Sexuelle Missbrauchsanschuldigungen und
Glaubhaftigkeitsgutachten.
Sexueller Kindesmissbrauch
ist eines der schlimmsten Verbrechen, das zu
Recht Entsetzen und Abscheu auslöst, Abscheu sogar bei sonstigen,
"ordentlichen" Verbrechern, derart, dass Kinderschänder
in Gefängnissen oft in besonderer Weise vor Übergriffen
geschützt werden müssen. Was uns hier aber allein beschäftigt,
trotz der Widerlichkeit dieses Themas und der nicht selten stark ideologisch
befrachteten Diskussion
dazu, sind Fälle bei denen sich ein Verdacht oder eine Anschuldigung
letztlich als unbegründet erweist. Solche Fälle treten gehäuft im
Zusammenhang mit Trennungs- / Scheidungskonflikten auf, so häufig, dass
dafür in den USA, wo dieses Phänomen schon früher beobachtet wurde, im
Fachaufsatz der Psychologen Gordon Blush und Karol
Ross, 1987 der Begriff Sexual Allegation in Divorce Syndrome
(SAIDS) eingeführt wurde. Kurz
darauf wurde dieses Thema auch in einem Handbuch der American Bar Association (Nationaler
Anwaltsverein) behandelt.
Solche Anschuldigungen gehören auch in Deutschland
in Hochkonfliktfällen bei Trennung / Scheidung fast zum
Normalität. Der ehemalige Familienrichter und Vorsitzende des
Familiengerichtstages etc., Prof. Siegfried Willutzki, wurde schon 1994
mit einer Schätzung zitiert (Rheinische Post vom 26.3.1994), wonach der
Anteil von Missbrauchsanschuldigungen bei etwa 40% der Verfahren lag,
wobei die Gefahr von Fehldeutungen und falschen Vorwürfen sehr groß sei
(vgl. VfK Info 2/96).
Prozentsätze, insbesondere über gutgläubige oder bewusst falsche
Anschuldigungen sind natürlich besondersr umstritten. Der
psychologische Sachverständige Prof. Schade
berichtet 1995, dass nach seiner eigenen Statistik auf der Basis von
etwa 250 Sachverständigengutachten wegen sexuellem Missbrauchs in
familiengerichtlichen Verfahren es keine 10 % sind in denen ein
Verdacht erhärtet werden konnte. Von Erleichterung in den anderen
90% der Fälle, wie man sie eigentlich beim anderen Elternteil
(praktisch immer der Kindesmutter) bei einem gutgläubigen Verdacht
erwarten müsste, berichtete er allerdings nicht. Meist halten
solche Eltern zumindest außerhalb des gerichtlichen Verfahrens an
ihren Anschuldigungen unbeirrt fest, auch wenn nicht nur die
Sachverständigen, sondern auch der Rest der Welt anderer Meinung sein
sollte.
Der
Frage nach der Häufigkeit von Anschuldigungen sexuellen
Kindesmissbrauchs im Zusammenhang mit Trennung / Scheidung und
insbesondere nach deren Wahrheitsgehalt wurde auch in einer sehr umfangreichen Untersuchung vom kanadischen
Justizministerium 2001 nachgegangen (naturgemäß mit besonderer
Aufmerksamkeit auf Verhältnisse in Kanada und den Umgang der Justiz mit
diesem Problem).
Unbegründete Anschuldigungen sexuellen Kindesmissbrauchs müssen
keineswegs immer böswillig erfolgen (obwohl dies von den Beschuldigten
meist anders gesehen wird), sondern können auch auf Grund der
gesteigerten Sensibilität in der Trennungs- / Scheidungssituation
und der Psychodynamik der davon betroffenen Personen entstehen.
Verhaltensauffälligkeiten, wie sie bei Kindern im Gefolge einer
Trennung / Scheidung und insbesondere etwa nach einem Besuchswochenende
beim anderen Elternteil auftreten können (Figdor,
1997), können sehr leicht zu Fehldeutungen führen. Dazu
kommt, dass häufig der frühere Partner zur Inkarnation des Bösen wird, dem
man nun selbst derartig Abscheuliches zutraut. Symptomlisten,
die aber jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren, spielen da eine
verhängnisvolle Rolle (Endres,
1996). Solche Listen sind nicht nur bei selbsternannten
"KinderschützerInnen" weit verbreitet. Eine solche Liste ist uns sogar als
"Orientierungshilfe" des AK "Sexuelle Kindesmisshandlung" des
Allgemeinen Sozialdienstes einer deutschen Großstadt bekannt
geworden. Eine mit einem Fallbeispiel illustrierte aktuelle
Darstellung, die aufzeigt wie leicht auf diese Weise
Falschanschuldigungen mit scheinbar immer überzeugenderen Inhalt
entstehen können wurde von Terence W. Campbell
(2013) in einem Handbuch für üsychologische und juristische Fachleute präsentiert.
Ein unbegründeter Verdacht kann aber auch in intakten
Familien durch Äußerungen des Kindes, von Bekannten, aus dem
Kindergarten oder der Schule oder ebenfalls durch Missdeutung von
Symptomen entstehen und stellt dann Eltern vor schwierige
Entscheidungen oder setzt sie sogar der ernsten Gefahr aus, dass ihnen
ihr Kind entzogen wird, wie das leider schon wiederholt in Deutschland
geschehen ist. Selbstverständlich müssen solche Äußerungen und
Anzeichen ernst genommen werden, aber Panik, die sich häufig einstellt
und rein menschlich gesehen verständlich sein mag, schadet hier
erheblich.
Gerade bei Verdacht
auf sexuellem Kindesmissbrauch muss strengstens darauf geachtet werden,
dass Aussagen und das Gedächtnis von Kindern nicht durch
suggestive Fragen kontaminiert werden, die nicht selten
noch dazu oft genug wiederholt werden, so dass sich Fehler im
Gedächtnis des Kindes verfestigen. Spontane Erstaussagen von Kindern
sind am glaubhaftesten (Ceci, S. J., and
M. Bruck, 1995),
besonders wenn sie vor dafür speziell geschulten Fachleuten erfolgen und von
diesen ausreichend aber strikt ergebnisoffen hinterfragt werden.
Exakte Protokolle dieser Aussagen, am besten per Video, ersparen dem
Kind auch erhebliche, weitere seelische Belastung durch wiederholte
Aussagen. Das ist im zunehmenden Maße bei
Strafanzeigen gewährleistet, aber leider auch nicht immer.
Weit
weniger ist diese fachgerechte Aussageerhebung gewährleistet, wenn ein
Verdacht im familiären Umfeld entsteht, gerade da, wo es sich besonders
oft um einen letzlich unbegründeten Verdacht durch Missdeutungen von
Verdachtsmomenten etc. handelt. In
sogenanten parteilichen (aber in Deutschland trotzdem meist
öffentlich geförderten) Beratungsstellen und bei "AufdeckerInnen" (in
den USA treffender "validator" = Bestätiger genannt) kann dann relativ
leicht die Bestätigung von Verdachtsmomenten oder Vorwürfen gefunden
werden. Die Ideologie oder auch die persönliche Betroffenheit und
mangelnde Ausbildung vieler BeraterInnen verleitet dazu die Prüfung
alternativer Erklärungen von Symptomen nicht ausreichend zu betreiben.
Das vielfach schon vorgefasste Ergebnis wird dann durch suggestive
Befragungen, die Interpretation von Kinderzeichnungen, dem
Einsatz von anatomisch korrekter (eigentlich übertriebenen) Puppen und
anderer Materialien "erhärtet". Dem kommt aber
in forensisch-aussagepsychologischen Gutachten keine Beweiskraft
zu, wie die Entscheidung
des Bundesgerichtshofs vom 30.07.1999 - 1 StR 618/98 besonders deutlich machte. In
diesem Falle, handelte es sich um einen Strafprozess (Verurteilung
zu einer Freiheitsstrafe von 6 1/2 Jahren wegen sexuellen Mißbrauchs eines
14 jährigen Kindes). Das Landgericht
hatte ein weiteres Sachverständigengutachten abgelehnt, ohne auf die
monierten Mängel im Erstgutachten einzugehen. Deshalb war das Urteil
aufzuheben.
Die Entscheidung des BGH formulierte klare Mindestanforderungen an
psychologische Glaubhaftigkeitsgutachten, die seither als Maßstab für
aussagepsychologische Untersuchungen gelten. Entscheidungen
des BGH
sind leider erst ab 2000 online abrufbar, aber entsprechend der
Bedeutung dieser Entscheidung gibt es sehr zahlreiche Fundstellen in der
Literatur, vgl. z.B. http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=1%20StR%20618/98 und http://openjur.de/suche/BGHSt+45%2C+164/
.
Therapierte "Erinnerungen"
Nicht selten wird sogar bis zu einer Aussage
über längere Zeit mit dem mutmaßlichen Opfer "gearbeitet". Durch derlei
Methoden können Erinnerungen wesentlich verfälscht und spätere
Sachverständigengutachten erheblich erschwert werden, was z.B. bei den Wormser
Prozessen (1995-97) und anderen Prozessen mit
Vielfachanschuldigungen beklagt wurde. Eine psychologische
Stellungnahme aus 1996 zu
der Frage, ob das Gutachten einer Dipl.-Psychologin für die
Staatsanwaltschaft B. den methodischen Anforderungen genügt, die an ein
aussagepsychologisches Gutachten zu stellen sind, findet
sich z. B. vollständig (aber anonymisiert) in den Materialien
(S. 181-216) der Tagung "Psychologie
im Familienrecht", Bad Boll, 1998. (Vgl. auch die dortige
Tagung von 1995, speziell zum Thema Sexueller Kindesmissbrauch). Das
Resultat war absolut vernichtend. So hat die Gutachterin u. a. in 12
Sitzungen mit dem Kind "gearbeitet", mit Spielstunden etc., obwohl dies
bei einem Glaubhaftigkeitsgutachten absolut fehl am Platze ist. Dazu
kamen das Arbeiten mit Kinderzeichnungen (Krickelkrackel), Mängel bei
der Beurteilung der Dokumentation von Aussagen durch die Erzieherinnen
eines Kindergartens, etc., etc. Man sieht, dass gravierende Fehler
nicht nur auf Leute beschränkt sind, die sich selbst als "Aufdecker"
und parteilich (für das Kind) deklarieren und schon deshalb, z.B. in
ihren "Stellungnahmen", Alternativhypothesen kaum berücksichtigen. Auch
die in dem erwähnten BGH Urteil angesprochene psychologische
"Sachverständige" brüstete sich vielfach mit solchen Methoden,
einschließlich dem Gebrauch anatomisch korrekter (eigentlich aber
überbetonten) Puppen, mit denen sie um die tausend Fälle ,,aufgedeckt"
haben will (einige davon mit Todesfolgen, dem Suizid des
Beschuldigten). Besonders gravierend sind solche Fehler, wenn die
"Aufdeckung" mit einer "Therapie" der Opfers (der "Überlebenden",
im in diesen Kreisen üblichem Jargon) verbunden ist, bevor feststeht, dass
dem Kind tatsächlich etwas geschehen ist.
