülü
v. Germany (application no. 74969/01). The Court held
unanimously that there had been:
·
a violation of Article 8(right to respect for private and family
life) of the European Convention on Human Rights, concerning the
refusal to give the applicant custody and access rights;
·
no violation of Article 8concerning the decision-making process;
·
no violation of Article 6 § 1(right to a fair hearing).
Under
Article 41 (just satisfaction) of the Convention, the Court awarded the
applicant 15,000 euros (EUR) for non-pecuniary damage and EUR 1,500 for
costs and expenses. (The
judgment is available only in English.)
Kurze
deutsche Zusammenfassung (VfK e. V.): Der Vater, türkischer
Nationalität, verheiratet mit einer Deutschen, beantragte am
10.1.2000, bald nachdem er von der Geburt seines aus einer früheren
nichtehelichen Beziehung stammenden Sohnes erfahren hatte, die
Übertragung des Sorgerechtes auf sich. Der Sohn war, ohne seine
Zustimmung, für eine Adoption frei gegeben worden und lebt bei einer
Pflegefamilie. Das alleinige Sorgerecht wurde nach einer
Übergangsperiode, mit zunehmenden Kontakten zwischen Vater und Sohn
gewährt. Im Beschwerdeverfahren (veranlasst von Jugendamt und
Pflegefamilie) wurde die Sorgerechtszuteilung jedoch aufgehoben und
zusätzlich der Umgang für ein Jahr ausgesetzt, mit der Begründung, dass
sich zwischen der Pflegefamilie und dem Kind, das dort inzwischen 1J 10
Monate gelebt hatte (laut OLG ein ,,unendlicher Zeitraum"
für ein Kind dieses Alters), eine enge emotionale und soziale Bindung
entwickelt habe und das Kind bei einer Trennung von der Pflegefamilie
schweren und irreparablen Schaden erleiden würde. Der Gerichtshof fand
jedoch einstimmig, dass Deutschland unter Artikel 8 (Respektierung des
privaten und Familienlebens) verpflichtet ist eine Zusammenführung von
Kindern mit den leiblichen Eltern jedenfalls zu versuchen.
Wir haben eine deutsche
Übersetzung
der §§ 44-51 (pdf Datei, 97kB) aus
dem unten aufgeführten Urteil des Europäischen Gerichtshofes
angefertigt.
18.2.2003: Zwei
Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei
Vorwürfen von sexuellem Kindesmissbrauch.
26.2.2002: Erneutes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen
Deutschland in Sachen Kindschaftsrecht:
CHAMBER JUDGMENT IN THE CASE OF KUTZNER v. GERMANY
In a
judgment [fn] delivered at Strasbourg on 26 February 2002 in the
case of Kutzner v. Germany (application no. 46544/99), the European
Court of Human Rights held unanimously that there had been a
violation of Article 8 (right to respect for private and family
life) of the European Convention on Human Rights.
Under Article 41 (just satisfaction) of the Convention, the Court
awarded the applicants 15,000 euros (EUR) for non-pecuniary damage
and EUR 8,000 (less EUR 350.63) for legal costs and expenses. (The
judgment is in French only).
1. Principal
facts .........
Diesmal handelt es sich um
eine Inobhutnahme (Mai 1997) von 2 Kindern, weil eine
Sozialarbeiterin, Jugendamt und sehr kontrovers psychologische
Sachverständige befanden, dass die Eltern nicht über die nötigen geistigen
bzw. emotionalen Fähigkeiten verfügten. Anderslautende private Gutachten
veranlasst durch den Kinderschutzbund etc und die von Ärzten der Familie.
wurden nicht berücksichtigt, die Kinder auch nie von den Gerichten
angehört. Die damals etwa 4 und 6 jährigen Kinder wurden nicht nur von den
Eltern getrennt sondern sogar bei unterschiedlichen Pflegefamilien
untergebracht. Den Eltern wurden für 6 Monate die Aufenthaltsorte der
Kinder ganz verschwiegen, dann nur ein Besuchsrecht von einer Stunde im
Monat in der Anwesenheit von 8 (in Worten acht!!) familienfremden Personen
gewährt etc. etc.
