Sexuelle Missbrauchsanschuldigungen und Glaubhaftigkeitsgutachten.

 Sexueller Kindesmissbrauch ist eines der schlimmsten Verbrechen, das zu Recht Entsetzen und Abscheu auslöst, Abscheu sogar bei sonstigen, "ordentlichen" Verbrechern, derart, dass Kinderschänder in Gefängnissen oft in besonderer Weise vor Übergriffen geschützt werden müssen. Was uns hier aber allein beschäftigt, trotz der Widerlichkeit dieses Themas und der nicht selten stark ideologisch befrachteten Diskussion dazu, sind Fälle bei denen sich ein Verdacht oder eine Anschuldigung letztlich als unbegründet erweist. Solche Fälle treten gehäuft im Zusammenhang mit Trennungs- / Scheidungskonflikten auf, so häufig, dass dafür in den USA, wo dieses Phänomen schon früher beobachtet wurde, im Fachaufsatz der Psychologen  Gordon Blush und Karol Ross, 1987 der Begriff Sexual Allegation in Divorce Syndrome (SAIDS) eingeführt wurde. Kurz darauf wurde dieses Thema auch in einem Handbuch der American Bar Association (Nationaler Anwaltsverein) behandelt.

   Solche Anschuldigungen gehören auch in Deutschland in Hochkonfliktfällen bei Trennung / Scheidung fast zum Normalität. Der ehemalige Familienrichter und Vorsitzende des Familiengerichtstages etc., Prof. Siegfried Willutzki, wurde schon 1994 mit einer Schätzung zitiert (Rheinische Post vom 26.3.1994), wonach der Anteil von Missbrauchsanschuldigungen bei etwa 40% der Verfahren lag, wobei die Gefahr von Fehldeutungen und falschen Vorwürfen sehr groß sei (vgl. VfK Info 2/96). Prozentsätze, insbesondere über gutgläubige oder bewusst falsche Anschuldigungen sind natürlich besondersr umstritten. Der psychologische Sachverständige Prof. Schade berichtet 1995, dass nach seiner eigenen Statistik auf der Basis von etwa 250 Sachverständigengutachten wegen sexuellem Missbrauchs in familiengerichtlichen Verfahren es keine 10 % sind in denen ein Verdacht erhärtet werden konnte. Von Erleichterung in den anderen 90% der Fälle, wie man sie eigentlich beim anderen Elternteil (praktisch immer der Kindesmutter) bei einem gutgläubigen Verdacht erwarten müsste, berichtete er allerdings nicht. Meist halten solche Eltern zumindest außerhalb des gerichtlichen Verfahrens an ihren Anschuldigungen unbeirrt fest, auch wenn nicht nur die Sachverständigen, sondern auch der Rest der Welt anderer Meinung sein sollte.
Der Frage nach der Häufigkeit von Anschuldigungen sexuellen Kindesmissbrauchs im Zusammenhang mit Trennung / Scheidung und insbesondere nach deren Wahrheitsgehalt wurde auch in  einer sehr umfangreichen Untersuchung vom kanadischen Justizministerium 2001 nachgegangen (naturgemäß mit besonderer Aufmerksamkeit auf Verhältnisse in Kanada und den Umgang der Justiz mit diesem Problem).

  Unbegründete Anschuldigungen sexuellen Kindesmissbrauchs müssen keineswegs immer böswillig erfolgen (obwohl dies von den Beschuldigten meist anders gesehen wird), sondern können auch auf Grund der gesteigerten Sensibilität in der Trennungs- / Scheidungssituation und der Psychodynamik der davon betroffenen Personen entstehen. Verhaltensauffälligkeiten, wie sie bei Kindern im Gefolge einer Trennung / Scheidung und insbesondere etwa nach einem Besuchswochenende beim anderen Elternteil auftreten können (Figdor, 1997), können sehr leicht zu Fehldeutungen führen. Dazu kommt, dass häufig der frühere Partner zur Inkarnation des Bösen wird, dem man nun selbst derartig Abscheuliches zutraut. Symptomlisten, die aber jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren, spielen da eine verhängnisvolle Rolle (Endres, 1996). Solche Listen sind nicht nur bei selbsternannten "KinderschützerInnen" weit verbreitet. Eine solche Liste ist uns sogar als "Orientierungshilfe" des AK "Sexuelle Kindesmisshandlung" des Allgemeinen Sozialdienstes einer deutschen Großstadt bekannt geworden.  Eine mit einem Fallbeispiel illustrierte aktuelle Darstellung, die aufzeigt wie leicht auf diese Weise Falschanschuldigungen mit scheinbar immer überzeugenderen Inhalt entstehen können wurde von Terence W. Campbell (2013) in einem Handbuch für üsychologische und juristische Fachleute präsentiert.

  Ein unbegründeter Verdacht kann aber auch in intakten Familien durch Äußerungen des Kindes, von Bekannten, aus dem Kindergarten oder der Schule oder ebenfalls durch Missdeutung von Symptomen entstehen und stellt dann Eltern vor schwierige Entscheidungen oder setzt sie sogar der ernsten Gefahr aus, dass ihnen ihr Kind entzogen wird, wie das leider schon wiederholt in Deutschland geschehen ist. Selbstverständlich müssen solche Äußerungen und Anzeichen ernst genommen werden, aber Panik, die sich häufig einstellt und rein menschlich gesehen verständlich sein mag, schadet hier erheblich.  
Gerade bei Verdacht auf sexuellem Kindesmissbrauch muss strengstens darauf geachtet werden, dass Aussagen und das Gedächtnis von Kindern nicht durch suggestive Fragen kontaminiert werden, die nicht selten noch dazu oft genug wiederholt werden, so dass sich Fehler im Gedächtnis des Kindes verfestigen. Spontane Erstaussagen von Kindern sind am glaubhaftesten (Ceci, S. J., and M. Bruck, 1995), besonders wenn sie vor dafür speziell geschulten Fachleuten erfolgen und von diesen ausreichend aber strikt ergebnisoffen hinterfragt werden. Exakte Protokolle dieser Aussagen, am besten per Video, ersparen dem Kind auch erhebliche, weitere seelische Belastung durch wiederholte Aussagen. Das ist im zunehmenden Maße bei Strafanzeigen gewährleistet, aber leider auch nicht immer.

    Weit weniger ist diese fachgerechte Aussageerhebung gewährleistet, wenn ein Verdacht im familiären Umfeld entsteht, gerade da, wo es sich besonders oft um einen letzlich unbegründeten Verdacht durch Missdeutungen von Verdachtsmomenten etc. handelt. In sogenanten parteilichen (aber in Deutschland trotzdem meist öffentlich geförderten) Beratungsstellen und bei "AufdeckerInnen" (in den USA treffender "validator" = Bestätiger genannt) kann dann relativ leicht die Bestätigung von Verdachtsmomenten oder Vorwürfen gefunden werden. Die Ideologie oder auch die persönliche Betroffenheit und mangelnde Ausbildung vieler BeraterInnen verleitet dazu die Prüfung alternativer Erklärungen von Symptomen nicht ausreichend zu betreiben. Das vielfach schon vorgefasste Ergebnis wird dann durch suggestive Befragungen, die Interpretation von Kinderzeichnungen, dem Einsatz von anatomisch korrekter (eigentlich übertriebenen) Puppen und anderer Materialien "erhärtet". Dem kommt aber in forensisch-aussagepsychologischen Gutachten keine Beweiskraft zu, wie die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.07.1999 - 1 StR 618/98 besonders deutlich machte. In diesem Falle, handelte es sich um einen Strafprozess (Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 6 1/2 Jahren wegen sexuellen Mißbrauchs eines 14 jährigen Kindes). Das Landgericht hatte ein weiteres Sachverständigengutachten abgelehnt, ohne auf die monierten Mängel im Erstgutachten einzugehen. Deshalb war das Urteil aufzuheben.
Die Entscheidung des BGH formulierte klare Mindestanforderungen an psychologische Glaubhaftigkeitsgutachten, die seither als Maßstab für aussagepsychologische Untersuchungen gelten. Entscheidungen des BGH sind leider erst ab 2000 online abrufbar, aber entsprechend der Bedeutung dieser Entscheidung gibt es sehr zahlreiche Fundstellen in der Literatur, vgl. z.B. http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=1%20StR%20618/98 und http://openjur.de/suche/BGHSt+45%2C+164/ .
 

Therapierte "Erinnerungen"


    Nicht selten wird sogar bis zu einer Aussage über längere Zeit mit dem mutmaßlichen Opfer "gearbeitet". Durch derlei Methoden können Erinnerungen wesentlich verfälscht und spätere Sachverständigengutachten erheblich erschwert werden, was z.B. bei den Wormser Prozessen (1995-97) und anderen Prozessen mit Vielfachanschuldigungen beklagt wurde.  Eine psychologische Stellungnahme aus 1996 zu der Frage, ob das Gutachten einer Dipl.-Psychologin für die Staatsanwaltschaft B. den methodischen Anforderungen genügt, die an ein aussagepsychologisches Gutachten zu stellen sind, findet sich z. B. vollständig (aber anonymisiert)  in den Materialien (S. 181-216) der Tagung  "Psychologie im Familienrecht", Bad Boll, 1998. (Vgl. auch die dortige Tagung von 1995, speziell zum Thema Sexueller Kindesmissbrauch). Das Resultat war absolut vernichtend. So hat die Gutachterin u. a. in 12 Sitzungen mit dem Kind "gearbeitet", mit Spielstunden etc., obwohl dies bei einem Glaubhaftigkeitsgutachten absolut fehl am Platze ist. Dazu kamen das Arbeiten mit Kinderzeichnungen (Krickelkrackel), Mängel bei der Beurteilung der Dokumentation von Aussagen durch die Erzieherinnen eines Kindergartens, etc., etc. Man sieht, dass gravierende Fehler nicht nur auf Leute beschränkt sind, die sich selbst als "Aufdecker" und parteilich (für das Kind) deklarieren und schon deshalb, z.B. in ihren "Stellungnahmen", Alternativhypothesen kaum berücksichtigen. Auch die in dem erwähnten BGH Urteil angesprochene psychologische "Sachverständige" brüstete sich vielfach mit solchen Methoden, einschließlich dem Gebrauch anatomisch korrekter (eigentlich aber überbetonten) Puppen, mit denen sie um die tausend Fälle ,,aufgedeckt" haben will (einige davon mit Todesfolgen, dem Suizid des Beschuldigten). Besonders gravierend sind solche Fehler, wenn die "Aufdeckung" mit einer "Therapie" der Opfers (der "Überlebenden", im in diesen Kreisen üblichem Jargon) verbunden ist, bevor feststeht, dass dem Kind tatsächlich etwas geschehen ist.