Eine wirklich verheerende
Rolle spielt das "Zurückbringen" angeblich "verdrängter Erinnerungen" an
sexuellen Missbrauch, im Rahmen einer Psychotherapie, aus meist ganz
anderer Veranlassung. Dieses "False
Memory Syndrome"
führt besonders bei jungen, erwachsenen Frauen zu erheblichen
Leiden, falschen sexuellen Missbrauchanschuldigungen, mit zunehmend
bizzareren Einzelheiten, gegen Mitglieder der eigenen Familie und damit
langjähriger oder dauerhafter Entfremdung. Auch die zahlreichen
Schriften ideologisch stark befrachteter AutorInnen, aber meist ohne
jede psychologische Ausbildung, trugen ganz erheblich zu einer
großen Welle solcher Fälle bei, darunter besonders das schon vor Jahren
über 700.000 mal verkaufte Buch von Ellen Bass & Laura Davis,
,,The
Courage to Heal. A guide for women survivors of sexual abuse" (1998),
erschienen
1990 in Deutsch als "Trotz allem.
Wege zur Selbstheilung für sexuell mißbrauchte Frauen", und der
Übersetzung ausgerechnet gefördert durch das Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen
und Gesundheit !!.
Um sich wenigstens eine Vorstellung vom Inhalt dieses Buches. das
einige in seiner Qualität sogar mit ,,Mein Kampf" verglichen, und
zahlloser, ähnlicher Schriften (auch zum sogenannten, aber
nie nachgewiesenen rituellem Missbrauch) zu machen, lohnt es sich
daraus wenigstens einige Ausführungen zu zitieren wie z. B.:
S. 13: Ich
habe nie Psychologie studiert. Therapeutische Fähigkeiten erwarb ich
vor allem in der Praxis. Aber nichts von dem, was hier steht, basiert
auf psychologischen Theorien.
S. 20: Wenn du dich nicht an
solche konkreten Geschehnisse erinnern kannst, und trotzdem das Gefühl
hast, mißbraucht worden zu sein, stimmt es vermutlich (vgl. auch
>>Aber ich kann mich an nichts erinnern<<, S.
73)
S.21: Wissen
um Mißbrauch beginnt oft mit einem winzigen Gefühl, einer Intuition
oder vagen Ahnung. Es ist wichtig, daß du deiner inneren Stimme
vertraust und von dort aus weiterarbeitest. Geh davon aus, daß deine
Gefühle richtig sind. Bis
jetzt hat noch keine Frau, mit der wir gesprochen haben, zuerst
gedacht, sie sei vielleicht mißbraucht worden, und später entdeckt,
daß
es doch nicht stimmte. Es läuft immer andersrum: dem Verdacht folgt
die
Bestätigung. Wenn du glaubst, du seist mißbraucht worden, und dein
Leben zeigt entsprechende Symptome, dann stimmt es auch.
S. 36: Die
Psyche besitzt ungeheure Verdrängungskraft. Viele Kinder können den
Mißbrauch vergessen, sogar während er geschieht. ... Die Fähigkeit zu
vergessen erklärt, wieso so vielen erwachsenen Überlebenden gar nicht
klar ist, daß sie mißbraucht worden sind. (Für eine gründliche
Erklärung dieses Phänomens siehe >>Das Erinnern<<, S. 62.)
Dort wird beschrieben wie der Körper sich merkt, was das Bewußtsein
vergessen will.
Unter Leitung einer "Therapeutin" kann man daher die
Reise in die Vergangenheit antreten, vgl. z B. auch Sommer
& Bommert, [1995]. Erzählen der Mißbrauchsgeschichte
in Babysprache, wenn der Mißbrauch vor dem Sprechenlernen
geschah, oder Rollenspiel (S. 116) sind einige der "therapeutischen"
Möglichkeiten. Die Grundlage der Heilung ist aber zu glauben daß es
geschah (S. 78 ff) und intensiven Haß auf den Mißbraucher
(meist den Vater) zu entwickeln, S. 113 ff, 6. Auflage 1995. (13. Auflage in
2006, Orlanda Frauenverlag).
Weitere
Zitate aus "Trotz Allem" unter "Zum Kongress Kinderschutz und
Kindeswohl im Sorge -und Umgangsrecht, Frankfurt/Main 18-19.1.2008 und
ähnlichen Veranstaltungen."
B. Kavemann (früher, nach eigenen
Angaben, wissenschaftliche Begleiterin von Projekten bei Wildwasser
Berlin, Koautorin von "Väter
als Täter", jetzt Professorin an einer Hochschule für Sozialwesen)
bezeichnete (im Umschlagstext, 6. Auflage, 1995) das Werk als
unentbehrliches Handbuch in der Beratungs- und Selbsthilfearbeit:
Trotz
allem
wird bald nicht mehr aus der Beratungs-und
Selbsthilfearbeit wegzudenken sein. Ein unentbehrliches Handbuch für
alle, die bisher mit ihren Erfahrungen und Problemen allein geblieben
sind.
Barbara Kavemann, Mitautorin von Väter als
Täter. .
Dem Spuk "therapierter Erinnerungen" wurde wenigstens in den USA durch
die Aufklärungsarbeit von international anerkannten Experten zur Gedächtnisforschung und Aussagepsychologie, wie Ceci
& Bruck, oder Elizabeth Loftus (vgl. auch
Ofshe & Watters, 1996), teilweise auch im Rahmen
der von betroffenen Eltern 1991 gegründeten "False Memory Syndrome Foundation" erfolgreich
begegnet, (Es gibt auch eine Britisch False
Memory Society, die z. B. in ihrer Feb.
2005
Ausgabe über eine statistische Untersuchung der Wiederannäherung
zwischen "Überlebender" und ihrer Familie berichtet, was auch für
andere Fälle einer Eltern-Kind-Entfremdung interessant ist.). Allerdings
waren schon zahllose Familien durch
eine regelrechte Industrie von Psychotherapeuten und
Spezialkliniken die sich auf das "Zurückbringen" angeblicher
frühkindlicher Erinnerungen, als der Quelle aller psychischen Probleme
junger Erwachsener (fast immer Frauen) spezialisiert hatten, zerstört
worden. (Das tatsächlicher sexueller Missbrauch schwerwiegende, oft
lebenslange psychische Folgen beim Opfer haben kann, wird
selbstverständlich nicht bestritten.) Besonders wirksam geschah dies
durch Schadensersatzforderungen betroffener Frauen in
Millionenhöhe, die mittels wissenschaftlich hervorragend begründeten
Argumenten auch durchgesetzt wurden, wie R.
Christopher Barden (promovierter Psychologe und promovierter Jurist,
Ph.D., J. D.) auf der PAS
Tagung in Frankfurt, 2002 beschrieb (Konferenzband, S.373-381, auch
Audio) mit dem
Plädoyer dafür, dass solche wissenschaftlichen
Methoden vor Gericht auch angewendet werden sollten, um Parental
Alienation erfolgreich zu begegnen (vgl. auch Barden 2006, Lorandos,
2006 im International Handbook of Parental Alienation).
Das war sehr überzeugend, selbst wenn er darauf
verzichtete, auch nur zu erwähnen, dass er selbst sehr erfolgreich Opfer therapierter Erinnerungen (und hier) vor Gericht vertreten hat, denen dann, häufig
in einer außergerichtlichen Einigung, Schadenersatz, sogar bis zu 10.6 Millionen US
$, zugesprochen wurde.
Es wird nicht erstaunen, dass diese Welle auch auf Deutschland
überschwappte, wenn auch, wie meistens, mit einiger Verzögerung.
Phoenix und WDR zeigten vor einigen Jahren einen sehr berührenden
Film von Felix Kuballa, Multiple Persönlichkeiten: Wahn der Therapeuten? über
eine Frau, die in Deutschland, 1991-94, Opfer einer solchen Therapie wurde.
Der Film erwähnt auch R. C. Barden und andere Experten (vgl. auch Psychologie
Heute). Ob sie ihre Schadensersatzforderungen je durchsetzen konnte,
wissen wir nicht. Lediglich Kritik an diesem Film, von hiesigen TraumatherapeutInnen,
konnten wir im Internet bisher finden.
Ein weiteres Beispiel in dem gleich in einer ganzen Gruppe von jungen
Erwachsenen durch eine "Lebensberaterin" "Erinnerungen" an sexuellen
Missbrauch in der Kindheit "wach gerufen" wurden, und es dementsprechend zur
Entfremdung von ihren Familien kam, zeigte WDR in seiner Serie Menschen
hautnah: Ein Missbrauch, den es nie gab, Sendung vom 09.10.2014:
„Wir haben gedacht, die Welt bleibt
stehen. Ich habe laut geweint und gerufen: Herr unsere Kinder. Das
kann man doch nicht verstehen. Es war doch nie was vorgefallen.“ Die
alte Dame sitzt neben ihrem Mann im Wohnzimmer und kann heute – 20
Jahre danach - noch nicht fassen, was damals passierte.
Dass der Spuk therapierter "Erinnerungen" in Deutschland keineswegs schon
ausgestanden ist, zeigen auch weitere dramatische Beispiele mit ganz
ähnlichem Verlauf auf den Webseiten von False
Memory Deutschland e.V. Diese Webseiten enthalten eine
umfangreiche Literaturliste und eine Vielzahl weiterer Informationen.
Dass Erinnerungen leicht verfälscht werden können zeigen eine Vielzahl
empirischer psychologischer Untersuchungen, zusammengefasst z. B. schon in
dem exzellenten Buch von Ceci,
S. J., and M. Bruck, 1995.
Dass dies im Zusammenhang mit sexuellen Missbrauchsanschuldigungen geschieht
mag teilweise wenigstens auf eine Hypothese von Sigmund Freud zurückgehen,
wonach Erinnerungen an sehr traumatische Ereignisse, insbesondere sexuellen
Missbrauch verdrängt werden, aber durch eine geeignete Therapie
zurückgebracht werden können und so das Leiden verringert werden kann.
Empirisch gesehen wirft das aber schon gleich zwei schlichte Fragen auf:
- Für Menschen, die ein schweres Trauma durch ein Unglück,
Kriegserfahrungen, sonstige Gewalt etc. erlebt haben besteht das Problem
im Gegensatz zu dieser Hypothese vor allem gerade darin, dass sie
Erinnerungen an dieses Erlebnis nicht los werden und es sich immer
wieder in den Vordergrund drängt.?