vgl. auch OLSSON
v. SWEDEN (No. 1), Appl. Nr. 00010465/83 vom
24/03/1988 und 26/10/1988.
und weitere in der Entscheidung angeführte Fälle, sowie:
Scozzari &Giunta vs. Italy, Appl. Nr. 39221/98 u 41963/
98 vom 13/7/2000
BUCHBERGER v. AUSTRIA, Appl. Nr. 00032899/96 vom 20/12/2001
11.10.2001:
Press release issued by the
Registrar
CHAMBER
JUDGMENTS IN THE CASES OF
SAHIN v. GERMANY, SOMMERFELD v. GERMANY, and
HOFFMANN v. GERMANY
The European Court of Human Rights has today
notified in writing judgments in the cases of: Sahin v. Germany
(application no. 30943/96), Sommerfeld v. Germany
(no. 31871/96) and Hoffmann v. Germany (no.
34045/96), none of which is final [ fn ]. (The
judgments are available only in English.)
The European Court of Human Rights held, by
five votes to two, that there had been:
- a violation of Article 8 (right to respect for family life) of
the European Convention on Human Rights in Sahin v. Germany
and Sommerfeld v. Germany;
- no violation of Article 8 in Hoffmann v. Germany;
- a violation of Article 14 (prohibition of discrimination) taken
together with Article 8 in all three cases;
- a violation of Article 6 (right to a fair
hearing ) in Sommerfeld v. Germany and Hoffmann
v. Germany.
Under Article 41 (just satisfaction) of the
Convention, the applicants were awarded the following amounts in German
Marks (DEM):
|
Non-pecuniary damage |
costs and expenses |
(1) Sahin v. Germany |
DEM 50,000 |
DEM 8,000 |
(2) Sommerfeld v.
Germany |
DEM 55,000 |
DEM 2,500 |
(3) Hoffmann v. Germany |
DEM 25,000 |
DEM 2,500 |
Der Sachverhalt ist in allen drei Fällen (und
vielen anderen, in denen die Betroffenen nicht über die notwendige
Ausdauer und finanziellen Mittel verfügen) im wesentlichen der gleiche,
uns leider sattsam bekannte (vgl. z. B. den folgenden Artikel im Focus vom
7.11.2001 und unseren Kommentar). Nur wurde der Umgang zwischen den
Kindern und den (nichtehelichen) Vätern diesmal nicht "nur" ungestraft
vereitelt, sondern von den Gerichten sogar unterbunden, auf Grund der
Expertisen des Jugendamtes, flüchtiger richterlicherAnhörung
und mangelhafter psychologischer Gutachten, in denen die
Vater-Kind-Beziehung überhaupt nicht (oder nicht adequat) evaluiert wurde.
13.7. 2000 Deutschland
wegen Verweigerung eines Umgangsrechts vom Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte verurteilt (Verletzung der Art. 6, 8 EMRK):
Pressemitteilung
(vollständiges Urteil folgt):
JUDGMENT
IN THE CASE OF ELSHOLZ v. GERMANY
The European Court of Human Rights has
today notified in writing judgment in the case of Elsholz v.Germany. The
Court [of Human] Rights held by thirteen votes to four that there had
been a violation of Article 8 of the European Convention on
Human Rights (right to respect for family life), unanimously that there
had been no violation of Article 14 taken in conjunction with
Article 8 of the Convention (freedom from discrimination in respect of
the right to respect for family life) and by thirteen votes to four that
there had been a violation of Article 6 § 1 (right to a fair
hearing) of the Convention. Under Article 41 (just satisfaction) of
Convention, the Court awarded the applicant 35,000 German marks (DEM)
for non-pecuniary damage and DEM 12,584.26 for legal costs and
expenses......