   Eine wirklich verheerende Rolle spielt das "Zurückbringen" angeblich "verdrängter Erinnerungen" an sexuellen Missbrauch, im Rahmen einer Psychotherapie, aus meist ganz anderer Veranlassung. Dieses "False Memory Syndrome" führt besonders bei jungen, erwachsenen Frauen zu erheblichen Leiden, falschen sexuellen Missbrauchanschuldigungen, mit zunehmend bizzareren Einzelheiten, gegen Mitglieder der eigenen Familie und damit langjähriger oder dauerhafter Entfremdung. Auch die zahlreichen Schriften ideologisch stark befrachteter AutorInnen, aber meist ohne jede psychologische Ausbildung, trugen ganz erheblich zu einer großen Welle solcher Fälle bei, darunter besonders das schon vor Jahren über 700.000 mal verkaufte Buch von Ellen Bass & Laura Davis, ,,The Courage to Heal. A guide for women survivors of sexual abuse" (1998), erschienen 1990 in Deutsch als "Trotz allem. Wege zur Selbstheilung für sexuell mißbrauchte Frauen", und der Übersetzung ausgerechnet gefördert durch das  Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit !!. Um sich wenigstens eine Vorstellung vom Inhalt dieses Buches. das einige in seiner Qualität sogar mit ,,Mein Kampf" verglichen, und zahlloser, ähnlicher Schriften (auch zum sogenannten, aber nie nachgewiesenen rituellem Missbrauch) zu machen, lohnt es sich daraus wenigstens einige Ausführungen zu zitieren wie z. B.: 

S. 13: Ich habe nie Psychologie studiert. Therapeutische Fähigkeiten erwarb ich vor allem in der Praxis. Aber nichts von dem, was hier steht, basiert auf psychologischen Theorien.

S. 20: Wenn du dich nicht an solche konkreten Geschehnisse erinnern kannst, und trotzdem das Gefühl hast, mißbraucht worden zu sein, stimmt es vermutlich (vgl. auch >>Aber ich kann mich an nichts erinnern<<, S.  73)

S.21: Wissen um Mißbrauch beginnt oft mit einem winzigen Gefühl, einer Intuition oder vagen Ahnung. Es ist wichtig, daß du deiner inneren Stimme vertraust und von dort aus weiterarbeitest. Geh davon aus, daß deine Gefühle richtig sind. Bis jetzt hat noch keine Frau, mit der wir gesprochen haben, zuerst gedacht, sie sei vielleicht mißbraucht worden, und später entdeckt, daß es doch nicht stimmte. Es läuft immer andersrum: dem Verdacht folgt die Bestätigung. Wenn du glaubst, du seist mißbraucht worden, und dein Leben zeigt entsprechende Symptome, dann stimmt es auch.  

  S. 36: Die Psyche besitzt ungeheure Verdrängungskraft. Viele Kinder können den Mißbrauch vergessen, sogar während er geschieht. ... Die Fähigkeit zu vergessen erklärt, wieso so vielen erwachsenen Überlebenden gar nicht klar ist, daß sie mißbraucht worden sind. (Für eine gründliche Erklärung dieses Phänomens siehe >>Das Erinnern<<, S. 62.) Dort wird beschrieben wie der Körper sich merkt, was das Bewußtsein vergessen will.

Unter Leitung einer "Therapeutin" kann man daher die Reise in die Vergangenheit antreten, vgl. z B. auch Sommer & Bommert, [1995]. Erzählen der Mißbrauchsgeschichte in Babysprache, wenn der Mißbrauch vor dem Sprechenlernen geschah, oder Rollenspiel (S. 116) sind einige der "therapeutischen" Möglichkeiten. Die Grundlage der Heilung ist aber zu glauben daß es geschah (S. 78 ff) und intensiven Haß auf den Mißbraucher (meist den Vater) zu entwickeln, S. 113 ff, 6. Auflage 1995. (13. Auflage in 2006, Orlanda Frauenverlag).  

Weitere Zitate aus "Trotz Allem" unter "Zum Kongress Kinderschutz und Kindeswohl im Sorge -und Umgangsrecht, Frankfurt/Main 18-19.1.2008 und ähnlichen Veranstaltungen."
  
B. Kavemann (früher, nach eigenen Angaben, wissenschaftliche Begleiterin von Projekten bei Wildwasser Berlin, Koautorin von "Väter als Täter", jetzt Professorin an einer Hochschule für Sozialwesen) bezeichnete (im Umschlagstext, 6. Auflage, 1995) das Werk als unentbehrliches Handbuch in der Beratungs- und Selbsthilfearbeit:
Trotz allem wird bald  nicht mehr aus der Beratungs-und Selbsthilfearbeit wegzudenken sein. Ein unentbehrliches Handbuch für alle, die bisher mit ihren Erfahrungen und Problemen allein geblieben sind.
                                                                                                                                                                                                                                                                                           Barbara Kavemann, Mitautorin von Väter als Täter.    .

Dem Spuk "therapierter Erinnerungen" wurde wenigstens in den USA durch die Aufklärungsarbeit von international anerkannten Experten zur Gedächtnisforschung und Aussagepsychologie, wie Ceci & Bruck, oder Elizabeth Loftus (vgl. auch Ofshe & Watters, 1996), teilweise auch im Rahmen der von betroffenen Eltern 1991 gegründeten "False Memory Syndrome Foundation" erfolgreich begegnet, (Es gibt auch eine Britisch False Memory Society, die z. B. in ihrer Feb. 2005 Ausgabe über eine statistische Untersuchung der Wiederannäherung zwischen "Überlebender" und ihrer Familie berichtet, was auch für andere Fälle einer Eltern-Kind-Entfremdung interessant ist.).
Allerdings waren schon zahllose Familien durch eine regelrechte Industrie von Psychotherapeuten und Spezialkliniken die sich auf das "Zurückbringen" angeblicher frühkindlicher Erinnerungen, als der Quelle aller psychischen Probleme junger Erwachsener (fast immer Frauen) spezialisiert hatten, zerstört worden. (Das tatsächlicher sexueller Missbrauch schwerwiegende, oft lebenslange psychische Folgen beim Opfer haben kann, wird selbstverständlich nicht bestritten.) Besonders wirksam geschah dies durch Schadensersatzforderungen betroffener Frauen  in Millionenhöhe, die mittels wissenschaftlich hervorragend begründeten Argumenten auch durchgesetzt wurden, wie R. Christopher Barden (promovierter Psychologe und promovierter Jurist, Ph.D., J. D.) auf der PAS Tagung in Frankfurt, 2002 beschrieb (Konferenzband, S.373-381, auch Audio) mit dem Plädoyer dafür, dass solche wissenschaftlichen Methoden vor Gericht auch angewendet werden sollten, um Parental Alienation erfolgreich zu begegnen (vgl. auch Barden 2006, Lorandos, 2006 im International Handbook of Parental Alienation).
Das war sehr überzeugend, selbst wenn er darauf verzichtete, auch nur zu erwähnen, dass er selbst sehr erfolgreich Opfer therapierter Erinnerungen (und hier) vor Gericht vertreten hat, denen dann, häufig in einer außergerichtlichen Einigung, Schadenersatz, sogar bis zu 10.6 Millionen US $, zugesprochen wurde.

 Es wird nicht erstaunen, dass diese Welle auch auf Deutschland überschwappte, wenn auch, wie meistens, mit einiger Verzögerung. Phoenix und WDR zeigten vor einigen Jahren einen sehr berührenden Film von Felix Kuballa, Multiple Persönlichkeiten: Wahn der Therapeuten? über eine Frau, die in Deutschland, 1991-94, Opfer einer solchen Therapie wurde. Der Film erwähnt auch R. C. Barden und andere Experten (vgl. auch Psychologie Heute). Ob sie ihre Schadensersatzforderungen je durchsetzen konnte, wissen wir nicht. Lediglich Kritik an diesem Film, von hiesigen TraumatherapeutInnen, konnten wir im Internet bisher finden.

Ein weiteres Beispiel in dem gleich in  einer ganzen Gruppe von jungen Erwachsenen durch eine "Lebensberaterin"  "Erinnerungen" an sexuellen Missbrauch in der Kindheit "wach gerufen" wurden, und es dementsprechend zur Entfremdung von ihren Familien kam, zeigte WDR in seiner Serie  Menschen hautnah: Ein Missbrauch, den es nie gab, Sendung vom 09.10.2014:

„Wir haben gedacht, die Welt bleibt stehen. Ich habe laut geweint und gerufen: Herr unsere Kinder. Das kann man doch nicht verstehen. Es war doch nie was vorgefallen.“ Die alte Dame sitzt neben ihrem Mann im Wohnzimmer und kann heute – 20 Jahre danach - noch nicht fassen, was damals passierte.

Dass der Spuk therapierter "Erinnerungen" in Deutschland keineswegs schon ausgestanden ist, zeigen auch weitere dramatische Beispiele mit ganz ähnlichem Verlauf auf den Webseiten von False Memory Deutschland e.V.  Diese Webseiten enthalten eine umfangreiche Literaturliste und eine Vielzahl weiterer Informationen.

Dass Erinnerungen leicht verfälscht werden können zeigen eine Vielzahl empirischer psychologischer Untersuchungen, zusammengefasst z. B. schon in dem exzellenten Buch von Ceci, S. J., and M. Bruck, 1995. 
Dass dies im Zusammenhang mit sexuellen Missbrauchsanschuldigungen geschieht mag teilweise wenigstens auf eine Hypothese von Sigmund Freud zurückgehen, wonach Erinnerungen an sehr traumatische Ereignisse, insbesondere sexuellen Missbrauch verdrängt werden, aber durch eine geeignete Therapie zurückgebracht werden können und so das Leiden verringert werden kann.  Empirisch gesehen wirft das aber schon gleich zwei schlichte Fragen auf:
  1. Für Menschen, die ein schweres Trauma durch ein Unglück, Kriegserfahrungen, sonstige Gewalt etc. erlebt haben besteht das Problem im Gegensatz zu dieser Hypothese vor allem gerade darin, dass sie Erinnerungen an dieses Erlebnis nicht los werden und es sich immer wieder in den Vordergrund drängt.?
  2. Die Frage ob sexueller Missbrauch in der frühen Kindheit, wenn er nicht durch Gewalt erfolgte (z.B. innerhalb der Familie) überhaupt zu dem Zeitpunkt als schweres Trauma erlebt wird, wurde von der Psychologin Susan A. Clancy empirisch gründlich untersucht, zusammengefasst in dem Buch The Trauma Myth: The Truth about the Sexual Abuse of Children—and its Aftermath; 2010, ISBN 978-0-465-01688-4.  Ihr Ergebnis ist, dass der Vorgang zu den Zeitpunkt nur in wenigen Fällen in seiner Dimension vom Kind schon verstanden und abgewehrt wurde, in der weit überwiegenden Mehrzahl so aber erst viel später durch große Enttäuschung und Scham zum Trauma wurde. Das ändert selbstverständlich nichts daran, dass sexueller Kindesmissbrauch ein schweres Verbrechen ist, stellt aber die Thesen vieler TraumatherapeutInnen von verdrängten Erinnerungen an frühkindlichen sexuellen Missbrauch und deren Traumawirkung (Persölichkeitsspaltung, Dissoziation etc.) ganz erheblich in Frage. Es erstaunt daher nicht, dass die Autorin deshalb heftig angegriffen wurde, wie auch schon bei ihrem ersten Versuch einer empirischen Untersuchung sexueller Missbrauchsanschuldigungen und angeblich verdrängter Erinnerungen. Den musste sie schließlich abbrechen, weil sie sogar persönlich bedroht wurde, schreibt sie in dem Buch  Abducted: How People Come to Believe They Were Kidnapped by Aliens (2005) über die Untersuchung zu der sie dann auswich. Sie zeigt, wie Menschen von etwas absolut überzeugt sein können, für das es keinen Erlebnishintergrund gibt, ja was nicht einmal physikalisch möglich ist.