- Die Frage ob sexueller Missbrauch in der frühen Kindheit, wenn er
nicht durch Gewalt erfolgte (z.B. innerhalb der Familie) überhaupt zu dem
Zeitpunkt als schweres Trauma erlebt wird, wurde von der Psychologin Susan A. Clancy
empirisch gründlich untersucht, zusammengefasst in dem Buch The
Trauma Myth: The Truth about the Sexual Abuse of Children—and its
Aftermath; 2010, ISBN 978-0-465-01688-4. Ihr Ergebnis ist, dass der Vorgang
zu den Zeitpunkt nur in wenigen Fällen in seiner Dimension vom Kind
schon verstanden und abgewehrt wurde, in der weit überwiegenden Mehrzahl
so aber erst viel später durch große Enttäuschung und Scham zum Trauma
wurde. Das ändert selbstverständlich nichts daran, dass sexueller
Kindesmissbrauch ein schweres Verbrechen ist, stellt aber die Thesen
vieler TraumatherapeutInnen von verdrängten Erinnerungen an
frühkindlichen sexuellen Missbrauch und deren Traumawirkung
(Persölichkeitsspaltung, Dissoziation etc.) ganz erheblich in Frage. Es
erstaunt daher nicht, dass die Autorin deshalb heftig angegriffen
wurde, wie auch schon bei ihrem ersten Versuch einer empirischen
Untersuchung sexueller Missbrauchsanschuldigungen und angeblich
verdrängter Erinnerungen. Den musste sie schließlich abbrechen, weil
sie sogar persönlich bedroht wurde, schreibt sie in dem Buch Abducted:
How People Come to Believe They Were Kidnapped by Aliens (2005) über die Untersuchung zu der
sie dann auswich. Sie zeigt, wie Menschen von etwas absolut überzeugt
sein können, für das es keinen Erlebnishintergrund gibt, ja was nicht
einmal physikalisch möglich ist.
Eine ausführliche Darstellung der Thematik aus psychologischer Sicht
gibt das Buch Abused
by Therapy: how searching for childhood trauma can damage adult
lives von Katherine Mair (2013).
Eine ausgewogen kritische und ausführliche Darstellung zur
Dissoziativen Identitätsstörung, findet sich in dem Wikipedia
Artikel Dissociative identity disorder und auf Deutsch in http://www.verhaltenswissenschaft.de/Psychologie/Psychische_Storungen/Multiple_Persoenlichkeit/multiple_persoenlichkeit.htm#Kritik
.
Glaubhaftigkeitsgutachten
Zur Prüfung des Wahrheitsgehaltes wird in Strafverfahren,
aber auch bei Missbrauchanschuldigungen im Rahmen eines
familienrechtlichen Verfahrens, häufig ein aussagepychologisches
Gutachten erstellt. Dabei geht es um
die Feststellung, ob eine bestimmte Aussage (des Zeugen oder
mutmaßlichen Opfers) auf eigenem Erleben (und nicht etwa auf
Fremdeinflüssen) beruht, also um die Glaubhaftigkeit einer bestimmten
Aussage, nicht um die Integrität der Person, wie besonders oft von
Gruppen unterstellt wird, die solche Untersuchungen aus ideologischen
Gründen vehement ablehnen (vgl. Zitate in Carl, 1995; Steller,1998). Daher sollte von Glaubhaftigkeitsgutachten,
statt, wie meist, von Glaubwürdigkeitsgutachten gesprochen worden.
Ausgegangen werden muß (nun auch laut BGH Entscheidung vom 30.07.1999 - 1 StR 618/98)
von der Nullhypothese,
dass der Vorwurf nicht
zutrifft, oder anders ausgedrückt, der Hypothese, dass der/die
Aussagende diese Aussage aufgrund der Persönlichkeit und den
Entstehungsbedingungen der Aussage (die festzustellen sind!) auch ohne
eigenen Erlebnishintergrund hätte machen können. Sie ist
widerlegt, wenn die Aussage eine hinreichende
Zahl von Glaubhaftigkeitsmerkmalen, oder nach Steller und Köhnken,
Realitätskennzeichen ( vgl. Steller, 1998)
aufweist (Arntzen, 1993).
Dazu gehören Detailreichtum der Schilderung, einschließlich der
Fähigkeit diese nach nichtsuggestiven Fragen zu ergänzen, Einbindung in
die Rahmenhandlung, einschließlich Komplikationen und ausgefallener
Details beim Ablauf, Konstanz, etc. Weiter gilt nach Arntzen: Die
Unglaubwürdigkeit einer Aussage manifestiert sich in erster
Linie darin, dass der Zeugenaussage mehrere [ein Komplex] der
besprochenen Realkennzeichen fehlen (S. 111, 24), die Nullhypothese
also nicht widerlegt werden kann. Eindeutige, nicht defiziente
Symptome
der Unglaubhaftigkeit (Lügensymptome) - also Aussageeigenarten die
nicht einfach Mängel (z.B. in der Detaillierung, Präzisierbarkeit)
darstellen, beispielsweise körperliche Phänomene, kann man nach
Ansicht
dieser Schule bisher nicht angeben (S. 113).
Tests mit dem Polygraphen (Lügendetektor), dem sich viele Beschuldigte
in einem verzweifeltem Versuch ihre Unschuld zu beweisen freiwillig
unterziehen, basieren zwar auf physiologischen Lügenmerkmalen, sind
jedoch umstritten und auch nach neuesten Entscheidungen zumindest in
Strafverfahren nicht berücksichtigungsfähig (BGH
1 StR 156/98, Urteil vom 17.12.1998).
Die
Aussagetüchtigkeit des Kindes muss vorher festgestellt werden. Neutrale
Vorkommnisse und das inkriminierte Geschehen sind bezüglich des
Aussageverhaltens zu vergleichen. Die Methodik der Untersuchung und die
Schlussfolgerungen müssen nachvollziehbar dargestellt werden. Diese
Prinzipien wurden nun in aller Deutlichkeit durch die obige
Entscheidung des Bundesdesgerichtshof als verbindlich formuliert und
den weit verbreiteten "Aufdeckermethoden" eine sehr deutliche Absage
erteilt.
Die z.B. von Steller, 1998
erwähnten Beispiele zeigen aber sehr eindringlich, dass da selbst bei
der Justiz und den von dieser beauftragten Gutachtern noch sehr viel
Fortbildung zu leisten ist. Selbst das Grundkonzept, mit der Leitfrage,
ob die Aussage auch ohne realen Erlebnishintergrund hätte gemacht
werden können (Nullhypothese) bereitet offensichtlich vielen noch
erhebliche Verständnisschwierigkeiten, obwohl sie doch eigentlich auch
voll mit dem fundamentalen Rechtsgrundsatz ,,in dubio pro reo"
korrespondiert. So sprach lt. Steller die Staatsanwaltschaft Mainz im
Verfahren Worms III wegen dieser Leitfrage von einer Festlegung auf ein
"Unglaubwürdigkeitsgutachten" und wollte damit den Sachverständigen
ablehnen. Feststellungen der ,,allgemeinen Glaubwürdigkeit", statt der
Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage, fänden sich immer noch, und
das nicht nur in Aufträgen der Justiz, sondern auch in den dann
gelieferten psychologischen Gutachten, obwohl solche Aussagen jeder
wissenschaftlichen Grundlage entbehren würden. Auch das herrschende
Fachwissen aus der umfangreichen Suggestionsforschung sei durch eine
davon ,,unabhängige Betrachtungsweise" ersetzt worden.
Vorwürfe
sexuellen Kindesmissbrauchs müssen natürlich auch im Zusammenhang mit
Trennung oder Scheidung sehr ernst genommen werden, da ja neben
möglichen Fehldeutungen und bewußt falschen Anschuldigungen auch eine
echte, gravierende Gefahr für das Kind bestehen könnte. Eine
vollständige Klärung der Anschuldigungen ist oft schwierig, da sie sehr
privates häusliches Verhalten betreffen, das meist auch keine
sichtbaren Spuren hinterlassen würde. Trotzdem sollte sie sehr rasch
geschehen, auch um die Belastung für das Kind und die anderen
Beteiligten einzuschränken. Wegen der emotional aufgeladenen
Atmosphäre, Angst und Panik die Anschuldigungen sexueller oder
körperlicher Misshandlung erzeugen, werden Angeschuldigte (meist der
Vater) praktisch immer wie Schuldige behandelt (,,Schuldig auf
Verdacht", wie ein Spielfilm zu diesem Thema heißt), solange nicht ihre
Unschuld erwiesen ist. Zu beweisen, dass etwas nicht
stattgefunden hat, ist aber besonders schwierig.
Die
Irrationalität die solche Anschuldigungen meist begleiten, können
Prozessbeteiligte zu ihrem Vorteil nutzen, z.B. als ultimative "Waffe"
zur Zerstörung der trotz Trennung/Scheidung noch vorhandenen Beziehung
des Kindes zum anderen Elternteil (vgl. Ward &
Harvey, 1998, Cartwright, 1993, aber
auch unsere Anmerkungen zu einer Übersetzung
aus Gardner, 1992). Dieses Ziel der
Eltern-Kind-Entfremdung (PAS)
wird wegen der Belastung des Kindes vor allem bei einer langen
Verfahrensdauer fast immer erreicht, auch wenn der Vorwurf schließlich
widerlegt wird.
Was uns immer wieder erstaunt ist, wie selten es in Deutschland
zu strafrechtlichen Ermittlungen, geschweige den Strafverfahren kommt,
wenn sexuelle Missbrauchsanschuldigungen im Zusammenhang mit einem
familiengerichtlichen Verfahren erhoben werden. Dies, obwohl
sexueller Missbrauch sehr zu Recht ein Offizialdelikt ist (§§ 176 ), d. h. bei Bekanntwerden
in der Justiz und vorhandenem Anfangsverdacht auch von Amts wegen
(ohne eigenen Antrag) strafrechtlich
zu verfolgen ist. Statt dessen werden solche Vorwürfe vielfach nur
im Rahmen des Familiengerichts abgehandelt und erledigen sich einfach,
wenn sich, wie so oft, der Vorwurf nicht bestätigt. Damit
können leider solche Vorwürfe praktisch risikolos erhoben werden,
erweisen sich aber als "ultimative Waffe" sehr
wirkungsvoll im Kampf um das alleinige Sorgerecht oder zur
Verhinderung von Umgangskontakten. Letztere werden zwar
nicht immer ganz ausgesetzt, sondern wie es eine Reihe
von Entscheidungen in Beschwerdeverfahren forderten, auf
begleiteten Umgang eingeschränkt, während, wie häufig, eine
gerichtlich angeordnete, aussagepsychologische Begutachtung des
Kindes läuft. Weil Umgangsregelungen, begleitet oder unbegleitet, meist
auch nicht durchgesetzt werden, läuft das praktisch auf dasselbe
hinaus, d.h. eine erhebliche Entfremdung des Kindes vom
Beschuldigten (praktisch immer der Vater) durch
die erheblich verlängerte Verfahrensdauer und die zusätzliche
psychische Belastung des Kindes.
Der mit solchen Anschuldigungen meist angestrebte
vollständige Ausschluß des Umgangs, auch schon in der Klärungsphase des
Vorwurfs, ist dagegen u.a. laut Entscheidungen des OLG
Braunschweig vom 5. Nov. 1998, Az. 1 UF 137/98 nicht gerechtfertigt,
wenn durch eine fachliche Begleitung des Umgangs
sicher gestellt ist, dass das Kind weder körperlich noch seelisch
gefährdet ist, also z.B. auch auf etwaige ablehnende Reaktionen des
Kindes entsprechend eingegangen werden kann, ähnlich OLG
Frankfurt 6. FamS in Darmstadt, Beschl. vom 30.6.1995- 6UF 60/95
(FamRz 1995, 1432= NJW-RR 649-650), OLG Bamberg, Beschl. v.