Communiqué du Greffier
ARRÊT DANS L’AFFAIRE ELSHOLZ c. ALLEMAGNE
Par un arrêt communiqué par écrit le 13
juillet 2000 dans l’affaire Elsholz c. Allemagne, la Cour
européenne des Droits de l’Homme dit, par treize voix contre quatre,
qu’il y a eu violation de l’article 8 (droit au respect de la
vie familiale) de la Convention européenne des Droits de l’Homme, à
l’unanimité, qu’il n’y a pas eu violation de l’article 14 pris
avec l’article 8 (interdiction de discrimination en ce qui concerne le
droit au respect de la vie familiale) et, par treize voix contre quatre,
qu’il y a eu violation de l’article 6 § 1 (droit à un procès
équitable). En application de l’article 41 (satisfaction équitable) de
la Convention, la Cour alloue au requérant 35 000 marks allemands (DEM)
pour dommage moral ainsi que 12 584,26 DEM pour frais et dépens...
Es folgt eine Darstellung des Sachverhaltes
und der Urteilsbegründung. Der Sachverhalt ist uns allerdings aus
ähnlichen Fällen leider sehr bekannt [vgl. dazu z. B. den erst gerade
erschienen Artikel (9.7.200) aus Le Figaro, insbesondere über die
unkritische Würdigung des "Kindeswillens" durch deutsche Gerichte, sowie
unsere Informationen zu PAS und ,,Umgangsausschluß
im Sinne des Kindeswohls?"]. Deshalb ist die Entscheidung auch für
viele andere Fälle äußerst bedeutungsvoll, eheliche wie nichteheliche.
(Der Beschwerde einer Diskriminierung nach Art. 14 EMRK gegen
nichteheliche Väter wurde nicht entsprochen, weil der Gerichtshof [unserer
Erfahrung nach zu Recht] davon ausging, dass die deutschen Entscheidungen
auch im Falle eines ehelichen Kindes ähnlich ausgefallen wären.):
Mutter zieht nach 3 Jahren mit ihrem älteren Sohn und dem gemeinsamen
nichtehelichen Kind 1988 aus der gemeinsamen Wohnung aus. Vater hat noch
etwa 3 Jahre lang häufigen Umgang mit seinem Sohn, bis Juli 1991. Im
Dezember erklärt der Sohn, gerade fünfjährig (!!) dem Jugendamt,
dass er keine weiteren Kontakte mit seinem Vater wünsche. Daraufhin werden
Umgangsersuchen von allen Instanzen abgelehnt, mit den bekannten
Begründungen: Ein Umgang gegen den augenscheinlichen Willen des (mitten im
Konflikt befindlichen und dadurch unzweifelhaft erheblich beeinflußten)
Kindes, gleich welchen Alters, und bei massiver Ablehnung durch den
sorgeberechtigten Elternteil würde dem Kindeswohl widersprechen. Das war
auch für das Berufungsgericht (Landgericht) offenbar so
selbstverständlich, dass auch dieses die Einschaltung eines
psychologischen Sachverständigen für unnötig hielt (obwohl nicht nur vom
Vater wiederholt gefordert, sondern auch vom Jugendamt empfohlen), und
sogar von einer weiteren Anhörung der Eltern und des Kindes absah. Die
Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1994).
13.7.2000:Das Urteil im Fall
Elsholz gegen Deutschland(in
Französisch und
Englisch ) ist nun ebenfalls vollständig verfügbar. Der
Beschwerdeführer war vor dem Gericht durch Rechtsanwalt Dr. Peter
Koeppel, München, und die Bundesregierung ("the Government")
durch ihren "agent", Frau H. Voelskow-Thies,
Ministerialdirigentin im Bundesjustizministerium vertreten.
29.8.2000: Das August Heft von DER
AMTSVORMUND bringt eine deutsche Übersetzung des Urteils des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte, Elsholz gegen Deutschland.
Es wird kommentiert von Prof. Liermann, RA. Dr. Koeppel und Dipl. Psych.
Kodjoe.
Stellungnahme
des Vorsitzenden von Väter für Kinder zum Urteil Elsholz v. Deutschland
am European Court of Human Rights in Straßburg.
Aus FamRZ 1999, Heft 24, S.
1645-1646 (auszugsweise): Europäische
Kommission für Menschenrechte zum Recht auf gerichtliche
Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist. Nr. 1095 EKMR -
EMRK Art. 6 I, Art. 8 I.
Entscheidungen des EGMR zu
Kindesentführung sind auf unserer Webseite zu
Internationaler Kindesentführung
aufgeführt.