Eine ausführliche Darstellung der Thematik aus psychologischer Sicht gibt das Buch Abused by Therapy: how searching for childhood trauma can damage adult lives von Katherine Mair (2013).
Eine ausgewogen kritische und ausführliche Darstellung zur Dissoziativen Identitätsstörung, findet sich in dem Wikipedia Artikel  Dissociative identity disorder  und auf Deutsch in  http://www.verhaltenswissenschaft.de/Psychologie/Psychische_Storungen/Multiple_Persoenlichkeit/multiple_persoenlichkeit.htm#Kritik .

  Glaubhaftigkeitsgutachten

    Zur Prüfung des Wahrheitsgehaltes wird in Strafverfahren, aber auch bei Missbrauchanschuldigungen im Rahmen eines familienrechtlichen Verfahrens, häufig ein aussagepychologisches Gutachten erstellt. Dabei geht es um die Feststellung, ob eine bestimmte Aussage (des Zeugen oder mutmaßlichen Opfers) auf eigenem Erleben (und nicht etwa auf Fremdeinflüssen) beruht, also um die Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage, nicht um die Integrität der Person, wie besonders oft von Gruppen unterstellt wird, die solche Untersuchungen aus ideologischen Gründen vehement ablehnen (vgl. Zitate in Carl, 1995; Steller,1998). Daher sollte von Glaubhaftigkeitsgutachten, statt, wie meist, von Glaubwürdigkeitsgutachten gesprochen worden.

Ausgegangen werden muß (nun auch laut BGH Entscheidung vom 30.07.1999 - 1 StR 618/98) von der Nullhypothese, dass der Vorwurf nicht zutrifft, oder anders ausgedrückt, der Hypothese, dass der/die Aussagende diese Aussage aufgrund der Persönlichkeit und den Entstehungsbedingungen der Aussage (die festzustellen sind!) auch ohne eigenen Erlebnishintergrund hätte machen können. Sie ist widerlegt, wenn die Aussage eine hinreichende Zahl von Glaubhaftigkeitsmerkmalen, oder nach Steller und Köhnken, Realitätskennzeichen ( vgl. Steller, 1998) aufweist (Arntzen, 1993). Dazu gehören Detailreichtum der Schilderung, einschließlich der Fähigkeit diese nach nichtsuggestiven Fragen zu ergänzen, Einbindung in die Rahmenhandlung, einschließlich Komplikationen und ausgefallener Details beim Ablauf, Konstanz, etc. Weiter gilt nach Arntzen: Die Unglaubwürdigkeit einer Aussage manifestiert sich in erster Linie darin, dass der Zeugenaussage mehrere [ein Komplex] der besprochenen Realkennzeichen fehlen (S. 111, 24), die Nullhypothese also nicht widerlegt werden kann. Eindeutige, nicht defiziente Symptome der Unglaubhaftigkeit (Lügensymptome) - also Aussageeigenarten die nicht einfach Mängel (z.B. in der Detaillierung, Präzisierbarkeit) darstellen, beispielsweise körperliche Phänomene, kann man nach Ansicht dieser Schule bisher nicht angeben (S. 113). Tests mit dem Polygraphen (Lügendetektor), dem sich viele Beschuldigte in einem verzweifeltem Versuch ihre Unschuld zu beweisen freiwillig unterziehen, basieren zwar auf physiologischen Lügenmerkmalen, sind jedoch umstritten und auch nach neuesten Entscheidungen zumindest in Strafverfahren nicht berücksichtigungsfähig (BGH 1 StR 156/98, Urteil vom 17.12.1998).

 Die Aussagetüchtigkeit des Kindes muss vorher festgestellt werden. Neutrale Vorkommnisse und das inkriminierte Geschehen sind bezüglich des Aussageverhaltens zu vergleichen. Die Methodik der Untersuchung und die Schlussfolgerungen müssen nachvollziehbar dargestellt werden. Diese Prinzipien wurden nun in aller Deutlichkeit durch die obige Entscheidung des Bundesdesgerichtshof als verbindlich formuliert und den weit verbreiteten "Aufdeckermethoden" eine sehr deutliche Absage erteilt.

Die z.B. von Steller, 1998 erwähnten Beispiele zeigen aber sehr eindringlich, dass da selbst bei der Justiz und den von dieser beauftragten Gutachtern noch sehr viel Fortbildung zu leisten ist. Selbst das Grundkonzept, mit der Leitfrage, ob die Aussage auch ohne realen Erlebnishintergrund hätte gemacht werden können (Nullhypothese) bereitet offensichtlich vielen noch erhebliche Verständnisschwierigkeiten, obwohl sie doch eigentlich auch voll mit dem fundamentalen Rechtsgrundsatz ,,in dubio pro reo" korrespondiert. So sprach lt. Steller die Staatsanwaltschaft Mainz im Verfahren Worms III wegen dieser Leitfrage von einer Festlegung auf ein "Unglaubwürdigkeitsgutachten" und wollte damit den Sachverständigen ablehnen. Feststellungen der ,,allgemeinen Glaubwürdigkeit", statt der Glaubhaftigkeit einer bestimmten Aussage, fänden sich immer noch, und das nicht nur in Aufträgen der Justiz, sondern auch in den dann gelieferten psychologischen Gutachten, obwohl solche Aussagen jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren würden. Auch das herrschende Fachwissen aus der umfangreichen Suggestionsforschung sei durch eine davon ,,unabhängige Betrachtungsweise" ersetzt worden.

Vorwürfe sexuellen Kindesmissbrauchs müssen natürlich auch im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung sehr ernst genommen werden, da ja neben möglichen Fehldeutungen und bewußt falschen Anschuldigungen auch eine echte, gravierende Gefahr für das Kind bestehen könnte. Eine vollständige Klärung der Anschuldigungen ist oft schwierig, da sie sehr privates häusliches Verhalten betreffen, das meist auch keine sichtbaren Spuren hinterlassen würde. Trotzdem sollte sie sehr rasch geschehen, auch um die Belastung für das Kind und die anderen Beteiligten einzuschränken. Wegen der emotional aufgeladenen Atmosphäre, Angst und Panik die Anschuldigungen sexueller oder körperlicher Misshandlung erzeugen, werden Angeschuldigte (meist der Vater) praktisch immer wie Schuldige behandelt (,,Schuldig auf Verdacht", wie ein Spielfilm zu diesem Thema heißt), solange nicht ihre Unschuld erwiesen ist. Zu beweisen, dass etwas nicht stattgefunden hat, ist aber besonders schwierig.

Die Irrationalität die solche Anschuldigungen meist begleiten, können Prozessbeteiligte zu ihrem Vorteil nutzen, z.B. als ultimative "Waffe" zur Zerstörung der trotz Trennung/Scheidung noch vorhandenen Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil (vgl. Ward & Harvey, 1998, Cartwright, 1993, aber auch unsere Anmerkungen zu einer Übersetzung aus Gardner, 1992). Dieses Ziel der Eltern-Kind-Entfremdung (PAS) wird wegen der Belastung des Kindes vor allem bei einer langen Verfahrensdauer fast immer erreicht, auch wenn der Vorwurf schließlich widerlegt wird. 

Was uns immer wieder erstaunt ist, wie selten es in Deutschland zu strafrechtlichen Ermittlungen, geschweige den Strafverfahren kommt, wenn sexuelle Missbrauchsanschuldigungen im Zusammenhang mit einem familiengerichtlichen Verfahren erhoben werden.  Dies, obwohl sexueller Missbrauch sehr zu Recht ein Offizialdelikt ist (§§ 176 ), d. h. bei Bekanntwerden in der Justiz und vorhandenem Anfangsverdacht auch von Amts wegen (ohne eigenen Antrag) strafrechtlich zu verfolgen ist. Statt dessen werden solche Vorwürfe vielfach nur im Rahmen des Familiengerichts abgehandelt und erledigen sich einfach, wenn sich,  wie so oft, der Vorwurf nicht bestätigt. Damit  können leider solche Vorwürfe praktisch risikolos erhoben werden, erweisen sich aber als "ultimative Waffe" sehr wirkungsvoll im Kampf um das alleinige Sorgerecht oder zur Verhinderung von Umgangskontakten. Letztere werden  zwar nicht immer ganz ausgesetzt, sondern wie es eine Reihe von Entscheidungen in Beschwerdeverfahren forderten, auf begleiteten Umgang eingeschränkt, während, wie häufig, eine gerichtlich angeordnete, aussagepsychologische Begutachtung des Kindes läuft. Weil Umgangsregelungen, begleitet oder unbegleitet, meist auch nicht durchgesetzt werden, läuft das praktisch auf dasselbe hinaus,  d.h. eine erhebliche Entfremdung des Kindes vom Beschuldigten (praktisch immer der Vater) durch die erheblich verlängerte Verfahrensdauer und die zusätzliche psychische Belastung des Kindes.

Der mit solchen Anschuldigungen meist angestrebte vollständige Ausschluß des Umgangs, auch schon in der Klärungsphase des Vorwurfs, ist dagegen u.a. laut Entscheidungen des OLG Braunschweig vom 5. Nov. 1998, Az. 1 UF 137/98 nicht gerechtfertigt, wenn durch eine fachliche Begleitung des Umgangs sicher gestellt ist, dass das Kind weder körperlich noch seelisch gefährdet ist, also z.B. auch auf etwaige ablehnende Reaktionen des Kindes entsprechend eingegangen werden kann, ähnlich  OLG Frankfurt  6. FamS in Darmstadt, Beschl. vom 30.6.1995- 6UF 60/95 (FamRz 1995, 1432= NJW-RR 649-650), OLG Bamberg, Beschl. v. 11.4.1994-2WF 45/94 (FamRZ 1995, 181-182), OLG Stuttgart, Beschl. vom 29.9.1993 -16UF 222/93  (FamRZ 1994, 718-719), OLG Hamm (FamRZ 1993, 1233-34). 

 In den USA hat man verschiedentlich spezielle Gesetze geschaffen um der Seuche bewußt falscher Anschuldigungen zu begegnen (vgl. dazu auch einen Bericht aus Frankreich). Zugegebenermaßen ist die Beweisführung meist schwierig, insbesondere beim Versuch nachzuweisen, dass Behauptungen grob fahrlässig oder wider besseres Wissen aufgestellt wurden.