11.4.1994-2WF 45/94 (FamRZ 1995, 181-182), OLG Stuttgart, Beschl. vom
29.9.1993 -16UF 222/93 (FamRZ 1994, 718-719), OLG Hamm (FamRZ
1993, 1233-34).
In den USA
hat man verschiedentlich spezielle Gesetze geschaffen um der Seuche
bewußt falscher Anschuldigungen zu begegnen (vgl. dazu auch einen
Bericht aus Frankreich).
Zugegebenermaßen ist die Beweisführung meist schwierig, insbesondere
beim Versuch nachzuweisen, dass Behauptungen grob fahrlässig oder wider
besseres Wissen aufgestellt wurden.
Selbst zivilrechtliche Folgen sind in
Deutschland selten. Schadensersatzforderungen (Ollmann,
1996),
auch gegen mutmaßlich grob fahrlässige Gutachter, parteiliche
"Aufdecker" etc., sind schon wegen des Prozessrisikos schwer
durchzusetzen. Das Landgericht Paderborn hat am 22.8. 1997 in einem
derartigen Verfahren (AZ 2 O 135/97) eine Schmerzensgeldforderung gemäß
§§ 847, 823
I 1 BGB im Grunde nach wegen grober
Fahrlässigkeit des Sachverständigen in einem Grundurteil (§ 304
ZPO) als gerechtfertigt anerkannt. Es bedürfe aber einer weiteren
Klärung zur Festsetzung der Höhe (beantragt waren mindestens 80.000 DM).
Der Musiklehrer war im Mai 1989 auf Grund der Aussage seiner bei der
Trennung 4 jährigen Tochter und des Gutachtens des Psychologen Prof. B.
(Sept. 1988), dass die Tochter allgemein zeugentüchtig und glaubwürdig
sei, zu einer Freiheitsstrafe von 1 1/2 Jahren auf Bewährung verurteilt
worden. Eine schon 1989 in Auftrag gegebene Analyse dieses Gutachtens
kam zu dem Schluss, dass es nicht auf fachlich gesicherten Grundlagen
entwickelt worden war und wesentliche Gesichtspunkte der
Glaubhaftigkeitsbeurteilung vom Beklagten nicht berücksichtigt worden
seien. Weitere in 1990, 1991 eingeholte Stellungnahmen eines
Diplompsychologen erblickten darin ebenfalls schwere Mängel. Ein
Wiederaufnahmegesuch des Klägers wurde jedoch 1992 als unbegründet
zurückgewiesen. Erst als im Zusammenhang mit einem
verwaltungsgerichtlichen Verfahren, wegen Namensänderung, in einem
weiteren Gutachten erneut auf die schweren Mängel des Gutachtens aus
1988 hingewiesen wurde, griff die Staatsanwaltschaft das Verfahren
wieder auf und beantragte ein weiteres Gutachten zur Frage ob das
Gutachten aus 1988 unter Berücksichtigung neuerer wissenschaftlicher
Erkenntnisse kritischer Überprüfung standhielte, insbesondere eine
Verurteilung zu stützen vermöchte. Das wurde vom Sachverständigen
verneint und der Kläger am 14. 3. 1996 schließlich freigesprochen. Er
gibt aber an, wegen durch den Vorgang ausgelösten Depressionen und
schweren Angstzuständen auf Dauer berufsunfähig zu sein.
Der
auf Schmerzensgeld Beklagte hatte beantragt die Klage abzuweisen und
meinte die seinerzeit vorgenommene Begutachtung sei zumindest aus
damaliger Sicht vertretbar gewesen. Verallgemeinerungsfähige Standards
bei der Bewertung von Glaubwürdigkeit durch Psychologen gebe es nicht
(siehe aber z. B. die obige BGH Entscheidung). Das Landgericht wirft
ihm dagegen grobe Fahrlässigkeit vor, entsprechend der gefestigten
Definition grober Behandlungsfehler eines Arztes (vgl. Palandt, § 823,
Rdn. 179). Er habe u.a. die zwingend notwendige Hinterfragung und
Überprüfung der Entstehungsgeschichte der Aussage unterlassen. Prof.
Undeutsch (einer der maßgeblichsten Pioniere der Aussagepsychologie)
stellte fest, dass auch schon damals (1988), bevor Untersuchungen über
die Suggestibilität von Kindern verstärkt ins Gespräch gekommen sind
(ab etwa 1990, vgl. Ceci und Bruck, 1995),
derlei wissenschaftlicher Standard gewesen sei, insbesondere bei einem
so konfliktbesetzten Beziehungsnetz zwischen den Eltern. Es heißt
ferner ,,daß mit aussagepsychologischen Methoden von keinem einzigen
Teil der Aussage festgestellt werden könne, daß sie die Gewähr biete,
daß die objektive Realität zutreffend wiedergegeben ist." Insbesondere
ließen die Aussagen nicht die Feststellung der Konstanz zu. Die vom
Beklagten angewandten Testverfahren seien ,,mehr als naiv". Der
Picture-Frustrationstest von Rosenberg wird für ungeeignet gehalten. Das Landgericht vermochte sich aber der Meinung nicht
anzuschließen, dass vom Gericht zugezogene Sachverständige auch für
leichte Fahrlässigkeit haften und nicht nur für eine auf einer (hier
bejahten) grob fahrlässigen Falschbegutachtung beruhenden Verletzung
der in § 823 BGB
genannten Rechtsgüter (BVerfG, NJW 79, 305). Der Sachverständige sei
,,Gehilfe" des Richters und es erscheint sachgerecht auch für ihn ein
Haftungsprivileg entsprechend §
839 Abs. 2 BGB zu schaffen. Anders dagegen ein
Urteil aus 2007: Oberlandesgericht
Frankfurt am Main, Urteil vom 2. Oktober 2007 -
Az: 19 U 8/2007
Es gibt auch entsprechende Urteile mit denen Schmerzensgeldforderungen
wegen Missbrauchverdacht durch Psychologen abgewiesen wurden. Im Urteil
des Landgerichts Hamburg v. 26.8.1997 - 309 S 292/96 heißt es etwa
solche Forderungen wären nur bei leichtfertigen oder mutwilligen
Strafanzeigen oder Zeugenaussagen gerechtfertigt, nicht aber wenn ein
in der Rechtsordnung vorgesehenes Verfahren in Gang gesetzt würde bei
dem der Vorwurf sich später als falsch erweise. Die von den
Erzieherinnen einer Kindertagesstätte wegen der Aggressivität des
Mädchens zu Rate gezogene Psychologin sei gar nicht befugt gewesen auch
das Umfeld der Tochter zu befragen. Den Eltern wurde das Sorgerecht
entzogen und das Kind kam in ein Heim, bis das gegen diese Maßnahme
angerufene Landgericht auf Grund eines Sachverständigengutachtens zu
dem Ergebnis kam, dass der Verdacht der Psychologin nicht zutrifft. Der
Vater fühlte sich in seinem Ruf geschädigt und in seinem
Persönlichkeitsrecht erheblich verletzt. (Dieser Fall bildete die
Grundlage eines am 25.05 1999 im ZDF gesendeten Films + Diskussion).
Anders z.B. im Staate Arizona, der in 1998 1,5 Mill. $
Schadenersatz
an einem Mann bezahlte, wegen fahrlässigen Untersuchungen durch die
staatliche Kinderschutzbehörde bei einer Beschuldigung durch
Pflegekinder. Auch einem Vater aus Seattle, Washington, waren 1996 $510
000 wegen fälschlicher Beschuldigung durch die Kinderschutzbehörde
zugesprochen worden, über die beantragten $120000 wegen
Verdienstausfall, zusätzlich $375 000 Schmerzensgeld und $10000 aus
Geldbußen gegen zwei Mitarbeiter der Behörde (Seattle Times, 8.
6.1996) hinaus. Der Beschuldigte, ein dann arbeitsloser Rechtsanwalt,
war
nicht angehört worden. Ein Jahr lang war ihm kein Kontakt zu seiner
Tochter erlaubt worden, dann nur unter Aufsicht. Das Verhalten der
Kinderschutzbehörde wurde von den Geschworenen einstimming als
fahrlässig eingestuft. Diese dagegen fühlte sich zumindest nicht
verantwortlich für das unprofessionelle Gutachten, das sie beauftragt
und der Justiz vorgelegt hatte.
Ollman, 1994, 1996
geht ausführlich auf die rechtlichen Probleme der Datenerhebung, auch in
Kindertagesstätten, ein und weist insbesondere auf § 62 KJHG (SGB VIII)
hin, wonach Daten nur erhoben werden dürfen, soweit ihre Kenntnis zur
Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist und dies ferner beim
Betroffenen zu geschehen hat, bei einem jüngeren Kind zumindest mit
Einwilligung und Beteiligung der Eltern. Ferner setze dies bei Verdacht
auf sexuellem Missbrauch eine diagnostische Kompetenz voraus die bei
Betreuer(inne)n in Kindertagestätten, Sozialpädagogen und selbst
Psychologen im Regelfall nicht vorhanden sei. Die Sicherstellung der
Verfügbarkeit einer entsprechend ausgebildeten Fachkraft gehöre nach § 79 KJHG zur
Gesamtverantwortung der Jugendämter.
Eine weitere rechtliche Einschränkung, die
vermutlich häufig nicht beachtet wird, besteht laut AG
Düsseldorf vom 22.12.1994 - 251 F 2177/94 (FamRZ 1995, 498-500)
darin, dass ein nicht allein sorgeberechtigter Elternteil wegen des
Gesamtvertretungsgrundsatzes des §
1627 BGB
auch nicht allein befugt ist, das Kind bei Verdacht des sexuellen
Missbrauchs eines ehelichen Kindes durch den anderen Elternteil
medizinisch und/oder psychologisch untersuchen zu lassen. Wegen der
erheblichen Bedeutung für das Kind bedarf es in diesem Fall gem. § 1628 Abs. 1 BGB einer Entscheidung des
Vormundschaftsgerichts [jetzt des Familiengerichts], das auch Maßnahmen
nach § 1666 BGB treffen kann. Vor einer solchen Entscheidung sind beide
Eltern stets persönlich anzuhören, ggf. auch das Kind. Bei der
Kindesanhörung ist in Hinblick darauf, dass ggf. strafrechtliche
Vorwürfe gegen den Vater erhoben werden, §
52 II StPO
zu beachten. Die berechtigte Aussageverweigerung des Kindes erlaubt
auch im FGG-Verfahren wegen der Konkurrenz zu § 52 II StPO keine
Exploration durch einen Sachverständigen mehr. Begutachtungen, die
entgegen diesen Rechtsgrundsätzen vorgenommen werden, unterliegen
entsprechend § 252
StPO einem Verwertungsverbot [vgl. dazu weitere
Fälle einer Verweigerung der Begutachtung].
Das Urteil kritisiert auch das Verhalten des Jugendamtes.
Dieses hatte der Mutter zum Aufsuchen einer Kinderschutzambulanz wegen
der Verhaltensauffälligkeiten geraten und dem Gericht mitgeteilt, dass
bis zur Klärung eine Aussetzung des Umgangs notwendig sei. Eine
Sachstandanfrage des Gerichts nach etwa 3 Monaten blieb unbeantwortet.