Selbst zivilrechtliche Folgen sind in Deutschland selten. Schadensersatzforderungen (Ollmann, 1996), auch gegen mutmaßlich grob fahrlässige Gutachter, parteiliche "Aufdecker" etc., sind schon wegen des Prozessrisikos schwer durchzusetzen. Das Landgericht Paderborn hat am 22.8. 1997 in einem derartigen Verfahren (AZ 2 O 135/97) eine Schmerzensgeldforderung gemäß §§ 847, 823 I 1 BGB im Grunde nach wegen grober Fahrlässigkeit des Sachverständigen in einem Grundurteil (§ 304 ZPO) als gerechtfertigt anerkannt. Es bedürfe aber einer weiteren Klärung zur Festsetzung der Höhe (beantragt waren mindestens 80.000 DM).
Der Musiklehrer war im Mai 1989 auf Grund der Aussage seiner bei der Trennung 4 jährigen Tochter und des Gutachtens des Psychologen Prof. B. (Sept. 1988), dass die Tochter allgemein zeugentüchtig und glaubwürdig sei, zu einer Freiheitsstrafe von 1 1/2 Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Eine schon 1989 in Auftrag gegebene Analyse dieses Gutachtens kam zu dem Schluss, dass es nicht auf fachlich gesicherten Grundlagen entwickelt worden war und wesentliche Gesichtspunkte der Glaubhaftigkeitsbeurteilung vom Beklagten nicht berücksichtigt worden seien. Weitere in 1990, 1991 eingeholte Stellungnahmen eines Diplompsychologen erblickten darin ebenfalls schwere Mängel. Ein Wiederaufnahmegesuch des Klägers wurde jedoch 1992 als unbegründet zurückgewiesen. Erst als im Zusammenhang mit einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren, wegen Namensänderung, in einem weiteren Gutachten erneut auf die schweren Mängel des Gutachtens aus 1988 hingewiesen wurde, griff die Staatsanwaltschaft das Verfahren wieder auf und beantragte ein weiteres Gutachten zur Frage ob das Gutachten aus 1988 unter Berücksichtigung neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse kritischer Überprüfung standhielte, insbesondere eine Verurteilung zu stützen vermöchte. Das wurde vom Sachverständigen verneint und der Kläger am 14. 3. 1996 schließlich freigesprochen. Er gibt aber an, wegen durch den Vorgang ausgelösten Depressionen und schweren Angstzuständen auf Dauer berufsunfähig zu sein.

Der auf Schmerzensgeld Beklagte hatte beantragt die Klage abzuweisen und meinte die seinerzeit vorgenommene Begutachtung sei zumindest aus damaliger Sicht vertretbar gewesen. Verallgemeinerungsfähige Standards bei der Bewertung von Glaubwürdigkeit durch Psychologen gebe es nicht (siehe aber z. B. die obige BGH Entscheidung). Das Landgericht wirft ihm dagegen grobe Fahrlässigkeit vor, entsprechend der gefestigten Definition grober Behandlungsfehler eines Arztes (vgl. Palandt, § 823, Rdn. 179). Er habe u.a. die zwingend notwendige Hinterfragung und Überprüfung der Entstehungsgeschichte der Aussage unterlassen. Prof. Undeutsch (einer der maßgeblichsten Pioniere der Aussagepsychologie) stellte fest, dass auch schon damals (1988), bevor Untersuchungen über die Suggestibilität von Kindern verstärkt ins Gespräch gekommen sind (ab etwa 1990, vgl. Ceci und Bruck, 1995), derlei wissenschaftlicher Standard gewesen sei, insbesondere bei einem so konfliktbesetzten Beziehungsnetz zwischen den Eltern. Es heißt ferner ,,daß mit aussagepsychologischen Methoden von keinem einzigen Teil der Aussage festgestellt werden könne, daß sie die Gewähr biete, daß die objektive Realität zutreffend wiedergegeben ist." Insbesondere ließen die Aussagen nicht die Feststellung der Konstanz zu. Die vom Beklagten angewandten Testverfahren seien ,,mehr als naiv". Der Picture-Frustrationstest von Rosenberg wird für ungeeignet gehalten. Das Landgericht vermochte sich aber der Meinung nicht anzuschließen, dass vom Gericht zugezogene Sachverständige auch für leichte Fahrlässigkeit haften und nicht nur für eine auf einer (hier bejahten) grob fahrlässigen Falschbegutachtung beruhenden Verletzung der in § 823 BGB genannten Rechtsgüter (BVerfG, NJW 79, 305). Der Sachverständige sei ,,Gehilfe" des Richters und es erscheint sachgerecht auch für ihn ein Haftungsprivileg entsprechend § 839 Abs. 2 BGB zu schaffen.  Anders dagegen  ein  Urteil  aus 2007: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 2. Oktober 2007 - Az: 19 U 8/2007

Es gibt auch entsprechende Urteile mit denen Schmerzensgeldforderungen wegen Missbrauchverdacht durch Psychologen abgewiesen wurden. Im Urteil des Landgerichts Hamburg v. 26.8.1997 - 309 S 292/96 heißt es etwa solche Forderungen wären nur bei leichtfertigen oder mutwilligen Strafanzeigen oder Zeugenaussagen gerechtfertigt, nicht aber wenn ein in der Rechtsordnung vorgesehenes Verfahren in Gang gesetzt würde bei dem der Vorwurf sich später als falsch erweise. Die von den Erzieherinnen einer Kindertagesstätte wegen der Aggressivität des Mädchens zu Rate gezogene Psychologin sei gar nicht befugt gewesen auch das Umfeld der Tochter zu befragen. Den Eltern wurde das Sorgerecht entzogen und das Kind kam in ein Heim, bis das gegen diese Maßnahme angerufene Landgericht auf Grund eines Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis kam, dass der Verdacht der Psychologin nicht zutrifft. Der Vater fühlte sich in seinem Ruf geschädigt und in seinem Persönlichkeitsrecht erheblich verletzt. (Dieser Fall bildete die Grundlage eines am 25.05 1999 im ZDF gesendeten Films + Diskussion).

Anders z.B. im Staate Arizona, der in 1998 1,5 Mill. $ Schadenersatz an einem Mann bezahlte, wegen fahrlässigen Untersuchungen durch die staatliche Kinderschutzbehörde bei einer Beschuldigung durch Pflegekinder. Auch einem Vater aus Seattle, Washington, waren 1996 $510 000 wegen fälschlicher Beschuldigung durch die Kinderschutzbehörde zugesprochen worden, über die beantragten $120000 wegen Verdienstausfall, zusätzlich $375 000 Schmerzensgeld und $10000 aus Geldbußen gegen zwei Mitarbeiter der Behörde (Seattle Times, 8. 6.1996) hinaus. Der Beschuldigte, ein dann arbeitsloser Rechtsanwalt, war nicht angehört worden. Ein Jahr lang war ihm kein Kontakt zu seiner Tochter erlaubt worden, dann nur unter Aufsicht. Das Verhalten der Kinderschutzbehörde wurde von den Geschworenen einstimming als fahrlässig eingestuft. Diese dagegen fühlte sich zumindest nicht verantwortlich für das unprofessionelle Gutachten, das sie beauftragt und der Justiz vorgelegt hatte.

Ollman, 1994, 1996 geht ausführlich auf die rechtlichen Probleme der Datenerhebung, auch in Kindertagesstätten, ein und weist insbesondere auf § 62 KJHG (SGB VIII) hin, wonach Daten nur erhoben werden dürfen, soweit ihre Kenntnis zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist und dies ferner beim Betroffenen zu geschehen hat, bei einem jüngeren Kind zumindest mit Einwilligung und Beteiligung der Eltern. Ferner setze dies bei Verdacht auf sexuellem Missbrauch eine diagnostische Kompetenz voraus die bei Betreuer(inne)n in Kindertagestätten, Sozialpädagogen und selbst Psychologen im Regelfall nicht vorhanden sei. Die Sicherstellung der Verfügbarkeit einer entsprechend ausgebildeten Fachkraft gehöre nach § 79 KJHG zur Gesamtverantwortung der Jugendämter.

Eine weitere rechtliche Einschränkung, die vermutlich häufig nicht beachtet wird, besteht laut AG Düsseldorf vom 22.12.1994 - 251 F 2177/94 (FamRZ 1995, 498-500) darin, dass ein nicht allein sorgeberechtigter Elternteil wegen des Gesamtvertretungsgrundsatzes des § 1627 BGB auch nicht allein befugt ist, das Kind bei Verdacht des sexuellen Missbrauchs eines ehelichen Kindes durch den anderen Elternteil medizinisch und/oder psychologisch untersuchen zu lassen. Wegen der erheblichen Bedeutung für das Kind bedarf es in diesem Fall gem. § 1628 Abs. 1 BGB einer Entscheidung des Vormundschaftsgerichts [jetzt des Familiengerichts], das auch Maßnahmen nach § 1666 BGB treffen kann. Vor einer solchen Entscheidung sind beide Eltern stets persönlich anzuhören, ggf. auch das Kind. Bei der Kindesanhörung ist in Hinblick darauf, dass ggf. strafrechtliche Vorwürfe gegen den Vater erhoben werden, § 52 II StPO zu beachten. Die berechtigte Aussageverweigerung des Kindes erlaubt auch im FGG-Verfahren wegen der Konkurrenz zu § 52 II StPO keine Exploration durch einen Sachverständigen mehr. Begutachtungen, die entgegen diesen Rechtsgrundsätzen vorgenommen werden, unterliegen entsprechend § 252 StPO  einem Verwertungsverbot [vgl. dazu weitere Fälle einer Verweigerung der Begutachtung].

Das Urteil kritisiert auch das Verhalten des Jugendamtes. Dieses hatte der Mutter zum Aufsuchen einer Kinderschutzambulanz wegen der Verhaltensauffälligkeiten geraten und dem Gericht mitgeteilt, dass bis zur Klärung eine Aussetzung des Umgangs notwendig sei. Eine Sachstandanfrage des Gerichts nach etwa 3 Monaten blieb unbeantwortet. Diese Vorgangsweise des JA greife in unzulässiger Weise in die Elternrechte des Vaters ein. Mit dem Zurückhalten von Verdachtsmomenten einerseits, der Verweigerung des Umgangs mit dem Kinde andererseits durch die Mutter wirke sich die fehlende Entscheidung des Gerichts faktisch wie eine Ablehnung des Umgangsrechts aus. Die Chancen des Vaters auf Umgangsregelung würden durch Zeitablauf deutlich schlechter. Das JA dürfe lediglich beratend tätig sein und die an es herangetragenen Tatsachen i. S. des Kindeswohls würdigen. Ermittlungen wie sie die Staatsanwaltschaft z.B. anstellen kann und selbst deren Veranlassung seien dem JA aber verwehrt. 