Diese Vorgangsweise des JA greife in unzulässiger Weise in die
Elternrechte des Vaters ein. Mit dem Zurückhalten von Verdachtsmomenten
einerseits, der Verweigerung des Umgangs mit dem Kinde andererseits
durch die Mutter wirke sich die fehlende Entscheidung des Gerichts
faktisch wie eine Ablehnung des Umgangsrechts aus. Die Chancen des
Vaters auf Umgangsregelung würden durch Zeitablauf deutlich schlechter.
Das JA dürfe lediglich beratend tätig sein und die an es
herangetragenen Tatsachen i. S. des Kindeswohls würdigen. Ermittlungen
wie sie die Staatsanwaltschaft z.B. anstellen kann und selbst deren
Veranlassung seien dem JA aber verwehrt.
Es gibt auch, wie Cartwright
(1993) ausführt, "virtuelle"
Missbrauchsanschuldigungen. Damit meint er eine neu beobachtete
Variante ,,in
denen der Missbrauch nur angedeutet ist, mit dem realen Ziel den
Charakter des Nichtsorgeberechtigten anzuschwärzen, in einem stetigen
Programm von Verunglimpfungen. Dem Entfremder ersparen virtuelle
Anschuldigungen die Notwendigkeit Vorfälle des behaupteten Missbrauchs
zu erfinden, mit der Gefahr entdeckt zu werden und der
Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung wegen Falschaussage."
Ein Anwalt (und selbst ernannter "Kinderschützer"
und "SAIDS
Experte"), der sich vermutlich für besonders gerissen hält, hat seine
vagen Andeutungen des öfteren sogar mit dem Zusatz versehen, dass ,,Einzelheiten
aus Gründen der Schonung [des Antraggegners!!] hier zunächst
nicht direkt angesprochen werden sollen", oder ,,Einer
der Vorgänge soll hier noch unerwähnt bleiben, der weitere betrifft
häusliche Gewalt.. .....Unterzeichner hätte gern darauf verzichtet,
dieses und schwerwiegendere Umstände vorzutragen" und
ähnlichem. Selbst als er sich einmal dazu hinreißen ließ, zu behaupten ,,Beweisantritt
ist jederzeit möglich."
und das Gericht darauf hinwies, dass allgemeine Behauptungen, ohne
Konkretisierung nach Vorfall und Zeitpunkt, [als Härtegründe] nicht
genügten, erfolgte dann natürlich keinerlei Reaktion seitens dieses
Organs der Rechtspflege (§1 der Berufsordnung, BRAO). Als er sich nach
Fertigstellung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens, statt der vom Gericht
angeforderten Stellungnahme dazu, zu weiteren
Missbrauchsbeschuldigungen hinreißen ließ, erschienen diese dem Vater
endlich konkret genug, um Strafantrag wegen übler Nachrede,
Beleidigung, Verleumdung, falscher Verdächtigung, Vortäuschens einer
Straftat und Urkundenfälschung stellen zu können. Das Verfahren wurde
aber nach etwa 14 Monaten gem. §
170 Abs. 2 StPO eingestellt. (Beleidigung,
üble Nachrede, Verleumdung sind allerdings
Antragsdelikte, für die dann vom Strafsenat des OLG auf den Weg der
Privatklage verwiesen wurde.)
Aus der Begründung:
...Aufgrund
dieser Äußerungen wurde seitens des Familiengerichtes ein
Glaubwürdigkeitsgutachten hinsichtlich der Angaben der Tochter in
Auftrag gegeben, welches zu dem Schluß kam, daß die Hypothese, daß
es
sich bei der Aussage der Tochter um eine solche ohne diesbezüglich
konkrete eigene Erlebnisbasis gehandelt habe, nicht mit
ausreichender
Sicherheit zu widerlegen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die
Angaben der Tochter nicht dennoch der Wahrheit entsprechen können.
Dies
bedeutet, daß der Beschuldigte auch weiterhin die Angaben seiner
Mandantin bzw. deren Tochter als Grundlage für die Wahrnehmung derer
Interessen benutzen konnte, da nicht nachgewiesen war, daß die
Angaben
der Tochter falsch waren. ....
Das
legt zumindest den Schluss nahe, dass die Frau Staatsanwältin das oben
skizzierte Grundprinzip von Glaubhaftigkeitsgutachten, mit seinem
Ausgangspunkt in einer Nullhypothese, die es zu widerlegen gilt, und
dem Fehlen eigener, verlässlicher Lügenmerkmale, noch nicht
verinnerlicht hat (vgl. die oben zitierten
Ausführungen
von Steller). Es wäre interessant zu wissen, wie sie sich hier einen
besseren, d.h. 100 % Nachweis vorstellt, dass etwas, das außerdem
keinerlei Spuren hinterlassen würde, nicht
stattgefunden hat, und für das es folglich auch keine Zeugen geben
kann. Abgesehen davon ist die darin zum Ausdruck gebrachte Umkehr der
Beweislast, statt ,,in dubio pro reo", wahrlich erstaunlich, für
unser naives Rechtsempfinden jedenfalls, oder auch entsprechend §186
StGB [Üble Nachrede]: Wer in Beziehung auf einen anderen
eine
Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu
machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist,
wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die
Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3)
begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft.
Ein
Klagerzwingungsverfahren scheiterte, wie so oft schon, an Formfehlern
und im übrigen, bei seinen Behauptungen in Schriftsätzen an das
Familiengericht, der Vater sei ein ,,bei der Polizei gut bekannter
Schläger", verwies das OLG auf den Weg der
Privatklage. Die
Rechtsanwaltskammer wenigstens hat die fortlaufenden Diffamierungen und
weiteren Aktionen durch dieses "Organ der Rechtspflege"
erfreulicherweise anders gesehen und Beschwerden in mehreren, separaten
Disziplinarverfahren (teilweise) jeweils stattgegeben. "Schleunigst die
Robe ausgezogen", wie das ein national renommierter Anwaltskollege nach
der Lektüre nur eines
seiner noch relativ harmlosen "Schriftsätze" empört forderte, wurde ihm
jedoch nicht. Vgl. dazu auch ,,Verhalten
von Rechtsanwälten bei strittiger elterlicher Sorge".
Man
sollte sich aber als zu Unrecht Beschuldigter nicht entmutigen lassen
und, allein schon aus Verpflichtung seinem Kind gegenüber, aber auch
zur Verbesserung der Rechtskultur, zumindest gegen die inkompetenten
oder skrupellosen "Helfer" energisch durch Beschwerden / Strafanzeigen
und ev. auch "Öffentlichkeitsarbeit" (in der Presse) vorgehen. Ob man
strafrechtlich auch gegen die Mutter des eigenen Kindes vorgehen will,
ist natürlich eine weit schwierigere Frage und die Wahrscheinlichkeit,
dass dies als interner Familienstreit abgetan wird, noch größer.
Bei Strafanzeigen ist zu
beachten, dass falsche Verdächtigung (§164
StGB) und auch Verleumdung (§187
StGB) den äußerst schwierigen Nachweis erfordern, dass die
Behauptungen ,,wider besseres Wissen" erfolgten, und
andererseits Beleidigungen (§§
185-187 StGB) Antragsdelikte sind, bei denen man wahrscheinlich
auf den Weg der Privatklage (§
374 StPO) verwiesen wird. Bei einer Privatklage trägt jedoch der
Kläger (Geschädigte) das volle Kostenrisiko, selbst für den
Prozessgegner (§ 379 StPO),
und ist die Staatsanwaltschaft nicht zur Mitwirkung verpflichtet (§ 377 StPO).
Man braucht also leider Zeit, Energie, Geld und wahrscheinlich einen
sehr guten Anwalt (der noch dazu bereit sein muss gegen einen
"Kollegen" vorzugehen) um gegen solche Vorwürfe erfolgreich
einzuschreiten, sollten sie nicht von Staats wegen verfolgt werden.
Sehr hohe Hürden sind auch zu überwinden, sollte die Staatsanwaltschaft
das Verfahren einstellen (z. B. nach §170
Abs. 2 StPO)
und man will nach erfolglosen Beschwerden bei der
Generalstaatsanwaltschaft eine Klage über das Oberlandesgericht
erzwingen. Die meisten Klageerzwingungsverfahren scheitern schon aus
formalen Gründen, z. B. weil der Sachverhalt nicht noch einmal in
sich geschlossen, d. h. ohne nötigen Bezug auf die Aktenlage,
dargestellt wurde, oder ein Datum fehlt, etc.
Selbstredend muss man sich bei einer Strafanzeige seiner
Sache sehr
sicher sein, weil man von vorn herein damit rechnen muss, dass gegen
einem selbst ermittelt wird, sollte wegen der nun auch der
Staatsanwaltschaft bekannt gewordenen Beschuldigungen ein
Anfangsverdacht entstehen, §152
StPO
[Legalitätsprinzip]. Bei dem gerade zitierten Fall, war dies
ausdrücklich nicht der Fall, obwohl der besagte Rechtsvertreter
bei seiner polizeilichen Vernehmung zur Strafanzeige gegen ihn mit
wiederum neuen Versionen der Anschuldigungen gegen den Vater
reagierte, die jedoch, sicher ganz entgegen seinen Absichten, dazu
führten, dass die Staatsanwaltschaft eine sehr ausführliche
Stellungnahme verfasste, nach der gegen den beschuldigten Vater nicht
einmal ein Anfangsverdacht bestünde, der zu der Einleitung eines
Ermittlungsverfahren Anlass geben würde. Nach dieser Strafanzeige
und mehreren Disziplinarverfahren der Anwalltskammer gegen ihn war
dieses Organ der Rechtspflege dann bei weiteren
Verfahren vor dem Familiengericht / OLG sehr deutlich zurückhaltender
mit seinen
Verunglimpfungen geworden. Selbst, wenn der Vater von sich aus den zu
Unrecht erhobenen Missbrauchsvorwurf wegen des enormen Schadens für
die Kinder wiederholt erwähnte, kam nun keinerlei Reaktion mehr von
ihm. Gegen die beteiligten "AufdeckerInnen" (ohne Zeugen-,
Gutachter- oder sonstigem Status bei Gericht) einer kirchlichen
Beratungsstelle hatte
der Vater ebenfalls Strafanzeige erstattet. Diese machten
jedoch von ihrem Recht als Beschuldigte Gebrauch, die Aussage ganz
zu verweigern, nachdem zuvor schon ihre Versuche den Vater durch
anwaltliche Unterlassungsaufforderungen zum Schweigen zu bringen
kläglich gescheitert waren. Dem ASD gelang es erstaunlicherweise die
staatsanwaltliche Zeugenladung der mit den "AufdeckerInnen" entgegen
ihrem gerichtlichen Auftrag nach §
49a FGG eng kooperierenden Mitarbeiterin durch ein
Aussageverbot zu verhindern. Das
Hauptziel, die Kinder vor diesen "TherapeutInnen" baldmöglichst
zu schützen, wurde dennoch schließlich, auch unter Zuhilfenahme
von "Öffentlichkeitsarbeit"(einschließlich Medienberichten)
erreicht. Besonders wichtig war bei dieser Verquickung von
Jugendamt / ASD mit einer Beratungstelle auch selbst gegen erheblichen
Widerstand auf Akteneinsicht zu bestehen. Es muss dabei unbedingt
darauf geachtet werden, dass die Akte vollständig durchnummeriert ist
und etwa entnommene Einträge wenigstens klar gekennzeichnet sind
(meist mit dem Hinweis auf "Belange Dritter"). Die vollständige
Jugendamtsakte war im hier geschilderten Fall selbst der
Staatsanwaltschaft vorenthalten worden. Die Kenntnis der
übrigen Einträge konnte erst durch ein weiteres Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht erreicht werden.
Sich
gegen ungerechtfertigte Vorwürfe energisch zur Wehr zu setzen, was
man im Zusammenhang mit Sorgerechts- /Umgangsverfahren schon zum Schutz
seiner Kinder tun sollte, und das möglichst frühzeitig, erfordert also
nicht nur, dass man sich seiner Sache absolut sicher ist,
sondern zusätzlich meist sehr viel Energie und Zeit und, besonders
wenn man auf den Weg der Privat- oder Zivilklage verwiesen
wird, wegen des Prozessrisikos möglicherweise auch erhebliche
finanzielle Mittel. Es ist daher verständlich, dass dies nur weit
weniger Betroffene durchstehen, als es auch zur Verbesserung des
Systems wünschenswert wäre. (vgl. auch nachfolgende
Fallbeispiele).
Nur
bei besonders beharrlicher Aufrechterhaltung von Gewalt- und
Missbrauchsvorwürfen und einer
das Kind besonders schädigenden "Therapie", trotz einer klaren
Widerlegung der Anschuldigungen durch Fachgutachten und Justiz, ist es
in Deutschland bisher zu tatsächlichen (statt bestenfalls einer
Androhung von) sorgerechtlichen Konsequenzen gekommen, entweder
zur Übertragung der elterlichen Sorge allein auf den Beschuldigten
(OLG Nürnberg vom 15.6.1998
- 10 UF 441/98), oder einer Einschränkung durch Einrichtung einer
Umgangspflegschaft.(z.B. Beschluss des OLG
Köln vom 24. April 1998 - 25 UF 86/97; OLG
Hamburg -3. FamS, Beschluß vom 2.8.1995 - 12 UF 85/94, FamRz 1996,
422-424).
Falsche Anschuldigungen und beharrliche
Umgangsvereitelung können nach § 1579 BGB zu einer Reduzierung oder auch
vollständigen Aussetzung des Ehegattenunterhalts
(selbstverständlich nicht aber des Unterhaltes für ein minderjähriges
Kind, anders als ev. bei Kontaktverweigerung
durch Volljährige) führen. Vgl. dazu unsere bereits angeführten
Urteile zum Thema Unterhalt
und den Zusammenhang von
Umgang und Unterhalt,
sowie unseren Bericht aus Österreich über eine dauerhafte
Verwirkung des Ehegattenunterhaltes wegen fortgesetzter
Umgangsvereitelung, VfK
Info 7/97.
Auf einen besonders extremen Fall fortgesetzter unbegründeter sexueller
Missbrauchsanschuldigungen (auch nach der Erstellung entlastender
Gutachten) und totaler Vereitelung jeden Umgangs reagierte das OLG
München am 14.2.2006
- Aktenzeichen: 4 UF 193/05 (vgl. auch FamRZ
2006, 1605-1607)
mit einer vollständigen Aussetzung des Ehegattenunterhalts. Der
Anspruch könne jedoch wieder aufleben, sobald dem Umgangsrecht von
Vater und Kind entsprochen werde.
Auf
Verurteilungen zu Geldstrafen oder gar Gefängnis wegen falscher
Beschuldigung und damit meist einhergehender beharrlicher
Umgangsvereitelung, wie wir sie aus dem Ausland kennen, können wir
dagegen aus Deutschland, trotz des enormen psychischen und nicht selten
auch noch zusätzlichen materiellen Schadens den solche
Falschbeschuldigungen anrichten, kaum verweisen.
Bekannt geworden sind uns bisher lediglich die
Verurteilung eines Mannes der auch nach Einstellung des Verfahrens
gegen seine Ex-Frau weitere Vorwürfe erhoben hatte.,,Abgesehen von einem Tötungsdelikt ist das wohl der
schwerste Vorwurf, den man gegen eine Mutter erheben kann", sagte
der Richter und verhängte eine Strafe von 10.000 DM (Amtsgericht München,
1996, Az: 457 Js 177992/95). Und als
"unglaublich
perfide" brandmarkte der Strafrichter am Amtsgericht
Tauberbischofsheim die Art und Weise, wie eine 24-jährige Hausfrau und
Mutter seiner Überzeugung nach das Umgangsrecht ihres von ihr getrennt
lebenden Mannes mit der gemeinsamen vierjährigen Tochter zu torpedieren
versucht hatte. Nachdem die Frau einen in dieser Sache gegen sie
ergangenen Strafbefehl
wegen falscher Verdächtigung über 90 Tagessätze zu je 10 Euro nicht
hatte akzeptieren wollen und auch nach rund siebenstündiger Verhandlung
und belastender Beweislage immer noch kein Jota von diesen
Verdächtigungen abrückte, beließ es der Richter nicht mehr bei der im
Strafbefehl verhängten Geldstrafe, sondern verurteilte sie zu einer
Bewährungsstrafe von fünf Monaten. ...(Bericht der Fränkischen Nachrichten vom 24.05.2004, leider
ohne Aktenzeichen.).
Nach den Statuten von Florida,.z. B., gilt
dagegen, dass falsche
Missbrauchanschuldigung ein Verbrechen ist, das entsprechend bestraft
wird:
415.111 Criminal penalties.-
...........
(5) A person who knowingly and willfully makes a
false report of abuse, neglect, or exploitation of a vulnerable adult,
or a person who advises another to make a false report, commits a
felony of the third degree, punishable as provided in s. 775.082 or s.
775.083.
.........
Nach dem California Family Code verliert auf Antrag der wegen
einer Faschanschuldigung verurteilte Elternteil außerdem auf Antrag das
Sorgerecht::
3022.5.
A motion by a parent for reconsideration of an existing child custody
order shall be granted if the motion is based on the fact that the
other parent was convicted of a crime in connection
with falsely accusing the moving parent of child abuse.
Ähnliches gilt in anderen Staaten der USA. Auch aus
Frankreich sind uns strafrechtliche Verurteilungen wegen falscher
Missbrauchsanschuldigungen bekannt geworden. Zahlreiche Ärzte die
daran mit Gefälligkeitsgutachten mitgewirkt
hatten wurden ebenfalls verurteilt.
Wir meinen, dass
zur Prävention von Falschanschuldigungen in familienrechtlichen
Verfahren, beschuldigende Eltern aufgefordert werden müssten,
Strafanzeige zu erstatten oder ihre Anwälte darüber zumindest
eidesstattliche Erklärungen einfordern sollten, statt solche
Anschuldigungen leichtfertig zu vertreten und sei es "bloß" (zur
eigenen Sicherheit) in Form der oben erwähnten "virtuellen
Anschuldigungen". Auch durch letztere werden Verfahren (kostenträchtig)
eskaliert und erheblich verlängert, zum großen Schaden aller
Beteiligten, aber wahrscheinlich zum finanziellen Vorteil solcher Anwälte.
Außerdem ist zu hoffen, dass auch in Deutschland
Sachverständige in solchen Verfahren, zivilrechtlich erfolgreich für
grob fahrlässige aussagepsychologische Gutachten haftbar gemacht werden
können, die nicht selten ebenfalls praktisch eigentlich unermäßlichen
Schaden anrichten.
Der Fall Alteck (Pseudonym)
Der Fall ist auf den Webseiten des Vaters ausführlich dargestellt,
einschließlich einer langen Liste von Gerichtsverfahren von 1993 -2001. Die
Anfangsphase ist auch in seinem Buch: ,,Der
Mißbrauch des Mißbrauchs. Ein Vater wehrt sich gegen den Verdacht der
sexuellen Kindesmißhandlung", Herder 1994, dargestellt. Das
Buch ist vergriffen, eine neue Fassung ist aber gerade (Herbst
2006) unter dem Titel "Unsere
Kinder siehst DU nicht" beim Verlag Ulmer
Manuskripte erschienen.Näheres (Auszug,
Pressestimmen) auf den Webseiten
des Autors, die auch eine detaillierte
Fallbeschreibung und auf einer dort bestellbaren CD sogar alle Gerichtsentscheidungen,
und was besonders interessant sein mag, weil es einen einmaligen
Einblick auch in die Psyche des beschuldigenden Elternteils, der
Mutter, und die verheerenden psychischen Auswirkungen auf die Kinder
ermöglicht, auch einschließlich des psychologischen Fachgutachtens. Die
Gutachterin empfiehlt, der Mutter das Sorgerecht zu entziehen und dem
Vater zu übertragen, oder als Alternative, angesichts des verfestigten
Konflikts und der Entfremdung der Kinder, sie in einer therapeutischen
Einrichtung unterzubringen, wo so vor dem sie sehr belastenden
Elternkonflikt geschützt wären und allmählich ihre Beziehung zu beiden
Elternteilen normalisieren könnten. Das ist im wesentlichen auch die
Empfehlung, die der Kinderpsychiaters R. A.
Gardner bei solch gravierenden PAS Fällen
macht, und die nach seinen Erfahrungen erfolgreich ist.
Die
Gerichte erkannten zwar nach einem nichts an Deutlichkeit übrig
lassenden psychologischen Fachgutachten schließlich (vgl.
Endurteile zu Sorge und Umgang) die verheerenden Folgen für die Kinder
nach 10 Jahren der massiven negativen Beeinflussung (einschließlich
sogar einer Verbrennung des Vaters als Puppe, angeblich auf Empfehlung
eines "Aufdeckervereins" bei dem auch die Kinder ausgiebig "therapiert"
wurden), konnten sich aber immer noch nicht zu wirksamen Maßnahmen
entschließen, sondern setzten das Umgangsrecht für die nun 17 jährige
älteste Tochter ganz aus und bauten bei den zwei jüngeren Kindern,
trotz der jahrelangen bewußten Ausgrenzung des Vaters durch die Mutter
und ihren gerade wiederholtem Antrag jeden Umgang gerichtlich zu
verbieten, ausgerechnet auf ihr Wort, dass sie dem Umgang nichts
entgegensetzen würde.
Uns sind jedenfalls bisher keine Fälle von
derart hartnäckigen und jahrelang andauerndernden
Umgangsvereitelung und Entfremdungsversuchen bekannt geworden, bei
denen der entfremdemde Elternteil später Einsicht zeigte, auch
nicht nach Therapieversuchen, wie das R. A. Gardner auf
Grund seiner langjährigen klinischen Erfahrungen und als Gutachter sehr
deutlich machte (Gardner, 2002).
Der Einsicht solcher Eltern kann bestenfalls im Frühstadium durch
energisches Einschreiten der Gerichte "nachgeholfen" werden. Oft, aber
nicht immer, erkennen die Kinder als Jugendliche oder noch später was
ihnen angetan wurde und wenden sich dann auch nicht selten vom
entfremdenden Elternteil ab.