Es gibt auch, wie Cartwright (1993) ausführt, "virtuelle" Missbrauchsanschuldigungen. Damit meint er eine neu beobachtete Variante ,,in denen der Missbrauch nur angedeutet ist, mit dem realen Ziel den Charakter des Nichtsorgeberechtigten anzuschwärzen, in einem stetigen Programm von Verunglimpfungen. Dem Entfremder ersparen virtuelle Anschuldigungen die Notwendigkeit Vorfälle des behaupteten Missbrauchs zu erfinden, mit der Gefahr entdeckt zu werden und der Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung wegen Falschaussage."

Ein Anwalt (und selbst ernannter "Kinderschützer" und "SAIDS Experte"), der sich vermutlich für besonders gerissen hält, hat seine vagen Andeutungen des öfteren sogar mit dem Zusatz versehen, dass ,,Einzelheiten aus Gründen der Schonung [des Antraggegners!!] hier zunächst nicht direkt angesprochen werden sollen", oder ,,Einer der Vorgänge soll hier noch unerwähnt bleiben, der weitere betrifft häusliche Gewalt.. .....Unterzeichner hätte gern darauf verzichtet, dieses und schwerwiegendere Umstände vorzutragen" und ähnlichem. Selbst als er sich einmal dazu hinreißen ließ, zu behaupten ,,Beweisantritt ist jederzeit möglich." und das Gericht darauf hinwies, dass allgemeine Behauptungen, ohne Konkretisierung nach Vorfall und Zeitpunkt, [als Härtegründe] nicht genügten, erfolgte dann natürlich keinerlei Reaktion seitens dieses Organs der Rechtspflege (§1 der Berufsordnung, BRAO). Als er sich nach Fertigstellung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens, statt der vom Gericht angeforderten Stellungnahme dazu, zu weiteren Missbrauchsbeschuldigungen hinreißen ließ, erschienen diese dem Vater endlich konkret genug, um Strafantrag wegen übler Nachrede, Beleidigung, Verleumdung, falscher Verdächtigung, Vortäuschens einer Straftat und Urkundenfälschung stellen zu können. Das Verfahren wurde aber nach etwa 14 Monaten gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. (Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung sind allerdings Antragsdelikte, für die dann vom Strafsenat des OLG auf den Weg der Privatklage verwiesen wurde.)
Aus der Begründung:

...Aufgrund dieser Äußerungen wurde seitens des Familiengerichtes ein Glaubwürdigkeitsgutachten hinsichtlich der Angaben der Tochter in Auftrag gegeben, welches zu dem Schluß kam, daß die Hypothese, daß es sich bei der Aussage der Tochter um eine solche ohne diesbezüglich konkrete eigene Erlebnisbasis gehandelt habe, nicht mit ausreichender Sicherheit zu widerlegen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Angaben der Tochter nicht dennoch der Wahrheit entsprechen können. Dies bedeutet, daß der Beschuldigte auch weiterhin die Angaben seiner Mandantin bzw. deren Tochter als Grundlage für die Wahrnehmung derer Interessen benutzen konnte, da nicht nachgewiesen war, daß die Angaben der Tochter falsch waren. ....

Das legt zumindest den Schluss nahe, dass die Frau Staatsanwältin das oben skizzierte Grundprinzip von Glaubhaftigkeitsgutachten, mit seinem Ausgangspunkt in einer Nullhypothese, die es zu widerlegen gilt, und dem Fehlen eigener, verlässlicher Lügenmerkmale, noch nicht verinnerlicht hat (vgl. die oben zitierten Ausführungen von Steller). Es wäre interessant zu wissen, wie sie sich hier einen besseren, d.h. 100 % Nachweis vorstellt, dass etwas, das außerdem keinerlei Spuren hinterlassen würde, nicht stattgefunden hat, und für das es folglich auch keine Zeugen geben kann. Abgesehen davon ist die darin zum Ausdruck gebrachte Umkehr der Beweislast, statt ,,in dubio pro reo",  wahrlich erstaunlich, für unser naives Rechtsempfinden jedenfalls, oder auch entsprechend §186 StGB [Üble Nachrede]: Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ein Klagerzwingungsverfahren scheiterte, wie so oft schon, an Formfehlern und im übrigen, bei seinen Behauptungen in Schriftsätzen an das Familiengericht, der Vater sei ein ,,bei der Polizei gut bekannter Schläger",  verwies das OLG  auf den Weg der Privatklage. Die Rechtsanwaltskammer wenigstens hat die fortlaufenden Diffamierungen und weiteren Aktionen durch dieses "Organ der Rechtspflege" erfreulicherweise anders gesehen und Beschwerden in mehreren, separaten Disziplinarverfahren (teilweise) jeweils stattgegeben. "Schleunigst die Robe ausgezogen", wie das ein national renommierter Anwaltskollege nach der Lektüre nur eines seiner noch relativ harmlosen "Schriftsätze" empört forderte, wurde ihm jedoch nicht. Vgl. dazu auch ,,Verhalten von Rechtsanwälten bei strittiger elterlicher Sorge". 

Man sollte sich aber als zu Unrecht Beschuldigter nicht entmutigen lassen und, allein schon aus Verpflichtung seinem Kind gegenüber, aber auch zur Verbesserung der Rechtskultur, zumindest gegen die inkompetenten oder skrupellosen "Helfer" energisch durch Beschwerden / Strafanzeigen und ev. auch "Öffentlichkeitsarbeit" (in der Presse) vorgehen. Ob man strafrechtlich auch gegen die Mutter des eigenen Kindes vorgehen will, ist natürlich eine weit schwierigere Frage und die Wahrscheinlichkeit, dass dies als interner Familienstreit abgetan wird, noch größer.  Bei Strafanzeigen ist zu beachten, dass falsche Verdächtigung (§164 StGB) und auch Verleumdung (§187 StGB) den äußerst schwierigen Nachweis erfordern, dass die Behauptungen ,,wider besseres Wissen" erfolgten, und andererseits Beleidigungen (§§ 185-187 StGB) Antragsdelikte sind, bei denen man wahrscheinlich auf den Weg der Privatklage (§ 374 StPO) verwiesen wird. Bei einer Privatklage trägt jedoch der Kläger (Geschädigte) das volle Kostenrisiko, selbst für den Prozessgegner (§ 379 StPO), und ist die Staatsanwaltschaft nicht zur Mitwirkung verpflichtet (§ 377 StPO). Man braucht also leider Zeit, Energie, Geld und wahrscheinlich einen sehr guten Anwalt (der noch dazu bereit sein muss gegen einen "Kollegen" vorzugehen) um gegen solche Vorwürfe erfolgreich einzuschreiten, sollten sie nicht von Staats wegen verfolgt werden. Sehr hohe Hürden sind auch zu überwinden, sollte die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen (z. B. nach §170 Abs. 2 StPO) und man will nach erfolglosen Beschwerden bei der Generalstaatsanwaltschaft eine Klage über das Oberlandesgericht erzwingen. Die meisten Klageerzwingungsverfahren scheitern schon aus formalen Gründen, z. B. weil der Sachverhalt nicht noch einmal in sich geschlossen, d. h. ohne nötigen Bezug auf die Aktenlage, dargestellt wurde, oder ein Datum fehlt, etc.

   Selbstredend muss man sich bei einer Strafanzeige seiner Sache sehr sicher sein, weil man von vorn herein damit rechnen muss, dass gegen einem selbst ermittelt wird, sollte wegen der nun auch der Staatsanwaltschaft bekannt gewordenen Beschuldigungen ein Anfangsverdacht entstehen, §152 StPO [Legalitätsprinzip]. Bei dem gerade zitierten Fall, war dies ausdrücklich nicht der Fall, obwohl der besagte Rechtsvertreter bei seiner polizeilichen Vernehmung zur Strafanzeige gegen ihn mit wiederum neuen Versionen der Anschuldigungen gegen den Vater reagierte, die jedoch, sicher ganz entgegen seinen Absichten, dazu führten, dass die Staatsanwaltschaft eine sehr ausführliche Stellungnahme verfasste, nach der gegen den beschuldigten Vater nicht einmal ein Anfangsverdacht bestünde, der zu der Einleitung eines Ermittlungsverfahren Anlass geben würde.  Nach dieser Strafanzeige und mehreren Disziplinarverfahren der Anwalltskammer gegen ihn war dieses Organ der Rechtspflege dann bei weiteren Verfahren vor dem Familiengericht / OLG sehr deutlich zurückhaltender mit seinen Verunglimpfungen geworden. Selbst, wenn der Vater von sich aus den zu Unrecht erhobenen Missbrauchsvorwurf wegen des enormen Schadens für die Kinder wiederholt erwähnte, kam nun keinerlei Reaktion mehr von ihm. Gegen die beteiligten "AufdeckerInnen" (ohne Zeugen-, Gutachter- oder sonstigem Status bei Gericht) einer kirchlichen Beratungsstelle hatte der Vater ebenfalls Strafanzeige erstattet. Diese machten jedoch von ihrem Recht als Beschuldigte Gebrauch, die Aussage ganz zu verweigern, nachdem zuvor schon ihre Versuche den Vater durch anwaltliche Unterlassungsaufforderungen zum Schweigen zu  bringen kläglich gescheitert waren. Dem ASD gelang es erstaunlicherweise die staatsanwaltliche Zeugenladung der mit den "AufdeckerInnen" entgegen ihrem gerichtlichen Auftrag nach
§ 49a FGG eng kooperierenden Mitarbeiterin durch ein Aussageverbot zu verhindern. Das Hauptziel, die Kinder vor diesen "TherapeutInnen" baldmöglichst zu schützen, wurde dennoch schließlich, auch unter Zuhilfenahme von "Öffentlichkeitsarbeit"(einschließlich Medienberichten) erreicht. Besonders wichtig war bei dieser Verquickung von Jugendamt / ASD mit einer Beratungstelle auch selbst gegen erheblichen Widerstand auf Akteneinsicht zu bestehen. Es muss dabei unbedingt darauf geachtet werden, dass die Akte vollständig durchnummeriert ist und etwa entnommene Einträge wenigstens klar gekennzeichnet sind (meist mit dem Hinweis auf "Belange Dritter"). Die vollständige Jugendamtsakte war im hier geschilderten Fall selbst der Staatsanwaltschaft vorenthalten worden. Die Kenntnis der übrigen Einträge konnte erst durch ein weiteres Verfahren vor dem Verwaltungsgericht erreicht werden.

Sich gegen ungerechtfertigte Vorwürfe energisch zur Wehr zu setzen, was man im Zusammenhang mit Sorgerechts- /Umgangsverfahren schon zum Schutz seiner Kinder tun sollte, und das möglichst frühzeitig, erfordert also nicht nur, dass man sich seiner Sache absolut sicher ist, sondern zusätzlich meist sehr viel Energie und Zeit und, besonders wenn man auf den Weg der Privat- oder Zivilklage verwiesen wird, wegen des Prozessrisikos möglicherweise auch erhebliche finanzielle Mittel. Es ist daher verständlich, dass dies nur weit weniger Betroffene durchstehen, als es auch zur Verbesserung des Systems wünschenswert wäre. (vgl. auch nachfolgende Fallbeispiele).
       