Leider bisher nur in Österreich:
SCHAUPLATZ GERICHT
DIE MACHT DES GUTACHTERS
Wer mit einem Urteil nicht zufrieden ist, sucht
die Schuld meist nicht nur beim Richter. Der Gutachter war´s, der mit
einer unfassbaren, schlampigen oder parteiischen Beurteilung des
Sachverhalts daran schuld ist, dass sich die Gerechtigkeit nicht
durchsetzt.
Die verklagte Gutachterin
Herr T. hat eine psychologische Sachverständige
auf Schadenersatz geklagt. Wegen ihres unsachlichen Gutachtens wäre er
jahrelang als Kinderschänder gebrandmarkt worden und hätte seine
Tochter nicht sehen dürfen. Das Ergebnis dieses Prozesses, das jetzt
vorliegt, wird auch viele Juristen überraschen:
V I D E O :
Am Schauplatz
Danach
wurde die Gutachterin zu Schmerzensgeldzahlung verurteilt
und hat außerdem ihre Zulassung verloren.
(Sendung
des ORF vom 1.2.2008), vgl. dazu auch den Bericht
(28.5.2008)
des von den Falschbeschuldigungen betroffenen Vaters, der zehn
Jahre (!!) dagegen ankämpfte. Jetzt ist seine Tochter zu ihm gezogen.
Es
handelt sich um einen klassischen SAIDS Fall, bei dem allerdings schon
im Vorfeld ganz offen mit sexuellen Missbrauchsanschuldigungen im Falle
eines Antrags auf Umgang gedroht worden war und nicht wie meist, diese
Vorwürfe erst als "ultimative Waffe" im Verlaufe eines solchen
Verfahrens zum Einsatz kamen. Der betroffene Vater hatte sie
jedoch zunächst nicht beachtet, weil er leider glaubte, Sachverständige
und Gerichte würden das ohnehin raschestens klären.
Wormser
Prozesse (1995-97)
Missbrauchsverdacht
- Fehldiagnose - Folge Grenzen
der Wiedergutmachung
Dieser Beitrag von RA Franz Obst wurde als Vortrag an der evangelischen
Akademie Arnoldshain am 14.05.2006 gehalten und befasst sich im
Wesentlichen mit Erkenntnissen des Verfassers aus seiner Tätigkeit als Strafverteidiger
in den sogenannten “Wormser Kinderschänderprozessen”
sowie nachfolgender, auch aktueller Rechtsprechung und Literatur.
Spätfolgen der "Aufdeckung" bei den Wormser
"Kinderschänderprozesse" 1994-1997 beschreibt Gisela Friedrichsen in : ,,So
etwas darf nicht sein". Gegen den ehemaligen Leiter des Kinderheims
Spatzennest wird wegen des Verdachts auf sexuellen Kindesmissbrauch
ermittelt in Der SPIEGEL 48/2007, S. 63.
Aus
dem Bericht geht u.a. hervor, dass dieser Heimleiter (S.) am
Zustandekommen der mönstrosen Anschuldigungen nicht unbeteiligt war,
aber Hinweise auf tatsächlichen sexuellen Kindesmissbrauch, als die
Kinder schon in diesem Heim untergebracht waren (in 1993), unbeachtet
blieben. Sechs Kinder kehrten auch nach den Freisprüchen
sämtlicher Angeklagter nicht zu ihren Eltern zurück. ,,Ihre
Betreuer,
voran S. und der Amtsvormund, das Jugendamt Worms, waren
trotz der Freisprüche weiterhin von der Schuld der Angeklagten
überzeugt (SPIEGEL 9/2005) und beinflussten die Kinder.
Die
Einrichtung kam 2002 ins Gerede, nachdem die Bielefelder Psychologen
Katharina Behrend und Professor Uwe Jopt im Auftrag des
Amtsgerichts Worms ein Gutachten über das Heim erstellt hatten.
Beide Sachverständigen waren entsetzt ob des Verhalten der dort
untergebrachten Kinder. Keines war auch nur für einen Minimalkontakt
mit den Eltern bereit. 'Ihre Empathielosigkeit war unheimlich, ja
wahnhaft', so Behrend und Jopt. ...."
Den erwähnten früheren Bericht von Gisela Friedrichsen, DER SPIEGEL 9/2005,
S. 50-56: ,,Ausgestanden
ist
die Sache nicht". Nachlese zu den legendären Wormser
Missbrauchsprozessen: Seit elf Jahren sitzen noch immer Kinder im Heim,
die freigesprochenen Eltern bemühen sich ohne Aussicht auf Erfolg um
Kontakt. Ein Gutachten beschreibt erschreckende Zustände", haben
wir am 28.2.2005 ausführlich kommentiert.
6.12.2007
ARD-Panorama
hat zum Beitrag über das Wormser Jugendamt (das
sich entsprechend dem Interview mit dem Sozialdezernenten keines
Problems bewusst ist) und das "Spatzennest", in dem Kinder aus
dem Wormser "Kinderschänderprozessen" untergebracht und über die
Jahre völlig von ihren Eltern entfremdet wurden (vgl. SPIEGEL 48/2007)
ein Forum eingerichtet: Thema:
Panorama, 06.12.07: Verdacht auf Missbrauch - Jugendamt zerstört Familien.
Der Bericht selbst ist als pdf Datei und als Video aus dem
Archiv abrufbar.
11.2.2008: Die Süddeutsche Zeitung berichtet heute auf S. 10 unter
dem Titel ,,Ein Zeuge wird zum
Beschuldigten. Wegen
Missbrauchs-Verdachts sitzt ein Pädagoge in Haft, der einst die Eltern
seiner Schützlinge belastete"
über den ehemaligen Leiter des Heims "Spatzennest" in dem das
Jugendamt Worms noch viele Jahre nach den Freisprüchen
betroffene Kinder untergebracht hatte, obwohl schon früh Vorwürfe gegen
den Heimleiter
bekannt geworden waren. Schon 2003 erstattete eine Mutter Strafanzeige
wegen
Kindesmissbrauch, die aber nicht weiter verfolgt wurde.
10.2.2008: Im Rahmen eines Themenabends "Unter
Verdacht", Beginn Sonntag, 10.2
um 20h40, zeigt ARTE um 22h45 (VPS : 22.40) den Film
über die Wormser "Kinderschänderprozesse" 1994-1997. Mitte
der 90er Jahre wurden in Worms 25 Menschen wegen
Kindesmissbrauchs angeklagt. Doch die Vorwürfe konnten im Verlauf des
Prozesses nicht erhärtet werden. Die Ermittlungen erwiesen sich als
schlampig durchgeführt, die Gutachten als voreingenommen verfasst. Die
Angeklagten wurden zwar freigesprochen, doch ihr Leben und das ihrer
Kinder war zerstört. ....
Wiederholung: Freitag, 22. Februar 2008 um 01.50 Uhr VPS :
01.55
Weitere Fälle
Auch wenn aus Deutschland derzeit, nach früheren Fällen
und zuletzt den Wormser Prozessen,
deren Folgen aber trotz der Freisprüche aller Beteiligten noch nicht
ausgestanden sind,
keine massenhaften Falschbeschuldigungen gemeldet werden (vgl. aber die
ausführlichliche Berichterstattung, zumindest in der französischen
Presse, über die Prozesse von Outreaux, 2001-2004 und den nachfolgenden
parlamentarischen Untersuchungsausschuss, 2006. Vgl. dazu auch den
Erfahrungsbericht ,,Moi, Karine innocente et cassée" von Karine
Duchochois, Florence Assouline, Plon, 2006.) wird immer
noch über
nicht erhärtete und schließlich nicht bestätigte
Missbrauchsanschuldigungen im
Zusammenhang mit hochstrittigen Sorge-
oder Umgangsrechtsauseinandersetzungen berichtet und erreichen uns
vereinzelt verzweifelte Anfragen davon Betroffener (vgl. dazu auch das
ausführliche Interview mit dem Glaubhaftigkeitssachverständigen, Prof.
Steller, im Buch von Sabine Rückert, Unrecht
im Namen des Volkes. Ein
Justizirrtum und seine Folgen (2007).
Es gibt auch immer wieder noch Fälle, in denen intakte
Familien durch leichtfertige Anschuldigungen Dritter betroffen sind,
deren Kinder dann "in Obhut" genommen werden und Strafverfahren
eingeleitet werden. Der psychische Schaden, und nicht selten auch der
materielle Schaden ist enorm, auch wenn schließlich ein Freispruch
erfolgt und das Kind nach einem langen Tauziehen in die Familie
zurückkehrt.
a) Exemplarisch erwähnen möchten wir hier den Fall
Müller (Pseudonym) aus dem Saarland über den zunächst die ZEIT am 18.6.2003
sehr ausführlich in einem später sogar preisgekrönten Aufsatz
berichtete, und später auch das Fernsehen. Das einzig erfreuliche
daran ist, dass die klare Entscheidung des BGH zu Mindeststandards bei
aussagepsychologischen Gutachten hier offensichtlich von der
Staatsanwältin beachtet wurde: Auf die Frage
der ZEIT, warum der Kindesvater jetzt nicht
festgenommen und vor Gericht gestellt worden sei, antwortet die
Staatsanwältin: „Herr A. entspricht in seinem Gutachten nicht den wissenschaftlichen Anforderungen des
Bundesgerichtshofs. Auf der Basis einer solchen Arbeit können
wir niemanden anklagen. Jeder Richter hätte das Gutachten in der Luft
zerrissen.“ Leider nicht so der zuständige Familienrichter und das Jugendamt.
Besonders erfreulich ist, dass das Kind, allerdings nach einer langen
Fremdunterbringung (2 Jahre) und dadurch bedingten Entfremdung, wieder
glücklich in seiner Familie lebt, wie die Eltern in einer
Fernsehsendung (Juli 2004) mitteilten, in der sie ihren Kampf
schilderten. Nach einem langen zivilrechtlichen Verfahren kam es
schließlich zu einer Einigung auf Schadensersatz durch den
Gutachter.
b) Nicht
selten ist der Ausgang weniger glücklich. Der Vorgang endet z.B.
trotz Freispruchs im völligen finanziellen Ruin und/oder der
Arbeitsunfähigkeit des Beschuldigten, wie bei hier schon erwähnten
Fällen und zahlreichen anderen. Einen besonders tragischen Fall
einer Falschbeschuldigung des eigenen Vaters und des Onkels
und darauf folgenden Justizirrtums (1995/96) hat die Autorin des
obigen ZEIT Berichtes, Sabine Rückert, in 2002 aufgedeckt und damit eine Wiederaufnahme der
Verfahren (vgl. Die Zeit 52/2005: Erwiesene
Unschuld) und (viel zu) späten Freisprüchen (2005/6) bewirkt. Sie hat ihre Recherche
in einem Aufsehen erregenden, sehr spannend geschriebenen Buch verarbeitet:
Sabine Rückert: Unrecht
im Namen des Volkes. Ein
Justizirrtum und seine Folgen. Hoffmann und Campe Verlag GmbH,
Januar 2007 - gebunden - 287 Seiten, ISBN: 3455500153 (19,95€)., vgl.
auch ihre weiteren Berichte in der ZEIT vom 21.12.2005 , 11.1.2007, sowie von 3sat (19.1.2007), Frontal 21 vom 27.3.2007 (Manuskript),
sowie weitere Berichte im Internet etc.