     Nur bei besonders beharrlicher Aufrechterhaltung von Gewalt- und Missbrauchsvorwürfen und einer das Kind besonders schädigenden "Therapie", trotz einer klaren Widerlegung der Anschuldigungen durch Fachgutachten und Justiz, ist es in Deutschland bisher zu tatsächlichen (statt bestenfalls einer Androhung von) sorgerechtlichen Konsequenzen gekommen, entweder zur Übertragung der elterlichen Sorge allein auf den Beschuldigten (OLG Nürnberg  vom 15.6.1998 - 10 UF 441/98), oder einer Einschränkung durch Einrichtung einer Umgangspflegschaft.(z.B. Beschluss des OLG Köln vom 24. April 1998 - 25 UF 86/97; OLG Hamburg -3. FamS, Beschluß vom 2.8.1995 - 12 UF 85/94, FamRz 1996, 422-424).  

Falsche Anschuldigungen und  beharrliche Umgangsvereitelung können nach § 1579 BGB  zu einer Reduzierung oder auch vollständigen Aussetzung des Ehegattenunterhalts (selbstverständlich nicht aber des Unterhaltes für ein minderjähriges Kind, anders als ev. bei Kontaktverweigerung durch Volljährige) führen. Vgl. dazu unsere bereits angeführten Urteile zum Thema Unterhalt und  den Zusammenhang von Umgang und Unterhalt, sowie unseren Bericht aus Österreich über eine dauerhafte Verwirkung des Ehegattenunterhaltes wegen fortgesetzter Umgangsvereitelung,  VfK Info 7/97

Auf einen besonders extremen Fall fortgesetzter unbegründeter sexueller Missbrauchsanschuldigungen (auch nach der Erstellung entlastender Gutachten) und totaler Vereitelung jeden Umgangs reagierte das OLG München am 14.2.2006 - Aktenzeichen: 4 UF 193/05 (vgl. auch FamRZ 2006, 1605-1607) mit einer vollständigen Aussetzung des Ehegattenunterhalts. Der Anspruch könne jedoch wieder aufleben, sobald dem Umgangsrecht von Vater und Kind entsprochen werde.

Auf Verurteilungen zu Geldstrafen oder gar Gefängnis wegen falscher Beschuldigung und damit meist einhergehender beharrlicher Umgangsvereitelung, wie wir sie aus dem Ausland kennen, können wir dagegen aus Deutschland, trotz des enormen psychischen und nicht selten auch noch zusätzlichen materiellen Schadens den solche Falschbeschuldigungen anrichten,  kaum verweisen.  Bekannt geworden sind uns bisher lediglich die Verurteilung eines Mannes der auch nach Einstellung des Verfahrens gegen seine Ex-Frau weitere Vorwürfe erhoben hatte.,,Abgesehen von einem Tötungsdelikt ist das wohl der schwerste Vorwurf, den man gegen eine Mutter erheben kann", sagte der Richter und verhängte eine Strafe von 10.000 DM (Amtsgericht München, 1996, Az: 457 Js 177992/95).  Und  als "unglaublich perfide" brandmarkte der Strafrichter am Amtsgericht Tauberbischofsheim die Art und Weise, wie eine 24-jährige Hausfrau und Mutter seiner Überzeugung nach das Umgangsrecht ihres von ihr getrennt lebenden Mannes mit der gemeinsamen vierjährigen Tochter zu torpedieren versucht hatte. Nachdem die Frau einen in dieser Sache gegen sie ergangenen Strafbefehl wegen falscher Verdächtigung über 90 Tagessätze zu je 10 Euro nicht hatte akzeptieren wollen und auch nach rund siebenstündiger Verhandlung und belastender Beweislage immer noch kein Jota von diesen Verdächtigungen abrückte, beließ es der Richter nicht mehr bei der im Strafbefehl verhängten Geldstrafe, sondern verurteilte sie zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten. ...(Bericht der  Fränkischen Nachrichten  vom 24.05.2004, leider ohne Aktenzeichen.). 

   Nach den Statuten von Florida,.z. B., gilt dagegen, dass falsche Missbrauchanschuldigung ein Verbrechen ist, das entsprechend bestraft wird:  
415.111  Criminal penalties.-
...........
   (5)  A person who knowingly and willfully makes a false report of abuse, neglect, or exploitation of a vulnerable adult, or a person who advises another to make a false report, commits a felony of the third degree, punishable as provided in s. 775.082 or s. 775.083.
.........
Nach dem California Family Code verliert auf Antrag der wegen einer Faschanschuldigung verurteilte Elternteil außerdem auf Antrag das Sorgerecht::
3022.5.  A motion by a parent for reconsideration of an existing child custody order shall be granted if the motion is based on the fact that the other parent was convicted of a crime in connection
with falsely accusing the moving parent of child abuse.

Ähnliches gilt in anderen Staaten der USA. Auch aus Frankreich sind uns strafrechtliche Verurteilungen wegen falscher Missbrauchsanschuldigungen bekannt geworden.  Zahlreiche Ärzte die daran mit Gefälligkeitsgutachten mitgewirkt hatten wurden ebenfalls verurteilt. 

Wir meinen, dass zur Prävention von Falschanschuldigungen in familienrechtlichen Verfahren, beschuldigende Eltern aufgefordert werden müssten, Strafanzeige zu erstatten oder ihre Anwälte darüber zumindest eidesstattliche Erklärungen einfordern sollten, statt solche Anschuldigungen leichtfertig zu vertreten und sei es "bloß" (zur eigenen Sicherheit) in Form der oben erwähnten "virtuellen Anschuldigungen". Auch durch letztere werden Verfahren (kostenträchtig) eskaliert und erheblich verlängert, zum großen Schaden aller Beteiligten, aber wahrscheinlich zum finanziellen Vorteil solcher Anwälte. Außerdem ist zu hoffen, dass auch in Deutschland Sachverständige in solchen Verfahren, zivilrechtlich erfolgreich für grob fahrlässige aussagepsychologische Gutachten haftbar gemacht werden können, die nicht selten ebenfalls praktisch eigentlich unermäßlichen Schaden anrichten.

Der Fall Alteck (Pseudonym)

Der Fall ist auf den Webseiten des Vaters ausführlich dargestellt, einschließlich einer langen Liste von Gerichtsverfahren von 1993 -2001. Die Anfangsphase ist auch in seinem Buch: ,,Der Mißbrauch des Mißbrauchs. Ein Vater wehrt sich gegen den Verdacht der sexuellen Kindesmißhandlung", Herder 1994, dargestellt. Das Buch ist vergriffen, eine neue Fassung ist aber gerade (Herbst 2006) unter dem Titel "Unsere Kinder siehst DU nicht" beim Verlag Ulmer Manuskripte erschienen.Näheres (Auszug, Pressestimmen)  auf den Webseiten des Autors, die auch eine detaillierte Fallbeschreibung und auf einer dort bestellbaren CD sogar alle Gerichtsentscheidungen, und was besonders interessant sein mag, weil es einen einmaligen Einblick auch in die Psyche des beschuldigenden Elternteils, der Mutter, und die verheerenden psychischen Auswirkungen auf die Kinder ermöglicht, auch einschließlich des psychologischen Fachgutachtens. Die Gutachterin empfiehlt, der Mutter das Sorgerecht zu entziehen und dem Vater zu übertragen, oder als Alternative, angesichts des verfestigten Konflikts und der Entfremdung der Kinder, sie in einer therapeutischen Einrichtung unterzubringen, wo so vor dem sie sehr belastenden Elternkonflikt geschützt wären und allmählich ihre Beziehung zu beiden Elternteilen normalisieren könnten. Das ist im wesentlichen auch die Empfehlung, die der Kinderpsychiaters R. A. Gardner bei solch gravierenden PAS Fällen macht, und die nach seinen Erfahrungen erfolgreich ist. 
 

 Die Gerichte erkannten zwar nach einem nichts an Deutlichkeit übrig lassenden psychologischen Fachgutachten schließlich (vgl. Endurteile zu Sorge und Umgang) die verheerenden Folgen für die Kinder nach 10 Jahren der massiven negativen Beeinflussung (einschließlich sogar einer Verbrennung des Vaters als Puppe, angeblich auf Empfehlung eines "Aufdeckervereins" bei dem auch die Kinder ausgiebig "therapiert" wurden), konnten sich aber immer noch nicht zu wirksamen Maßnahmen entschließen, sondern setzten das Umgangsrecht für die nun 17 jährige älteste Tochter ganz aus und bauten bei den zwei jüngeren Kindern, trotz der jahrelangen bewußten Ausgrenzung des Vaters durch die Mutter und ihren gerade wiederholtem Antrag jeden Umgang gerichtlich zu verbieten, ausgerechnet auf ihr Wort, dass sie dem Umgang nichts entgegensetzen würde.

  Uns sind jedenfalls bisher keine Fälle von derart hartnäckigen und jahrelang andauerndernden Umgangsvereitelung und Entfremdungsversuchen bekannt geworden, bei denen der entfremdemde Elternteil später Einsicht zeigte, auch nicht nach Therapieversuchen,  wie das R. A. Gardner auf Grund seiner langjährigen klinischen Erfahrungen und als Gutachter sehr deutlich machte (Gardner, 2002). Der Einsicht solcher Eltern kann bestenfalls im Frühstadium durch energisches Einschreiten der Gerichte "nachgeholfen" werden. Oft, aber nicht immer, erkennen die Kinder als Jugendliche oder noch später was ihnen angetan wurde und wenden sich dann auch nicht selten vom entfremdenden Elternteil ab. 

Leider bisher nur in Österreich:

SCHAUPLATZ GERICHT
DIE MACHT DES GUTACHTERS
Wer mit einem Urteil nicht zufrieden ist, sucht die Schuld meist nicht nur beim Richter. Der Gutachter war´s, der mit einer unfassbaren, schlampigen oder parteiischen Beurteilung des Sachverhalts daran schuld ist, dass sich die Gerechtigkeit nicht durchsetzt.
Die verklagte Gutachterin
Herr T. hat eine psychologische Sachverständige auf Schadenersatz geklagt. Wegen ihres unsachlichen Gutachtens wäre er jahrelang als Kinderschänder gebrandmarkt worden und hätte seine Tochter nicht sehen dürfen. Das Ergebnis dieses Prozesses, das jetzt vorliegt, wird auch viele Juristen überraschen:
V I D E O : Am Schauplatz
Danach wurde die Gutachterin zu Schmerzensgeldzahlung verurteilt und hat außerdem ihre Zulassung verloren. (Sendung des ORF vom 1.2.2008), vgl. dazu auch den Bericht (28.5.2008) des von den Falschbeschuldigungen betroffenen Vaters, der zehn Jahre (!!) dagegen ankämpfte. Jetzt ist seine Tochter zu ihm gezogen.
Es handelt sich um einen klassischen SAIDS Fall, bei dem allerdings schon im Vorfeld ganz offen mit sexuellen Missbrauchsanschuldigungen im Falle eines Antrags auf Umgang gedroht worden war und nicht wie meist, diese Vorwürfe erst als "ultimative Waffe" im Verlaufe eines solchen Verfahrens zum Einsatz kamen.  Der betroffene Vater hatte sie jedoch zunächst nicht beachtet, weil er leider glaubte, Sachverständige und Gerichte würden das ohnehin raschestens klären.


Wormser Prozesse (1995-97) 

Missbrauchsverdacht - Fehldiagnose - Folge   Grenzen der Wiedergutmachung

Dieser Beitrag von RA Franz Obst wurde als Vortrag an der evangelischen Akademie Arnoldshain am 14.05.2006 gehalten und befasst sich im Wesentlichen mit Erkenntnissen des Verfassers aus seiner Tätigkeit als Strafverteidiger in den sogenannten “Wormser Kinderschänderprozessen” sowie nachfolgender, auch aktueller Rechtsprechung und Literatur.

Spätfolgen der "Aufdeckung"  bei den Wormser "Kinderschänderprozesse" 1994-1997 beschreibt Gisela Friedrichsen in : ,,So etwas darf nicht sein". Gegen den ehemaligen Leiter des Kinderheims Spatzennest wird wegen des Verdachts auf sexuellen Kindesmissbrauch ermittelt in Der SPIEGEL 48/2007,  S. 63.
Aus dem Bericht geht u.a. hervor, dass dieser Heimleiter (S.) am Zustandekommen der mönstrosen Anschuldigungen nicht unbeteiligt war, aber Hinweise auf tatsächlichen sexuellen Kindesmissbrauch, als die Kinder schon in diesem Heim untergebracht waren (in 1993), unbeachtet blieben. Sechs Kinder kehrten auch nach den Freisprüchen sämtlicher Angeklagter nicht zu ihren Eltern zurück. ,,Ihre Betreuer, voran S. und der Amtsvormund, das Jugendamt Worms, waren  trotz der Freisprüche weiterhin von der Schuld der Angeklagten überzeugt (SPIEGEL 9/2005) und beinflussten die Kinder.
Die Einrichtung kam 2002 ins Gerede, nachdem die Bielefelder Psychologen Katharina Behrend  und Professor Uwe Jopt im Auftrag des Amtsgerichts Worms ein Gutachten über das Heim erstellt hatten. Beide  Sachverständigen waren entsetzt ob des Verhalten der dort untergebrachten Kinder. Keines war auch nur für einen Minimalkontakt mit den Eltern bereit. 'Ihre Empathielosigkeit war unheimlich, ja wahnhaft', so  Behrend und Jopt. ...."
Den erwähnten früheren Bericht von Gisela Friedrichsen, DER SPIEGEL 9/2005, S. 50-56: ,,Ausgestanden ist die Sache nicht". Nachlese zu den legendären Wormser Missbrauchsprozessen: Seit elf Jahren sitzen noch immer Kinder im Heim, die freigesprochenen Eltern bemühen sich ohne Aussicht auf Erfolg um Kontakt. Ein Gutachten beschreibt erschreckende Zustände", haben wir am 28.2.2005 ausführlich kommentiert.
6.12.2007 ARD-Panorama hat zum Beitrag über das Wormser Jugendamt (das sich entsprechend dem Interview mit dem Sozialdezernenten keines Problems bewusst ist) und das  "Spatzennest", in dem Kinder aus dem Wormser "Kinderschänderprozessen" untergebracht und über die Jahre völlig von ihren Eltern entfremdet wurden (vgl. SPIEGEL 48/2007) ein Forum eingerichtet: Thema: Panorama, 06.12.07: Verdacht auf Missbrauch - Jugendamt zerstört Familien.  Der Bericht  selbst ist als pdf Datei und als Video aus dem Archiv abrufbar.

11.2.2008: Die Süddeutsche Zeitung berichtet heute auf S. 10 unter dem Titel  ,,Ein Zeuge wird zum Beschuldigten. Wegen Missbrauchs-Verdachts sitzt ein Pädagoge in Haft, der einst die Eltern seiner Schützlinge belastete"  über den ehemaligen Leiter des Heims "Spatzennest" in dem das  Jugendamt  Worms noch viele Jahre nach den Freisprüchen betroffene Kinder untergebracht hatte, obwohl schon früh Vorwürfe gegen den Heimleiter bekannt geworden waren. Schon 2003 erstattete eine Mutter Strafanzeige wegen Kindesmissbrauch, die aber nicht weiter verfolgt wurde.
10.2.2008: Im Rahmen eines Themenabends "Unter Verdacht", Beginn Sonntag, 10.2 um 20h40, zeigt ARTE um 22h45 (VPS : 22.40) den Film

Verdacht Kindesmissbrauch

 über die Wormser "Kinderschänderprozesse" 1994-1997. Mitte der 90er Jahre wurden in Worms 25 Menschen wegen Kindesmissbrauchs angeklagt. Doch die Vorwürfe konnten im Verlauf des Prozesses nicht erhärtet werden. Die Ermittlungen erwiesen sich als schlampig durchgeführt, die Gutachten als voreingenommen verfasst. Die Angeklagten wurden zwar freigesprochen, doch ihr Leben und das ihrer Kinder war zerstört. ....
Wiederholung:
Freitag, 22. Februar 2008 um 01.50 Uhr VPS : 01.55


 Weitere Fälle

Auch wenn aus Deutschland derzeit, nach früheren Fällen und zuletzt den Wormser Prozessen, deren Folgen aber trotz der Freisprüche aller Beteiligten noch nicht ausgestanden sind, keine massenhaften Falschbeschuldigungen gemeldet werden (vgl. aber die ausführlichliche Berichterstattung, zumindest in der französischen Presse, über die Prozesse von Outreaux, 2001-2004 und den nachfolgenden parlamentarischen Untersuchungsausschuss, 2006. Vgl. dazu auch den Erfahrungsbericht ,,Moi, Karine innocente et cassée" von Karine Duchochois, Florence Assouline, Plon, 2006.) wird immer noch über nicht erhärtete und schließlich nicht bestätigte Missbrauchsanschuldigungen im Zusammenhang mit hochstrittigen Sorge- oder Umgangsrechtsauseinandersetzungen berichtet und erreichen uns vereinzelt verzweifelte Anfragen davon Betroffener (vgl. dazu auch das ausführliche Interview mit dem Glaubhaftigkeitssachverständigen, Prof. Steller, im Buch von Sabine Rückert, Unrecht im Namen des Volkes. Ein Justizirrtum und seine Folgen (2007).
 
   Es gibt auch immer wieder noch Fälle, in denen intakte Familien durch leichtfertige Anschuldigungen Dritter betroffen sind, deren Kinder dann "in Obhut" genommen werden und Strafverfahren eingeleitet werden. Der psychische Schaden, und nicht selten auch der materielle Schaden ist enorm, auch wenn schließlich ein Freispruch erfolgt und das Kind nach einem langen Tauziehen in die Familie zurückkehrt.  
 
a) Exemplarisch erwähnen möchten wir hier den Fall Müller (Pseudonym) aus dem Saarland über den zunächst die ZEIT am 18.6.2003 sehr ausführlich in einem später sogar preisgekrönten Aufsatz berichtete, und später auch das Fernsehen.  Das einzig erfreuliche daran ist, dass die klare Entscheidung des BGH zu Mindeststandards bei aussagepsychologischen Gutachten hier offensichtlich von der Staatsanwältin beachtet wurde: Auf die Frage der ZEIT, warum der Kindesvater jetzt nicht festgenommen und vor Gericht gestellt worden sei, antwortet die Staatsanwältin: „Herr A. entspricht in seinem Gutachten nicht den wissenschaftlichen Anforderungen des Bundesgerichtshofs. Auf der Basis einer solchen Arbeit können wir niemanden anklagen. Jeder Richter hätte das Gutachten in der Luft zerrissen.“ Leider nicht so der zuständige Familienrichter und das Jugendamt. Besonders erfreulich ist, dass das Kind, allerdings nach einer langen Fremdunterbringung (2 Jahre) und dadurch bedingten Entfremdung, wieder glücklich in seiner Familie lebt, wie die Eltern in einer Fernsehsendung (Juli 2004) mitteilten, in der sie ihren Kampf schilderten.  Nach einem langen zivilrechtlichen Verfahren kam es schließlich zu einer Einigung  auf Schadensersatz durch den Gutachter.
 
b) Nicht selten ist der Ausgang weniger glücklich. Der Vorgang endet z.B. trotz Freispruchs im völligen finanziellen Ruin und/oder der Arbeitsunfähigkeit des Beschuldigten, wie bei hier schon erwähnten Fällen und zahlreichen anderen. Einen besonders tragischen Fall einer Falschbeschuldigung des eigenen Vaters und des Onkels und darauf folgenden Justizirrtums (1995/96) hat die Autorin des obigen ZEIT Berichtes, Sabine Rückert, in 2002 aufgedeckt und damit eine Wiederaufnahme der Verfahren (vgl. Die Zeit 52/2005: Erwiesene Unschuld) und  (viel zu) späten Freisprüchen (2005/6) bewirkt. Sie hat ihre Recherche in einem Aufsehen erregenden, sehr spannend geschriebenen Buch verarbeitet: Sabine Rückert: Unrecht im Namen des Volkes. Ein Justizirrtum und seine Folgen. Hoffmann und Campe Verlag GmbH, Januar 2007 - gebunden - 287 Seiten,  ISBN: 3455500153 (19,95€)., vgl. auch ihre weiteren Berichte in der ZEIT vom  21.12.2005 , 11.1.2007, sowie von 3sat (19.1.2007), Frontal 21 vom 27.3.2007 (Manuskript), sowie weitere Berichte im Internet etc.
Das Unglaubliche und Erschreckende an diesem Fall ist nicht so sehr, dass hier jemand aus Rache (das Mädchen war von ihrem Vater häufig misshandelt worden, aber niemals sexuell), oder um von anderen Problemen abzulenken, um Aufmerksamkeit zu erregen, oder aus welchen Gründen immer, völlig aus der Luft gegriffene sexuelle Missbrauchsanschuldigungen erhebt. Derartiges kann man immer wieder von Zeit zu Zeit  in den Medien finden. Wahrlich erschreckend ist, wie unkritisch dem später eindeutig mit der Borderline Persönlichkeitsstörung diagnostizierten Mädchen selbst in einer psychiatrischen Fachklinik ihre Behauptungen abgenommen wurden, sie in ihrem angeblichen "Opferstatus" verstärkt und in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und Zuwendung gerückt wurde, derart, dass sie, offenbar zur Aufrechterhaltung dieser Situation, später auch ihren Onkel beschuldigte, der stets eine schützende Hand über sie gehalten hatte. (Ein Brief in dem sie diese Beschuldigungen -vorübergehend- wieder zurücknimmt findet sich sogar in der Krankenakte, bleibt aber völlig unberücksichtigt.)  Weiter verstärkt wurde sie in ihrem Status als "Überlebende" durch das schon erwähnte Buch ,,Trotz allem", das sie sogar mit Wissen des Chefarzts in der Klinik erhielt (weitere Zitate daraus auf Seiten 73 ff des Buches von Rückert). Ferner werden relevante körperliche medizinische Fakten falsch diagnostiziert oder einfach ignoriert (wie Jungfräulichheit, trotz angeblicher vielfacher Vergewaltigung und sogar angeblichem Abtreibungsversuch, Selbstverletzungen, etc.). Darüber hinaus zeigte die Autorin und das spätere Wiederaufnahmeverfahren ganz erhebliche Ungereimtheiten und schwere Fehler in den ursprüglichen Strafverfahren auf. 