Das Unglaubliche und Erschreckende an diesem Fall ist nicht so sehr,
dass hier jemand aus Rache (das Mädchen war von ihrem Vater häufig
misshandelt worden, aber niemals sexuell), oder um von anderen
Problemen abzulenken, um Aufmerksamkeit zu erregen, oder aus welchen
Gründen immer, völlig aus der Luft gegriffene sexuelle
Missbrauchsanschuldigungen erhebt. Derartiges kann man immer wieder von
Zeit zu Zeit in den Medien finden. Wahrlich erschreckend ist, wie
unkritisch dem später eindeutig mit der Borderline
Persönlichkeitsstörung diagnostizierten Mädchen selbst in einer
psychiatrischen Fachklinik ihre Behauptungen abgenommen
wurden, sie in ihrem angeblichen "Opferstatus" verstärkt und
in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und Zuwendung gerückt wurde,
derart, dass sie, offenbar zur Aufrechterhaltung dieser Situation,
später auch ihren Onkel beschuldigte, der stets eine schützende Hand
über sie gehalten hatte. (Ein Brief in dem sie diese Beschuldigungen
-vorübergehend- wieder zurücknimmt findet sich sogar in der
Krankenakte, bleibt aber völlig unberücksichtigt.) Weiter
verstärkt wurde sie in ihrem Status als "Überlebende" durch das schon
erwähnte Buch ,,Trotz allem",
das sie sogar mit Wissen des Chefarzts in der Klinik erhielt (weitere
Zitate daraus auf Seiten 73 ff des Buches von Rückert). Ferner werden
relevante körperliche medizinische Fakten falsch diagnostiziert oder
einfach ignoriert (wie Jungfräulichheit, trotz angeblicher vielfacher
Vergewaltigung und sogar angeblichem Abtreibungsversuch,
Selbstverletzungen, etc.). Darüber hinaus zeigte die Autorin und das
spätere Wiederaufnahmeverfahren ganz erhebliche Ungereimtheiten und
schwere Fehler in den ursprüglichen Strafverfahren auf.
Bemerkenswert und wenig
beruhigend ist auch ein im Buch enthaltenes, ausführliches
Interview (Seiten 87-103) mit dem schon oben erwähnten
Glaubhaftigkeitssachverständigen, Prof .
Steller, der darauf
hinweist, dass zwar die großen irrationalen Massenprozesse
(Hexenprozesse) vorbei sein mögen, aber in Beratungstellen etc.
vielfach das alte Gedankengut noch weiter lebt, mit dem
Unterschied nur, dass jetzt "Aufdeckungsarbeit" eher im
Verborgenen, verdeckter geleistet wird. ,,Man
tut so, als habe das Kind von sich aus geredet. (S. 92).
Zur "Aufdeckungsarbeit"
im Frauenhaus, auch mittels Kinderzeichnungen, trotz der bekannten BGH
Entscheidung von 1999 etc., vgl. etwa SR Band 191.1 Neue
Fortbildungsmaterialien für Mitarbeiterinnen im Frauenhaus - Gewalt im
Geschlechterverhältnis, S. 406 ff, aus der Schriftenreihe
des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2000).
c) Über einen Fall einer Beschuldigung durch ein Nachbarkind (Er
soll es und seine Pflegetochter sexuell genötigt haben)
berichtete das ZDF
am 12.03.2004.
Sie führte nicht nur zum finanziellen Ruin des
Unternehmers, sondern zu ganz erheblichen und andauernden
psychischen Problemen,
obwohl er "nur" 4 Wochen in Untersuchungshaft war und sich in der
Verhandlung alle Vorwürfe "in Luft auflösten".
d) Am 21.11.2006 entschied
der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg über einen Fall aus
Italien, AFFAIRE RODA
ET BONFATTI c. ITALIE (Requête
no 10427/02)
in dem zwar in der Inobhutnahme der Kinder keine Verletzung des Art. 8
(Recht auf Respektierung des Familienlebens) gesehen wurde, wohl aber
in nicht zufriedenstellenden Kontaktmöglichkeiten zwischen dem Kind und
den Beschwerdeführern (Mutter und älterer Bruder). Im Mai 2006, nach
fast 7 1/2 Jahren der Fremdunterbringung, hatte die Mutter und
immer noch nur sie, lediglich begleiteten Umgang mit ihrem Kind
(geboren 1988, also jetzt etwa 18).
Ausgelöst wurde das Verfahren durch eine Cousine (M.) des Mädchens
S. B., mit Beschuldigungen gegen dessen Vater und weitere 17
Erwachsene, darunter auch ihre eigenen Eltern. Diese wurden auch
tatsächlich wegen Missbrauchs verurteilt, obwohl zusätzliche
Behauptungen über satanischen Missbrauch in einem Friedhof nicht
glaubwürdig erschienen und auf falsche Erinnerungen durch
Beeinflussung zurückgeführt wurden. Der von der Klägerin getrennt
lebende Vater des Kindes S. B. wurde dagegen in einem
Berufungsverfahren von den Missbrauchsvorwürfen freigesprochen.
Das Sorgerecht und Umgangskontakte wurden ihm aber wegen häuslicher
Gewalt abgesprochen.
Wir möchten noch einmal betonen, dass Anschuldigungen und
Verdachtsmomente für sexuellen Kindesmissbrauch, genau so wie bei
sonstigen Misshandlungen, selbstverständlich ernsthaft und raschestens
nachgegangen werden muss, um möglicherweise schlimmste Folgen zu
verhindern. Dies sollte aber möglichst ohne Panik oder gar Hysterie und
durch besonders geschulte Fachleute geschehen, um auch (mit einem
schrecklichen Ausdruck) "Kollateralschäden" bei Unschuldigen möglichst
zu vermeiden. Häufige, unqualifizierte "Aufdeckungsarbeit"
schadet letztlich auch tatsächlichen Opfern sexueller Gewalt, wenn ihre
Aussagen dann möglicherweise nicht mehr ernst genug genommen werden.
Falsche
Zeugenaussagen:
Sabine Rückert (siehe oben) berichtet in der ZEIT 15/2008 vom 3. April 2008
über falsche Zeugen vor Gericht: Nichts als die Unwahrheit. Sie behaupten, von Neonazis
oder Sexualverbrechern überfallen worden zu
sein. Geschichten, von denen oft kein Wort wahr ist. Falsche Zeugen
werden für die Justiz zunehmend zum Problem. Leidtragende sind die
echten Opfer.
Dazu auch ihr Interview: Böse
Eloquenz. Die
gefährlichsten Falschbeschuldiger sind Menschen mit unauffälligen
psychischen Störungen, sagt der Gutachter Günter Köhnken.
Obwohl
ohne Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch, so doch wegen
fahrlässiger Begutachtung und Justizirrtum ähnlich den schon erwähnten
Fällen interessant: Nach
verschiedenen Berichten wurde jetzt erstmals in Deutschland ein
gerichtlich beauftragter Sachverständiger wegen grober
Fahrlässigkeit zur Zahlung eines erheblichen Schmerzengeldes
(150.000€) verurteilt:: Oberlandesgericht Frankfurt am Main,
Urteil vom 2. Oktober 2007 - Az:
19 U 8/2007. Pressemitteilung.
Donald
Stellwag war auf Grund seines anthropologischen Identitätsgutachtens,
sogar mit der zusätzlichen Feststellung in der Strafverhandlung, dass
für ihn an der Täterschaft keinerlei Zweifel bestünden, 1995, nach 2
Jahren Untersuchungshaft, zu einer 8 jährigen Haftstrafe wegen
Bankraubes mit Geiselnahme verurteilt worden, obwohl 8 Zeugen
bestätigten, dass sich Stellwag zur fraglichen Zeit etwa 350 km
entfernt vom Tatort aufgehalten hatte. Als ,,Tatleugner" musste Stellwag die
Haft unter verschärften Bedingungen verbringen, davon 6 Jahre in
Einzelhaft, ohne die Möglichkeit einer Berufstätigkeit oder einer
frühzeitigen Entlassung auf Bewährung. Der wirkliche Täter wurde 2001,
2 Wochen nach der Haftentlassung Stellwags, festgenommen und hatte die
Tat gestanden, auch eine weitere Tat, wegen der ebenfalls gegen
Stellwag ermittelt worden war, obwohl er die Haftanstalt zur Tatzeit
nachweislich nicht verlassen hatte. Welche gravierenden
körperlichen und psychischen Folgen dies für Stellwag, der auch das
Schmerzensgeld für sein soziales Engagement verwenden will, hatte,
wurde aus verschiedenen Talkshows und zahlreichen weiteren
Medienberichten (auch im Internet) vor und nach dem jetzigen Urteil
(gegen das Revision nicht zugelassen wurde) deutlich. Ein neuer
Film dazu (Donald
Stellwag bei Kerner) vom 11.10.2007 ist von der
ZDF Mediathek abrufbar (Der Browser muss dazu popups zulassen).
Literaturverzeichnis:
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Carswell, Toronto 2008, 385 Seiten, ISBN 978-0-7798-1758-0.
Kapitel zu Problemen bei Wohnortwechsel (Kap. 1,2), Häusliche
Gewalt (Kap. 3,4), Sexuelle
Missbrauchsanschuldigungen im Zusammenhang
mit Sorgerechtsstreitigkeiten (Kap. 5), Eltern-Kindentfremdung
(Kap6.)
und Begutachtung, Gerichtliche Massnahmen bei PAS (Kap.7)
ALLEGATIONS OF CHILD ABUSE IN THE CONTEXT OF PARENTAL
SEPARATION: A DISCUSSION PAPER, 2001-FCY-4E, Juni
2001. (Aussi disponible en français). Prepared by: Nicholas M.C. Bala, B.A., LL.M.
Faculty of Law, Queen’s University; Joanne J. Paetsch,
B.A. Canadian Research, Institute for Law and the Family; Nico
Trocmé, Ph.D. Faculty of Social Work, University of Toronto; John
Schuman, LL.M., Faculty of Law, Queen’s University;
Sherri L. Tanchak, B.A., B.S.W. Canadian Research Institute for Law
and the Family; Joseph P. Hornick, Ph.D.
Canadian Research Institute for Law and the Family; Presented
to: Family, Children and Youth Section Department of
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München 1993. Sehr kompakte, gut
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1998.
Kindschaftsrechtreform
(BGB, ZPO, KJHG)
Zusätzliche, zitierte
Gesetzestexte
Relevante Entscheidungen
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
Ein Forum zu ,,Induzierung falscher sexueller
Missbrauchserinnerungen, Fehldiagnose Multiple
Persönlichkeitsstörung und Falschanschuldigungen im Scheidungskrieg"
wurde kürzlich unter http://www.induzierte-erinnerungen.de/
eingerichtert. Es enthält bereits eine umfangreiche Dokumentation.
Zur Homepage von Väter für Kinder Impressum