Bemerkenswert und wenig beruhigend ist auch ein im Buch enthaltenes, ausführliches Interview (Seiten 87-103) mit dem schon oben erwähnten Glaubhaftigkeitssachverständigen, Prof . Steller, der darauf hinweist, dass zwar die großen irrationalen Massenprozesse (Hexenprozesse) vorbei sein mögen,  aber in Beratungstellen etc. vielfach das alte Gedankengut noch weiter lebt,  mit dem Unterschied nur, dass jetzt "Aufdeckungsarbeit"  eher im Verborgenen, verdeckter geleistet wird. ,,Man tut so, als habe das Kind von sich aus geredet. (S. 92).
 Zur "Aufdeckungsarbeit" im Frauenhaus, auch mittels Kinderzeichnungen, trotz der bekannten BGH Entscheidung von 1999 etc., vgl. etwa SR Band 191.1 Neue Fortbildungsmaterialien für Mitarbeiterinnen im Frauenhaus - Gewalt im Geschlechterverhältnis, S. 406 ff, aus der Schriftenreihe des  Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2000).

c) Über einen Fall einer Beschuldigung durch ein Nachbarkind (Er soll es und seine Pflegetochter sexuell genötigt haben) berichtete das ZDF am 12.03.2004. Sie führte nicht nur zum finanziellen Ruin des Unternehmers, sondern zu ganz erheblichen und andauernden psychischen Problemen, obwohl er "nur" 4 Wochen in Untersuchungshaft war und sich in der Verhandlung alle Vorwürfe "in Luft auflösten".

d) Am  21.11.2006 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg über einen Fall aus Italien, AFFAIRE RODA ET BONFATTI c. ITALIE  (Requête no 10427/02) in dem zwar in der Inobhutnahme der Kinder keine Verletzung des Art. 8 (Recht auf Respektierung des Familienlebens) gesehen wurde, wohl aber in nicht zufriedenstellenden Kontaktmöglichkeiten zwischen dem Kind und den Beschwerdeführern (Mutter und älterer Bruder). Im Mai 2006, nach fast 7 1/2 Jahren der Fremdunterbringung, hatte die Mutter und immer noch nur sie, lediglich begleiteten Umgang mit ihrem Kind (geboren 1988, also jetzt etwa 18).
Ausgelöst wurde das Verfahren durch eine Cousine (M.) des Mädchens S. B., mit Beschuldigungen gegen dessen Vater und weitere 17 Erwachsene, darunter auch ihre eigenen Eltern. Diese wurden auch tatsächlich wegen Missbrauchs verurteilt, obwohl zusätzliche Behauptungen über satanischen Missbrauch in einem Friedhof nicht glaubwürdig erschienen und auf falsche Erinnerungen durch Beeinflussung zurückgeführt wurden. Der von der Klägerin getrennt lebende Vater des Kindes S. B. wurde dagegen in einem Berufungsverfahren von den Missbrauchsvorwürfen freigesprochen. Das Sorgerecht und Umgangskontakte wurden ihm aber wegen häuslicher Gewalt abgesprochen.

Wir möchten noch einmal betonen, dass Anschuldigungen und Verdachtsmomente für sexuellen Kindesmissbrauch, genau so wie bei sonstigen Misshandlungen, selbstverständlich ernsthaft und raschestens nachgegangen werden muss, um möglicherweise schlimmste Folgen zu verhindern. Dies sollte aber möglichst ohne Panik oder gar Hysterie und durch besonders geschulte Fachleute geschehen, um auch (mit einem schrecklichen Ausdruck) "Kollateralschäden" bei Unschuldigen möglichst zu vermeiden.  Häufige, unqualifizierte "Aufdeckungsarbeit" schadet letztlich auch tatsächlichen Opfern sexueller Gewalt, wenn ihre Aussagen dann möglicherweise nicht mehr ernst genug genommen werden.

Falsche Zeugenaussagen:
Sabine Rückert (siehe oben) berichtet in der ZEIT 15/2008 vom 3. April 2008 über falsche Zeugen vor Gericht: Nichts als die Unwahrheit.  Sie behaupten, von Neonazis oder Sexualverbrechern überfallen worden zu sein. Geschichten, von denen oft kein Wort wahr ist. Falsche Zeugen werden für die Justiz zunehmend zum Problem. Leidtragende sind die echten Opfer.  
Dazu auch ihr Interview: Böse EloquenzDie gefährlichsten Falschbeschuldiger sind Menschen mit unauffälligen psychischen Störungen, sagt der Gutachter Günter Köhnken.

Der Fall Donald Stellwag  
Obwohl ohne Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch, so doch wegen fahrlässiger Begutachtung und Justizirrtum ähnlich den schon erwähnten Fällen interessant: Nach verschiedenen Berichten wurde jetzt erstmals in Deutschland ein gerichtlich beauftragter Sachverständiger wegen grober Fahrlässigkeit zur Zahlung eines erheblichen Schmerzengeldes (150.000€) verurteilt:: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 2. Oktober 2007 - Az: 19 U 8/2007.  Pressemitteilung.

Donald Stellwag war auf Grund seines anthropologischen Identitätsgutachtens, sogar mit der zusätzlichen Feststellung in der Strafverhandlung, dass für ihn an der Täterschaft keinerlei Zweifel bestünden, 1995, nach 2 Jahren Untersuchungshaft, zu einer 8 jährigen Haftstrafe wegen Bankraubes mit Geiselnahme verurteilt worden, obwohl 8 Zeugen bestätigten, dass sich Stellwag zur fraglichen Zeit etwa 350 km entfernt vom Tatort aufgehalten hatte. Als ,,Tatleugner" musste Stellwag die Haft unter verschärften Bedingungen verbringen, davon 6 Jahre in Einzelhaft, ohne die Möglichkeit einer Berufstätigkeit oder einer frühzeitigen Entlassung auf Bewährung. Der wirkliche Täter wurde 2001, 2 Wochen nach der Haftentlassung Stellwags, festgenommen und hatte die Tat gestanden, auch eine weitere Tat, wegen der ebenfalls gegen Stellwag ermittelt worden war, obwohl er die Haftanstalt zur Tatzeit nachweislich nicht verlassen hatte. Welche gravierenden körperlichen und psychischen Folgen dies für Stellwag, der auch das Schmerzensgeld für sein soziales Engagement verwenden will, hatte, wurde aus verschiedenen Talkshows und zahlreichen weiteren Medienberichten (auch im Internet) vor und nach dem jetzigen Urteil (gegen das Revision nicht zugelassen wurde) deutlich. Ein neuer Film dazu (Donald Stellwag bei Kerner) vom 11.10.2007 ist von der ZDF Mediathek abrufbar (Der Browser muss dazu popups zulassen).

Literaturverzeichnis:
Barbara Jo Fidler, Nicholas Bala, Rachel Birnbaum,Katherine Kavassalis, Challenging Issues in Child Custody Disputes. A Guide for Legal and Mental Health Professionals, Carswell, Toronto 2008, 385 Seiten, ISBN 978-0-7798-1758-0. Kapitel  zu Problemen bei Wohnortwechsel (Kap. 1,2), Häusliche Gewalt (Kap. 3,4), Sexuelle Missbrauchsanschuldigungen im Zusammenhang mit Sorgerechtsstreitigkeiten (Kap. 5), Eltern-Kindentfremdung (Kap6.) und Begutachtung, Gerichtliche Massnahmen bei PAS (Kap.7)

 ALLEGATIONS OF CHILD ABUSE IN THE CONTEXT OF PARENTAL SEPARATION: A DISCUSSION PAPER,  2001-FCY-4E,  Juni   2001. (Aussi disponible en français) Prepared by: Nicholas M.C. Bala, B.A., LL.M. Faculty of Law, Queen’s University; Joanne J. Paetsch, B.A. Canadian Research,  Institute for Law and the Family; Nico Trocmé, Ph.D. Faculty of Social Work, University of Toronto; John Schuman, LL.M.,  Faculty of Law,  Queen’s University; Sherri L. Tanchak, B.A., B.S.W. Canadian Research Institute for Law and the Family; Joseph P.    Hornick, Ph.D.  Canadian Research Institute for Law and the Family; Presented to: Family, Children and Youth Section  Department  of Justice Canada. 98  Seiten mit umfangreicher Literaturliste.

Arntzen, Friedrich, Psychologie der Zeugenaussage. System der Zeugenanalyse, 3. Auflage, Verlag C. H. Beck,  München 1993. Sehr  kompakte, gut verständliche Darstellung der Prinzipien  eines Glaubhaftigkeitsgutachtens.

Bass, Ellen, and Laura Davis, Trotz allem: Wege zur Selbstheilung für sexuell mißbrauchte Frauen, Orlanda-Frauenverlag, Berlin, 6.   Auflage, 39-45. Tausend (Übersetzung gefördert vom Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit), 1995 und 13.Auflage, Juni 2006. [The Courage to Heal, Harper & Row, New York, 1988], .

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Schütz, Harald, Probleme der gerichtlichen Prüfung des Mißbrauchsvorwurfs in Familiensachen, Anwaltsblatt (8+9), 466-468, 1997.

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Campbell, Terence W., Sexual Abuse Allegations in the Context of Custody and Visitation Disputes, Seiten 163-189 in Parental Alienation. The Handbook for Mental Health and Legal Professionals, Charles C.  Thomas Publisher, LTD,
           Springfield Illinois,  2013

Wakefield, Hollida and Ralph Underwager, Personality Characteristics Of Falsely Accusing Parents In Custody Disputes Sixth Annual Symposium in Forensic Psychology, Las Vegas, Nevada. March 13, 1990.

 Ward, Peggie und J. Campbell Harvey, Familienkriege - die Entfremdung von Kindern, Zentralblatt für Jugendrecht 6, 237-245, 1998.

 
Kindschaftsrechtreform (BGB, ZPO, KJHG)

Zusätzliche, zitierte Gesetzestexte

Relevante Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte

Ein Forum zu  ,,Induzierung falscher sexueller Missbrauchserinnerungen, Fehldiagnose Multiple Persönlichkeitsstörung und Falschanschuldigungen im Scheidungskrieg" wurde kürzlich unter  http://www.induzierte-erinnerungen.de/  eingerichtert. Es enthält bereits eine umfangreiche Dokumentation.
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